Weiß­russ­land 2014 und der bekiff­te Hamster

Es gibt ja nach wie vor die­se Men­schen, die über den Euro­vi­si­on Song Con­test das Näs­chen rümp­fen, die dort dar­ge­bo­te­nen Songs als tra­shig emp­fin­den und die Show als camp. Die­sen Men­schen sei emp­foh­len, sich zum Ver­gleich mal hier die Auf­zeich­nung der heu­ti­gen Vor­ent­schei­dung aus Weiß­russ­land anzu­schau­en. Danach spre­chen wir uns wie­der! 14 Titel umfass­te die allen­falls als per­fi­de Par­odie zu gou­tie­ren­de Aus­wahl im Eurofest: einer schlech­ter als der ande­re, teils gar nicht mehr als Song zu erken­nen, was auch an den grau­en­haft schie­fen Tönen und dem unter­ir­di­schen Ost­block-Eng­lisch gele­gen haben mag. Nicht nach Lodz, son­dern gen Kopen­ha­gen jeden­falls schickt Minsk nun einen feschen jun­gen Her­ren namens Teo. Mit einem Song über Käse­ku­chen. Wirk­lich: Käse­ku­chen. Eine von Teos Songzei­len lau­tet: “I don’t wan­na be a trip­py Hams­ter Date” (oder so ähn­lich, man ver­steht ihn halt ein­fach nicht). Und das fasst den Abend ganz gut zusammen.


Hübsch: Teos Gebro­che­ne-Hüf­ten-Tanz (BY)

Der Song könn­te noch mas­si­ve Pro­ble­me mit dem weiß­rus­si­schen Dik­ta­tor Lukaschen­ko oder der EBU bekom­men, denn er singt im Wei­te­ren auch noch “I am using Goog­le Maps, try­in’ to escape”. Jeden­falls, soweit ich das hören konn­te. Und wir erin­nern uns alle nur zu gut an das Face­book-Desas­ter um Valen­ti­na Monet­ta (SM 2012) hin­sicht­lich der Ver­wen­dung von Mar­ken­na­men in Euro­vi­si­ons­bei­trä­gen! Ande­rer­seits han­delt es sich um Weiß­russ­land, die Chan­cen ste­hen ohne­hin bei 40%, dass Lukaschen­ko den Repu­blik­flücht­ling Künst­ler noch aus­tauscht, und bei 80%, dass er mit einem ande­ren Lied gen Däne­mark reist. Was scha­de wäre, denn ‘Cheeseca­ke’ ist als Song genau so lecker wie als Gebäck: locker, fluf­fig, süß und frisch. Und nett anzu­schau­en ist Teo (bür­ger­lich: Yuriy Vaschuk) eben­falls, der sei­ne Fahr­kar­te übri­gens allei­ne der Jury ver­dankt: wie es sich für ein ordent­li­ches Hal­be-hal­be-Voting gehört, lag er beim Publi­kum auf Rang 3, führ­te aber bei den Juro­ren und schnitt somit punkt­gleich mit Publi­kums­lieb­ling Max Lorens ab, der Drit­ter im Jury­vo­ting wurde.


Das offi­zi­el­le Video zu ‘Cheeseca­ke’, mit nicht wesent­lich ver­ständ­li­che­rem Text

Und wie es sich für eine ordent­li­che Dik­ta­tur gehört, ent­schei­det in Weiß­russ­land bei einem Gleich­stand natür­lich nicht das Publi­kum: alle Juro­ren, dar­un­ter Vor­jah­res­ver­tre­te­rin Alyo­na Lans­ka­ya und eine Frau, die aus­sah wie Clau­dia Roth, muss­ten noch­mals auf die Büh­ne und einem von Bei­den ihr (Papp-)Herz schen­ken. Und sie gaben es – welch’ Über­ra­schung! – alle an Teo, den sie bereits vor­her fast ein­stim­mig zum Jury­sie­ger gekürt hat­ten. Zu Recht übri­gens, denn Max Lorens brach­te zwar einen Gitar­ris­ten mit Salo­mé-Gedächt­nis­ho­sen und Steel­drums mit auf die Büh­ne, ver­gaß aber, wie so vie­le an die­sem Abend, einen Song. Mit Artem Mikha­len­ko befand sich ein wei­te­rer ehe­ma­li­ger bela­rus­si­scher Euro­vi­si­ons­teil­neh­mer im Line-Up: er fun­gier­te 2010 als Part von 3 + 2 (die legen­dä­ren ‘But­ter­flies’), sah solo mit neu­em Bärt­chen sehr viel bes­ser aus als damals, lie­fer­te mit der ‘Rap­so­dia No. 1’ jedoch einen mit dezen­ten Dub­step-Ele­men­ten ver­zier­ten Pope­ra-Sülz-Klas­si­ker ab. Geht gar nicht!


