ESC-Fina­le 1993: Nur wer lei­det, ist am Leben

Logo des Eurovision Song Contest 1993
Das Jahr der Balkaninvasion

Bereits zum vier­ten Mal seit sei­ner Erst­teil­nah­me 1965 hat­te der Sie­ges­fluch das ver­hält­nis­mä­ßig klei­ne, ver­hält­nis­mä­ßi­ge arme Irland getrof­fen. Dort war man natür­lich stolz, woll­te aber nicht schon wie­der das kom­plet­te Jah­res­bud­get des Sen­ders RTÉ  für die Aus­rich­tung des Song Con­tests auf den Kopf hau­en. So recy­cel­te man das Büh­nen­bild von 1988 und nahm dank­bar das Ange­bot eines iri­schen Stahl­in­dus­tri­el­len an, der RTÉ bei den Pro­duk­ti­ons­kos­ten unter die Arme griff – auch wenn das hieß, dass der Wett­be­werb in einer alten Pfer­der­eit­hal­le in einem am Arsch der Welt lie­gen­den Kuh­kaff weit­ab jeg­li­cher Zivi­li­sa­ti­on stattfand.

Der Con­test als Infra­struk­tur­maß­nah­me: eigens für den ESC wur­de das iri­sche Dorf Mill­street aufpoliert.

Erst­mals in der Con­test­ge­schich­te muss­ten in die­sem Jahr Bewer­ber drau­ßen blei­ben. Nach der Zer­split­te­rung Jugo­sla­wi­ens kamen Anmel­dun­gen aus drei Nach­fol­ge­staa­ten, dar­über hin­aus bekun­de­ten gleich vier ehe­ma­li­ge Ost­block­län­der Inter­es­se. Die EBU ließ in Lju­bil­ja­na eine regio­na­le Vor­ent­schei­dung für die poten­ti­el­len New­co­mer­staa­ten durch­füh­ren, bei der sich – dem lau­fen­den, blu­ti­gen Bür­ger­krieg zum Trotz – die exju­go­sla­wi­schen Län­der Kroa­ti­en, Bos­ni­en und Slo­we­ni­en gegen­sei­tig die Punk­te zuschanz­ten und sich so gegen Est­land, Ungarn, Rumä­ni­en und die Slo­wa­kei durch­setz­ten. Ihre Bei­trä­ge füg­ten dem saft- und kraft­lo­sen Geplod­der der west­eu­ro­päi­schen Natio­nen aller­dings nichts Nen­nens­wer­tes hin­zu. Mit einer Ausnahme.

San­gen sich den Schmerz von der See­le: Faz­la (BA)

Nie­mand lei­det so schön wie die Bos­ni­er™: das bewies bereits deren Pre­mie­ren­bei­trag ‘Sva Bol Svi­jeta’ (‘Der Schmerz der gan­zen Welt’), der exakt so klang, wie der Titel es ver­sprach. Die poli­ti­sche Bri­sanz der Num­mer erschließt sich – sofern man, wie ich, des Bos­ni­schen nicht mäch­tig ist – jedoch erst in der eng­li­schen Fas­sung. Faz­las Schmer­zens­bal­la­de befass­te sich näm­lich ganz direkt mit dem zeit­gleich statt­fin­den­den Krieg im Lan­de (der zur Fol­ge hat­te, dass es der bos­ni­sche Diri­gent nicht aus Sara­je­wo her­aus­schaff­te) und bezog auch ganz klar Stel­lung: “The who­le World’s Pain in Bos­nia tonight / I stay here to chall­enge and to fight”. Faz­las namens­ge­ben­der Lead­sän­ger Muha­med Faz­la­gić straf­te den Song­text aller­dings Lügen, in dem er zur Über­ra­schung sei­nes Teams von Mill­street aus direkt in die USA aus­wan­der­te, wo er heu­te als Foot­ball-Trai­ner arbei­tet. Da ich als typisch igno­ran­ter West­eu­ro­pä­er bis heu­te nicht ver­ste­he, wes­we­gen sich die Jugo­sla­wen sei­ner­zeit gegen­sei­tig zer­fleisch­ten, möch­te ich mich zum The­ma Bos­ni­en­krieg nicht wei­ter äußern. Vom musi­ka­li­schen Stand­punkt her beweg­te mich Faszlas Lied jedoch zutiefst. Was inso­fern kein Wun­der ist, da der gro­ße Dino Mer­lin (BA 1999 und 2011), ein ech­ter Meis­ter sei­nes Hand­werks, es schrieb.

