Per­len der Vor­ent­schei­dun­gen: NDR, schau hierher!

Was haben wir da 2011 für eine Chan­ce ver­ge­ben, als wir Lena Mey­er-Land­rut ein­fach noch­mal schick­ten, anstatt die Sie­ges­vi­bes und das dar­aus ent­ste­hen­de Inter­es­se zu so einer Vor­ent­schei­dung zu nut­zen, wie sie die Öster­rei­cher dies­mal hin­le­gen! 16 Acts konn­te der ORF für die schon längst auf­ge­zeich­ne­te und ges­tern Abend ver­sen­de­te ers­te Fol­ge von Wer singt für Öster­reich? cas­ten. 16 Acts, wie sie in ihrer musi­ka­li­schen Band­brei­te – von volks­tüm­li­chem Cross­over über Elek­tro, Swing, Folk, Sin­ger-Song­wri­ter-Pop und Chan­son bis zu Dance­hall und etli­chem mehr – vor allem aber in ihrer Pro­fes­sio­na­li­tät Anlass zum Stau­nen gaben. Ins­be­son­de­re, wenn man ans deut­sche USFÖ-Club­kon­zert vom Don­ners­tag denkt. Da bleibt einem nur, neid­voll ins Nach­bar­land zu schau­en und dem NDR drin­gend anzu­ra­ten, für die Orga­ni­sa­ti­on des Vor­ent­scheids 2016 unbe­dingt ein paar öster­rei­chi­sche Con­sul­tants ein­zu­kau­fen! Denn ganz offen­sicht­lich hat man sich beim ORF deut­lich mehr Gedan­ken gemacht, wie man einen glanz­vol­len Nach­fol­ger zum Sie­ger­lied hin­legt, als bei uns sei­ner­zeit. Jeden­falls schaff­te es der Sen­der, sehr coo­le Acts und über­zeu­gen­de Songs zusammenzubekommen.

Lei­der geil, lei­der drau­ßen: die Miz­ge­bo­nez. Kön­nen wir die noch für USFÖ haben?

Und das, obwohl Wer singt für Öster­reich als Cas­ting­show designt war: ein Gre­mi­um aus Anna F., dem schmu­cken Rap­per Nazar und den The-Voice-Dau­er­pa­nelis­ten Boss Hoss kom­men­tier­te die Auf­trit­te (und zwar im Split-Screen-Ver­fah­ren wäh­rend der Songs) und eine Jury such­te sechs Finalist:innen für die nächs­ten Run­den her­aus. Auf der Stre­cke blieb dabei lei­der mein per­sön­li­cher Lieb­lings­act, die fan­tas­tisch lus­ti­gen Miz­ge­bo­nez. Zuviel Humor offen­sicht­lich für The Boss Hoss, die das “nicht ernst” neh­men konn­ten. Klar, wenn man sich selbst schon so fremd­schäm-wich­tig nimmt, bleibt nicht mehr viel Platz für Ande­res. Da haben wir ja mal wie­der alle Kli­schees bestä­tigt. Viel­leicht den­noch kei­ne so gute Idee der Gröp­zer, mit einem Med­ley aus zwei ihrer Songs, ‘Mur­mel­tier’ und dem par­odis­ti­schen, per gran­dio­sem Kla­mot­ten­wech­sel ange­kün­dig­ten ‘Fit­ness­trai­ning’ anzu­tre­ten. Scha­de auch um das schrä­ge Kom­man­do Ele­fant, gera­de weil des­sen ‘Design fürs Leben’ kilo­me­ter­weit vom Main­stream ent­fernt lag. Eine inter­es­san­te Klang­far­be steu­er­te die Roy­al Kom­bo bei: ‘Ram Pam Pam’, elek­tro­nisch auf­ge­wer­te­tes Reg­gae-Dance­hall, dar­ge­bo­ten von drei täto­wier­ten wei­ßen Jungs.

Ver­lie­ren ein biss­chen auf Stre­cke”: die Roy­al Kombo.

