Tür­kei steigt end­gül­tig aus Euro­vi­si­on aus

Wie esc­to­day soeben ver­mel­det, habe der tür­ki­sche Sen­der TRT gegen­über dem Euro­vi­si­ons­nach­rich­ten­por­tal bestä­tigt, auch dem Euro­vi­si­on Song Con­test 2014 in Kopen­ha­gen defi­ni­tiv fern­zu­blei­ben. Selbst die ver­bes­ser­ten Trans­pa­renz­re­geln und die dar­auf­hin geführ­ten erneu­ten Ver­hand­lun­gen zwi­schen der EBU und dem Staats­sen­der konn­ten die Tür­ken, die bereits 2013 aus Pro­test gegen das Big-Five-Pri­vi­leg und die Jurys beim euro­päi­schen Wett­sin­gen aus­setz­ten, nicht zu einer Rück­kehr bewe­gen. Die betrüb­li­che Absa­ge kommt aller­dings wenig über­ra­schend, zumal die Osma­nen der­zeit mit der Türk­vi­zyon ihren eige­nen Song Con­test vor­be­rei­ten. Vom Tisch ist damit auch der Vor­schlag einer Kul­tur­or­ga­ni­sa­ti­on aus der Regi­on Diyar­bak­ir, die Tür­kei beim euro­päi­schen Gesangs­wett­be­werb mit einem Song in kur­di­scher Spra­che zu ver­tre­ten. Wie die Hür­ri­y­et Dai­ly News berich­te­ten, sei eine Grup­pe namens Dik­tum (Kultur‑, Tou­ris­mus- und Musik­ver­ei­ni­gung von Diyar­bak­ir) Ende Okto­ber mit die­ser Idee an den staat­li­chen Sen­der TRT her­an­ge­tre­ten. Ken­an Aksu, der Kopf des Ver­eins, wur­de mit den Aus­sa­ge zitiert, die Tür­kei sei ein Land sprach­li­cher, reli­giö­ser und kul­tu­rel­ler Viel­falt und das Kur­di­sche ein Teil davon. “Diyar­bak­ir ist eine Metro­po­le der Kul­tur, Zivi­li­sa­ti­on und Musik,” sag­te Aksu, ver­mut­lich in Anspie­lung auf Eskişe­hir, den desi­gnier­ten Aus­tra­gungs­ort der ers­ten Türk­vi­zyon und die aktu­el­le Kul­tur­haupt­stadt der tür­ki­schen Welt (sowie Part­ner­stadt mei­ner Hei­mat­ge­mein­de Frank­furt am Main).

Bes­se­re Zei­ten: ‘Bana bana’, der tür­ki­sche ESC-Bei­trag von 1989.

“Wir sind bereit, einen sehr guten Song zum Wett­be­werb bei­zu­steu­ern. Ich glau­be, wir wür­den die Tür­kei gut ver­tre­ten und posi­ti­ve Reak­tio­nen erzie­len.” Außer­dem trü­ge dies zum Frie­dens­pro­zess zwi­schen Kur­den und Tür­ken bei, die bekannt­lich ein etwas ange­spann­tes Ver­hält­nis haben. Viel wahr­schein­li­cher aller­dings zu einem wut­an­fall­be­ding­ten Herz­in­farkt beim tür­ki­schen Regie­rungs­chef Erdoğan. Wie dem auch sei, dazu wird es wohl erst mal nicht kom­men. Scha­de! Euro­vi­sio­na­ry ver­öf­fent­lich­te ges­tern Abend im Nach­gang ergän­zen­de Details über die Ver­hand­lun­gen zwi­schen Jean-Paul Phil­li­pot von der EBU und dem TRT-Inten­dan­ten Ibra­him Şahin. Dem­nach speist sich die tür­ki­sche Ver­stim­mung nicht nur aus dem bereits kri­ti­sier­ten Big-Five-Pri­vi­leg und den Jurys. Istan­bul wünscht sich auch deut­lich mehr Mit­spra­che­rech­te. “Die EBU hat über 300 Ange­stell­te, nur einer davon ist Tür­ke,” beklagt Şahin, und obwohl man “eines der stärks­ten EBU-Mit­glieds­län­der” sei, “wur­den wir noch nie bei der Wahl des Ver­wal­tungs­rats berück­sich­tigt.” Auch die letz­ten Ände­run­gen am Euro­vi­si­ons-Abstim­mungs­ver­fah­ren (Ver­öf­fent­li­chung der Jury­vo­ten etc.), obgleich von­sei­ten TRT begrüßt, sei­en nicht mit den Tür­ken abge­stimmt gewe­sen. Phil­li­pot habe sich für die­se Ver­säum­nis­se bei Şahin ent­schul­digt, man sei aber wohl­ge­stimmt aus den Gesprä­chen gegan­gen: “Sowohl die EBU als auch TRT wol­len dar­an arbei­ten, ihre Bezie­hun­gen zu ver­bes­sern.” Bei einer stär­ke­ren Berück­sich­ti­gung ihrer Belan­ge kön­ne man sich durch­aus vor­stel­len, ab 2015 wie­der am Euro­vi­si­on Song Con­test teilzunehmen.

