Ab 2010: Jurys jetzt auch im Semi

Sind das noch die Spät­fol­gen von BSE oder schon die ers­ten Vor­zei­chen der Schwei­negrip­pe? In einem Spit­zen­akt der Gehirn­erwei­chung beschloss bereits letz­te Woche die Refe­rence Group, das Len­kungs­or­gan der EBU zum Euro­vi­si­on Song Con­test, den in die­sem Jahr erst­mals beim Fina­le ein­ge­führ­ten Jury-Tele­vo­ting-Mix ab 2010 auch auf die bei­den Qua­li­fi­ka­ti­ons­run­den anzu­wen­den. Grund sei der “über­wäl­ti­gen­de Zuspruch”, den das neue Sys­tem bei Jour­na­lis­ten, Musi­kern und Fans erfah­ren habe. Ab die­ser Sai­son dür­fen die orga­ni­sier­ten Kor­rup­ti­ons­ele­men­te, die sich nach Gut­dün­ken der natio­na­len TV-Anstal­ten aus soge­nann­ten “Musik­ex­per­ten” (wie bei­spiels­wei­se Tobi Kün­zel von den Prin­zen oder H.P. Baxx­ter von Scoo­ter) zusam­men­set­zen, also auch in den Semis zu 50% mit­be­stim­men und die Ent­schei­dung der Zuschau­er ent­wer­ten. Mit ande­ren Wor­ten: der per­sön­li­che Musik­ge­schmack einer Jea­nette Bie­der­mann (auch sie 2009 Teil der deut­schen “Exper­ten­ju­ry”) zählt genau so viel wie 200.000 Zuschau­er­stim­men. Wer bei die­ser Kon­stel­la­ti­on über­haupt noch anruft, muss wirk­lich mit dem Klam­mer­beu­tel gepu­dert sein!


Der Fisch stinkt vom Kopf her! HP Baxx­ter ent­schei­det zu 10% über die deut­schen Punkte

Nun ist mir wohl bewußt, dass ich hier gegen die Wand rede bzw. gegen Wind­müh­len­flü­gel kämp­fe (wes­we­gen ich mich auch erst eine Woche sam­meln muss­te, bevor ich dies hier nie­der­schrei­ben konn­te). Denn, wie es der Zufall woll­te, gewann 2009 nach der Ein­füh­rung des 50/50-Mixes mit Nor­we­gen prompt wie­der ein west­eu­ro­päi­sches Land (für vie­le Zuschau­er in die­sem Jahr­zehnt gefühlt zum ers­ten Mal, obschon Däne­mark [2000] und Finn­land [2006] schon rein geo­gra­fisch; die Tür­kei [2003] und Grie­chen­land [2005] zumin­dest kul­tu­rell zum Wes­ten zäh­len). Gefolgt von einer von sehr vie­len Fans gelieb­ten, wenn­gleich ster­bens­öden Bal­la­de auf dem zwei­ten Rang, wo man sol­cher­art Lied­gut schon lan­ge nicht mehr sah. Mis­si­on erfüllt also? Die Meis­ten schei­nen es so zu sehen, der Ruf nach Aus­deh­nung des Jury­ein­flus­ses auch auf die Semis ließ sich noch in der Nacht nach dem Fina­le von Mos­kau erst­mals in den Fan-Foren ver­neh­men. Alles im Rei­nen also? Ich ver­tre­te da eine ande­re Auffassung.


Geliebt von vie­len Fans und Juro­ren, trotz des furcht­ba­ren Klei­des: Yohanna

Denn Alex­an­der Rybaks über­ra­gen­der Sieg hat mit dem neu­en Wer­tungs­sys­tem so viel zu tun wie eine Ralph-Sie­gel-Kom­po­si­ti­on mit den Ver­kaufs­charts. Sein, übri­gens von allen Buch­ma­chern und Fan-Polls bereits Mona­te im Vor­aus ver­läss­lich und über­ein­stim­mend vor­her­ge­sag­ter Sieg, der auch bei einem hun­dert­pro­zen­ti­gen Tele­vo­ting ohne jeg­li­che Betei­li­gung der Jurys nicht weni­ger ful­mi­nant aus­ge­fal­len wäre, resul­tier­te aus der schlich­ten Tat­sa­che, dass er mit sei­nem unwi­der­steh­li­chen Laus­bu­ben­charme und sei­nem kla­ren Sie­ges­hun­ger über die bes­te Büh­nen­aus­strah­lung ver­füg­te. Sei­nem Euro­vi­si­ons­mär­chen ‘Fairy­ta­le’, die­sem gelun­ge­nen Mix aus ein­gän­gi­ger Melo­die, trei­ben­dem Rhyth­mus, moder­nem Arran­ge­ment und gou­tier­ba­ren Folk-Ein­spreng­seln gelang es zudem, den Zeit­geist zu treffen.


