Eurovi­isukar­sin­ta 1967: Der Tunten-Marathon

Ein­mal wie immer: auch im Jah­re 1967 ver­an­stal­te­te das fin­ni­sche Fern­se­hen YLE zur Ermitt­lung des Euro­vi­si­ons­bei­tra­ges einen offe­nen Kom­po­nis­ten­wett­be­werb. 240 Ein­sen­dun­gen gin­gen beim Sen­der ein, und wie schon im Vor­jahr fan­den sich unter den von einer Jury aus­ge­wähl­ten (dies­mal acht) Final­ti­teln gleich drei aus der Feder von Las­se Mår­ten­son. Eben­so wie schon im Vor­jahr sieg­te wie­der­um eine davon. Mår­ten­son nun den Ralph Sie­gel Finn­lands zu nen­nen, täte ihm aber den­noch unrecht, dafür waren sei­ne Lie­der ein­fach zu… un-sie­ge­lig. So wie das von ihm kom­po­nier­te ‘Var­joon – sua­joon’ (sinn­ge­mäß: ‘Im Schat­ten – geschützt’), eine sehn­suchts­vol­le und in ihrer Art extrem fin­ni­sche Betrach­tung über die Vor­zü­ge des Lebens abseits des grel­len Schein­wer­fer­lich­tes, dar­ge­bo­ten von einem eher unty­pi­schen Grand-Prix-Kan­di­da­ten, dem jun­gen Mat­ti Kale­vi Sii­to­nen oder, wie er sich selbst nann­te, Fre­di (übri­gens nach der cho­le­risch-lie­bens­wür­di­gen Figur aus der Zei­chen­trick­se­rie Fami­lie Feu­er­stein).

Fre­di mit dem viel­leicht fin­nischs­ten Lied aller Zeiten.

Fre­di kann­ten sei­ne Lands­leu­te haupt­säch­lich als TV-Come­di­an, genau­er gesagt als Teil des von ihm mit­be­grün­de­ten Ensem­bles Kivi­kas­vot. Als “Folk-Fre­di” hat­te er 1965 sei­ne ers­te Plat­te auf­ge­nom­men, und drei Mal dür­fen Sie raten, wel­cher musi­ka­li­schen Rich­tung die­se zuzu­ord­nen war. Nur sehr ent­fernt bis gar nicht fol­kig klan­gen indes sei­ne bei­den Vor­ent­schei­dungs­bei­trä­ge, das jaz­zig-schrä­ge ‘O Tun­te­ma­ton’ (nein, es ging nicht um das sams­tag­abend­li­che Pen­deln zwi­schen Gay-Bar und Homo-Dis­co, den Tun­ten-Mara­thon, son­dern um das gro­ße ‘Unbe­kann­te’) wie auch das lei­den­schaft­lich gekräh­te, sieg­rei­che ‘Var­joon – sua­joon’. Mit dem sorg­te Fre­di in Wien für rat­los zurück­blei­ben­de euro­päi­sche Zuschauer:innen und per­ple­xe Jurys, wel­che das intro­ver­tier­te Grand-Prix-Klein­od mit einem Mit­tel­feld­platz abstraf­ten. Fre­di, der zu Hau­se im Lau­fe sei­ner Kar­rie­re mehr als 20 Hits lan­de­te, kehr­te 1976 mit der ungleich ein­gän­gi­ge­ren Con­test-Per­le ‘Pump-pump’ zurück. Wie schon im Vor­jahr gab es auch bei der Eurovi­isukar­sin­ta 1967 ein Super­fi­na­le mit den drei best­plat­zier­ten Titeln, die in der zwei­ten Abstim­mungs­run­de (der exakt sel­ben Juro­ren) wenig über­ra­schend in exakt der­sel­ben Rei­hen­fol­ge abschnit­ten, jetzt halt nur mit 50% mehr Punkten.

