Con­cours Euro­vi­si­on 1961: Der Rübermacher

Seit Anbe­ginn der Grand-Prix-Zeit­rech­nung, also seit 1956, nahm der in Genf als Rolan­do Bonar­del­li gebür­ti­ge Enter­tai­ner Jo Roland nun bereits durch­gän­gig am schwei­ze­ri­schen Vor­ent­scheid teil, oft­mals mit gleich meh­re­ren Bei­trä­gen. Und das stets erfolg­los: kein ein­zi­ges Mal soll­te der im Hei­mat­land als Sän­ger und Show­mas­ter durch­aus belieb­te Roland das ESC-Ticket errin­gen. Also reich­te Jo das von sei­nen Eid­ge­nos­sen heu­er so schnö­de zurück­ge­wie­se­ne Chan­son ‘Nous deux’ (‘Wir zwei’) eben beim Inter­na­tio­na­len Song­fes­ti­val im pol­ni­schen Sopot ein, das just im Som­mer 1961 Pre­miè­re fei­er­te. Und dort, im sozia­lis­ti­schen Aus­land, schätz­te man den zu Hau­se Ver­schmäh­ten: Roland gewann (!) die Erst­aus­ga­be des lang­le­bi­gen Lie­der­wett­strei­tes, wel­cher im Rah­men des Sowjet-Sen­der­bun­des Inter­vi­si­on ab 1977 für eine kur­ze Zeit den sozia­lis­ti­schen Gegen­ent­wurf zum Euro­vi­si­on Song Con­test bil­den soll­te. Beim hel­ve­ti­schen Vor­ent­scheid 1961 fei­er­te man indes lie­ber ita­lie­ni­sche Wochen: es fan­den sich (bis auf Roland) aus­schließ­lich italo­phi­le Namen im Line-up.

Was die Polen aller­dings an die­ser Song-Sül­ze fan­den, bleibt mir ein Rät­sel: Jo Roland in Sopot.

Selbst den ein­zi­gen deutsch­spra­chi­gen Song des Abends, ‘Eine klei­ne Melo­die’, sang eine ita­lie­ni­sche Schau­spie­le­rin und Inter­pre­tin namens Ines Tad­dio. Die aus dem Tes­sin stam­men­de Ani­ta Tra­ver­si ver­trat die Eid­ge­nos­sen­schaft bereits 1960 beim Song Con­test in Lon­don und soll­te das 1964 in Kopen­ha­gen noch­mals tun. Nach ihrem frü­hen Aus bereits im Semi­fi­na­le des San-Remo-Fes­ti­vals vom glei­chen Jahr konn­te die Sie­ge­rin des ita­lie­ni­schen Wett­streits von 1954, Car­la Boni, das Euro­vi­si­ons­ti­cket auch nicht beim Zweit­ver­such über die Schweiz errin­gen. Selbst die sieg­rei­che, in Frank­reich leben­de Chan­teu­se Fran­ca di Rien­zo, die mit ‘Nous aurons demain’ ein lau tem­pe­rier­tes, musi­ka­lisch belang­lo­ses Lied­lein ablie­fer­te, ver­füg­te über ita­lie­ni­sche Wur­zeln. Was nicht nur ihr Name ver­riet, son­dern auch ihre ver­gleichs­wei­se leben­di­ge Vor­trags­wei­se. Bei­na­he merk­te man der Inter­pre­tin ver­mit­tels der nur müh­sam unter Kon­trol­le gehal­te­nen Mimik und Ges­tik an, dass sie eigent­lich lie­ber etwas Fet­zi­ge­res vor­tra­gen woll­te als die­ses Grand-Prix-typi­sche Chan­son. Die mit dem fran­zö­si­schen Jazz­mu­si­ker und Kom­po­nis­ten Chris­ti­an Che­val­li­er ver­hei­ra­te­te Fran­ca folg­te 1963 dem Bei­spiel Rolands und trat eben­falls in Sopot an.

Kann mehr, als man von ihr will: die fabel­haf­te Franca.

1962 ent­scheid sich die Schweiz dann für den Direkt­im­port bzw. spiel­te die Res­te­ram­pe und bestimm­te intern den fran­zö­si­schen Chan­son­nier und ESC-Drit­ten von 1959, Jean Phil­ip­pe zum hel­ve­ti­schen Repräsentanten.

Vor­ent­scheid CH 1961

Con­cours Euro­vi­si­on. Mon­tag, 6. Febru­ar 1961, aus den TSI-Fern­seh­stu­di­os in Luga­no. Fünf Teilnehmer:innen.

#Interpret:inSong­ti­telErgeb­nis
01Car­la BoniVoglio baciar­ti ancora
02Jo RolandNous deux
03Jo RolandStop
04Ani­ta TraversiFinal­men­te
05Fran­ca di RienzoFer­mé pour la Vie
06Ani­ta TraversiL’In­gresso nei Sogni
07Ines Tad­dioEine klei­ne Melodie
08Car­la BoniAddio Paro­le d’Amore
09Fran­ca di RienzoNous aurons Demain1

Letz­te Aktua­li­sie­rung: 27.02.2021

< Con­cours Euro­vi­si­on 1960

Con­cours Euro­vi­si­on 1963 >

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert