Geor­gi­en 2014: Dafuq?

Lie­be Lese­rin­nen und Leser, Sie sehen mich ver­wirrt. Nein, nicht wegen des Über­ra­schungs­sie­ges von Elai­za beim deut­schen Vor­ent­scheid oder des dor­ti­gen, hoch­kom­pli­zier­ten Abstim­mungs­ver­fah­rens. Die Geor­gi­er tra­gen Schuld an mei­nem Zustand der geis­ti­gen Des­ori­en­tiert­heit. Denn sie prä­sen­tier­ten heu­te ihren Bei­trag ‘Three Minu­tes to Earth’, dar­ge­bo­ten vom schon seit län­ge­rem fest­ste­hen­den Fusi­on-Jazz-Trio The Shin und von der Pop­sän­ge­rin Mari­ko Ebral­id­ze. Das dazu­ge­hö­ri­ge Video zeigt eine von grü­nem Nebel durch­wa­ber­te Sze­ne in Stadt­park von Tif­lis, wo bekifft wir­ken­de, aber gut aus­se­hen­de jun­ge Pär­chen auf der Bank sit­zen oder wie ein­ge­fro­ren her­um­ste­hen (der weib­li­che Part meist uner­klär­li­cher­wei­se als Squaw ver­klei­det – ist denn dort grad Fasching?), wäh­rend die älte­ren Her­ren der deutsch-geor­gi­schen Kapel­le jodeln (!) und Frau Ebral­id­ze auf so etwas wie Eng­lisch irgend­et­was ohne jede Melo­die singt, wozu ein Mensch hin­ter ihr Yoga-Übun­gen voll­führt. Die Musik klingt, als habe jemand eine stark zer­kratz­te World-Music-CD in einen defek­ten Play­er ein­ge­legt, der nun wahl­los durch die Titel springt. Und dann schneit es auch noch. Mög­li­cher­wei­se macht das alles Sinn, wenn man meh­re­re dicke Tüten grü­ner Geor­gi­er geraucht hat – im nüch­ter­nen Zustand hin­ter­lässt es einen voll­stän­dig ratlos.


Zu vie­le Space Cakes geges­sen, jetzt wie­der im Lan­de­an­flug auf die Erde: The Shin

Und da ich mei­ne ver­ehr­te Leser­schaft aus Für­sor­ge­grün­den nicht so ver­wirrt ent­las­sen möch­te, nut­ze ich die Gele­gen­heit, dar­auf hin­zu­wei­sen, dass es seit heu­te auch einen neu­en, offi­zi­el­len Video­clip für mei­nen offi­zi­el­len Lieb­lings­bei­trag die­ses Jahr­gangs gibt, Aar­zem­nie­kis ‘Cake to bake’ (aber kei­nen Space Cake bit­te, den hat­ten wir gera­de!) näm­lich. Inner­halb von sie­ben Stun­den ent­stand das vor fröh­li­cher Lager­feu­er­ro­man­tik nur so strot­zen­de Video im Frei­licht-Eth­no­gra­fie-Muse­um Lett­lands in der Nähe von Riga. Unter­streicht noch ein­mal den unbe­schwert chil­li­gen Cha­rak­ter des lus­ti­gen Lie­des, kommt an die­ser Stel­le wie geru­fen und mag ich sehr!


Frie­de, Freu­de, lecker Kuchen: Aar­zem­nie­ki (LV)

Wem das zu viel Fröh­lich­keit ist, für den hält Mal­ta eben­falls ein neu­es Video parat, in dem die Fami­li­en­ban­de von Fire­light ihr fol­ki­ges ‘Coming Home’ als Song zum hun­dert­jäh­ri­gen Jubi­lä­um (kann man das so sagen?) des Aus­bruchs des Ers­ten Welt­krie­ges sti­li­siert und zum Lied der Kriegs­heim­keh­rer macht. Und was soll ich sagen: am Ende kriegt mich das Video und ich kann ein Trän­chen nicht unter­drü­cken! So gewinnt der bis­lang eher harm­lo­se Titel plötz­lich zusätz­li­che Tie­fe – wer hät­te das gedacht.


Auch sel­ten: eine Fri­sur in Woll­müt­zen­form (MT)

Und da heu­te nicht nur semi­of­fi­zi­el­ler Schni­blo-Tag (von des­sen sexis­ti­scher kar­ni­vo­rer Inten­ti­on ich mich selbst­re­dend ange­wi­dert distan­zie­re!), son­dern auch Welt-Euro­vi­si­ons-Video-Tag zu sein scheint, gibt es gleich noch zwei drei brand­neue Clips oben­drauf: Emma Mar­ro­ne, die als Pau­sen­act beim gest­ri­gen deut­schen Vor­ent­scheid die Büh­ne rock­te und Bar­ba­ra Schö­ne­ber­ger zu der sehe­ri­schen Aus­sa­ge ver­lei­te­te: “Da müs­sen wir uns aber ganz schön anstren­gen!”, prä­sen­tiert sich im Video zur Grand-Prix-Fas­sung von ‘La mia Cit­tà’ als ita­lie­ni­sche Inkar­na­ti­on von Lady Gaga. Wobei mir nicht klar ist, wes­we­gen: ist ihre rotz­fre­che, natür­li­che Aus­strah­lung doch ihr größ­tes Pfund! Das braucht doch kei­ne pseu­do­coo­le Verkleidung!


Kann alles tra­gen. Außer Hüten. Emma Maro­ne (IT)

Die Spa­nie­rin Ruth THE RAIN! THE RAIN!” Loren­zo weiß die Ziel­grup­pe durch die Wahl eines äußerst anspre­chen­den Tanz­part­ners zu ent­zü­cken, den sie mei­net­we­gen sehr ger­ne nach Kopen­ha­gen mit­brin­gen darf. In die­sem Out­fit. Oder mit etwas noch Durch­sich­ti­ge­rem. Haupt­sa­che, es lenkt von ihrem dis­ney­haf­ten Flug­zeug­tur­bi­nen-Gekrei­sche ab.


Der dürf­te mich auch nass machen: Ruths Tän­zer (ES)

Und abschlie­ßend zur betrüb­li­chen Nach­richt des Tages: die Islän­der von Pol­la­pönk haben ihre Dro­hung wahr gemacht und eine rein eng­lisch­spra­chi­ge Fas­sung von ‘Enga For­dó­ma’ vor­ge­legt. Damit ver­ab­schie­det sich der Bei­trag aus dem Kreis mei­ner Top-Favo­ri­ten, denn zum einem klingt der Text, wenn man ihn ver­steht, kli­schee­haft und gestelzt, und zum ande­ren pas­sen die Sil­ben der angli­sier­ten Ver­si­on schlicht­weg nicht zur Musik. Der Bei­trag stellt in sei­ner neu­en Vari­an­te das musi­ka­li­sche Äqui­va­lent zum Gesicht von Donatel­la Ver­sace dar: eine ver­un­glück­te Schön­heits-Ope­ra­ti­on. Schade!


Ver­liebt in den Leh­rer: die vier net­ten Onkels mag ich den­noch! (IS)

Nach­trag 15.03.: Auch die Estin Tan­ja hat einen pro­fes­sio­nel­len Video­clip nach­ge­scho­ben – über­flüs­si­ger­wei­se, denn er beinhal­tet nicht viel mehr als die schon beim Eesti Laul gezeig­te loree­nes­ke Tanz­cho­reo­gra­fie. Der Voll­stän­dig­keit hal­ber sei er hier den­noch nach­ge­reicht, denn alles, was vom geor­gi­schen Grau­en ablenkt, ist gut.


Inspi­red by Swe­den: Tan­ja (EE)

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  • Was zur Höl­le… haben die geraucht? Da wer­den Minu­ten zu Stun­den. Grau­sam. (27%, 19 Votes)

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4 Comments

  • Dass mir das Aar­zem­nie­ki-Video bis zur letz­ten Sekun­de ein Kuchen schul­dig bleibt, sei ver­zie­hen. Denn man kann da wenigs­tens das geor­gi­sche Video verarbeiten.

    Man kann da schon ech­te Trau­ma­ta erlei­den… Ist es Ent­täu­schung dar­über, dass die Mis­si­on “ESC-Sieg auf Bie­gen und Bre­chen powered by G:Son” geschei­tert ist? Das ist ja fast so schlimm wie der “Jocker” vor zwei Jah­ren, der aber dann doch noch als “I’m A Joker” halb­wegs anstän­dig prä­sen­tiert wurde!
    Wobei das Lied an sich so schlecht nicht ist. Aber wenn das in Kopen­ha­gen genau­so ver­stö­rend rüber­ge­bracht wird, dann wird das Fina­le mal wie­der ohne Geor­gi­en stattfinden.

  • Die Tie­fe in Mal­tas Video ist mir irgend­wie zu viel Berech­nung und sorgt eher für Minus­punk­te bei mir, obwohl ich den Mal­te­sern vor­her gar nicht mal so abge­neigt war. Aber um der Wahr­heit genü­ge zu tun: Ja, auch ich war davon berührt. 😉

    Und Geor­gi­en bie­tet ganz inter­es­san­te Musik. Ein Lied kann ich da aller­dings beim bes­ten Wil­len nicht erken­nen. Da habe ich die mon­te­ne­gri­ni­schen Expe­ri­men­te der letz­ten Jah­re eher verstanden.

    Die Islän­der ver­lie­ren auch das ein­zigs­te, was ihren Bei­trag ansatz­wei­se lie­bens­wert gemacht hat: Die Skur­ri­li­tät der frem­den Spra­che. Und das Video erin­nert mich an das von Lou, wo sie als Comic­fi­gur mit far­bi­gen Gotcha­bäl­len die Welt bunt gemacht hat. Aber da heu­te (okay, ges­tern) auch San Mari­no den Bei­trag vor­ge­stellt hat, schließt sich da wohl ein Kreis.

  • Geil, geil, geil! Die trau­en sich wenigs­tens was, die Geor­gi­er. Und haben mich damit voll im Boot. Aber lei­der, wie man bereits hier lesen kann, ansons­ten wohl nicht so vie­le Fans. Schade.

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