Die Play­list: alle acht Vor­ent­schei­dungs­bei­trä­ge als Audio.

Neben dem Con­test-New­co­mer Fre­di hat­te YLE drei wei­te­re, schon etwas eta­blier­te­re Künstler:innen mit dem Sin­gen der Wett­be­werbs­bei­trä­ge beauf­tragt. Bis auf Platz 2 in der Wer­tung schaff­te es – eben­falls mit einem (ver­gleichs­wei­se kon­ven­tio­nel­len) Mår­ten­son-Song – der paus­ge­sich­ti­ge blon­de Tee­nie-Schwarm Ilkka Johan­nes Lip­sa­nen, bes­ser bekannt als Dan­ny. Der ehe­ma­li­ge Front­mann der Beat-Kapel­le The Island­ers lan­de­te zu Hau­se vor allem mit fin­ni­schen Cover­ver­sio­nen inter­na­tio­na­ler Top-Titel Hit auf Hit. Ende der Sieb­zi­ger, zu Hoch­zei­ten der Dis­co-Wel­le, tat er sich kurz­zei­tig mit der frü­he­ren Miss Finn­land, Armi Aavik­ko, zusam­men und rea­li­sier­te mit dem Duett ‘Tah­don olla sul­le hel­lä’ sei­nen größ­ten Erfolg. Mit der eng­lisch­spra­chi­gen Ver­si­on der cam­pen Num­mer, ‘I wan­na love you ten­der’, und der dazu­ge­hö­ri­gen “sinn­lich-ero­ti­schen” (lies: zwerch­fell­per­fo­rie­rend lus­ti­gen) Cho­reo­gra­fie, reüs­sier­te er in den spä­ten Nuller Jah­ren dank You­tube zum (zu Recht) welt­weit abge­fei­er­ten Inter­net-Meme. 2021 gab er beim UMK mit dem gän­se­hau­ter­zeu­gen­den Final-Curtain-Song ‘Sinä päiv­ä­nä kun kaik­ki raka­s­taa mua’ sei­ne Abschieds­vor­stel­lung. Auf den hin­te­ren Rän­gen beim fin­ni­schen Vor­ent­scheid von 1967 lan­de­ten indes die ver­dien­ten Song-Con­test-Vete­ra­nin­nen Lai­la Kinn­unen und Mari­on Rung. Und das, obwohl Lai­las dezent dra­ma­ti­sches ‘Revon­tu­li’ (‘Nord­licht’) jetzt gar nicht mal so extrem schlecht war. Also, mal abge­se­hen von der Tat­sa­che, dass der Song über kei­nen ernst­haf­ten Refrain ver­füg­te. Aber das tat ‘Var­joon – suo­ja­an’ letzt­lich auch nicht.

Darf ich mei­nen Leser:innen natür­lich nicht vor­ent­hal­ten: ‘I wan­na love you ten­der’, das viel­leicht bes­te Trash-Video aller Zei­ten (Reper­toire­bei­spiel).

Vor­ent­scheid FI 1967

Suo­men Eurovi­isukar­sin­ta. Sams­tag, 11. Febru­ar 1967, aus den YLE-Fern­seh­stu­di­os in Hel­sin­ki. Vier Teilnehmer:innen. Mode­ra­ti­on: Jaak­ko Jahnukainen.
#Interpret:inTitelPunk­tePlatz
01Lai­la KinnunenRevon­tu­li08 | –06
02Mari­on RungKesän Lau­lu00 | –08
03Dan­nyKes­ki­yöl­la17 | –04
04Lai­la KinnunenUnoh­dus­ta ei olé10 | –05
05Mari­on RungGood­bye05 | –07
06Fre­diOi tun­te­ma­ton18 | 2703
07Dan­nySua kuts­un Maarit20 | 3602
08Fre­diVar­joon – suojaan30 | 4501

Letz­te Aktua­li­sie­rung: 11.06.2021

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