Toll auch die blon­den Manamana-Singers!

Er steht somit in einer Linie mit Euro­vi­si­ons­le­gen­den wie Séveri­ne (MC 1971) oder Abba (SE 1974), deren Sieg so zwin­gend war, dass es kein noch so schwach­sin­ni­ges Wer­tungs­sys­tem zu ver­hin­dern gewußt hät­te. In Alex­an­der Rybak per­so­na­li­siert sich zudem die schlei­chen­de (und als Berei­che­rung zu ver­ste­hen­de) kul­tu­rel­le Ver­schmel­zung des erwei­ter­ten Euro­pas: als Kind weiß­rus­si­scher Eltern, auf­ge­wach­sen in Nor­we­gen, geseg­net mit einem gera­de­zu uni­ver­sel­len Appeal, dem sich pan­eu­ro­pä­isch kaum ein Zuschau­er und kaum ein Juror zu ver­schlie­ßen ver­moch­te, sym­bo­li­siert er das Bes­te aus bei­den Wel­ten und ist so etwas wie ein leben­di­ger Brü­cken­schlag zwi­schen dem alten und dem neu­en Euro­pa, dass trotz allen West-Gejam­mers lang­sam aber sicher zusammenwächst.


Hät­ten die Jurys ihren Job gemacht, hät­te sie gewon­nen: Patri­cia Kaas

Die übri­gen Pro­ble­me des bis­he­ri­gen Wer­tungs­sys­tems, nament­lich die Ver­zer­rung des Tele­vo­tings durch Ein­wan­de­rer­grup­pen (das Dia­spo­ra­vo­ting), die durch die Wie­der­ein­füh­rung der Jury ver­stärk­te Abkop­pe­lung des Song Con­tests vom aktu­el­len Pop­ge­sche­hen (durch das Hoch­ju­beln alt­ba­cke­ner Kon­zep­te wie Yohan­nas Schnarch­bal­la­de) und das Nach­bar­schafts­vo­ting, bestehen jedoch wei­ter­hin unver­än­dert fort. Neh­men wir die Tür­kei, deren sonst bereits ritu­el­le zwölf Punk­te aus Deutsch­land (und den Bene­lux­staa­ten) immer ger­ne als Beleg für das Dia­spo­ra­vo­ting her­hal­ten müs­sen. Da führ­te der Jury­ein­fluss dies­mal zu einer wirk­lich mas­si­ven, spür­ba­ren Ver­schie­bung der Kräf­te­ver­hält­nis­se: es gab statt zwölf nur noch zehn Punk­te aus Ham­burg. Wow. Der vier­te Rang im Gesamt­klas­se­ment zählt auch nicht gera­de zu den mise­ra­bels­ten Ergeb­nis­sen der Tür­ken in die­sem Jahr­tau­send – und das, obwohl sie sich die Stim­men des osma­ni­schen Kul­tur­krei­ses mitt­ler­wei­le mit Aser­bai­dschan tei­len müssen.


Litt mas­siv unter den Jurys (nicht!): Hadise

Um Miss­ver­ständ­nis­se zu ver­mei­den: ich moch­te sowohl Hadi­ses ‘Düm Tek Tek’ als auch Aysel & Arashs ‘Always’ und gön­ne bei­den Län­dern ihre über­wie­gend ver­dien­te Plat­zie­rung! An der ermü­den­den Vor­her­sag­bar­keit der ein­zel­nen Län­der­vo­ten in der Abstim­mung aber änder­te sich auch durch die Betei­li­gung der Jurys nicht ein Jota. Das spielt natur­ge­mäß bei Jahr­gän­gen, in denen es einen der­ge­stalt ein­deu­ti­gen Sie­ger gibt, auf den sich über­grei­fend alle ver­stän­di­gen kön­nen, kei­ne Rol­le. Ich bin mal auf die Reak­tio­nen gespannt, falls in einem unein­heit­li­che­ren Jahr­gang ohne Alex­an­der-Rybak-Effekt die struk­tu­rel­le Domi­nanz des Ostens und der klei­ne­ren Län­der wie­der offe­ner zuta­ge tre­ten soll­te. Die Ent­de­mo­kra­ti­sie­rung des Wer­tungs­ver­fah­rens bleibt jeden­falls ein Irr­weg, auch wenn schein­bar alle dafür sind.

