Weiß­russ­land: das Bäum­chen-wech­sel-dich-Dra­ma beginnt

Gäbe es die lus­tigs­te Dik­ta­tur Euro­pas nicht schon, jemand müss­te Weiß­russ­land neu erfin­den. Allei­ne schon wegen des nie ver­sie­gen­den Unter­hal­tungs­wer­tes um die von Kor­rup­ti­on und Bei­trags­cha­os beglei­te­ten natio­na­len Vor­ent­schei­dun­gen des Lan­des. Wie wir uns erin­nern, gewann die dies­jäh­ri­ge Grand-Prix-Ver­tre­te­rin Alyo­na Lans­ka­ya bereits im Vor­jahr das dor­ti­ge Eurofest, muss­te auf Wei­sung des Dik­ta­tors Lukaschen­ko aber zu Hau­se blei­ben, da es Mani­pu­la­tio­nen beim Tele­vo­ting gege­ben haben soll. Die­ses Jahr sieg­te sie unan­ge­foch­ten, gab aller­dings bereits kur­ze Zeit spä­ter bekannt, ihren fabel­haft bil­li­gen Euro­dance-Titel ‘Rhythm of Love’ gegen ein ande­res Lied aus­tau­schen zu wol­len, was ja eben­falls zum Stan­dard­re­per­toire weiß­rus­si­scher (und ukrai­ni­scher) Vor­ent­schei­dun­gen gehört. Ges­tern ver­öf­fent­lich­te sie nun den vom bel­gi­schen Seri­en­schrei­ber Marc Pae­linck kom­po­nier­ten Song ‘Solayoh’, einen noch bil­li­ge­ren Som­mer­hit-Dance­schla­ger in der Tra­di­ti­on von ‘Ven a bailar con­mi­go’, auf iTu­nes. Heu­te Vor­mit­tag bestä­tig­te der weiß­rus­si­sche Sen­der nach Mit­tei­lung von esck­az denn auch die­sen Titel als offi­zi­el­len bela­rus­si­schen Bei­trag 2013. Aller­dings nur kurzzeitig…


Cha Cha! Strand­bar­schla­ger für Belarus

…denn Weiß­russ­land wäre nicht Weiß­russ­land ohne ein zünf­ti­ges Dra­ma um den Grand-Prix-Song! Fin­di­ge Fano­raks petz­ten näm­lich umge­hend, dass Herr Pae­linck eine Demo­ver­si­on die­ses Mach­werks, damals noch unter dem Titel ‘Soleo’, bereits im Jah­re 2008 irgend­wo im Netz als MP3 hoch­ge­la­den haben soll. Was zwar nach den neu­en, seit die­ser Sai­son deut­lich libe­ra­le­ren Vor­ver­öf­fent­li­chungs­re­geln kein Pro­blem ist, solan­ge es sich nicht um ein kom­mer­zi­el­les Ange­bot han­del­te. In Minsk sorg­te die­se Erkennt­nis den­noch für Auf­re­gung: der Sen­der ver­schob die offi­zi­el­le Ver­kün­dung des weiß­rus­si­schen Bei­trags auf mor­gen, da zunächst noch eine Klä­rung her­bei­ge­führt wer­den müs­se. Was natür­lich auch bedeu­ten kann, dass Lukaschen­ko erst noch sei­nen per­sön­li­chen Segen geben muss, nach­dem sein Kul­tus­staats­se­kre­tär eigen­hän­dig über­prüft hat, dass nicht beim Rück­wärtsab­spie­len des Titels plötz­lich das Wort “Demo­kra­tie” oder ähn­lich Staats­zer­set­zen­des ertönt. Man weiß es nicht. Genau so wenig, wie man weiß, war­um ‘Rhythm of Love’ über­haupt aus­ge­tauscht wer­den soll, denn bes­ser als die­ses Gesumms ist der Song alle­mal. Jeden­falls bleibt es chao­tisch in Euro­pas lus­tigs­tem Ope­ret­ten­staat, und dafür lie­be ich die­ses Land!


Halb­li­ve beim rumä­ni­schen Vor­ent­scheid: Groß­mutter, war­um hast Du so gro­ße Augen?