Sie schie­den eben­so aus wie das Damen­trio The Su’­Sis, deren klas­si­scher Vier­zi­ger­jah­res­wing ‘This and that’, wie sämt­li­che Panelist:innen über­ein­stim­mend befan­den, Poten­zi­al hät­te, wenn man ihn mit moder­nen Elek­tro­beats auf­pepp­te. So, wie bei­spiels­wei­se die char­man­te Zoë Straub das mach­te, eine Öster­rei­che­rin, die mit ‘Adieu’ ein fran­zö­sisch gesun­ge­nes, wun­der­bar ver­spiel­tes Chan­son prä­sen­tier­te. Aber eben mit druck­vol­len E‑Beats zeit­ge­mäß auf­ge­mischt. Wei­ter kamen auch die sehr abge­brüht auf­ge­tre­te­nen Coun­try-Rocker The Mak­e­makes, die mit ‘Mil­li­on Euro Smi­le’ bereits einen Top-Ten-Hit im Gepäck hat­ten, die mit einem Are­tha-Frank­lin-Cover und der Mut­ti als Chor­sän­ge­rin antre­ten­de Celi­na Ann Sei­lin­ger, das soulig-alter­na­ti­ve Mul­ti­kul­ti­pro­jekt Dawa mit ‘On the Run’ sowie zwei Acts mit star­kem Aus­tria­be­zug in ihren Titeln. Näm­lich zum einen das Buben­trio Folks­hil­fe, die es mit Mund­art und Luft­quetschn ver­such­ten und deren Song ‘Seit a poa Tag’ sich über die (nicht nur) öster­rei­chi­sche Nei­gung zum bestän­di­gen Jam­mern auf hohem Niveau lus­tig mach­te. Was viel bes­ser gekom­men wäre, hät­ten sie die Num­mer um 20% schnel­ler gespielt.

Liegt das an mei­nen Ohren oder singt Zö da etwas von “Ficki”?

Gin­ge es nach den Kom­men­ta­ren von Boss Hoss & Co. sowie der Online-Umfra­ge auf dem ORF-Songcon­test-Por­tal, könn­te man sich die rest­li­che Show, in wel­cher die nun Ver­blie­be­nen noch pro­fes­sio­nell gecoacht wer­den und teil­wei­se auch neue Songs bekom­men sol­len, aber ohne­hin spa­ren. Denn die letz­ten der sechs Fina­lis­ten, die mit gepu­der­ter Perü­cke, Make­up und stil­ech­ter Ver­klei­dung kos­tü­mier­ten Johann Sebas­ti­an Bass, füh­ren der­zeit mit unein­hol­ba­ren 40% die (nicht reprä­sen­ta­ti­ve) Online-Abstim­mung an. Ihr Titel ‘Heart of Stone’ kom­bi­niert kon­tem­po­rä­re Elek­tro­sounds mit klas­si­schen Musik­zi­ta­ten und spielt damit auf sehr, sehr coo­le Art mit dem opern­se­li­gen Image Wiens als selbst­er­nann­te “Welt­haupt­stadt der Musik”. Einen pas­sen­de­ren Act für die Con­chi­ta-Nach­fol­ge könn­te es gar nicht geben, und so bin ich mir auch ziem­lich sicher, dass wir die Jungs im Mai in der Stadt­hal­le erle­ben wer­den. Und ich freu mich drauf!

Wer mir ja leid­tut, ist die Per­son, die das Voco­der-Mund­stück nach sol­chen Auf­trit­ten rei­ni­gen muss: Johann Sebas­ti­an Bass.

Johann Sebas­ti­an Bass in die Wie­ner Stadt­hal­le! Oder?

