Wie in den Niederlanden setzte man in den späten Fünfzigerjahren auch in der Eidgenossenschaft auf Kontinuität beim Eurovisionsvorentscheid. Wie bereits 1956 traten erneut drei Künstler:innen (je eine:r pro Landesteil) mit insgesamt elf Titeln zum Vorsingen an. Dabei schickte die Romandie, wie noch so oft, erneut Jo Roland, der ‘Avec vingt Sous’, mit 20 Pfennigen also, im Hochpreisland Schweiz nicht sehr weit kam. In Deutschland hätte das zumindest für einen Wunschtitel in der Jukebox gereicht, denn dort bekam man bekanntlich ‘Für zwei Groschen Musik’! Der Sender des deutschsprachigen Teils delegierte wiederum die Vorjahressiegerin Lys Assia, die mit ganzen fünf Beiträgen den Abend komplett dominierte. Darunter fanden sich nicht nur aus heutiger Sicht schon vom Liedtitel her extrem verstaubt wirkende Volksmusikkamellen wie ‘Ein trautes Lied vom Turm herab’ (was strenggenommen auch den Ruf des Muezzins aus dem Moschee-Lautsprecher beschreiben könnte), aber auch das kecke ‘Derrière la Cathedrale’ (‘Hinter der Kathedrale’: doch nicht etwa ein heißes Stelldichein mit dem Pfarrer nach Art der Dornenvögel?).
War als Kind bestimmt nicht so langweilig wie ihr Lied: die Assia.
Wobei es sich lediglich um Mutmaßungen hinsichtlich der musikalischen Beschaffenheit der Lieder handelt: bis auf den Siegersong ist leider nichts im Netz zu finden. Das Tessin schickte als einziger eidgenössischer Landesteil einen anderen Künstler als im Vorjahr, namentlich den heute vollständig dem Vergessen anheim gefallenen Sänger Gianni Ferraresi. Seiner eindringlichen Bitte ‘Lasciami tranquillo’ (‘Lass mich in Ruhe’) leisteten die Juroren nur zu gerne Folge. Ein Déjà vu auch beim Ergebnis: erneut erhielt Madame Assia das helvetische Ticket, landete beim Wettbewerb in Frankfurt am Main mit der besonders süßlichen Jugenderinnerung ‘L’Enfant que j’étais’ (‘Das Kind, das ich war’) allerdings zu Recht ganz weit hinten. Dennoch stellte man sie auch 1958 wieder auf, da gleich per interner Festlegung: die Berner Schlagerschatzkammern schienen mit adäquaten Sängerinnen schon seinerzeit nicht so prall gefüllt gewesen zu sein…
Ein lyrisches Meisterwerk: Lys’ 1958er Eurovisionsbeitrag.
Vorentscheid CH 1957
Concours Eurovision. Montag, 11. Februar 1957, aus dem Hotel Palace in St. Moritz. Drei Teilnehmer:innen.# | Interpret:in | Songtitel | Ergebnis |
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01 | Jo Roland | La Vie | n.b. |
02 | Lys Assia | L’Enfant que j’étais | 01 |
03 | Gianni Ferraresi | Lasciami tranquillo | n.b. |
04 | Lys Assia | Derrière la Cathedrale | n.b. |
05 | Gianni Ferraresi | Nel mio Carnet | n.b. |
06 | Gianni Ferraresi | Bellissima | n.b. |
07 | Jo Roland | Avec vingt Sous | n.b. |
08 | Lys Assia | Musst Du schon gehn | n.b. |
09 | Jo Roland | Quand je rêve | n.b. |
10 | Lys Assia | Ein trautes Lied vom Turm herab | n.b. |
11 | Lys Assia | Ça n’empechera pas | n.b. |
Letzte Überarbeitung: 27.02.2021