In Deutsch­land wäre die­se Ges­te (4:00 Min) ver­bo­ten! (IT)

Die einen kom­men, die ande­ren gehen: nach dem schlech­ten Abschnei­den des San-Remo-Stars Enri­co Rug­ge­ri, der mit ‘Sole d’Eu­ro­pa’ ver­ge­bens ver­such­te, die für das son­ni­ge Land einst so erfolg­brin­gen­de Euro­pa­eu­pho­rie noch­mal auf­le­ben zu las­sen, kehr­ten die Ita­lie­ner dem Con­test belei­digt den Rücken. Dabei sah Enri­co auch nicht häss­li­cher aus als Toto Cutug­no (IT 1990). Lag es an sei­ner schwar­zen Leder­kluft? Oder dar­an, dass er mit­ten im Vor­trag zu mar­schie­ren anfing? Sei­ne Abschieds­vor­stel­lung gab auch Luxem­burg. Das einst­mals so erfolg­rei­che Groß­her­zog­tum hat­te schlicht­weg den Anschluss an die Modern Times ver­passt. Da half auch kein céline­haf­tes Fle­hen (‘Don­ne-moi une Chan­ce’), zumal von zwei lang­haa­ri­gen Dau­er­wel­len­op­fern in pein­lich gemus­ter­ten Jacken aus dem Schluß­ver­kauf bei Tak­ko. Pein­lich für Deutsch­land hin­ge­gen der von der ARD intern aus­ge­such­te Bei­trag: dass wir zur Abwechs­lung mal kei­nen Sie­gel-Song schick­ten, dürf­te ange­hörs des sül­zi­gen Gewin­sels der Mün­che­ner Frei­heit den wenigs­ten euro­päi­schen Zuschau­ern auf­ge­fal­len sein. Ste­fan Zau­ner und sei­ne Jungs kamen in ein­heit­lich lang­wei­li­gem Weiß, grein­ten und san­ken. Der acht­zehn­te Platz stell­te die ange­mes­se­ne Ent­loh­nung für ihr wei­ner­li­ches Lied­chen ‘Viel zu weich weit’ dar.

Das ist doch Chris­ti­an Anders da rechts an der Man­do­li­ne! (FR)

Frank­reich setz­te sei­ne Rei­se durch die Kolo­nien mit Patrick Fio­ri und sei­ner ‘Mama Cor­si­ca’ fort. Das war nun nicht ganz soweit weg wie Tune­si­en oder die kari­bi­schen Über­see­dé­par­te­ments. Dafür mach­ten sich die ita­lie­ni­schen Ein­flüs­se auf dem Eiland mit lieb­li­chen Man­do­li­nen­klän­gen und in der Spra­che bemerk­bar. Zudem wirk­te Patrick optisch wie der fleisch­ge­wor­de­ne Schwie­ger­müt­ter­traum. Da schmol­zen die Her­zen der Juror/innen rei­hen­wei­se dahin: Rang 4!  Und nach­dem sich La Gran­de Nati­on nun auf dem Eth­no-Trip befand, über­nahm die Schweiz ger­ne die vakan­te Posi­ti­on des Hof­lie­fe­ran­ten klas­si­scher fran­ko­phi­ler Gefühls­stür­me. Nur: die für einen Sieg mit sol­cher Ware not­wen­di­ge Mischung aus Nobles­se und erkenn­ba­rem Sie­ges­wil­len woll­te den eid­ge­nös­si­schen Inter­pre­tin­nen ein­fach nicht gelin­gen. So muss­te sich die wie ein getre­te­nes Hünd­chen drein­bli­cken­de Annie Cot­ton für ihr simp­les ‘Moi, tout sim­ple­ment’ mit dem drit­ten Rang zufrie­den geben. 22 Plät­ze zu gut für mei­nen Geschmack.