Zog den Kür­ze­ren: Max Lorens

Wei­te­re High­lights: Mat­vei Coo­per und Dux, wel­che die phi­lo­so­phi­sche (und in Weiß­russ­land ver­mut­lich eher theo­re­ti­sche) Fra­ge beleuch­te­ten, wel­ches Schick­sal wohl Strip­per (in ihrer Aus­spra­che: “Stree­per”) ereilt, die zu alt für den Job gewor­den sind; Ele­na Siniavs­ka­ya, die mit ‘Via Lat­tea’ einen ope­ret­ten­haf­ten Grand-Prix-Dis­co-Schla­ger mit klas­si­scher Rückung im Gepäck hat­te, stimm­lich aber klang wie eine ver­se­hent­lich zu hoch gepitch­te Jas­min Wag­ner (oder für die Älte­ren unter uns: Blüm­chen) und natür­lich die Zwit­ter-Boys, Ver­zei­hung: Swit­ter Boys, zwei rap­pen­de Zuhäl­ter­ty­pen in Drei­vier­tel­ho­sen, die deut­lich enthu­si­as­ti­scher tanz­ten als ihre bei­den mit­ge­brach­ten Pferd­chen Kate und Vol­ga Karol, und die mit­ten in ihrem chao­ti­schen Dub­step-Hip-Hop-Pop-Wirr­warr noch voka­le Unter­stüt­zung von einem grim­mi­gen Zwei­hun­dert­ki­lo­mann erhiel­ten. Zum Fürchten!


Auch hier eine Häu­fung von Mar­ken­na­men: die Swit­ter Boys und Karol Girls

Nach den 14 Fina­lis­ten durf­ten übri­gens noch gefühlt 20 wei­te­re Acts, die auf­grund zu gerin­ger Schmier­geld­zah­lun­gen die Vor­auswahl-Vor­auswahl nicht über­stan­den hat­ten, als Pau­sen­acts unter­hal­ten. Dar­un­ter Ale­xey Gross, den das weiß­rus­si­sche Fern­se­hen im Vor­feld dis­qua­li­fi­zie­ren muss­te, weil sein Vor­ent­schei­dungs­bei­trag ‘If I could do it all again’ bereits 2011 beim Mal­ta­song zur Urauf­füh­rung gelang­te. Des­wei­te­ren natür­lich Alyo­na Lans­ka­ya: fast konn­te man mei­nen, die dies­jäh­ri­ge unter­ir­di­sche Eurofest-Aus­wahl dien­te nur dem Zweck, ihr ‘Solayoh’ nach­träg­lich zur fun­keln­den Song­per­le zu ver­klä­ren. Auch wenn Alyo­na trotz Voll­play­backs erneut robo­ter­haft, ver­krampft und ange­strengt per­form­te. Deut­lich ent­spann­ter wirk­te Star­gast Günesh Abba­so­va, die bela­rus­si­sche Dritt­plat­zier­te der Türk­vi­zyon, wie die Gast­ge­ber denn auch stolz ver­kün­de­ten. Klar: so einen Platz dürf­ten sie beim ech­ten Grand Prix nicht errei­chen, jeden­falls nicht mit dem heu­ti­gen Song-Angebot.


Ihre Aus­rei­se führt ‘via Lat­via’: die eich­hörn­chen­stim­mi­ge Elena

Und, Lust auf Käsekuchen?

  • Aber hal­lo! Süßer Sän­ger, net­ter Song: ver­nasch’ ich ger­ne! (49%, 25 Votes)
  • Egal, denn der Song wird doch ohne­hin noch getauscht. (37%, 19 Votes)
  • Dan­ke nein! Die­ses kleb­ri­ge Zeug liegt schwer im Magen. (14%, 7 Votes)

Total Voters: 51

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4 Comments

  • Ich find’s auch super. Das kras­se Gegen­stück zum ver­kramp­fen, mecha­ni­schen “Solayoh” – locker aus der Hüf­te geschos­sen und defi­ni­tiv mit Hit­po­ten­ti­al. Fin­ger weg, Luka!

  • Da die Jury den Teo nach vor­ne ‘geschum­melt’ hat, glau­be ich nicht, dass Lukaschen­ko da noch inter­ve­niert. Der hat doch die Jury-Mit­glie­der sicher schon im Vor­feld instruiert. 😉
    Und der 200-Kilo-Mann war doch sicher der im Osten unter­ge­tauch­te DJ-Bal­loon aus unse­rem Vor­ent­scheid 2001.

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