Schwei­zer Käse: Ope­ra­ti­on am offe­nen Ohr

In gut einer Woche schlie­ßen sich bereits wie­der die Pfor­ten des Hades schwei­ze­ri­schen Inter­net-Vor-Vor­ent­scheids, jener gehei­men Schatz­höh­le für die Jäger des ver­lo­re­nen Trashs wie mich. Höchs­te Zeit also, zu sich­ten, was die musi­ka­lisch Müh­se­li­gen und Bela­de­nen aus aller Welt, denen sonst nie­mand zuhö­ren möch­te, dies­mal beim SRF abwar­fen. Zu den unzäh­li­gen Wie­der­keh­rern, die es Jahr um Jahr ver­su­chen, zählt natür­lich auch heu­er der in Fan­krei­sen schon legen­dä­re Män­ner­chor Stei­li Kräs­sa. Die wid­men sich in ‘The Beat of the Meat’ haupt­säch­lich der Ver­ball­hor­nung inter­na­tio­na­ler Musik­grö­ßen (eins der lus­ti­ge­ren Bei­spie­le: “Bar­be­cue Strei­sand”) und prei­sen den Fleisch­ge­nuss, was ich als Vege­ta­ri­er natür­lich rund­her­aus ableh­nen muss. Zumal, wenn man, wie hier, im Prä­sen­ta­ti­ons­vi­deo zwei so put­zi­ge Schwein­chen gezeigt bekommt, die man sofort ins Herz schließt. Wer danach noch ein Schnit­zel essen kann, ist ein Bar­bar! Eben­falls ein alter Bekann­ter: John Hän­ni, des­sen Sohn sich mitt­ler­wei­le von ihm los­ge­sagt zu haben scheint, so dass er nun trau­rig und allei­ne durch die Welt­ge­schich­te fah­ren muss: ‘Tra­vel­ling on my own’. Aller­dings scheint der Rei­seetat nur noch für die Tram zu rei­chen – Glück gehabt!


Roger Cice­ro (DE 2007) hat ange­ru­fen und will sei­nen Hut zurück: John Hänni

Nie­mals beim Schwei­zer Vor­ent­scheid feh­len darf die Bau­ern­hof-Les­be. Dies­mal über­nimmt Corin­ne Mend mit einer Femmage auf taf­fe Flin­ten­wei­ber den Part: im Video zum Coun­try-Klas­si­ker ‘Annie get your Gun’ sitzt sie stil­echt im Holz­fäl­ler­hemd auf dem Tre­cker. Da sie der Job als Agrar­öko­no­min nicht aus­zu­las­ten scheint, ver­dingt sie sich neben­her noch als Feu­er­wehr­frau und Schwei­ße­rin. Respekt – auch dafür, dass Corin­ne die ehe­dem eiser­nen Schran­ken zwi­schen Lip­pen­stift-Les­be und Kes­sem Vater, zwi­schen butch und femme, spie­le­risch auf­hebt. Aller­dings sind Schweizer/innen im SRF-Archiv in der deut­li­chen Unter­zahl: zu groß die Ver­lo­ckung für Has- und Never­be­ens aus – wirk­lich – aller Welt, den offi­zi­ell für alle offenen[ref]Wenn auch natür­lich die Juro­ren und das Schwei­zer Publi­kum stets nur hei­mi­sche Gewäch­se in die Gro­ße Ent­schei­dungs­show durchlassen.[/ref] Wett­be­werb als künst­le­ri­sches Über­druck­ven­til zu nut­zen. So, wie der mitt­ler­wei­le in Madrid leben­de Nord­ire Micha­el James, der mit der Ven­ga­boys-Gedächt­nis­num­mer ‘Boom’ einen wei­te­ren Euro­club-Flo­or­fil­ler von der Stan­ge abliefert.

Den ver­spro­che­nen Fun kann ich nicht ent­de­cken: Micha­el James

Auch Max & the Ducks sind wie­der dabei, gemein­sam mit der Fin­nin Nii­na Maria. Ihr ‘Song for Life’ klingt nicht nur vom Titel her wie ein Sie­gel-Schla­ger ohne den Schla­ger­fak­tor: auch das pos­he Video, in dem die etwas qual­lig drein­bli­cken­de Sän­ge­rin im schwar­zen Abend­kleid vor dem Flü­gel sitzt, scheint völ­lig iro­nie­frei gemeint zu sein. Furcht­bar! Zu den deut­schen Dau­er­be­läs­ti­gern (‘tschul­di­gung!) zäh­len Koni­chi­wa Pan­da, mitt­ler­wei­le vom Duo zum Solo-Act geschrumpft. Dafür scheint sich das Trick­tech­nik-Bud­get erhöht zu haben: im Video zur schlech­ten Voco­der-Orgie ‘Yin Yang’ fal­len hun­der­te von Ufos über Alex­an­der Schul­zes Hei­mat­stadt Zirn­dorf her, neh­men den unta­len­tier­ten Man­ga-Rap­per aber lei­der auch nicht mit.