Ach, wür­den bei uns die Schun­kel­schla­ger mal so schön klin­gen! (FI)

Auf Rang 22 lan­de­te der alte däni­sche Euro­vi­si­ons­be­kann­te Tom­my See­bach. Sein Feh­ler: anders als noch bei sei­nen Kult­num­mern ‘Dis­co Tan­go’ (1979) und ‘Krøl­ler eller ej’ (1981) saß er dies­mal nicht hin­ter dem Kla­vier. Auch war ‘Under Stjer­ner­ne på Him­len’ ein beson­ders öder Lan­ge­wei­le­schla­ger, der sich  naht­los in das zum Weg­däm­mern fade Musik­me­nü die­ses Jah­res ein­füg­te. Dumm für ihn: die schlech­te Plat­zie­rung bedeu­te­te für das euro­vi­si­ons­ver­rück­te Däne­mark die Rele­ga­ti­on, da auf­grund des hohen Zulaufs die sechs in der Wer­tung hin­ten lie­gen­den Län­der im Fol­ge­jahr aus­set­zen muss­ten, wie die EBU bereits vor­ab ver­kün­det hat­te. Das nah­men ihm sei­ne Lands­leu­te übel. See­bach fing das Sau­fen an – zehn Jah­re spä­ter war er tot. Nur zwei Plät­ze bes­ser schnitt die Fin­nin Kat­ri Hele­na Kalao­ja (auch sie 1979 schon mal dabei) ab. Mit gleich zwei Akkor­de­ons auf der Büh­ne for­der­te sie ihr Schick­sal aber auch wirk­lich her­aus – obwohl es ja gera­de die­se Instru­men­te waren, die den Schun­kel­schla­ger ‘Tule lou’ so unspie­ßig, wun­der­bar warm und rund klin­gen lie­ßen. Die Schwe­den schick­ten ein Num­mer namens ‘Eloi­se’ ins Ren­nen, die musi­ka­lisch durch­aus aus der sel­ben Ära hät­te stam­men kön­nen wie der gleich­na­mi­ge 1968er Super­hit von Bar­ry Ryan.

Walk like an Egyp­ti­an: Keti Gar­bi (GR)

Zwei Sachen beherr­schen die Grie­chen wirk­lich gut: die Warm­sa­nie­rung mit Hil­fe von Wald­brän­den – und die seri­el­le Pro­duk­ti­on von Euro­vi­si­ons­di­ven! Keti Gar­bi gehört zwei­fel­los zu ihnen, auch wenn ihre Lob­hu­de­lei auf die Licht­bild-Schnell­ent­wick­lung in der Hei­mat, ‘Ella­da, Hora tu Fotos’, einen Tick zu sper­rig her­über­kam, um beim ers­ten Hören zu zün­den. So gab es für die in einem atem­be­rau­ben­den Kleid (schma­le, lan­ge Strei­fen vorn und hin­ten, ein paar elas­ti­sche Bän­der zum Zusam­men­hal­ten an der Sei­te) dra­ma­tisch ges­ti­ku­lie­ren­de Keti nur einen neun­ten Rang. Wun­der­bar dra­ma­tisch auch der öster­rei­chi­sche Bei­trag: dort nahm man Zuflucht zu bibli­schen Figu­ren, was bei glau­bens­schwa­chen Län­dern nie gut geht. Tony Weg­as’ (AT 1992) fabel­haf­te, lei­den­schaft­lich-druck­vol­le Aus­tro­pop-Ode an ‘Maria Mag­da­le­na’ ver­sack­te im Mit­tel­feld – es soll­ten noch sechs Jah­re ins Land zie­hen, bis das deut­lich katho­li­sche­re Kroa­ti­en vor­mach­te, wie das rich­tig geht! Dabei bezog sich der von Tho­mas Spit­zer (EAV) ver­fass­te, das Lebens­ge­fühl chro­nisch Kran­ker in Wor­te klei­den­der Text (“Nur wer lei­det, ist am Leben / Wer nichts fühlt, ist tot / Schmer­zen neh­men, Lie­be geben / Das ist mein Gebot”) nur schein­bar auf die Hei­li­ge Jung­frau. So oder so: für die­sen Spit­zen­schla­ger hät­te auch eine Spit­zen­plat­zie­rung drin sein müssen!