16 Comments

  • Amen, Bru­der. Obwohl ich ein­wer­fen muss, dass auch Yohan­na (und die Kon­zept­ent­wick­ler für ihren Auf­tritt) ihren Song abso­lut bra­vou­rös ver­kauft hat. Im Vor­feld fand ich die Bal­la­de auch schnar­chig, aber an den bei­den Aben­den toll. Platz 2 gön­ne ich ihr zwar, aber Platz 5 oder 6 hät­ten es sicher auch getan. Trau­ri­ger ist da schon Patri­cia Kaas Plat­zie­rung, die auch von den Jurys nicht wirk­lich geret­tet wer­den konn­te oder woll­te. Wie sag­te Joy Fle­ming mal in einem Inter­view? Wenn es um die Hal­le gegan­gen wäre, dann hät­te sie das Ding zehn­mal gewon­nen. Bei­falls­be­kun­dun­gen mit­ten im Song erlebt man nicht alle Tage auf der ESC-Büh­ne. Aber schein­bar bewe­gen wir uns auch mit Juries nur zwi­schen Main­stream, Dia­spo­ra und Balladentümelei. 🙄

  • Abwar­ten. Die EBU hat sich mit die­sem Jahr auch wirk­lich den sinn­lo­sest mög­li­chen Jahr­gang aus­ge­sucht, um neue Wer­tungs­sys­te­me wel­cher Art auch immer zu tes­ten. Mal sehen – wenn 2010 Arme­ni­en gewinnt, wird das Gejau­le um so lau­ter sein. Aber das Yohan­na-Bas­hing ver­ste­he ich nicht so ganz. Gut, es gab offen­bar ein paar Leu­te, denen das nicht gefiel, aber das Ding wäre auch mit rei­nem Tele­vo­ting nicht anders gelan­det. Und Song des Jahr­zehnts bei ESC­to­day wird man auch nicht ohne wei­te­res. Mir per­sön­lich ist der Super­hype um Herrn Rybak ein viel grö­ße­res Rät­sel. Sor­ry, aber was Büh­nen­prä­senz angeht, war die Kaas um Licht­jah­re bes­ser, und das Lied gehört zwar zu den bes­se­ren im Jahr­gang, aber man weiß ja, was die Qua­li­tät des Lie­des aus­macht (guten Tag, Por­tu­gal!). 2010 wird es zei­gen müs­sen. Die EBU lernt eben nicht – oder nicht so schnell.

  • Ich fin­de es gut, das das Jury­vo­ting auf das Semi­fi­na­le aus­ge­wei­tet wird. Jetzt haben auch wie­der Län­der eine Chan­ce die über kei­ne gro­ße Lob­by ver­fü­gen. Andor­ra, Schweiz oder die Nie­der­lan­de. Außer­dem ohne Jury­vo­ting wären die Top 10 wie­der ein­mal eine rei­ne Ost­block­zo­ne gewe­sen und vie­le west­li­che Natio­nen wären außen vor gewe­sen. Jetzt kommt es wie­der mehr auf das Lied an und nicht aus wel­chem Land es kommt.

  • Nor­we­gen, Island und Groß­bri­tan­ni­en wären aber auch nur mit Tele­vo­ting in den Top Ten gewe­sen. Nix mit rei­ne Ostblockzone.

