Ers­tes Dele­ga­tio­nen­tref­fen in Kopen­ha­gen: die Uhr tickt

Heu­te fand das ers­te Dele­ga­tio­nen­tref­fen in Kopen­ha­gen statt – zeit­gleich die Dead­line für die fina­len Remi­xe der Bei­trä­ge für den Euro­vi­si­on Song Con­test 2014. Zumin­dest auf dem Papier, denn noch immer feh­len die Songs aus Russ­land (wo wir immer­hin schon mal den Titel ken­nen, den die Tomal­che­vy-Zwil­lin­ge sin­gen wer­den, näm­lich – wie ori­gi­nell! – ‘Shi­ne’) und Öster­reich, wo man Con­chi­ta Wurst schon vor­ab den Preis für die bes­te Diva zuer­ken­nen muss: bereits Anfang Sep­tem­ber 2013 als ers­te Grand-Prix-Teil­neh­me­rin des Jahr­gangs über­haupt annon­ciert – und dann als Letz­te, noch nach dem offi­zi­el­len Abga­be­schluss, den Song prä­sen­tiert. Respekt! Mor­gen Vor­mit­tag sol­len bei­de noch feh­len­den Titel ver­öf­fent­licht wer­den. Die Ukrai­ne indes über­ar­bei­te­te auf den letz­ten Metern noch ein­mal ihren Song ‘Tick Tock’, und zwar – auch das ken­nen wir von dem zur­zeit im Mit­tel­punkt des Welt­in­ter­es­ses ste­hen­den Land nicht anders – voll­stän­dig: qua­si eine Totaloperation.


Lyrisch deut­lich weni­ger pein­lich: ‘Tick Tock’ im Kopenhagen-Remix

Knapp 90% des Tex­tes habe man aus­ge­tauscht, was bei ursprüng­li­chen Zei­len wie “We belong to each other like a Sis­ter to her Brot­her” auch drin­gend ange­ra­ten erscheint. Auch musi­ka­lisch kommt der Bei­trag nun deut­lich glatt­ge­bü­gel­ter daher – einer­seits pro­fes­sio­nel­ler, aber auch gesichts­lo­ser. Ande­rer­seits muss man durch­aus dank­bar sein, dass Maria Yarem­chuk nicht, wie schon ande­re ukrai­ni­sche Kol­le­gin­nen vor ihr, aus dem Upt­em­po­song mit Gewalt eine Bal­la­de den­gel­te. Und auch die schlimms­ten Aus­wüch­se der beim mal­te­si­schen Fina­le vor­ge­stell­ten – wie soll man es nen­nen – Expe­ri­men­tal­fas­sung blei­ben uns erspart. Man ist ja schon für Klei­nig­kei­ten dank­bar! Letz­ten Endes spielt es kei­ne gro­ße Rol­le: die Punk­te­ta­fel dürf­te der Song nicht gera­de in Brand set­zen – außer, die Juro­ren Euro­pas ent­schei­den sich zu einem Sym­pa­thie­vo­ting für die gespal­te­ne Nation.


Deut­lich schrä­ger = bes­ser: die Ursprungs­ver­si­on von ‘Thick Cock’

Die offi­zi­el­le Stu­dio­fas­sung inklu­si­ve Video­clip gibt es nun auch vom nie­der­län­di­schen Bei­trag ‘Calm after the Storm’ von den Com­mon Lin­nets. Wie der Titel bereits beschreibt, ein wun­der­hübsch besänf­ti­gen­des Coun­try-Stück zum Run­ter­kom­men nach dem auf­rei­ben­den Über­le­bens­kampf in der Beton­wüs­te der Groß­stadt – aller­dings fra­ge ich mich, wer dafür anru­fen soll, denn zum Feu­er­zeu­ge schwen­ken ist der Titel zu ruhig. Aber schön! Könn­te der Song des Jahr­gangs 2014 wer­den, den so gut wie jeder mag, und der den­noch nur 3 Punk­te im Tele­vo­ting kas­siert (und bei den Jurys nicht viel mehr).


Is het een Orka­an? Ich wür­de mal sagen: nee

Einen offi­zi­el­len Video­clip prä­sen­tie­ren uns auch TwinT­win aus Frank­reich. Der ist, wie könn­te es bei dem Song anders sein, lus­tig und bunt, und unter­streicht mit sei­nem Game­show-Set­ting noch ein­mal die eigent­lich eher phi­lo­so­phi­sche Aus­sa­ge des Tex­tes, dass näm­lich das in unse­rer Kon­sum­ge­sell­schaft so ver­brei­te­te Besit­zen und Raf­fen nicht zufrie­den macht, son­dern nur dazu führt, dass man immer mehr und immer Neu­es will. Mer­ke: nicht alles, was auf den ers­ten Blick aus­sieht wie ein Spaß­bei­trag, ist sub­stanz­los! Als weni­ger spa­ßig erweist sich ein­mal mehr der ver­fah­re­ne deut­sche Son­der­weg in Sache You­tube: dort ist der Clip zu ‘Mousta­che’ näm­lich, wie so vie­le ande­re, gesperrt. Hilft mal wie­der nur die aus­län­di­sche IP-Adres­se. Wie pein­lich und nerv­tö­tend es doch ist, in einem Inter­net-Ent­wick­lungs­land zu leben!


