Per­len der Vor­ent­schei­dun­gen: die­se Fin­nen spinnen

Heu­te stell­te der fin­ni­sche Sen­der YLE die 18 Teilnehmer/innen sei­ner Vor­ent­schei­dung Uuden Musii­kin Kil­pai­lun (UMK) und ihre Songs vor (und zwar – lies und notie­re, NDR! – vor­bild­lich jeweils mit Video): eine sehr schö­ne Mischung ver­schie­dens­ter Sti­le, von Schla­ger über Folk und Elek­tro bis hin zu Hard­rock und Punk. Ein Act sticht aus dem wirk­lich fei­nen Line-Up beson­ders her­aus: Pert­ti Kuri­kan Nimi­päiv­ät (PKN), nach Eigen­be­schrei­bung “vier Män­ner mitt­le­ren Alters mit geis­ti­ger Behin­de­rung. Die Musik ist natür­lich fin­ni­scher Punk”. Die Band ent­stand 2009 aus einem Work­shop für Men­schen mit Lern­schwie­rig­kei­ten, die Vier waren bereits Stars eines eige­nen Doku­men­tar­films (The Punk Syn­dro­me) und sind sogar schon durch Deutsch­land getourt. Erfreu­lich für alle klas­sisch gestrick­ten Grand-Prix-Fans, die eher nicht zu den Fans des Gen­res zäh­len dürf­ten: PKNs Song ‘Aina mun pitää’ ist mit einer Minu­te vier­zig ange­nehm kurz, stra­pa­ziert die Lei­dens­be­reit­schaft also nicht über Gebühr. Was noch wich­tig wer­den könn­te, haben die Fin­nen doch bekannt­lich ein Händ­chen für außer­ge­wöhn­li­che Bei­trä­ge, wie wir nicht erst seit Lor­di (FI 2006) wis­sen. Angeb­lich füh­ren die Punks in einer Inter­net­um­fra­ge der­zeit mit 46%!


Geben einen Fick drauf, was Du von ihnen hältst: PKN

Das Bes­te dar­an: nach dem Fach­ur­teil des bri­ti­schen Blog­gers Roy Delaney (Euro­vi­si­on Apo­ca­lyp­se), der seit Jahr­zehn­ten Punk­bands managt und auch selbst in einer spielt, also weiß, wovon er spricht, sei­en die Vier in musi­ka­li­scher Hin­sicht auf kei­nen unan­ge­brach­ten Mit­leids­bo­nus ange­wie­sen: PKN spie­len ihren krass lär­mi­gen Punk­rock nicht wegen ihrer Ein­schrän­kun­gen, son­dern trotz­dem.  Die wür­den sich viel lie­ber ordent­lich besau­fen und Kra­wall machen als drü­ber nach­zu­den­ken, was die Leu­te über sie den­ken – das klingt für mich ziem­lich nach Punk”. Ihr Stück sei im Ver­gleich zu ihrem sons­ti­gen Reper­toire sogar eher zahm, aber “es kann alles mög­li­che pas­sie­ren, wenn die live im TV die Büh­ne entern,” so Delaney. Ich fänd’s auf jeden Fall geil, die Vier in Wien zu sehen! Um nun den größt­mög­li­chen Kon­trast zu wäh­len: sehr gut gefällt mir auch das Guil­ty Plea­su­re ‘Bon Voya­ge’ von Hei­di Paka­ri­nen (doch nicht etwa die Mutter[ref]Tatsächlich sind die Bei­den, wie Euro­voix her­aus­fand, Cousinen.[/ref] von Han­nah [FI 2007]?). Klas­si­scher Grand-Prix-Schla­ger, mit dezen­ten Akkor­de­on­ver­zie­run­gen hübsch auf­po­liert: das weckt – auch optisch – nost­al­gisch stim­men­de Erin­ne­run­gen an alte Schla­ger­schlacht­rös­ser wie Anne­li Saa­ris­to (FI 1989) oder Bir­te Kjær (DK 1989). Selbst die Rückung fehlt nicht: da wird einer alten Grand-Prix-Trul­la wie mir doch gleich ganz warm ums Herz!