  • Ach ja, die Kaas! Deren Abschnei­den hat­te ich schon ganz ver­drängt, um mei­nen Blut­druck wie­der in ver­tret­ba­re Berei­che zu brin­gen. Natür­lich hät­te die Kaas gewin­nen müs­sen, das ist ja gar kei­ne Fra­ge. Aber augen­schein­lich gehört sie zu den­je­ni­gen, deren Appeal nur eine begrenz­te Men­ge anspricht, die dafür um so hef­ti­ger. Man muss für die Ele­ganz ihres Vor­trags und die Schön­heit ihres melan­cho­li­schen Songs schon Anten­nen haben, und die hat offen­bar nicht jeder. So, wie mir ja auch die Anten­nen dafür feh­len, was in drei Got­tes Namen an Schnarch-Yohan­nas Num­mer so toll gewe­sen sein soll. Das war alles hübsch und har­mo­nisch und ein­gän­gig, ohne Fra­ge, aber eben alles zu mit­tel­mä­ßig. Da fehl­te mir das Beson­de­re, Ein­zig­ar­ti­ge, Außer­ge­wöhn­li­che. Song des Jahr­zehnts, my Ass! Und dann noch das schlim­me Groß­mutter­kleid – würg! Und dass die Jurys auch kei­nen bes­se­ren Geschmack haben als die Mas­sen und vor allem nicht weni­ger natio­na­lis­tisch wer­ten, ist ja schon immer mein Reden gewe­sen! Der ein­zi­ge Unter­schied ist, dass sie die Bal­la­den nach oben vote­ten, was ver­mut­lich eher nach dem Geschmack der älte­ren Zuschau­er sein dürfte…

  • Da gleicht sich dann alles wie­der aus. Ja, mit rei­nem Tele­vo­ting wäre Island nur Vier­ter gewor­den – und Frank­reich auf Platz 17 abge­stürzt. Kei­ne Anten­nen hin oder her, dafür ist ‘indis­ku­ta­bel’ noch zu nett. Jurys sind gene­rell kei­ne Lösung – aber aus­nahms­los alle Län­der, die bei den Jurys schlech­ter abge­schnit­ten haben als beim Tele­vo­ting, sind Dia­spo­ra-Günst­lin­ge (Aser­bai­dschan, Tür­kei, Russ­land, Ukrai­ne, Grie­chen­land). Mit rei­nem Tele­vo­ting wäre es jeden­falls nie­mals drin gewe­sen, dass Weiß­russ­land Russ­land kei­ne 12 Punk­te über die Gren­ze wirft (okay, die­ses Jahr viel­leicht auch nur 10). Wie schon gesagt, abwar­ten ist die Devi­se. Wenn die EBU mit dem jet­zi­gen Ver­fah­ren 2010 erwart­bar auf die Nase fällt, fängt sie viel­leicht mal an, über sinn­vol­le Refor­men nach­zu­den­ken. Bis dahin ist mir die ‘Schnarch­bal­la­de’ immer noch lie­ber auf Platz 2 als die­ses unsäg­li­che Gezap­pel namens Always oder gar die­ser furcht­bar schlech­te Shaki­ra-Ser­tab-Misch­klon namens Hadi­se. Jedem sein eige­nes Gift, hm? 😉

  • West-Gejam­mer Also ich kann Dir nur zustim­men, die Fixie­rung eini­ger Fans auf die Jury als All­heil­mit­tel ist irri­tie­rend. Gera­de Fans soll­ten wis­sen, was die Jurys in den 90er Jah­ren ange­rich­tet hat. Ganz abge­se­hen davon, dass sie schlicht unde­mo­kra­tisch sind. Der Mani­pu­la­ti­on wird Tür und Tor geöff­net und neu­tra­le, unab­hän­gi­ge Exper­ten ( HP Bax­ter, Jea­nette?? ) gibt es eh nicht. Die Jury wird hoch­ge­ju­belt, weil man sich von ihr eben eine Mani­pu­la­ti­on ERHOFFT! Ganz offen spre­chen das nur die wenigs­tens Fans aus – aber man hat wohl inzwi­schen mit der­art schmerz­haf­ten Min­der­wer­tig­keits­kom­plex­ten zu kämp­fen, dass man das Heil in der Mani­pu­la­ti­on such. Der ’ Osten ‘, der ’ Bal­kan ’ die ’ Dia­spo­ra ’ wer­den wohl als Über­mäch­tig und der­art Ein­fluß­reich wahr­ge­nom­men, dass die natio­na­le See­le lei­det. Unter­stri­chen wird die­ser ver­letz­te Natio­nal­stolz vom Geschreib­sel der BILD und Co. – die fein säu­ber­lich in ’ wir ’ und ’ die ’ unter­schie­det und selbst ver­dien­te Nie­der­la­gen als natio­na­les Unglück ver­kauft: Mot­to ’ Wir sind eigent­lich gut, die ande­ren betrü­gen uns um den Erfolg ‘. So ent­stand der Mythos der ’ Ost-Mafia ’ und des ’ Schum­mel Grand Prix ‘. Lei­der sprin­gen zu vie­le Fans auf die­sen Zug auf. Es erscheint vie­len halt immer noch unmög­lich bis uner­träg­lich, wenn die Tür­kei, Russ­land, oder gar so exo­ti­sche Län­der wie Aser­bai­dschan, erfolg­rei­cher sind, also west­li­che Län­der. Für Fans kommt gute Musik aus London,Stockholm oder eben Ber­lin – vor ande­ren Län­dern hat man kein Respekt und traut ihnen schlicht nichts zu. Also freut man sich einen Ast, wenn die Tür­kei statt 12 mal 10 Punk­te aus Deutsch­land bekommt: was für ein Sieg! Arm und beschäh­mend, nen­ne ich das. Das sich die Unge­rech­tig­keit und Mani­pu­la­ti­on nun auch auf das Semi über­tra­gen, ist kei­ne Über­ra­schung. Die Jury wird immer mehr Macht für sich bean­spru­chen, weil man dem Zuschau­er schlich nicht traut. Bes­ser man kor­ri­giert und kon­trol­liert ihm – er wird also ent­mach­tet und beju­belt dies teil­wei­se noch! Das gibt zu denken.