Der Preis ist heiß: Twin Twin ohne Bart

Die EBU leg­te übri­gens bereits heu­te die vor­läu­fi­gen Daten für den Euro­vi­si­on Song Con­test 2015 fest: am 12., 14. und 16. Mai des nächs­ten Jah­res soll er vor­aus­sicht­lich statt­fin­den – falls das arme­ni­sche Fern­se­hen da nichts Wich­ti­ge­res vor­hat. Deren Bei­trag ‘Not alo­ne’ von Aram MP3 sehen die bri­ti­schen Buch­ma­cher näm­lich der­zeit über­grei­fend vor­ne, noch vor dem nor­we­gi­schen Ex-Tür­ste­her Carl Espen und sei­nem inner­lich toben­den ‘Silent Storm’ sowie der schwe­di­schen Dau­er­kan­di­da­tin San­na Niel­sen und ‘Undo’. Ein Bal­la­den­drei­klang also an der Spit­ze der Wett­ta­bel­len, und tat­säch­lich fin­den sich außer­ge­wöhn­lich vie­le lang­sa­me Songs im dies­jäh­ri­gen Line-Up. Was natür­lich auch den Sieg eines Upt­em­po­stü­ckes begüns­ti­gen könn­te – und da Folk das gro­ße The­ma die­ses Jahr­gan­ges zu sein scheint, fällt mein Außen­sei­ter­tipp auf Mal­tas ‘Coming Home’ (der­zeit Rang 21 bei den Buch­ma­chern, neun Plät­ze unter dem deut­schen Neo-Folk-Trio Elai­za). Die bei­den noch lie­fern müs­sen­den Län­der kön­nen wir aus poli­ti­schen Grün­den bzw. in Anbe­tracht der euro­pa­wei­ten Homo­pho­bie bereits als poten­ti­el­le Sie­ger­na­tio­nen aus­schlie­ßen, egal, wie gut oder schlecht der jewei­li­ge Song sein wird.


Geht es 2015 nach Eri­wan? Da füh­re ich sogar mal wie­der hin!

Die Buch­ma­cher sehen Arme­ni­en vor­ne. Eri­wan 2015?

  • Hal­te ich für durch­aus rea­lis­tisch und wür­de mich auch freu­en! (44%, 36 Votes)
  • Viel­leicht war­ten wir erst mal die Live-Dar­bie­tung ab, da hab ich näm­lich mei­ne Zwei­fel. (41%, 33 Votes)
  • Glau­be ich nicht. Bei so vie­len Bal­la­den gewinnt eine Upt­em­po­num­mer oder etwas Unauf­fäl­li­ges. (15%, 12 Votes)

Total Voters: 81

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8 Comments

  • Wenn hier jemand Diva ist, dann Finn­land. Vor­ent­scheid am 1.2. und heu­te kommt der Video­clip als bil­li­ger Vor­ent­scheid-Mit­schnitt. Da waren die Nach­barn aus Est­land aber schneller.

  • Ich zie­he ja immer noch die Trash-Pop-Ver­si­on von “Tick Tock” mit den Trash-Lyrics vor. Im Ver­gleich mit der Zwi­schen­fas­sung ist es aber eine deut­li­che Ver­bes­se­rung, hat musi­ka­lisch und optisch jetzt ein wenig eine Russ­land 2007 (Ser­eb­ro) Ästhe­tik. Eine Bal­la­den­ver­si­on davon hät­te ich im ers­ten Semi auch nicht mehr ertragen.

    Was den Sie­ger angeht, so muss ich kon­sta­tie­ren, dass das Ren­nen in den letz­ten Jah­ren gefühlt noch nie so offen war wie jetzt. Die Grün­de hat Oli­ver schon sehr schön benannt. Sticht wirk­lich eine der Bal­la­den abso­lut her­aus? Für mich ist es Arme­ni­en, aber für Euro­pa? Ist Folk nicht nur der Trend, son­dern womög­lich auch der Sie­ger­trend? Oder schleicht sich doch noch etwas mit mehr Tem­po nach vor­ne? Ungarn? Die Ukrai­ne? Ita­li­en? Ich habe abso­lut kei­ne Ahnung.

    Das letz­te Mal, dass ich kei­ne Ahnung hat­te, war 2010 und da haben wir gewon­nen. Dar­an glau­be ich die­ses Jahr aber auch nicht wirklich.