Hei­di, Hei­di, Dei­ne Welt sind die Fjorde

Freun­de des Tra­gi­schen könn­ten zudem an Ope­ra Skaa­la Gefal­len fin­den, einer lebens­er­fah­re­nen Diva, die in ‘Heart of Light’ zu belie­bi­gem Dance-Sound her­um­schreit. Hat­ten wir mit Male­na Ern­man (SE 2009) aller­dings schon um Län­gen bes­ser. Etwas Erstaun­li­ches leis­ten Satin Cir­cus: obwohl sie doch wei­ner­lich vor­ge­tra­ge­nen, for­mat­ra­dio­freund­li­chen, völ­lig durch­schnitt­li­chen MOR-Pop­rock­s­eich machen, gelingt es mir trotz aller Anstren­gung nicht, ihren Bei­trag ‘Cross­roads’ ange­mes­sen zu has­sen. Liegt das am nied­li­chen (Voll­bart und Her­ren­dutt über­zeu­gen mich ein­fach immer) Lead­sän­ger? Ähn­li­ches gilt, wenn auch anders, für (den aller­dings nicht son­der­lich attrak­ti­ven) Vili­kas­per Kanth: hand­ge­klampf­ter Folk ist nun übli­cher­wei­se nicht so meins, aber ‘Äänen­kan­ta­mat­to­mi­in’ klingt nicht nur vom Titel her ein­fach put­zig. Aus vol­lem Her­zen gut fin­den kann und muss ich hin­ge­gen ‘Ost­aril­la’ von Shava. Ein wasch­ech­ter Fin­ne, der Bhan­gra macht? Und ein Video­clip, in dem bunt gewan­de­te Tän­ze­rin­nen in einem Super­markt zwi­schen den dicht ste­hen­den Rega­len raum­grei­fen­de Cho­reo­gra­fien vor­füh­ren? Wie geil ist das denn, bitte?


Der suo­mi­sche Pan­ja­bi MC: Shava

Kei­ne fin­ni­sche Vor­ent­schei­dung wäre indes voll­stän­dig ohne einen Hard­rock­act. So auch dies­mal: Ange­lo de Nile (ganz und gar nicht zu ver­wech­seln mit Nino de Ange­lo [DE 1989, DVE 2002]), der es unter sei­nem bür­ger­li­chen Namen Kim­mo Blom als Teil von Boys in the Band bereits 2010 erfolg­los ver­such­te, gibt dies­mal ‘All for Vic­to­ry’. Und das klingt lei­der genau so pom­pös und anstren­gend, wie der Titel es sug­ge­riert. Zumal Kim­mo sich als Kreu­zung aus Darth Vader und einem Ku-Klux-Klan-Anfüh­rer kos­tü­miert. Nee, lass mal ste­cken! Bleibt zum guten Schluss der äthe­risch-trei­ben­de Elek­tro­tra­ck ‘Kyy­nel­ten lah­ti’ von Aiku­i­nen, des­sen Begleit­clip sich aus­führ­lich der (an man­chen Orten der dies­jäh­ri­gen Songcon­test-Stadt Wien augen­schein­lich ver­pön­ten) Kunst des Zun­gen­kus­ses wid­met, in dem aber noch ande­re, merk­wür­di­ge Din­ge pas­sie­ren. Ob die etwas mit dem Lied zu tun haben, bleibt mir man­gels Sprach­kennt­nis lei­der ver­bor­gen – des­sen unge­ach­tet sorgt der unspek­ta­ku­lä­re Song, der auch bei der Eesti Laul nicht fehl am Platz wäre, bei mir für gute Lau­ne. Am 7. Febru­ar star­tet die ers­te von drei UMK-Semis, das Fina­le folgt am 28. Kann nur gut werden!

Der Plat­ten­bau lebt: Aikuinen

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3 Comments

  • Dan­ke für die stim­mi­ge Zusam­men­fas­sung 🙂 Zwar kann ich mich per­sön­lich nicht mit den Punks anfreun­den, dafür aber füh­le auch ich mich irgend­wie und über­haupt zu Frau Paka­ri­nen hin­ge­zo­gen (wenn­gleich sie gegen das wun­der­ba­re “Shang­hain valot” dann doch gehö­rig abstinkt). Sug­ars­weet: Shava und Aiku­i­nen (aber ohne Chan­ce). Ope­ra Skaa­la: Hat­ten wir in den Neun­zi­gern bes­ser mit Trance­ope­ra. Bleibt der kleins­te gemein­sa­me Nen­ner, sprich der mit dem (igitt…!) Her­ren­dutt. Oder doch was ESC-klas­si­sches, also Mus­tel­mat? Gute Aus­wahl, vor­bild­li­che Prä­sen­ta­ti­on. Dan­ke YLE 🙂

  • Pss­sst… Die Kol­le­gen aus dem ESC-Lieb­lings­land Est­land haben ihre Vor­ent­schei­dungs­bei­trä­ge samt Vide­os auch schon vorgestellt. 😉

  • Ich weiß. Steht schon län­ger auf mei­ner To-do-Lis­te. Lei­der ist erkäl­tungs­be­dingt mein Out­put der­zeit arg gedros­selt, muss ich also noch um Geduld bit­ten. Gera­de haben sich auch noch Deutsch­land und Spa­ni­en in der Schlan­ge vorgedrängelt…

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