Gib mir Dei­ne Macht: Tony Weg­as (AT)

Die ver­pass­te auch die bel­gi­sche Sän­ge­rin Bar­ba­ra Dex mit ihrer so wun­der­bar melan­cho­lisch klin­gen­den Bal­la­de ‘Iemand als jij’, einem ganz und gar fra­gi­len Lied über den glück­li­chen Umstand, die gro­ße, die nun end­lich ein­zig wah­re Lie­be des Lebens gefun­den zu haben. Nach Mari­bel­les ‘Ik hou van jou’ (NL 1984) das zwei­te hol­län­disch gesun­ge­ne Lie­bes­lied der Con­test­his­to­rie, das einen erstaun­lich bana­len, aber posi­ti­ven Text in eine zutiefst ver­zwei­fel­te, tod­trau­ri­ge Stim­mung gießt – wohl die Ver­gäng­lich­keit und Zer­brech­lich­keit der besun­ge­nen Ent­flam­mung der Her­zen anklin­gen las­send. Dass die­ses bewe­gen­de Stück mit nur drei (deut­schen!) Punk­ten auf dem letz­ten Platz lan­de­te, bleibt mir bis heu­te unbe­greif­lich. Auch wenn man den unmög­li­chen Auf­zug der blon­den Flä­min, eine Art Negli­gée mit dar­über­ge­wor­fe­nem lei­chen­far­be­nem Voll­kör­per­kon­dom, als punk­te­min­dernd berück­sich­tigt. Dazu noch die wuls­ti­ge Fri­sur und die bel­gi­schen Scho­ko-Mee­res­früch­ten nach­emp­fun­de­nen Ohr­rin­ge: Bar­ba­ra sah aus wie ein sin­gen­der Wind­beu­tel. Gar nicht zu reden von den Git­te-(DE 1973)-Gedächt­nis-Gum­mi­stie­feln! Die­ses Out­fit ver­an­lass­te einen nie­der­län­di­schen Euro­vi­si­ons­fan dazu, den jähr­li­chen Bar­ba­ra-Dex-Award für den schlecht­an­ge­zo­gens­ten Teil­neh­mer des Grand Prix zu ver­lei­hen. Auch ein Weg zur Unsterblichkeit!

Lag es an der wie­der­käu­en­den Mund­be­we­gung? (BE)

Groß­bri­tan­ni­en schick­te die aus den Hit­pa­ra­den bekann­te und zeit­wei­se bei Stock/Aitken/Waterman unter Ver­trag ste­hen­de Sonia. Von S/A/W gibt es lus­ti­ger­wei­se auch einen Song namens ‘Bet­ter the Devil you know’: den sang jedoch Kylie Mino­gue und der war mil­lionfach bes­ser als Soni­as lei­der nicht vom bri­ti­schen Hit­schrei­ber­team pro­du­zier­te Pop­num­mer, die eher nach einem Alb­um­füll­ti­tel der Beach Boys klang als nach zeit­ge­nös­si­scher Musik. Den­noch schaff­te es der Titel auf Rang 59 in die deut­schen Charts (#15 UK) und – muss man es wirk­lich noch erwäh­nen? – auf den zwei­ten Platz beim Con­test. Nicht so Ruth Jacott aus den Nie­der­lan­den. Ihr Öko-Frie­dens­schla­ger ‘Vre­de’ ver­ein­te eine selbst außer­halb des Grand Prix sel­ten anzu­tref­fen­de text­li­che wie musi­ka­li­sche Güte. Gäbe es denn Gerech­tig­keit auf Erden, sie hät­te gewin­nen müs­sen. Der sechs­te Platz für die anbe­tungs­wür­di­ge Diva Jacott, im Back­ground­chor übri­gens unter­stützt von ihrem – mitt­ler­wei­le geschie­de­nen – Ehe­mann Hum­phrey Camp­bell (NL 1992), war schlicht­weg skan­da­lös: womög­lich wirk­te die wie eine der Drag-Queens aus mei­nem Lieb­lings­film ‘Pri­scil­la’ auf­ge­mach­te schwar­ze Schön­heit zu selbst­be­wußt für eini­ge Jury­mit­glie­der. Auch die kata­stro­pha­le Licht­re­gie und Kame­ra­füh­rung der Iren tat das ihre, um Ruths Glanz zu über­de­cken. Eva San­ta­ma­rias spa­ni­schen Hip-Hop-Ver­such über die ‘Hom­bres’ hat dage­gen das zu solch fort­schritt­li­chen Sounds schlicht­weg nicht befä­hig­te Orches­ter auf dem Gewissen.