  • Ich kann die­ses Jahr auch kei­nen wirk­li­chen Favo­ri­ten aus­ma­chen. Das erin­nert mich doch irgend­wie – wenn auch trotz deut­lich mehr Bal­la­den auf deut­lich nied­ri­ge­rem Niveau – an 2011. Da war das Ren­nen doch lan­ge offen und am Ende hat Aser­bai­dschan (und auch nur wegen des Aus­schei­dens der Tür­kei im Halb­fi­na­le) als Kom­pro­miss­kan­di­dat gewon­nen. War auch das ein­zi­ge Jahr bis­her, in dem sich Jury und Publi­kum über den Gewin­ner nicht einig waren. Da kann alles pas­sie­ren – an Arme­ni­en glau­be ich nun aller­dings nicht so ganz. Top 5 Plat­zie­rung ist schon drin, weil das bei den Jurys sicher­lich auch ganz gut abschnei­den wird und auch beim Publi­kum nicht chan­cen­los ist. Könn­te viel­leicht wie Ita­li­en 2011 so ein Kan­di­dat für Platz 2 sein. Ich glau­be aber, dass Ungarn der typi­sche­re Kom­pro­miss­kan­di­dat ist. Ungarn soll­te man auf dem Zet­tel haben, das klingt ins­ge­samt wohl noch ein wenig gefäl­li­ger, weil es unkom­pli­zier­ter ist, obwohl ich da von nem Sieg auch nicht über­zeugt bin.

    Schwe­den und Nor­we­gen dage­gen hal­te ich für mas­siv über­be­wer­tet. Das sind für mich eher Mit­tel­feld­kan­di­da­ten wie Geor­gi­en letz­tes Jahr. Aser­bai­dschan ist für nen Sieg trotz Power-Voting ein­fach zu lang­wei­lig die­ses Jahr, Isra­el zu sper­rig, Spa­ni­en zu kit­schig, Groß­bri­tan­ni­en zu main­strea­mig ohne Allein­stel­lungs­merk­mal, Ita­li­en wird es die­ses Jahr nicht schaf­fen, die Jury so stark für sich zu vereinnahmen.

    Fazit: Ich habe kei­ne Ahnung, wer gewinnt, auch wenn ich aktu­ell Ungarn und Arme­ni­en einen Sieg am meis­ten zutraue, ohne aber wirk­lich über­zeugt zu sein. Wenn ich alles live gese­hen habe, kann ich viel­leicht eher ne Pro­gno­se abgeben.

  • Nicht Con­chi, son­dern Ers­te Grand-Prix Teil­neh­me­rin des Jah­res war Valen­ti­na Monet­ta, und bei einem Errei­chen des Fina­les, wird sie uns wohl auch nicht in 2015 erspart bleiben.

  • Was bit­te hat­te das Aus­schei­den der Tür­kei 2011 mit dem Sieg Aser­bai­dschans zu tun?

  • Ohne für Kon­tra­punkt spre­chen zu kön­nen, ver­mu­te ich, er bezieht sich auf das Dia­spo­ra­vo­ting-Argu­ment, wonach die Stim­men der tur­ko­phi­len Euro­pä­er 2011 nach dem Semi-Aus der Tür­kei an das Bru­der­volk der Aser­bai­dscha­ner gegan­gen sei­en, was in bei den Streu­ver­lus­ten die­ses Jahr­gangs (es gab ja kei­nen ein­deu­ti­gen Favo­ri­ten à la Rybak) mit zum Sieg bei­tra­gen habe.

    Nach die­ser Theo­rie steht der ers­te Sieg Zyperns in dem Jahr zu erwar­ten, da Grie­chen­land im Semi kle­ben bleibt.

  • Es stimmt, der ESC 2011 war vom Voting her echt span­nend, hat­te da nicht mit Aser­bai­dschan, son­dern mit Erics “Popu­lar” gerech­net! Der wirk­lich span­nends­te ESC der 2000er war mein 1. Grand Prix, der von 2008. Da kämpf­ten näm­lich Sirus­ho (ARM, 4. Platz), Kalo­moira (GR, 3. Platz), Ani Lorak (UA, 2. Platz) und Dima Bilan (RUS, 1. Platz) um den Sieg in Form eines “Bitch Fights”. Sowas wün­sche ich mir in die­sem Jahr wie­der und des­we­gen fin­de ich die dies­jäh­ri­ge Wirr-Warr-Kon­stel­la­ti­on aus Bal­la­den, Folk und ein paar Up-Tem­pos echt gut und offen! Dann ist das Final­vo­ting end­lich mal wie­der span­nend und der Sie­ger ist nicht vor­her­seh­bar wie letz­tes oder vor­letz­tes Jahr… ^^

  • Und ohne die Juries wäre es noch span­nen­der gewor­den. Was trenn­ten Aser­bai­dschan und Schwe­den im Tele­vo­ting noch mal? Waren das zwei Punk­te? Da habe ich mich so über die Juries auf­ge­regt, ohne die wäre es bis zur letz­ten Wer­tung span­nend gewesen.

    Aber 2008 war auch gut. Da habe ich gedank­lich mit­ge­fie­bert “Bloß nicht Kalomira”.^^

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