Iri­scher Vor­ent­scheid 1965: The Rain! The Rain! Crying!

Erst im zehn­ten Jahr sei­nes Bestehens debü­tier­te die mit ins­ge­samt sie­ben Sie­gen bis heu­te erfolg­reichs­te Nati­on beim Euro­vi­si­on Song Con­test. 1956 bei der Grand-Prix-Pre­miè­re in Luga­no konn­te Irland indes noch gar nicht dabei sein: da ver­füg­te die streng katho­li­sche und sei­ner­zeit noch ein wenig rück­stän­di­ge Insel­na­ti­on näm­lich noch nicht über eine eige­ne Rund­funk­sta­ti­on. Erst 1961 grün­de­te sich das Staats­fern­se­hen RTÉ, und vier Jah­re spä­ter fühl­te man sich dann fit genug, sich am kul­tu­rel­len Kräf­te­mes­sen der euro­päi­schen Natio­nen zu betei­li­gen. “Zu die­sem Zeit­punkt schien die Euro­vi­si­on in den Augen der Iren eine sehr anspruchs­vol­le Ange­le­gen­heit zu sein,” schreibt der Autor David Bla­ke Knox in sei­nem 2015 erschie­ne­nen Buch ‘Ire­land and the Euro­vi­si­on’, und die Aus­wahl des kel­ti­schen Ver­tre­ters vor allem von dem Wunsch beseelt, er oder sie möge die Nati­on vor der Welt­öf­fent­lich­keit “nicht bla­mie­ren”. So muss­ten sich die zwölf Teilnehmer:innen des ers­ten iri­schen Vor­ent­scheids, größ­ten­teils die Lead­sän­ger der damals hoch­gra­dig popu­lä­ren Tanz­ka­pel­len, dem Anlass ent­spre­chend in Smo­king oder Abend­kleid wer­fen und durf­ten nicht ihr übli­ches Reper­toire zu Gehör brin­gen, das neben Cover­ver­sio­nen aktu­el­ler Hits vor allem aus Coun­try & Wes­tern und hei­mi­schem Folk bestand.

Dickie Rock, der Zweit­plat­zier­te beim beim iri­schen Vor­ent­scheid 1965 mit einem Pot­pour­ri sei­ner Hits (Reper­toire­bei­spiel).

Statt­des­sen bestimm­ten alt­mo­di­sche, fest­li­che Bal­la­den den Abend: “alle Lie­der klan­gen, als kämen sie aus den Fünf­zi­gern,” so der Dritt­plat­zier­te John Keogh, der sei­nen vom Sen­der (bei dem er lus­ti­ger­wei­se spä­ter als Pro­du­zent unter­kam) aus­ge­such­ten Wett­be­werbs­bei­trag nicht lei­den konn­te. Die­ses Urteil gilt auf jeden Fall für den Sie­ger­song des Vor­ent­scheids, in wel­chem der 2001 ver­stor­be­ne James Augus­ti­ne ButchMoo­re davon erzählt, er gehe zum Wei­nen in den Regen, auf dass sei­ne Ver­flos­se­ne sei­ne Trä­nen nicht sehe. Moo­re leg­te mit die­sem Schin­ken in Nea­pel den sechs­ten Rang und damit ein durch­aus respek­ta­bles Ergeb­nis hin. Bei sei­ner Rück­kehr bescher­ten ihm sei­ne Lands­leu­te einen tri­um­pha­len Emp­fang am Flug­ha­fen von Dub­lin, wo ihn 5.000 jubeln­de Fans erwar­te­ten. ‘Wal­king the Streets in the Rain’ wur­de zum Num­mer-Eins-Hit auf der Grü­nen Insel. Einen Kar­rie­re­schub bescher­te die iri­sche Euro­vi­si­ons­pre­mie­re auch dem Mode­ra­tor des ers­ten hei­mi­schen Vor­ent­scheids und ESC-Kom­men­ta­to­ren, Bun­ny Carr, der anfäng­lich neben sei­ner Beschäf­ti­gung beim Fern­se­hen noch den deut­lich seriö­se­ren Beruf eines Schal­ter­be­am­ter bei einer Bank beklei­de­te. “Nach der Euro­vi­si­on war mei­ne Schlan­ge bei Wei­tem die längs­te,” erin­nert sich Bun­ny in Knox’ Buch. “Und neben Bar­geld woll­ten die Kun­den auch mein Auto­gramm”. Wenn das kein Ruhm ist!

Dean Mar­tin hat ange­ru­fen und will sei­ne Stim­me zurück: der schmu­cke Butch Moo­re debü­tiert 1965 für Irland.

Vor­ent­scheid IE 1965

Diens­tag, 9. Febru­ar 1965, im RTÉ-Fern­seh­stu­dio in Dub­lin. Zwölf Teilnehmer:innen. Mode­ra­ti­on: Bun­ny Carr.

*Neben den in der Tabel­le genann­ten Künstler:innen nah­men auch die Interpret:innen Aus­tin Gaff­ney, Amy Hay­den und Ter­ri Ner­ney am Vor­ent­scheid teil, aller­dings ist nicht (mehr) bekannt, wer von ihnen wel­ches Lied sang.
#Inter­pre­tenSong­ti­telPlatz
01Fran­ces DermottAno­ther Day, ano­ther Dream06
02Joan Con­nol­lyAno­ther Star, ano­ther Tear03
03Paul Rus­sellCon­cer­to of Loven.b.
04*House on the Hilln.b.
05Butch Moo­reWal­king the Streets in the Rain01
06Patri­cia CahillI stand still02
07Dickie RockI still love you07
08Jim Doh­erty TrioLove me trulyn.b.
09*On such a Nightn.b.
10Brendan Bowy­erSud­den­ly in Love05
11John KeoghYesterday’s Dream03
12*You said you loved men.b.

Letz­te Aktua­li­sie­rung: 12.10.20

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