Nico­le: höre und wei­ne! (NL)

Zu den (raren) Fan­fa­vo­ri­ten in die­sem Jahr­gang zählt der letz­te Song die­ses Abends. Die sehr jun­ge, sehr schüch­tern wir­ken­de Nor­we­ge­rin Sil­je Vige mach­te zu Beginn ihrer hauch­zar­ten Lie­bes­bal­la­de ‘Alle mine Tank­ar’ (nein, nicht der Song einer Ree­de­rei-Erbin) den Ein­druck, als sei sie mit dem Auf­tritt vor so vie­len Men­schen über­for­dert und als wer­de sie jeden Moment ent­we­der in Trä­nen aus­bre­chen oder von der Büh­ne flie­hen. Man litt vor dem Bild­schirm mit ihr mit – und das ziem­lich lan­ge, denn das Lied brauch­te eine Ewig­keit, um in Fahrt zu kom­men. Mit Beginn des ers­ten Refrains jedoch geriet auf ein­mal Bewe­gung in den nor­di­schen Fan­block im Zuschau­er­raum. Deren anfeu­ern­des Mit­klat­schen (mög­li­cher­wei­se eine Art Bewe­gungs­the­ra­pie, um nicht ein­zu­schla­fen) über­trug sich auch auf Sil­je, die sich zuneh­mend siche­rer zeig­te und ihren wirk­lich schö­nen Song ab da über­zeu­gend ver­kauf­te. Von die­ser Fan-Unter­stüt­zung lie­ßen sich auch die Juro­ren anste­cken, die die ‘Tank­ar’ auf den fünf­ten Rang hievten.

Als wär’s die ZDF-Hit­pa­ra­de! (NO)

Schie­res Ent­set­zen dürf­te jedoch beim aus­rich­ten­den RTÉ das End­ergeb­nis der Abstim­mung aus­ge­löst haben: Irland gewann näm­lich erneut! Dabei prä­sen­tier­te sich die 2010 (‘It’s for you’) erneut antre­ten­de und dabei deut­lich sym­pa­thi­scher wir­ken­de Niamh Kava­nagh 1993 noch als all­um­fas­sen­de ästhe­ti­sche Zumu­tung: wachs­bleich, rot­haa­rig und qual­lig, wirk­te sie wie die ver­sto­ße­ne Tan­te der Kel­lys (DVE 2002), sang aber ihren kraft­vol­len, wenn­gleich hoff­nungs­los alt­mo­di­schen Schmacht­fet­zen ‘In your Eyes’ (#83 in Deutsch­land, #24 im UK) sehr stimm­ge­wal­tig und aus­drucks­stark. Letzt­lich spiel­te es kei­ne Rol­le, denn die Jurys hat­ten nun ihre Linie gefun­den und zogen die­se eisern durch: iri­sche Bal­la­den auf die Eins, bri­ti­scher Pop (egal was, Haupt­sa­che eng­lisch gesun­gen) auf die Zwei, fran­ko­phi­le Gefühls­stür­me auf die Drei. Alter­na­tiv irgend­was mög­lichst Haus­ba­cke­nes. So muss­te man nicht so viel nach­den­ken und konn­te frü­her in den Pub. Die Grand-Prix-Gemein­de fing schon mal an, sich im iri­schen “Home of Euro­vi­si­on” häus­lich einzurichten.

Wie aus Schmelz­kä­se geschnitzt: Nief Käw­wa­nah (IE)

