Weiß­russ­land und das Käsekuchenkomplott

So lang­sam gehört es zum Stan­dard­re­per­toire ost­eu­ro­päi­scher Euro­vi­si­ons­vor­ent­schei­dun­gen: das nach­träg­li­che Anfech­ten der Ergeb­nis­se durch unter­le­ge­ne Par­tei­en. So wie aktu­ell in Weiß­russ­land, wo die Jury ver­gan­ge­nen Frei­tag den Sie­ger des Tele­vo­tings, Max Lorens, um die Fahr­kar­te nach Kopen­ha­gen brach­te. Der star­te­te nun eine Peti­ti­on an Prä­si­dent Lukaschen­ko zur Annul­lie­rung der in sei­nen Augen “unfai­ren” Ent­schei­dung, wie Euro­voix berich­tet. Max plä­diert (aus nicht ganz unei­gen­nüt­zi­gen Grün­den) dafür, dass in Anleh­nung an die EBU-Regeln auch in den natio­na­len Vor­ent­schei­dun­gen bei einem Punk­te­gleich­stand zwi­schen Jury- und Publi­kums­fa­vo­ri­ten, wie es beim Eurofest der Fall war, das Pla­zet der Tele­vo­ter den Aus­schlag geben soll­te. Er erhob außer­dem Vor­wür­fe gegen­über dem Staats­sen­der BTRC, weil die Jury nicht voll­zäh­lig war (der Reprä­sen­tant des Sen­ders und Jury­vor­sit­zen­de fehl­te) und erst nach Bekannt­ga­be des Tele­vo­ting-Ergeb­nis­ses abge­stimmt habe, wodurch eine geziel­te Mani­pu­la­ti­on ermög­licht wor­den sei. Letz­te­res stritt BTRC kate­go­risch ab: die Jury habe zeit­gleich mit den Zuschau­ern votiert, hieß es aus Minsk – was ange­sichts einer zeit­li­chen Dis­kre­panz zwi­schen der Bekannt­ga­be bei­der Abstim­mungs­er­geb­nis­se von gut einer Stun­de äußerst zwei­fel­haft erscheint.


Ers­ter im Tele­vo­ting, Drit­ter bei der Jury: Max bleibt zu Hause

Denn wäh­rend man ver­gan­ge­nen Frei­tag die Anzahl der ein­ge­gan­ge­nen SMS für die 14 Teil­neh­mer des Eurofest bereits kurz nach Ende der zehn­mi­nü­ti­gen Abstimm­pha­se ver­öf­fent­lich­te, ver­la­sen die Jury­mit­glie­der ihre Punk­te erst im Anschluss an einen aus­ge­dehn­ten Block aus elf (!) Pau­sen­acts: Zeit genug, durch kon­zer­tier­tes Down­vo­ting des Publi­kums­lieb­lings Max ihren eige­nen Favo­ri­ten Teo durch­zu­drü­cken. Der übri­gens in meh­re­ren Inter­views nach sei­nem Sieg ankün­dig­te, den übli­chen bela­rus­si­schen Gepflo­gen­hei­ten nicht Fol­ge leis­ten und sei­nen sieg­rei­chen (und selbst kom­po­nier­ten) Titel ‘Cheeseca­ke’ nicht gegen einen ande­ren Song aus­tau­schen zu wol­len. Wobei es ohne Ände­run­gen zumin­dest am Text ver­mut­lich nicht gehen wird: hin­sicht­lich der Zei­le “I look over Goog­le Maps” ließ Siet­se Bak­ker von der EBU bereits durch­bli­cken, dass man das Face­book-Ver­dikt gegen Valen­ti­na Monet­ta durch­aus als Prä­ze­denz­fall für die Casa Teo betrach­te und die Refe­rence Group vor­aus­sicht­lich ver­lan­ge, dass er die anstö­ßi­ge Stel­le umschreibt. Falls es über­haupt beim ‘Cheeseca­ke’ bleibt.


Drit­ter im Tele­vo­ting, Ers­ter bei der Jury: Teo fährt (ver­mut­lich)

Im Song ver­ar­bei­tet Teo, wie er in einem Inter­view gegen­über escK­AZ erklär­te, übri­gens die Tren­nung von sei­ner Freun­din. Die er ver­ließ, weil sie ihn durch die Ver­wen­dung des Kose­na­mens “mein süßer Käse­ku­chen” nerv­te. Klingt, als sei er mit einer der Gol­den Girls liiert gewe­sen! Nun bleibt mir nur die Hoff­nung, dass Lukaschen­ko dem  Gebäck­ver­äch­ter trotz Ver­wen­dung der unter Dik­ta­to­ren sicher­lich nicht son­der­lich gern gese­he­nen Text­zei­le “Try to escape” gewo­gen ist und Max Lorens Peti­ti­on abschmet­tert, möch­te ich den käse­ku­chen­knuf­fi­gen Teo und sein lus­ti­ges Lied doch nur zu ger­ne in Kopen­ha­gen sehen. Am bes­ten direkt im Anschluss an den let­ti­schen Bei­trag ‘Cake to Bake’ von Aar­zem­nie­ki (vor­aus­ge­setzt, der schafft den dor­ti­gen Vor­ent­scheid, was ich mir allei­ne schon wegen der dann mög­li­chen Wort­spie­le fast so sehn­lich wün­sche wie den Weltfrieden!).


Backen ist Lie­be: die let­ti­schen Aarzemnieki

Dein Tipp: schafft es ‘Cheeseca­ke’ nach Kopenhagen?

  • So oder so: mal wie­der gro­ßes Thea­ter. I love Bela­rus! (39%, 11 Votes)
  • Das hängt jetzt wohl von Lukaschen­kos Musik­ge­schmack ab. (29%, 8 Votes)
  • Eher friert die Höl­le zu, als dass nicht Song oder Sän­ger noch getauscht wer­den. Ist schließ­lich Weiß­russ­land! (21%, 6 Votes)
  • Fair wäre es nicht, ich hof­fe es aber den­noch. Ich mag den Song näm­lich. (11%, 3 Votes)

Total Voters: 28

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5 Comments

  • Mal ne Fra­ge: Über was singt der Max Lorenz da eigent­lich. Ihn ver­steht man ja noch weni­ger als Teo. Davon abge­se­hen fand ich das Voting sehr merk­wür­dig. War­um lässt man die Tele­vo­ter abstim­men, wenn am Ende doch nur das Voting der Jury zählt. Da wür­de ich mich als Tele­vo­ter doch ganz schön ver­arscht vor­kom­men. Mal davon abge­se­hen, ob mir der Song des Tele­vo­ting­sie­gers gefällt, soll­te bei einer 50/50-Ent­schei­dung, am Ende immer das Tele­vo­tin­g­er­geb­niss zählen.

  • Ange­wand­te Däm­lich­keit. Wenn man mani­pu­lie­ren will, dann doch bit­te ein biss­chen weni­ger offen­sicht­lich. Wäre es so schwer gewe­sen, bei­de Ergeb­nis­se nach den Pau­sen­acts zu ver­kün­den, so dass die Idee, hier sei rum­ge­spielt wor­den, gar nicht erst auf­kommt? (Am bes­ten sagt man dann noch zuerst das Jury­er­geb­nis an, um es noch was­ser­dich­ter zu machen.)

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