8 Comments

  • Na end­lich! Ein Lied­aus­tausch in Minsk! I Love Belarus!
    Aus­ge­rech­net am 60. Todes­tag des in der weiß­rus­si­schen Staats­füh­rung sicher­lich nicht unbe­lieb­ten Josef Stalin…

    Und “Solayoh” macht Lau­ne! Irgend­wie scheint das zum son­ni­gen Wet­ter zu pas­sen, das uns end­lich mal für ein paar Tage ver­gönnt ist (wur­de aber auch mal Zeit ^^)

    Und irgend­wie fin­de ich das sogar bes­ser als “Rhythm Of Love”…

  • Als ich den Titel heu­te Mor­gen zum ers­ten Mal gehört hat­te, hielt ich das – selbst für weiß­rus­si­sche Ver­hält­nis­se – für einen Scherz. Der Song kommt mit dem Sound ein­fach 10 Jah­re zu spät. Nur das poli­ti­sche Sys­tem des Lan­des wirkt noch anti­quier­ter. Wäre Alyo­na bei dem zau­ber­haft tra­shi­gen RoL geblie­ben, hät­ten wir wenigs­tens noch die gra­zi­len Tän­zer bekom­men… Viel­leicht könn­te der “Dika­tor der Her­zen” (Ver­wei­se aus R. Gre­be gehen immer!) nun Alyo­na abset­zen und NUR die Tän­zer schi­cken?! Bit­te! Danke.

  • Och nöööö. Rhythm of love hat­te mir wirk­lich gefal­len (in mei­ner Rang­ska­la momen­tan Platz 12). Das ist doch echt drö­ge dage­gen, wobei mir die 2008er Ver­si­on klar bes­ser gefällt.
    Aber wozu auf­re­gen, das war ja abseh­bar, und wahr­schein­lich ist auch jetzt noch nicht das letz­te Wort gesprochen.

  • Ich hab zwar eini­ges befürch­tet, aber das habe ich nun wirk­lich nicht kom­men sehen. So lang­sam nervt es mich, stän­dig die­sel­ben Namen als Kom­po­nis­ten zu sehen (G:son, Sie­gel. Arte­se­ro, Pae­link, etc.). RoL war zwar jetzt auch nicht inno­va­tiv, aber das schlägt dem Fass den Boden aus. Man kann es ja noch nicht mal ein Pla­gi­at nen­nen, denn es ist schein­bar von allen je erschie­ne­nen Som­mer­hits inspi­riert. Solayoh macht zwar Lau­ne, ich fin­de es aber trotz­dem trau­rig. RoL war trotz allem eine Win­zig­keit näher am Puls der Zeit.

  • Ven a bailar con­mi­go” war ja sei­ner­seits schon nicht eben inno­va­tiv. Vie­le beim Publi­kum durch­ge­fal­le­ne Songs bei den ESCs der 2000er waren ähn­lich gestrickt. Ich den­ke bei sowas immer an “Touch My Fire” oder “Have Some Fun”.

  • Bei den Augen kann man ja wirk­lich fast Angst bekom­men, dass sie in der nächs­ten Sekun­de aus den Höh­len sprin­gen. Und ich wür­de das auf jeden Fall ganz anders insze­nie­ren. Wenn sie schon davon singt, dass sie in einem klei­nen Café sitzt, dann will ich auch einen ent­spre­chen­den Tisch und Stüh­le (oder Hocker), an/auf dem dann eine Tän­ze­rin als ihr Alter Ego sitzt, die sich im Lau­fe des Songs in einen Tän­zer ver­liebt und mit ihm dann auch wirk­lich zwi­schen­durch mal Cha-Cha tanzt. Und Alyo­na gibt qua­si die Erzäh­le­rin. Dann kann sie sich auch schön auf das Sin­gen kon­zen­trie­ren. Das Lied trägt ein­fach kei­ne anony­men, distan­zier­ten hüp­fen­den Hunks. Das braucht ein biß­chen Insze­nie­rung wie sei­ner­zeit “I wan­na” und ganz viel Wär­me und Gute-Lau­ne-Aus­strah­lung. Aber im Grun­de bringt die Zei­le “This word makes no sen­se” den gan­zen Song ohne­hin sehr schön auf den Punkt. Das macht alles kei­nen Sinn, aber Haupt­sa­che alles schön lati­no-def­tig “in da face”.

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