Got it deep insi­de (BY 2011)

Ende Febru­ar wähl­te die fins­te­re Halb­dik­ta­tur Weiß­russ­land (aka Bela­rus) in einem strik­ten Jury­ent­scheid ihren Bei­trag für Düs­sel­dorf: eine aller­liebs­te, wun­der­bar tra­shi­ge Acht­zi­ger­jah­re-Euro­dis­co-Upt­em­po­num­mer mit dem selbst­re­fe­ren­ti­el­len Titel ‘Born in Bel­o­rus­sia (USSR Time)’. Das war wohl Lukaschen­kos musi­ka­li­sches Bewer­bungs­schrei­ben für die Wie­der­ver­ei­ni­gung mit dem Mut­ter­land Russ­land. Nach Geme­cker über den “polit­schen” Text und einen angeb­li­chen Regel­ver­stoß zog das Land den Song zu mei­nem gro­ßen Bedau­ern zurück (Lukaschen­ko hät­te ich dicke­re Eier zuge­traut). Und ersetz­te ihn durch einen neu­en, ähn­lich dis­co­tas­ti­schen, mit dem nicht min­der sub­ti­len Titel ‘I love Bela­rus’! Geschrie­ben vom sel­ben Autoren und dar­ge­bo­ten von der­sel­ben Inter­pre­tin, Ana­sta­si­ya Vin­ni­ko­va. Und damit ste­hen alle 43 Bei­trä­ge für Düs­sel­dorf end­lich fest!

httpv://www.youtube.com/watch?v=Asz9f-9SxiE
Das Land, wo Euro­dance lebt: I love Belarus!

Born in Bielo­rus­sia’, der Ursprungs­bei­trag, war in sei­ner Ori­gi­nal­form ohne jede Fra­ge der amü­san­tes­te Euro­vi­si­ons­bei­trag der letz­ten zwan­zig Jah­re. Nicht nur, dass die gute Ana­sta­si­ya bei ihrer Per­for­mance im bela­rus­si­schen Fern­se­hen mehr ent­setz­te Bli­cke im Publi­kum ern­te­te als begeis­ter­te. Der Text ihres Dis­co­knal­lers ließ die gute alte Zeit wie­der auf­er­ste­hen, als sie “noch einen Stern” trug, “damals in der UdSSR”. Ach, welch glanz­vol­le Zei­ten waren das, als sie es noch “auf die alt­mo­di­sche Wei­se mach­te”, damals, bevor “alles zusam­men­brach”! Aber, so Ana­sta­sy­ia froh­lo­ckend, wenn einst “alles vor­über” sei, wer­de Weiß­russ­lands Stern noch hell leuch­ten! Zu die­sen mar­ki­gen Zei­len gesell­te sich dann noch ein kräf­ti­ger Män­ner­chor vom Ton­band, zu dem man vor sei­nem inne­ren Auge die uni­for­mier­ten Rot­ar­mis­ten (Rock Par­ty­za­ni?) im Gleich­schritt tan­zen sehen konn­te. Mit einem Wort: großartig!

httpv://www.youtube.com/watch?v=wx6ou6iDosg
In Treue fest: Ana­sta­sy­ia und ihr Autor

Auf­grund des unver­meid­li­chen Genör­gels über den angeb­lich “poli­ti­schen” Text arbei­te­te der (im obi­gen Clip übri­gens zu sehen­de) Autor zwi­schen­zeit­lich in vor­aus­ei­len­dem Gehor­sam vor der EBU-Zen­sur an einer ent­schärf­ten Ver­si­on mit dem Titel ‘I am Bela­rus­si­an’, die ohne den schein­bar anstö­ßi­gen UdSSR-Bezug aus­kom­men soll­te. Doch dann ent­deck­te irgend­ein Euro­vi­si­ons-Ano­rak, dass der Song bereits im letz­ten Mai vor einer Hand­voll Stu­den­ten in Minsk prä­sen­tiert wor­den sei, was alberner­wei­se gegen das Vor­ver­öf­fent­lich­keits­ver­bot ver­stie­ße. Und wie Euro­vi­si­ons-Ano­raks halt so sind, petz­te er das bei der EBU. Die den Bei­trag alberner­wei­se disqualifizierte.

httpv://www.youtube.com/watch?v=tXbOylobk0U
Hier, die machen bei der Num­mer bestimmt auch ger­ne mit!