Euro­vi­si­on Song Con­test 1993

Euro­vi­si­on Song Con­test. Sams­tag, 15. Mai 1993, aus der Green Glens Are­na in Mill­street, Irland. 25 Teil­neh­mer­län­der, Mode­ra­ti­on: Fionnu­a­la Sweeney.
#LandInter­pretTitelPunk­tePlatz
01ITEnri­co RuggeriSole d’Eu­ro­pa04512
02TRBurak AydosEsmer yarim01021
03DEMün­che­ner FreiheitViel zu weit01818
04CHAnnie Cot­tonMoi, tout simplement14803
05DKTom­my SeebachUnder Stjer­ner­ne på Himlen00922
06GRKeti Gar­biElla­tha, Hora tu Fotos06409
07BEBar­ba­ra DexIemand als jij00325
08MTWil­liam MangionThis Time06908
09ISInga Ste­fáns­dót­tirÞá veis­tu Svarið04213
10ATTony Weg­asMaria Mag­da­le­na03214
11PTAna­be­la Braz PiresA Cida­de (até ser Dia)06010
12FRPatrick Fio­riMama Cor­si­ca12104
13SEArvin­g­ar­naEloi­se08907
14IENiamh Kava­naghIn your Eyes18701
15LUModern TimesDon­ne-moi une Chance01120
16SI1* BandTih deže­ven Dan00923
17FIKat­ri Hele­na KalaojaTule luo02017
18BAFaz­laSva Bol Svijeta02716
19UKSonia EvansBet­ter the Devil you know16402
20NLRuth JacottVre­de09206
21HRPutDon’t ever cry03115
22ESEva San­ta­ma­ríaHom­bres05811
23CYZim­bou­la­kis & van BekeMi sta­ma­tas01719
24ILShiruShiru00424
25NOSil­je VigeAlle mine Tankar12005

4 Comments

  • Für mich noch immer der bes­te Grand-Prix-Jahr­gang aller Zei­ten. Alles war ein­fach per­fekt. Vom Ita­lie­ni­schen Gitar­ren­so­lo bis zum letz­ten Ton der nor­we­gi­schen Sire­ne, und dann der gran­dio­se Sie­ger­ti­tel. Dazu: Der wohl ein­zi­ge ESC aller Zei­ten, der in einem Dorf stattfand.

  • Macht es Sinn, einen extra Arti­kel für den Vor­ent­scheid der ost­eu­ro­päi­schen Län­der zu schrei­ben? Immer­hin haben alle Semi­fi­na­le ja auch einen Artikel.

  • Hat­te ich schon mal über­legt und mir auf­grund Dei­ner Anfra­ge jetzt auch mal den kom­plet­ten Vor­ent­scheid auf You­tube rein­ge­zo­gen. Aber ich muss ehr­lich sagen, ich ver­spü­re kei­nen all zu gro­ßen Drang, da einen Arti­kel zu schrei­ben – zu den meis­ten Songs fällt mir echt nichts ein, außer dass einer grot­ti­ger ist als der ande­re und die drei ins Fina­le gewähl­ten tat­säch­lich noch die bes­ten waren, frei nach dem Mot­to: unter den Blin­den ist der Ein­äu­gi­ge König…

  • Zur Ljublja­na-Vor­auswahl:
    Ich fand Élan für die Slo­wa­kei deut­li­cher bes­ser, als den Slo­we­ni­schen Bei­trag, der ein­fach nur so vor sich hin­plät­scher­te und den ich in die Kate­go­rie “Fahr­stuhl­mu­sik beim ESC” ein­ord­nen wür­de (letzt­lich auch ein mehr als gerech­ter 22. Platz). Letzt­lich war es aber den­noch wit­zig, wie sich die Slo­wa­kei durch ihre eige­ne Wer­tung sel­ber raus­ge­ke­gelt hat, auch wenn der gute Juror sicher nicht wuss­te, was die Kol­le­gen der Kon­kur­renz gewer­tet haben.
    Rumä­ni­en und Ungarn waren hin­ge­gen ziem­lich gräss­lich. Gott­sei­dank nah­men sie 1993 nicht teil, da wir ansons­ten die, in mei­nen Ohren, exzel­len­ten Bei­trä­ge der bei­den 1994 nie gehört hät­ten wegen eines schlech­ten Vorjahresergebnisses.
    Die Estin hat­te ein net­tes Lied, wirk­te auf der Büh­ne ziem­lich verloren.

    Bei der End­aus­schei­dung fand ich es dann doch erstaun­lich, dass sich aus­ge­rech­net “In Your Eyes” durch­setz­te, den ich als pures Mit­tel­maß emp­fin­de. Und das ist scha­de, weil es bei die­sem Jahr­gang vie­le inter­es­san­te und gute Titel gab, die auch ins­ge­samt zurecht gut abge­schnit­ten haben (Frank­reich, UK, Schwe­den, Schweiz). Selbst “Viel zu Weit” ist unter den deut­schen Bei­trä­gen in den 90ern einer der erträg­li­che­ren, der aber mei­ner Ansicht nach im fal­schen Jahr­gang teil­ge­nom­men hat.

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