Die Post vom Android-Abmahn­an­walt ist schon unter­wegs: K. Panda

Wo wir es gera­de vom Ver­schwin­den­las­sen haben: ‘The Boy who dis­ap­peared’ nennt sich der Bei­trag des Lon­do­ner Schau­spie­lers und Gebär­den­sprach­dol­met­schers Alim Jay­da. Und der ist rich­tig gut! Nicht nur sieht Alim ganz schnuck­lig aus, er ver­fügt auch über eine leicht an Andy Bell von Era­su­re erin­nern­de Stim­me, mit ganz sub­ti­len Jim­my-Somer­ville-Unter­tö­nen. Fabel­haft, wie auch sein trei­ben­der Elek­tro­tra­ck. Scha­de, dass er auf­grund sei­ner Natio­na­li­tät fak­tisch eben­so chan­cen­los bleibt wie sei­ne Lands­frau Kit­ty Bruck­nell. Die nahm 2011 an der brit­schen Aus­ga­be von X‑Factor teil, wo sie, wie Wiwi­b­loggs bemerkt, eine der bemer­kens­wer­tes­ten Par­ti­zi­pan­ten war, “wenn auch nicht immer aus den rich­ti­gen Grün­den”. Der­zeit arbei­tet sie wohl an ihrem Come­back und nutzt dafür jede Form der Publi­ci­ty, auch wenn die­se dar­in besteht, uns via Twit­ter an ihren Ver­dau­ungs­pro­ble­men teil­ha­ben zu las­sen: “Mein Durch­fall stinkt ziem­lich scheuß­lich. Wie tote Rat­te, ver­mischt mit Kamel­furz und Kuh­dung”. Dan­ke, Kit­ty, gut zu wissen!

Stinkt eben­falls: Kit­tys Weg­werf­dance­track ‘Year­ning’

Wenn Sie glau­ben, Kit­tys Kack­ge­schich­ten sei­en ver­stö­rend, dann haben Sie sich getäuscht: die wah­re Hor­ror-Abtei­lung betre­ten wir gera­de eben erst! Da hilft auch der Ein­wand des Fran­zo­sen Franck Renand nicht, ‘That’s enough’. Was selbst­re­dend für sein kru­des Syn­the­si­zer-Gedu­del, sein grau­en­haf­tes Eng­lisch und sein mit “bizarr” nur unzu­rei­chend beschrie­be­nes Video gilt, in dem er sich mit beschrif­te­tem nack­ten Ober­kör­per prä­sen­tiert: kein schö­ner Anblick! Man wünscht Franck auf den Ope­ra­ti­ons­tisch des Schwei­zer Kol­le­gen Thier­ry Con­dor, der mit leicht beängs­ti­gen­der Kin­der­stim­me und lei­der ohne den vor­schrifts­mä­ßi­gen Mund­schutz eine ‘Open Heart Sur­gery’ durch­führt. Die man, auch vom musi­ka­li­schen Stand­punkt her, nicht ohne sofor­ti­ge Voll­nar­ko­se erle­ben möch­te. Und auch dann nur als Zuschauer.

Dr. Bob, der Pati­ent ist tot!” – “Na, dann hat er ja das Schlimms­te über­stan­den!” Dr. Con­dor in der Muppet-Klinik

Oh, ich sehe, Sie sind schon etwas grün im Gesicht? Kei­ne Sor­ge, gleich haben wir’s für heu­te geschafft. Aller­dings müs­sen Sie jetzt noch ein­mal sehr, sehr tap­fer sein, denn natür­lich kommt das Schlimms­te zum Schluss. Als ob Vla­di­mir Putin nicht schon genug getan hät­te, um den Ruf der Rus­sen in der Welt zu ver­sau­en, schaut nun auch noch Like Leto vor­bei. Das ist ein Rap­per aus der süd­si­bi­ri­schen Stadt Kur­gan, deren Name, wie die Alles­wis­sen­de Müll­hal­de uns freund­li­cher­wei­se auf­klärt, auch für “Grab­hü­gel” steht. Oha. Like, der über deut­lich weni­ger Flow ver­fügt als Lys Assia, lässt uns an sei­nem ‘Dia­ry’ teil­ha­ben. Und macht mir damit, ehr­lich gesagt, Angst. Wenn auch nicht ganz so viel wie Ben Robert­son. Denn der ist Schwe­de Bri­te, kann also leich­ter nach Deutsch­land ein­rei­sen. Und ich bin ein biss­chen besorgt, wie er reagie­ren könn­te, falls er hier lesen soll­te, dass er sei­ne augen­schein­lich gro­ßen Trau­ma­ta doch viel­leicht eher mit pro­fes­sio­nel­ler Hil­fe ver­ar­bei­ten soll­te, als sie zu depres­siv stim­men­der Kla­vier­un­ter­ma­lung vor uns aus­zu­brei­ten. Dass er stimm­lich an eine mit ros­ti­gen Nägeln gur­geln­de Kat­ze erin­nert, behal­te ich daher auch lie­ber für mich.

Every Song is a Cry for Help: Ben Robertson

2 Comments

  • Hel­lo – Ben Robert­son here. Thank you for the comm­ents. I love the mood of the pie­ce and I am glad you picked up on it, sounds like it had the desi­red effect! Don’t think it is to your tas­te but I app­re­cia­te that you spot­ted it in the cha­os that is the Swiss pro­cess online.

    All the best,

    Ben

    p.s. I might live in Swe­den, but I’m not Swe­dish. Lucky for you. I am though Bri­tish so I still can easi­ly come and find you in Ger­ma­ny. I’m also a real­ly sweet and non-sca­ry guy.

  • Reli­e­ved to hear that! And very glad you’­re such a good sport. Best of luck for your ent­ry and thank you so much for kee­ping us Swiss pre­sel­ec­tion con­nais­seurs entertained.

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