  • Dar­auf muss ich jetzt doch mal Advo­ca­tus Dia­bo­li spie­len. 1. Wenn rei­nes Tele­vo­ting das abso­lu­te Ide­al ist, wäre der nächs­te logi­sche Schritt, alle Stim­men gleich zu zäh­len – im Moment ist eine Stim­me aus Island oder Andor­ra etwa 250mal so viel wert wie eine aus Deutsch­land. Das aller­dings wäre tod­lang­wei­lig und nicht im Inter­es­se der ein­zel­nen Län­der. Unge­recht bleibt die Sache also immer, die Fra­ge ist nur, wie sehr. 2. Man muss die Ost­län­der nicht kol­lek­tiv als unnütz wahr­neh­men, um sich über das Abschnei­den des Wes­tens zu echauf­fie­ren. Muss ich hier ernst­haft noch­mal an das Semi 2007 erin­nern – acht ehe­ma­li­ge Ost­block­staa­ten sowie Tür­kei und Grie­chen­land ins Fina­le? Das hat mit Qua­li­tät der Musik (die ohne­hin mas­siv sub­jek­tiv ist) nichts mehr zu tun, eben­so­we­nig die auf Platz 10 ihrer Semis fest­be­to­nier­ten Maze­do­ni­er. Natür­lich schachern sich da Staa­ten gegen­sei­tig Punk­te zu, und wer das leug­net, glaubt womög­lich auch noch an den Oster­ha­sen und die Zahn­fee. Natür­lich pro­fi­tie­ren Län­der von Min­der­hei­ten ihrer Leu­te in Nach­bar­län­dern und Dia­spora­stim­men (war­um sonst bekam Polen 2008 sei­ne ein­zi­gen Punk­te aus­ge­rech­net aus Irland und Groß­bri­tan­ni­en?!). Der Punkt ist nicht, den Osten klein­zu­hal­ten (was schon rein nume­risch nicht klappt), son­dern dem Wes­ten wenigs­tens eine fai­re Chan­ce zu las­sen. Natür­lich liegt der Erfolg der Ost­län­der in den letz­ten Jah­ren auch dar­in begrün­det, dass man legi­ti­me Künst­ler mit ech­tem Hit­po­ten­zi­al zum ESC geschickt hat (wie die Bri­ten und Fran­zo­sen die­ses Jahr gezeigt haben, funk­tio­niert sowas auch für West­eu­ro­pa). Aber Sockel­punk­te für bestim­me Län­der sind eine trau­ri­ge Rea­li­tät des Wett­be­werbs, und dass Län­der wie Deutsch­land, Bel­gi­en oder Andor­ra nur mit einem Wun­der von lor­dies­kem Aus­maß gewin­nen kön­nen, lei­der ebenso.

