Bel­gi­en, das Land der Kinder

Die jüngs­te Euro­vi­si­ons­sie­ge­rin aller Zei­ten ver­dan­ken wir bekannt­lich den Bel­gi­ern: 1986 sieg­te die damals erst Drei­zehn­jäh­ri­ge San­dra Kim im nor­we­gi­schen Ber­gen. Und mit Kin­dern schei­nen es die Bel­gi­er noch immer zu haben: im heu­ti­gen Recall, der Zwei­te-Chan­ce-Run­de des Euro­song, sieg­te ein aus vier Milch­ge­sich­tern bestehen­des Quar­tett mit dem ori­gi­nel­len Namen The Ban­dits, von dem ich beim bes­ten Wil­len nicht glau­ben kann, dass deren Mit­glie­der das aktu­ell gül­ti­ge EBU-Min­dest­al­ter für den Euro­vi­si­on Song Con­test von 16 Jah­ren bereits erfül­len bzw. dass nur einem der Jungs bereits Scham­haa­re wach­sen. Das hielt jedoch weder die krei­schen­den Teens im Stu­dio noch die erst­ma­lig mit­ab­stim­mungs­be­rech­tig­ten Zuschau­er davon ab, die Vier, die mit einem über­zeu­gend vor­ge­tra­ge­nen Med­ley aus gleich drei Grand-Prix-Songs star­te­ten, auf den ers­ten Platz zu wäh­len. Rus­la­na (UA 2004), die erst­ma­lig die bis­lang drei­köp­fi­ge und rein männ­lich besetz­te VRT-Jury ver­stärk­te, rief die Jungs gar zu den Nach­fol­gern Jus­tin Bie­bers aus. Nee, is’ klar, Ruslana.


Für das Ein­we­ben von ‘Only Teardrops’ ver­dien­ten sie eigent­lich Schlä­ge: The Bandits

Der Geist San­dra Kims mani­fes­tier­te sich auch in einer zwei­ten Kom­bat­tan­tin, näm­lich der Sän­ge­rin Sil­vy de Bie, bekannt­ge­wor­den als Front­frau des Dance­pro­jek­tes Syl­ver. Von die­ser Musik­rich­tung hat sich die 33jährige nach eige­ner Aus­sa­ge jedoch mitt­ler­wei­le eman­zi­piert, was sich bereits im neu­en Künst­ler­na­men Sil aus­drückt. Gut, so heißt hier­zu­lan­de ein Hand­wasch­mit­tel, aber Hen­kel wird in die­sem Fall schon nicht kla­gen. Hof­fe ich. Sil riss nicht nur die (ansons­ten erfri­schend stren­ge und ehr­li­che) Rus­la­na mit ihrer gereif­ten Akus­tik­ver­si­on von ‘J’ai­me la Vie’ zu Begeis­te­rungs­stür­men hin, son­dern auch mich. Mal ganz davon abge­se­hen, dass ich es als im beson­de­ren Maße ernied­ri­gend emp­fin­de, wenn sich eine eta­blier­te Künst­le­rin wie Frau de Bie, die bereits Mil­lio­nen Plat­ten ver­kauf­te, von einer Jury beur­tei­len oder gar noch kri­ti­sie­ren las­sen muss. Wobei das in der Pra­xis dann ja doch nicht pas­siert, wie man am Bei­spiel des aktu­ell noch bestehen­den (und eben­falls am Euro­song teil­neh­men­den) Dance­pro­jek­tes 2Fabiola sehen konn­te, das ‘Eupho­ria’ mas­sa­krier­te, aber den­noch von den Tele­vo­tern geret­tet wur­de: ein ehr­li­ches “Du hast schei­ße gesun­gen” kam den Juro­ren nicht über die Lip­pen, statt­des­sen ergin­gen sie sich in wol­ki­gen Betrach­tun­gen über Lore­da­nas Feder­kleid.


Den rech­ten Drum­mer bit­te für mich: nicht nur Sil liebt das Leben


Stamm­te das Feder­ge­wölk von Dana Inter­na­tio­nal oder plün­der­te Lore­da­na gar Thea Gar­retts Riesenvogel?

Bleibt natür­lich noch die span­nen­de Fra­ge nach dem Ver­bleib der erneut voll­stän­dig ver­mummt auf­tre­ten­den Com­bo Day One, bei der Fans hin­ter der vene­zia­ni­scher Vogel­mas­ke der Lead­sän­ge­rin Kate Ryan (BE 2006) (deren dama­li­ger Bei­trag ‘Je t’a­do­re’ das Aus für die Trance-Eule Jes­sy de Smet [Hit: ‘Look @ me now’] bedeu­te­te, die den unnö­ti­gen Beweis antrat, dass es noch schlech­ter geht) ver­mu­ten. Sie nah­men sich des Secret-Gar­den-Klas­si­kers ‘Noc­turne’ (NO 1995) an – eine geschick­te Wahl, denn auch wenn das von den Musi­kern dem Titel unter­ge­würg­te Drum’n’Bass-Korsett über­haupt nicht pass­te, ver­hin­der­te es doch das sonst bei dem Song unver­meid­li­che Ein­schla­fen. Und da Gunn­hild Tvin­ne­reim im Ori­gi­nal kaum singt, fiel auch das erbärm­li­che Gewin­sel von Kate (oder wer auch sonst immer unter der Mas­ke steckt) nicht wirk­lich auf. Die Jury setz­te das eher expe­ri­men­tell klin­gen­de Stück unfass­li­cher­wei­se an die Spit­ze – was demons­triert, dass es bei die­sem Cas­ting eben doch nicht nur um Talent geht, son­dern auch um media­le Auf­merk­sam­keit – und die Tele­vo­ter kor­ri­gier­ten auf Rang 3. Auf­hor­chen ließ aller­dings die Ankün­di­gung der Star­gäs­te für das Semi­fi­na­le am kom­men­den Sonn­tag: Kat­ri­na (UK 1997, ohne Waves) und – tada­aa: – Kate Ryan! Schwer vor­stell­bar, dass das Kät­chen gleich in einer Dop­pel­rol­le als Teil­neh­me­rin und Pau­sen­act auf­tritt. Oder muss sie sich aus genau die­sem Grund vermummen?


Gilt das Schwarz­ma­len des Gesichts nicht gemein­hin als ras­sis­tisch? Day One


Komm zurück, Kate, alles ist ver­ge­ben: Jessy

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