Was ich weder ver­ste­hen kann noch will. Denn es macht ja einen gewal­ti­gen Unter­schied, ob eine Euro­vi­si­ons­bei­trag schon Mona­te vor sei­nen Kon­kur­ren­ten als Ton­trä­ger, Down­load oder Video­clip zur Ver­fü­gung steht und über das Inter­net oder TV- und Radio­sta­tio­nen Ver­brei­tung fin­det. Oder ob, wie hier, ein Lied zu Test­zwe­cken vor einer Schar Stu­den­ten im eige­nen Land auf­ge­führt wird. Denn inwie­weit ein sol­ches Tun das Voting in ande­ren Staa­ten beein­flus­sen soll, erschließt sich mir beim bes­ten Wil­len nicht. So kann ich nur hof­fen, dass die­se völ­lig schwach­sin­ni­ge Regel bald prä­zi­siert wird. Und dass sich Lukaschen­kos Geheim­dienst der blö­den Pet­ze annimmt, die uns um einen der groß­ar­tigs­ten Bei­trä­ge aller Zei­ten gebracht hat!

httpv://www.youtube.com/watch?v=6Ofay4j4HJE
Und hier, ohne jeden Zusam­men­hang, Eddie Huntington!

Auch wenn der Nach­fol­ge­ti­tel ‘I love Bela­rus’ Gott sei Dank musi­ka­lisch wie inhalt­lich sei­nem Vor­gän­ger sehr ähnelt und noch immer jede Men­ge Spaß im nosta­li­gi­schen Dis­co-Sound bie­tet! Zumal die Text­zei­le ‘I love Bela­rus, got it deep insi­de’ dann auch kei­ne Fra­gen mehr offen lässt, wie die stimm­lich eher min­der­be­gab­te Ana­sta­si­ya zu die­sem Job gekom­men ist…

15 Comments

  • Ich den­ke auch, dass mit guter Pro­duk­ti­on aus dem Bei­trag noch etwas wer­den könn­te. Auf jeden Fall schön zur Abwechs­lung mal eine Solo­sän­ge­rin aus Weiss­russ­land beim ESC zu sehen.

  • mal sehen … … was aus dem Song noch gemacht wird – und ob er es über­haupt bleibt. Bis­lang gefällt mir am bes­ten noch der Teil mit dem Kosa­ken­chor. /Klugscheißermodus ein Das mit der Schreib­wei­se wür­de ich nicht so über­be­wer­ten. Das ist doch ledig­lich eine Fra­ge der Trans­skrip­ti­on. ‘BelO-’ ent­spricht 1:1 der kyril­li­schen Schrei­bung, wäh­rend ‘BelA-’ (eigent­lich müss­te es sogar ‘BYe­lA-’ hei­ßen, eher die Aus­spra­che wie­der­gibt und neu­er­dings aus dem eng­lisch­spra­chi­gen Raum zu uns her­ge­schwappt ist. Ich sage und schrei­be wei­ter­hin lie­ber ‘Weiß­russ­land’. /Klugscheißermodus aus

  • Belarus/sia? ‘Born in Bel­o­rus­sia, USSR times, Bel­o­rus­sia cra­zy and so fine’.…tja, dar­auf muss man erst­mal kom­men :0 Ob die Jury in Minst den Titel als Come­dy­bei­trag siehr oder ab er nicht doch ernst gemeint ist, wage ich nicht zu beur­tei­len. Da halb euro­pa eh nicht ver­ste­hen wird, wor­über die gute Dame singt, dürf­te es auch kei­nen Skan­dal geben. Aber schafft man es so ins Fina­le? Da muss wirk­lich noch eini­ges nach­ge­bes­sert wer­den: z.B. muss ein ech­ter ‘Chor’ auf die Büh­ne. Stim­men von Band sind eh nicht erlaubt.