  • Unbe­dingt. Selbst­iro­nisch, aber über­zeu­gend. Per­fekt! (58%, 34 Votes)
  • Nicht schlecht, gibt aber bes­se­res unter den sechs Fina­lis­ten. (22%, 13 Votes)
  • Bit­te nöad! Da kann ich nicht drü­ber lachen. (20%, 12 Votes)

Total Voters: 59

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11 Comments

  • Habe mich auch gefreut über die Band­brei­te und die Pro­fes­sio­na­li­tät der Dar­bie­tun­gen. Bin auch mit der Aus­wahl sehr zufrie­den. 5 der 6 gewähl­ten waren auch mei­ne Top 5. Die Folks­hil­fe hat­te ich wesent­lich wei­ter hin­ten, aber ich hät­te mich eh zwi­schen mei­nen drei Nächst­plat­zier­ten (The Su’sis, Wo/Men und Cla­ra Blu­me) nicht so recht zu ent­schei­den gewusst.
    Was mich natür­lich über­haupt nicht wun­dert, ist, dass drei der hier so gelob­ten Bei­trä­ge (Roy­al Kom­bo, Kom­man­do Ele­fant und vor allem Miz­ge­bo­nez) die Schluss­lich­ter mei­ner per­sön­li­chen Rang­lis­te dar­stel­len. Ich habe nichts gegen Humor, aber nicht alles, wasd irgend­wie albern ist, ist dann auto­ma­tisch gut. Zwi­schen Johann Sebas­ti­an Bass und Miz­ge­bo­nes lie­gen Wel­ten, was die Qua­li­tät betrifft.

    Hat­te ehr­lich gesagt von der Sen­dung (und über­haupt dem For­mat) zunächst wenig erwar­tet, bin aber sehr posi­tiv ange­tan und wer­de das wei­ter ver­fol­gen. Bin gespannt, wie das wei­ter­geht. Könn­te ähn­lich gut wie USFO werden.

  • Der Haus­herr muss sich mal wie­der die Ohren von schmut­zi­gen Gedan­ken rei­ni­gen. Zoe singt da ganz harm­los was von wegen “Une fil­le qui…” 😉

  • Der Song mit dem Andre­as Küm­mert bei USFÖ antritt heißt doch auch heart of stone. Das gabs glaub auch noch nie zwei Län­der mit dem glei­chen song­ti­tel beim esc oder?

  • Also mal ganz ehr­lich, war­um wird hier über eine Sen­dung aus der Kon­ser­ve so geju­belt? Ich habe irgend­wo gele­sen, das die Grup­pe Johann Sebas­ti­an Bass noch mal sin­gen muss­te, weil der ers­te Auf­tritt nicht opti­mal gewe­sen sei. Das ist ja toll, so lan­ge Auf­tre­ten, bis dem ORF der Auf­tritt passt und man ihn vor­zei­gen kann. Dumm nur, das man beim ESC nur die eine Chan­ce hat, das Publi­kum zu über­zeu­gen. Mal davon abge­se­hen, kann man doch bei einer Kon­ser­ve, dem Zuschau­er bes­ser vor­gau­keln, welch tol­le Sän­ger man hat. Jetzt dem NDR, die­se Art der VE als das ulti­ma­tiv selig­ma­chen­de, unter die Nase zu rei­ben, fin­de ich ziem­lich zwie­späl­tig. Das Club­kon­zert war nicht opti­mal, aber es war wenigs­tens live und somit unver­fälscht und ehrlich.

  • Ähm nein, das ist ein­fach falsch. Ich war bei der Auf­zeich­nung dabei und sie haben defi­ni­tiv nur 1x performt.

  • Bis zu die­sem Jahr. Jetzt haben wir schon zwei Mal “War­ri­or” (Mal­ta und Geor­gi­en). Johann Sebas­ti­an Bach krie­gen aber, wenn ich das rich­tig ver­stan­den habe, noch einen neu­en Song. Und dass der Küm­mert es nach Wien schafft, glaub’ ich eher nicht.

