A Song for Euro­pe 1959: Die Baumschänder

Nach einer ein­jäh­ri­gen Schmoll­pau­se kehr­te die BBC 1959 auf Initia­ti­ve ihres neu­en, euro­vi­si­ons­af­fi­nen Unter­hal­tungs­chefs Eric Maschwitz, der als Kom­po­nist 1956 selbst zwei Lie­der zum dama­li­gen, zu spät ter­mi­nier­ten bri­ti­schen Vor­ent­scheid bei­gesteu­ert hat­te, zum euro­päi­schen Wett­be­werb zurück. Das schlicht­weg Bri­tish Final benann­te Aus­wahl­ver­fah­ren bestand dies­mal aus zwei Vor­run­den mit jeweils sechs Bei­trä­gen, wobei die 1957 noch obli­ga­to­ri­sche orches­tra­le Zweit­ver­si­on jedes Titels weg­fiel. Die Sie­ger der Ver­an­stal­tung, das auch im ech­ten Leben mit­ein­an­der ver­hei­ra­te­te Schla­ger­pär­chen Pearl Carr und Ted­dy John­son, schick­ten gleich zwei Bei­trä­ge ins Ren­nen, von denen ‘That’s it, that’s Love’ aller­dings im Semi kle­ben blieb. Um so grö­ßer fiel die Zustim­mung sowohl unter den Mitbewerber:innen als auch bei Jury und Publi­kum für das schwung­vol­le ‘Sing litt­le Bir­die’ aus, das von der ans unge­wollt Komi­sche gren­zen­den, begeis­ter­ten Mimik der bei­den Ehe­leu­te leb­te, wel­che die pos­sier­li­che Wei­se über die Erin­ne­rung an ihr ers­tes Date im Stadt­park mit anste­cken­der Fröh­lich­keit vortrugen.

Pearl und Ted­dy pfif­fen auf die Kri­tik und zwit­scher­ten sich in Can­nes auf den zwei­ten Platz.

Eine ein­zel­ne hel­den­haf­te Umwelt­schüt­ze­rin beschwer­te sich aller­dings, wie Gor­don Rox­burgh in sei­nem Buch Songs for Euro­pe, Volu­me 1 berich­tet, anschlie­ßend bei der BBC dar­über, wie man als öffent­lich-recht­li­che Anstalt Wer­bung für einen der­art schänd­li­chen Akt des “Van­da­lis­mus” machen kön­ne, näm­lich das im Lied besun­ge­ne Ein­rit­zen der Initia­len der bei­den Lie­ben­den in eine wehr­lo­se Baum­rin­de. Das Duo scher­te sich indes genau so wenig um den öko­lo­gisch berech­tig­ten Ein­wand wie das plat­ten­kau­fen­de Publi­kum: der Titel erreich­te Rang 12 der bri­ti­schen Charts und den her­vor­ra­gen­den zwei­ten Platz beim Euro­vi­si­on Song Con­test in Can­nes. Was bei­na­he noch an der man­gel­haf­ten Infor­ma­ti­ons­po­li­tik der BBC geschei­tert wäre: wie Ewan Spence von Euro­vi­si­on Insight in sei­nem Nach­ruf auf den im Jah­re 2018 im hohen Alter von 97 ver­stor­be­nen Ted­dy John­son schil­dert, ver­gaß der oben erwähn­te Eric Maschwitz, das Duo vor­ab über den Sinn und Zweck der Ver­an­stal­tung in Kennt­nis zu set­zen. Dass sie infol­ge ihres Vor­ent­schei­dungs­siegs nun nach Can­nes rei­sen soll­ten, kam für Ted­dy voll­kom­men unterwartet.

Auch wenn Lita Roza sicher­heits­hal­ber ein paar euro­päi­sche Metro­po­le name­checkt, so bleibt ihre Gei­gen­bal­la­de doch pro­vin­zi­ell und ent­setz­lich altmodisch.

Ich sag­te: was? Wie meinst Du das?” erin­ner­te sich der ver­blüff­te Sän­ger in einem spä­te­ren Inter­view: “Ich wuss­te nicht, dass wir das Land reprä­sen­tie­ren soll­ten. [Maschwitz] gab mir die Auf­tritts­da­ten für Can­nes und wir muss­ten schlicht hof­fen, dass wir noch frei waren”. Wie es sich her­aus­stel­len soll­te, konn­ten sie den Con­test glück­li­cher­wei­se in ihren Kalen­der quet­schen, wobei es sich für den etwas stär­ker vor­ge­buch­ten Ted­dy als ein biss­chen schwie­ri­ger erwies. Wes­we­gen das Ehe­paar getrennt anreis­te: “Pearl flog gemein­sam mit drei Leu­ten von der BBC hin, aber ich hat­te noch eine klei­ne Show für ATV und nahm einen spä­te­ren Flug”. Trotz die­ses Miss­ge­schicks ver­such­ten es die Bei­den im Fol­ge­jahr noch­mals beim bri­ti­schen Vor­ent­scheid, muss­ten da aller­dings Ted­dys jün­ge­rem Bru­der Bryan John­son den Vor­tritt las­sen. 1962 erziel­te das bereits vor dem Con­test kom­mer­zi­ell erfolg­rei­che Paar mit ‘How won­derful to know’ noch­mal einen Hit, danach tin­gel­ten sie jahr­zehn­te­lang mit Revu­en durch die Lan­de. Pearl Carr, die zuletzt in einem Lon­do­ner Pfle­ge­heim für Musiker:innen resi­dier­te, über­leb­te ihren Ehe­mann um knapp zwei Jahre.

Im Inter­view mit Noël Edmunds bestä­tigt Pearl Carr, dass sie 1959 kei­nen blas­sen Schim­mer vom ESC hatte.

Vor­ent­scheid UK 1959

Euro­vi­si­on Song Con­test, Bri­tish Final. Sams­tag, 7. Febru­ar 1959, aus dem King’s Theat­re in Lon­don. Sechs Teilnehmer:innen. Mode­ra­ti­on: Pete Mur­ray. Sie­ben regio­na­le Jurys.
#Interpret:inTitelPlatz
01Vale­rie ShaneOh, oh, reck­on I must be in Loven.b.
02Ste­ve MartinOne lonely Heart04
03Pearl Carr + Ted­dy JohnsonSing litt­le Birdie01
04John Han­sonSuc­cessn.b.
05Glen MasonSud­den­ly03
06Lita RozaThis is my Town02

Letz­te Über­ar­bei­tung: 05.06.2021

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