18 Comments

  • Erdoğan steigt und steigt auf mei­ner Lis­te der am meis­ten ver­hass­ten Dik­ta­to­ren. Nur noch Kim Jong-un gilt es zu schlagen.

  • Okay…ein demo­kra­tisch ins Amt gekom­me­ner Poli­ti­ker ist also schlim­mer als Ali Kha­men­ei, Herr Ber­dymuch­am­me­dow oder Omar Hassan Ahmad al-Bas­hir. Inter­es­san­te Denkweise.

  • Na dann halt nicht, lie­be Tür­ken. Tut uns aber dann wenigs­tens noch einen Gefal­len und nehmt die Aze­ris auch mit!

  • Bei einer stär­ke­ren Berück­sich­ti­gung ihrer Belan­ge kön­ne man sich durch­aus vor­stel­len, ab 2015 wie­der am Euro­vi­si­on Song Con­test teilzunehmen.”

    Ich hof­fe, die Tür­kei bleibt noch vie­le Jah­re fern. Euro­vi­si­on ist für Leu­te ab 16 Jah­ren und nicht für Kin­der­gar­ten­kin­der! Die Spit­zen­leu­te in Anka­ra sind ja sowie­so ger­ne belei­digt, auch beim ESC. Wenn schon die Tür­kei rum­heult, was soll dann Finn­land machen, was soll das zurück­keh­ren­de Por­tu­gal machen? Da müs­sen die Ver­ant­wort­li­chen in Hel­sin­ki und Lis­sa­bon ja alle aus dem Fens­ter sprin­gen vor Ver­zweif­lung über die böse, böse Welt.
    Die Tür­ken machen sich immer lächerlicher!

  • Wobei er immer mehr zum isla­mis­ti­schen Macht­ha­ber wird. Erdo­gan ver­sucht mit aller Macht, den Lai­zis­mus zu besei­ti­gen und einen reli­giö­sen Staat zu errich­ten. Und ein biss­chen Hit­ler steckt ja auch in ihm bei sei­nen Träu­men vom Groß­tür­ki­schen Reich.

  • Das Trau­ri­ge dabei ist, dass die Tür­kei lan­ge Zeit sehr viel lai­zis­ti­scher war als Deutsch­land (Stich­wor­te Kir­chen­steu­er, Ten­denz­schutz für die Kir­che als Arbeit­ge­ber, insti­tu­tio­nel­ler Ein­fluss z.B. in Rund­funk­rä­ten, Reli­gi­ons­un­ter­richt in Schu­len etc.). Und auch bei uns ver­su­chen etli­che CDU/C­SU-Poli­ti­ker ja, einen reli­giö­sen Staat zu errich­ten oder zu erhal­ten (Stich­wort Kru­zi­fi­xe in Schu­len, gefor­der­te Ori­en­tie­rung an christ­li­chen Wer­ten etc).
    Sich dar­über zu strei­ten, wel­cher Macht­ha­ber jetzt der Schlimms­te ist, führt aber nicht wei­ter. Bis­lang konn­te sich Erdo­gan betrüb­li­cher­wei­se auf eine brei­te Mehr­heit in der Bevöl­ke­rung stüt­zen. Ich kann nur hof­fen, dass die ange­sichts sei­nes immer groß­we­sir­haf­te­ren Auf­tre­tens lang­sam brö­ckelt. Lei­der aber ver­meh­ren sich in der Tür­kei – wie über­all sonst auf der Welt auch – die beson­ders Ein­fäl­ti­gen, beson­ders Reli­gio­ti­schen am schnells­ten. Und je abwei­sen­der sich der Wes­ten gegen­über der Tür­kei ver­hält, um so stär­ker befeu­ert er die dor­ti­gen Hin­wen­dung nach Arabien.