  • Ich bin übli­cher­wei­se auch kein Freund von Auf­zeich­nun­gen. Ich kann Dei­ne Vor­be­hal­te also gut ver­ste­hen. Aber ich fin­de auch, man kann ruhig mal mit dem For­mat expe­ri­men­tie­ren. Zumal es ja hier nur die ers­te Vor­run­de war. Das Fina­le wird live sein. Außer­dem war ein Grund, war­um die Show auf­ge­zeich­net wur­de, weil die Musi­ker die Instru­men­te live spiel­ten, wes­we­gen es lan­ge Umbau­pau­sen gab. Gesun­gen haben die auch live, das hat man ja öfters gehört. Ich hat­te nicht den Ein­druck, dass der ORF da trickst. Ich fand das mit dem Split­screen und den Kom­men­ta­ren über den Songs ein biss­chen grenz­wer­tig. Was ich aber toll fand – und kann sich der NDR wirk­lich eine Schei­be abschnei­den – war die musi­ka­li­sche Viel­falt, Qua­li­tät und auch Pro­fes­sio­na­li­tät. Der NDR ist ja die­ses Jahr auch schon bes­ser gewor­den in Sachen musi­ka­li­scher Band­brei­te, aber wir kön­nen von den Öster­rei­chern (oder auch, sie­he heu­te Abend, von den Esten) noch jede Men­ge lernen.

  • Olli, jetzt mach dich nicht lächer­lich. Nur weil der ORF im letz­ten Jahr mit Con­chi­ta Wurst ein Glücks­tref­fer gelan­det hat, bedeu­tet das jetzt nicht, das der NDR irgend­et­was vom Ösis­en­der ler­nen kann und muss.Der Sieg kann man höch­tens unter, “ein Blin­des Huhn fin­det auch mal ein Korn” ver­bu­chen. Du hast wohl die 48 Jah­re ver­ges­sen wo der ORF nix zustan­de gebracht hat. Was soll der NDR denn von Litau­en und Est­land ler­nen? 1. sind die aktu­el­len Songs doch nun wirk­lich kei­ne Knal­ler und 2. haben die­se bei­den Län­der beim ESC in den letz­ten Jah­ren bei wei­tem kei­ne Bäu­me aus­ge­ris­sen. Der NDR braucht sich gar nix von ande­ren Län­dern abzu­schau­en, er soll sein Ding machen. Die kochen auch nur mit Wasser.

  • Die Ösis nut­zen ihre Chan­ce und geben Gas, Hut ab. Unser Eisen war 2011 am hei­ßes­ten, bes­ser hät­te die Gele­gen­heit zum Durch­star­ten nicht sein kön­nen, das sehe ich genau­so. Hat sich alles der Kas­per aus Köln unter den Nagel geris­sen für sein per­sön­li­ches Denk­mal, dann aber ohne Pabst in der Tasche. Brain­pool hat er uns net­ter­wei­se dage­las­sen. Die pro­du­zie­ren sich nicht nur einen schö­nen Stie­fel zusam­men, die sor­tie­ren auch wie die Blind­schlei­chen für das Club­kon­zert vor. Dumm daste­hen und stin­ken darf aber der NDR.

  • Für Lena war es ein zwei­schnei­di­ges Schwert. Sie wur­de für die Ent­schei­dung erneut anzu­tre­ten genug kri­ti­siert. Aber es schob letzt­end­lich Ihre Kar­rie­re an.

    Klar kann der NDR auch von ande­ren For­ma­ten ler­nen, nur per­fekt und so erfolg­reich sind auch die ande­ren For­ma­te nicht (immer). Ich könn­te mir vor­stel­len, einen wei­te­ren Wild­card Teil­neh­mer oder auch die ers­ten drei zum Vor­ent­scheid zuzu­las­sen. Zudem wünsch­te ich mir eine grö­ße­re musi­ka­li­sche Bandbreite.

    Noch unbe­kann­te Talen­te soll­ten wei­ter­hin vor­ge­stellt und geför­dert wer­den, unab­hän­gig vom Alter.

  • Ach, wenn denn der NDR das jet­zi­ge For­mat so dol­le fin­det, dann soll er es eben behal­ten. Nur zeit­ge­mä­ße­re, ris­kan­te­re Songs soll­te er end­lich mal aus­su­chen. Und mei­ner Mei­nung nach kann er in die­sem Punkt tat­säch­lich grad ne Men­ge von den Ösis oder Esten lernen…

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