Jugo­vi­zi­ja 1962: Beds are burning

Nicht hun­dert­pro­zen­tig geklärt ist die Daten­la­ge bezüg­lich des zwei­ten jugo­sla­wi­schen Euro­vi­si­ons­vor­ent­scheids, der Jugo­vi­zi­ja 1962. In Zagreb fand sie statt, so viel weiß man. Mit TV Sara­je­wo reich­te erst­ma­lig auch der bos­ni­sche Lan­des­sen­der Bei­trä­ge zur der Vor­auswahl ein, an wel­cher außer­dem, wie schon im Vor­jahr, die Sen­de­an­stal­ten aus Slo­we­ni­en, Ser­bi­en und Kroa­ti­en teil­nah­men. Eine aus allen betei­lig­ten Regio­nen pari­tä­tisch besetz­te Jury bestimm­te den Sie­ger­song ‘Ne pali Svet­la u Sum­rak’ (‘Lass das Licht aus in der Däm­me­rung’) von Lola Nova­ko­vić: eine ver­träum­te klei­ne Bal­la­de, in wel­cher die 2016 ver­stor­be­ne, in den Sech­zi­gern auf dem Bal­kan sehr erfolg­rei­che ser­bi­sche Sän­ge­rin und Schau­spie­le­rin über die nach­ko­ita­len Ziga­ret­ten sin­niert, die sie und ihr Gespons zum Abschluss eines gemäch­li­chen Tages gemein­sam im Däm­mer­licht des aus­klin­gen­den Abends genie­ßen, bevor der süße Schlaf sie bei­de über­mannt. Eine ziem­lich ris­kan­te Pra­xis im Übri­gen, nicht nur wegen des Lun­gen­krebs­ri­si­kos, son­dern – wie ich mich als Sohn eines Feu­er­wehr­man­nes ver­pflich­tet füh­le, anzu­mer­ken – auf­grund der Gefahr einer Feu­ers­brunst: der tra­gi­sche Tod der schwe­di­schen Grand-Prix-Kol­le­gin Moni­ca Zet­ter­lund, die 2005 in Fol­ge eines durch einen Gute-Nacht-Glimms­ten­gel aus­ge­lös­ten Zim­mer­bran­des in ihrem eige­nen Bett ver­kohl­te, soll­te War­nung genug sein!

Wirkt schon ein wenig bene­belt: die Schlaf­zi­ga­ret­ten-Rau­che­rin Lola.

Beim Haupt­wett­be­werb in Luxem­burg konn­te Frau Nova­ko­vić, die im Lau­fe ihrer Kar­rie­re um die 50 Titel ver­öf­fent­lich­te, damit den­noch einen respek­ta­blen vier­ten Platz errin­gen. Anfang der Sech­zi­ger­jah­re galt Rau­chen halt noch nicht als ver­pönt. Ohne­hin dürf­ten die meis­ten euro­päi­schen Juror:innen man­gels ein­schlä­gi­ger Sprach­kennt­nis­se kei­nen blau­en Dunst gehabt haben, was die Gute da sang. Die Sil­ber- oder Bron­ze­me­dail­le – mei­ne dies­be­züg­li­chen Quel­len, die Natio­nal Finals Home­page und Wiki­pe­dia, sind sich (nicht nur) bei der Plat­zie­rung uneins – bei der Jugo­vi­zi­ja ging an die 2006 ver­stor­be­ne slo­we­ni­sche Jazz- und Folk­sän­ge­rin Maj­da Sepe und ihr dezent ori­en­ta­lisch anmu­ten­des Kla­ge­lied über die alt­tes­ta­men­ta­ri­sche Figur ‘Sula­mit’, die auch in der Todes­fu­ge, der lyri­schen Aus­ein­an­der­set­zung des Dich­ters Paul Celan mit dem Holo­caust, eine zen­tra­le Rol­le ein­nimmt. Zu den wei­te­ren eta­blier­ten Teilnehmer:innen des Vor­ent­scheids gehör­ten der aus dem Musi­kan­ten­stadl bekann­te Ivo Robić, der eben­so bereits schon 1961 dabei war wie die Kol­le­gin­nen Gabi Novak und Ani­ca Zubo­vić; der 2008 ver­stor­be­ne kroa­ti­sche Sän­ger, Poli­ti­ker und zwei­fa­che ESC-Ver­tre­ter Vice Vukov sowie sein bos­ni­scher Kol­le­ge Saba­hu­din Kurt.