  • Ich bezweif­le, dass die­se Dame alt genug ist, um zu einer Zeit gebo­ren wor­den zu sein, als Bel­o­rus­sia noch zu USSR gehört hat.

  • Herr Blue: Oh my God! Born in Bel­o­rus­sia, gezeugt von Alex­an­der Lukaschen­ko, damals im Kin­der- und Jugend-Atom­kraft­werk ‘Ratz und Rübe’. Dr. Krupp: Ich bin bestürzt. Öff­nen Sie den Wod­ka. Herr Blue: Ist schon offen. Dr. Krupp: Aber leer…

  • Zitat: ‘Ich den­ke auch, dass mit guter Pro­duk­ti­on aus dem Bei­trag noch etwas wer­den könn­te’ Es gibt kei­ne guten weiß­rus­si­schen Bei­trä­ge. Hat Tra­di­ti­on und hier wird auch nicht damit gebro­chen. Was will man da also noch raus­ho­len? Zitat: ‘Ob die Jury in Minsk den Titel als Come­dy­bei­trag sieht oder ob er nicht doch ernst gemeint ist, wage ich nicht zu beur­tei­len’ Man lehnt sich bestimmt nicht zu weit aus dem Fens­ter mit der Annah­me, dass das tod­ernst ist. Jeder Anflug von Lachen wird in Lukaschen­ko-Land als sub­ver­siv betrach­tet und in einem Schnellgerichtsverfahren.…wenn Gerich­te nicht gar als deka­dent west­lich gelten.…mit Haft bestraft.

  • Äh…das mit ‘kei­ne guten weiß­rus­si­schen Bei­trä­ge’ sah Euro­pa 2007 offen­kun­dig anders. Aber ansons­ten Zustim­mung – wobei jeder anstän­di­ge Poli­zei­staat sei­nen Bür­gern harm­lo­ses Slap­stick-Lachen erlaubt. Wobei die Gren­ze von ‘harm­los’ nach ’sub­ver­siv’ natür­lich in jeder Dik­ta­tur anders verläuft…viel Spaß beim Gren­zen austesten.

  • Unfrei­wil­li­ge Come­dy-Num­mer Ja, DAS trifft es – und ich freue mich schon auf das Flat­tern der Mari­en­kä­fer­flü­geln von Ana­sta­sya wäh­rend der Don­ko­sa­ken-Chor aus dem Off singt. Klas­se, das ist ESC – das gehört dazu. 🙂 Aber tat­säch­lich, viel­leicht müßen wir ja auch noch etwas war­ten, bis wir den end­gül­ti­gen Song aus Weiß­russ­land kennen.

  • Uuuuund… …weg ist der Song. Esc­to­day mel­det, das Lied müs­se wohl kurz­fris­tig aus­ge­tauscht wer­den – das bis­he­ri­ge Lied sei wohl Mit­te 2010 schon mal öffent­lich dar­ge­bo­ten wor­den. Das nimmt lang­sam You-fail-at-fai­ling-Dimen­sio­nen an.

  • ähn­li­che Kate­go­rie Das neue Lied ist sti­lis­tisch ähn­li­che Kis­te wie die Erst­ver­si­on, aber irgend­wie war die­se noch ne Spur komi­scher (und der Refrain eingängiger).

  • Joa Find ich jetzt auch nicht sooo schlecht, aber es fehlt irgend­wie das trash-kul­ti­ge des ursprüng­li­chen Songs.

  • […] daher zum Euro­vi­si­on Song Con­test antre­ten dür­fen. Zum Ver­gleich: im Fal­le Weiß­russ­lands genüg­te 2011 das Sin­gen einer akus­ti­schen Fas­sung vor einer Hand­voll von Stu­den­ten, um den Bei­trag ‘Born […]

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