  • Aber wenn es stimmt, dass auch west­li­che Län­der erfolg­reich sein kön­nen, wenn sie nur wirk­lich gute Bei­trä­ge ins Ren­nen schi­cken, erüb­rigt sich das Come­back der Jury doch! Mir geht es nicht dar­um, ande­ren eine Chan­ce zu ver­wei­gern, son­dern um die Unsin­ni­ge Mei­nung, die­se Chan­ce durch Mani­pu­la­ti­on und Schum­me­lei zu bekom­men. Qua­li­tät wird sich immer durch­setz­ten, das hat Nor­we­gen gezeigt. Län­der wie Bel­gi­en und Andor­ra haben, wenn man ehr­lich ist, in den letz­ten Jah­ren schwa­che bis schreck­li­che Bei­trä­ge ins Ren­nen geschickt, zumin­dest kein Act, den man unbe­dingt im Fina­le hät­te sehen wol­len – oder hät­te zwin­gend dort sehen müs­sen. Gera­de 2007, in dem extrem gro­ßen Semi, war der Wes­ten eben sehr schwach ver­tre­ten. Mit Dia­spo­ra, Mafia und Co hat­te das nichts zu tun, es war schlicht Zufall und hät­te auch gant anders kom­men kön­nen. Erfolg muss man sich erar­bei­ten und ihn nicht her­bei­ma­ni­pu­lie­ren. Die Jury ist unde­mo­kra­tisch und ich den­ke mit Grau­en dar­an, was sie in den 90er Jah­ren aus dem ESC gemacht hat. Das kann man doch nicht ein­fach igno­rie­ren. Ich den­ke auch, dass der Erfolg Nor­we­gens den Blick auf die Jury-Pro­ble­ma­tik ver­stellt hat. Schon bald wird sie, wie in Slo­we­ni­en üblich, die Favo­ri­ten des Publi­kums aus­schal­ten und ihre eige­nen Favs. durch­drü­cken – oder eben die Favs. der Indus­trie, die gut gezahlt hat und einen ’ Star ’ auf­bau­en möch­te. Denen war das Tele­vo­ting immer schon ein Dorn im Auge. Jetzt haben sie ihr Ziel fast erreicht, der ESC wird bere­chen­ba­rer und kon­trol­lier­ba­rer. Bald schon wird der Gewin­ner wie­der Tage und Wochen vor dem Con­test in Hin­ter­zim­mern aus­ge­klün­gelt. Ein Alptraum.

  • Mer­ci Ché­ries An die­ser Stel­le übri­gens mal ein Dan­ke­schön für die hohe Qua­li­tät der Dis­kus­si­on! Ich hab tat­säch­lich die bes­ten Leser der gan­zen Welt! 🙂

  • Yohan­na war toll!!! Yohan­na war sooo toll:) und ich lie­be das Lied!!!! Immer­noch!!!! Ich fin­de es nicht lang­wei­lig… es ist mit sehr viel gefühl gesun­gen und hat auch einen gei­len Höh­punkt am schluss:) ich fin­de es viel bes­ser als das ohne gefühl gesun­gen war!!! lg pasi ps was ich aber auch noch sagen muss!!! Mir ging fairy­ta­le nach 2mal hören schon auf den Keks… und das super gei­le la Voix von der Mar­le­na ging bei der Jury voll unter.… ohne Jury wäre es Platz 15 gewe­sen!!!! Echt scha­de drum:(

  • Es gibt doch noch ein biss­chen Gerechtigkeit…interessanterweise hat Patri­cia Kaas die dies­jäh­ri­ge Wahl von ESC­to­day in der Kate­go­rie ‘Bes­ter Auf­tritt – weib­lich’ gewon­nen. Yohan­na ist dem­nach die Bes­te des Jahr­zehnts, aber schlech­ter als die Kaas (Yohan­na wur­de bei die­ser Abstim­mung knapp auf den zwei­ten Platz ver­wie­sen). Abstim­mun­gen und ihre inne­re Logik…frohe Weih­nach­ten allerseits! 🙂

  • […] Arsch­wa­ckeln ani­mie­ren­der Dance­hall-Song. Für den ich im dies­jäh­ri­gen Oze­an der auf die blö­den Jurys zuge­schnit­te­nen, depri­mie­ren­den Lang­wei­ler­bal­la­den so unend­lich dank­bar bin, dass ich vor Jes­sy auf […]

  • […] Aus­drucks­wei­se ver­zei­hen, aber manch­mal ist die Wahr­heit grau­sam und pro­fan. Nicht nur sorg­te die Wie­der­ein­füh­rung des Bevor­mun­dungs­gre­mi­ums, wel­ches den Grand Prix bereits zu Zei­ten sei­ner Allein­herr­schaft von […]

  • […] aber: das habt Ihr nun davon, lie­be Jury­freun­de! Kaum knack­te das dia­bo­li­sche Bevor­mun­dungs­gre­mi­um auch die Qua­li­fi­ka­ti­ons­run­den, waren wir wie­der genau dort ange­kom­men, von wo der Wett­be­werb einst in […]

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