Klingt mehr nach Türk­vi­zyon statt Jugo­ton: Mad­ja Sepes Bei­trag ‘Sula­mit’ (zwei­ter Titel der sie­ben Songs umfas­sen­den Audioplaylist).

Uneins sind sich mei­ne Quel­len auch bei der Gesamt­an­zahl der Teilnehmer:innen an der Jugo­vi­zi­ja 1962: die bri­ti­sche Wiki­pe­dia, von der ich die unten­ste­hen­de Tabel­le über­nom­men habe, lis­tet deren zwölf, die Natio­nal Finals Home­page (NFH) geht von 18 Partizipant:innen aus, die sie aller­dings nicht alle benen­nen kann. Die Ver­ant­wor­tung für die Dis­kre­panz trägt das gast­ge­ben­de TV Zagreb: der kroa­ti­sche Lan­des­sen­der hat­te näm­lich, soviel ist unum­strit­ten, bereits im Dezem­ber 1961 eine eige­ne Vor­run­de abge­hal­ten. Wie vie­le Lie­der man von dort aus ins Fina­le dele­gier­te, dar­über gehen die Mei­nun­gen aus­ein­an­der: NFH glaubt, dass es sechs waren, Wiki­pe­dia lis­tet dage­gen nur drei. Mei­ne Ver­mu­tung ist, dass das Online-Lexi­kon Recht hat und es sich bei den von NFH als wei­te­re Jugo­vi­zi­ja-Bei­trä­ge genann­ten Songs ‘Ti si moj zavičaj’ der im Lan­de haupt­säch­lich mit Cover­ver­sio­nen inter­na­tio­na­ler Hits erfolg­rei­chen Schla­ger­sän­ge­rin Zden­ka Vuč­ko­vić, ‘K´o crne ruže cvi­jet’ von Ljil­ja­na Petro­vić und ‘Negdje’ der Grup­pe Melos um die aus­ge­schie­de­nen Vor­run­den­lie­der han­delt. Die für eine Jugo­vi­zi­ja unge­wöhn­lich hohe Zahl von 18 Starter:innen könn­te sich somit aus der (feh­ler­haf­ten) Addi­ti­on der zwölf Finalist:innen und sechs Vorrundenteilnehmer:innen erge­ben. Aller­dings beru­hen die Anga­ben von Wiki­pe­dia auf mitt­ler­wei­le wie­der gelösch­ten Online-Archi­ven nicht mehr exis­ten­ter jugo­sla­wi­scher Fan­clubs. Eine Garan­tie gibt’s hier­für also nicht.

Die Schla­ger­el­fe Zden­ka Vuč­ko­vić mit ihrem Vor­run­den­ti­tel ‘Ti si moj Zavičaj (Du bist mein Zuhau­se)’. Klingt erfri­schend nied­lich, wie alle ihre Songs.

Vor­ent­scheid YU 1962

Jugo­vi­zi­ja. Frei­tag, 23. Febru­ar 1962, aus dem Fern­seh­stu­dio von TV Zagreb (heu­ti­ges Kroa­ti­en). Elf Teilnehmer:innen. Mode­ra­ti­on: Mla­den Delić. Acht regio­na­le Jurys.
Inter­pre­tenSong­ti­telJuryPlatz
Ani­ca ZubovićIst­in­i­ta priča0109
Boš­ko OrlovićNeka zvo­ni Pjesma0206
Gabi NovakVolim kišu0705
Ivo RobićAli­ja1802
Jel­ka CvetezarNa pla­nin­cah0206
Lola Nova­ko­vićNe pali Svet­la u Sumrak1901
Lola Nova­ko­vićNoć nad gradom1304
Maj­da SepeSula­mit1503
Mar­ja­na DeržajPopev­ka za nas0109
Saba­hu­din KurtVoli­mo se0011
Vice VukovDola­zak0206
Zvon­ko ŽivanovićRok o roku0011

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