  • Hel­sin­ki und Lis­sa­bon? Ver­suchs mal mit Bern, Wien, Brüs­sel, Ams­ter­dam, Sofia oder (in stil­lem Geden­ken) Prag, Bra­tis­la­va, War­schau oder Andor­ra la Vella…

    Ernst­haft, das Gejam­me­re der Tür­ken kann ich so gar nicht nach­voll­zie­hen. Es mag unfair sein, Argu­men­te nach dem zu beur­tei­len, der sie bringt, aber in Anka­ra wird doch auf sehr hohem Niveau gejam­mert. Oh, man hat sich mal ein Jahr nicht qua­li­fi­ziert? Damit war man damals (anno 2011) auf dem glei­chen Level wie Ser­bi­en oder Mol­da­wi­en ange­kom­men, und aus Bel­grad oder Chi­si­nau hat man nun eher weni­ger Geme­cke­re über das unfai­re ESC-Sys­tem gehört.

  • […] man bedenkt, dass der vom tür­ki­schen Fern­se­hen haupt­säch­lich ins Feld geführ­te Grund für das Fern­blei­ben des Lan­des vom Euro­vi­si­on Song Con­test (und die Grün­dung der Türk­vi­zyon) die Unzu­frie­den­heit mit […]

  • Ich den­ke Das die Tür­kei der ESC passt, mit ihren per­for­man­cen und all dem dran, fin­de das deutsch­land nicht pri­ckeln­de teil­neh­mer nimmt ..!

  • Scha­de, die Teil­nah­me der Tür­kei war bis jetzt jedes Jahr sehr gut! Ich fin­de der musi­ka­li­sche und kul­tu­rel­le Ein­fluss der Tür­kei soll­te bei solch einer Ver­an­stal­tung nicht feh­len, aber lei­der ist der ESC mitt­ler­wei­le zur Poli­tik Show geworden.
    An alle die sich über die “Tür­ken” auf­re­gen. NUR Erdo­gan allei­ne ent­schei­det dar­über und er wird wohl poli­ti­sche Grün­de dafür haben, die ich zwar nicht nach­voll­zie­hen kann, aber so ist es im Moment nun mal.

  • Wie sich man­che über die Absa­ge der Tür­kei freu­en ist wirk­lich sehr lächer­lich. Tja, ein Kon­kur­rent weni­ger für die schlech­ten Deut­schen wür­de ich mal sagen.
    Pein­lich ist nur eine Teil­nah­me mit schlech­ten Sän­gern aka Deutschland.
    Sor­ry, ist mei­ne Mei­nung und ich fän­de es abso­lut okay wenn auch Deutsch­land für die nächs­ten 20 Jah­re nicht dabei wäre 😉

  • Tür­kei hat jedes Jahr super Lie­der am Start. Ich finds total Scha­de, dass sie die­ses Jahr nicht teil­neh­men. Aber ICH hof­fe, das sich das nächs­tes Jahr ändert.

  • Das hat nichts mit dem Minis­ter­prä­si­dent der Tür­kei zutun! Die Grün­de wur­den vom Tür­ki­schen Rund­funkt bekannt gege­ben. Lasst unse­ren demo­kra­tisch gewähl­ten Minis­ter­prä­si­dent bit­te in Ruhe! Wir Tür­ken sind mit ihm zufrie­den! Zumin­dest die Mehr­heit, auch in Istanbul…

  • Wel­cher min­der­be­mit­tel­te Autor kommt auf die Idee, das tür­ki­sche Volk als “Osma­nen” zu betiteln?

  • Ich bin auch Tür­ken und has­se unsern auf jeden fall „demo­kra­tisch gewähl­ten” Ministerpräsidenten..

  • Mann hast du Ahnung Alle Ach­tung das die Tür­kei web bleibt hat nichts mit Erdo­gan zu tun Sie pro­tes­tie­ren gegen die Unge­rech­tig­keit war­um zie­hen die 5 Gro­ßen direkt ein???? WEIL SIE ANGST HABEN DIE VOR­ENT­SCHEI­DUNG NICHT ZU SCHAFFEN!!!!

  • Erdo­gan ist krin Dik­ta­tor! Die Tür­kei ist genau­so wie Deutsch­land ein demo­kra­ti­sches Land und ich fin­de es gar nicht gut wie du üner unse­ren Prä­si­den­ten sprichst zudem ist Oba­ma der größ­te Dik­ta­tor auf die­ser Welt ! Du siehst nur was du sehen willst! Ver­steh erst­mal wie die­se Welt funk­tio­niert und sag dann wen du als Dik­ta­tor hälst!

  • Also denkst du das die Tür­kei kein Groß­reich wer­den kann ? Es soll­te dir bewusst sein dass wir den größ­ten Flug­ha­fen der WELT bau­en die Tür­kei wird nicht von Men­schen wie dir von ihrem Wachs­tum gestört ! Wegen Men­schen wie dir gibt es Vor­ur­tei­le gegen Türken !

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