Slo­we­ni­en 2015: Amy Wine­house statt Oberkrainer

Eine ech­te Rich­tungs­wahl fand vor weni­gen Minu­ten in Ljublja­na statt: im Super­fi­na­le der EMA stan­den sich ein klas­si­scher Tur­bo-Pol­ka-Titel und ein druck­vol­ler Indie-Pop-Song gegen­über: bei­de in ihrer Art bril­lant und sich beim Con­test aus dem dies­jäh­ri­gen Meer der drö­gen Mit­tel­mä­ßig­keit deut­lich her­aus­he­bend. Das Publi­kum ent­schied sich für das moder­ne­re Ange­bot: ins nahe Wien fah­ren Maraa­ya, bestehend aus dem (nied­li­chen) Pro­du­zen­ten Raay, der bereits für das letzt­jäh­ri­ge ‘Spet’ mit ver­ant­wort­lich zeich­ne­te, und der Sän­ge­rin Mar­jet­ka Vovk. Sie ver­fügt über eine außer­ge­wöhn­li­che, leicht krat­zi­ge und ein wenig an die ver­stor­be­ne Amy Wine­house erin­nern­de Stim­me, die dem schmis­si­gen Neo-Soul-Song (Eigen­ein­schät­zung des Duos) ‘Here for you’ das Beson­de­re ver­leiht. So gar nicht zu die­sem sehr guten Bei­trag passt indes das alter­tüm­li­che wei­ße Spit­zen­kleid, in dem Mar­jekta bei der EMA im ste­ti­gen Wind­ma­schi­nen­sturm per­form­te und das weder mit dem moder­nen Song noch mit den fet­ten Kopf­hö­rern har­mo­nier­te, die sie anstel­le der bis­lang übli­chen In-Ohr-Moni­tor­hö­rer trug (und die auch bei der mol­da­wi­schen Band DoRe­Dos zum Ein­satz kamen). Weg muss auch die irri­tie­ren­de, Luft­vio­li­ne spie­len­de Tän­ze­rin. Ansons­ten aber: her­vor­ra­gen­de Wahl!

Cin­dy Ber­ger mit Hals­ent­zün­dung: irgend­wie gehen hier Optik und Akus­tik nicht zusammen

Wobei: falsch machen konn­te das im Super­fi­na­le abstim­men­de Publi­kum nichts mehr. Auch der Zweit­plat­zier­te, Rudi Bučar, wäre eine gute Wahl gewe­sen. Er brach­te mit sei­ner Hoch­zeits­ka­pel­le Figo­ni den Tur­bo­folks­mas­her ‘Šal­tin­ka’, eine hoch­gra­dig unter­halt­sa­me und super­ein­gän­gi­ge Pol­ka im Buko­vin­a­sound – frag­los der ris­kan­te­re Titel, was die Chan­cen fürs Fina­le in Wien beträ­fe, aber nicht min­der her­aus­ra­gend aus dem über­wie­gend lust­lo­sen Geplod­der die­ses Jahr­gangs und für garan­tier­ten Par­ty­spaß im Euro­club zu Wien sor­gend. Bei­de kamen durch die Jury in die End­run­de, die völ­lig allei­ne über die Aus­wahl der Super­fi­nal­ti­tel ent­scheid – war­um dann über­haupt noch sechs wei­te­re Kom­bat­tan­ten antra­ten, wenn der Sen­der doch ohne­hin ent­schei­det, unter wel­chen zwei Bei­trä­gen das Publi­kum am Ende nur abstim­men darf, will sich mir beim bes­ten Wil­len nicht erschließen.

Lei­der geil: slo­we­ni­scher Turbofolk

Immer­hin traf die Jury, was sel­ten genug vor­kommt, die rich­ti­ge Wahl, in dem sie bei­spiels­wei­se die Quar­tis­si­mo-Lead­sän­ge­rin (SI 2009) und sie­ben­hun­dert­fa­che EMA-Par­ti­zi­pan­tin Mar­ti­na Majer­le außen vor ließ, die in einem Bar­ba­ra-Dex-Award-wür­di­gen, gol­de­nen Kleid mit horn­haut­far­be­ner Schlep­pe (ja, ich weiß, Nata­lie Hor­ler von Cas­ca­da [DE 2013] trug das glei­che) den tod­lang­wei­li­gen Andrej-Babič-Schla­ger ‘Ali­ve’ zer­sang. Scha­de ist es ein­zig um die anbe­tungs­wür­di­ge Diva Jana Šuš­teršič – nicht nur, weil sie Nina Žižić (ME 2013) als Dia­krit-Köni­gin abge­löst hät­te, son­dern weil sie über eine wirk­lich hin­rei­ßen­de Aus­strah­lung, Mode­ge­schmack und eine sehr star­ke Stim­me ver­fügt, die selbst über die klei­nen Schwä­chen ihres Pop­songs ‘Glas Srca’ hin­weg sehen ließ. Viel­leicht kann sie Maraa­ya jetzt bei der Kos­tüm­wahl und der Büh­nen­show für Wien bera­ten? Da braucht es näm­lich wirk­lich drin­gend Sty­ling & Con­sul­ting! Ein abschlie­ßen­des Lob noch an RTVS­LO für den groß­ar­ti­gen, hal­bi­ro­ni­schen Pau­sen­act, bestehend aus einer jodeln­den Dirndl­trä­ge­rin und schuh­plat­teln­den Bal­let­tän­zern! Wenn ihr in Volks­mu­sik macht, ist das so viel cooler!

Noch ein bes­se­rer Song, und du darfst ger­ne wie­der­kom­men, Jana!

Kom­men Maraa­ya ins Finale?

  • Da kannst Du Gift drauf neh­men. Und dort defi­ni­tiv Top Ten. (70%, 50 Votes)
  • Nur, wenn sie am Out­fit und der Prä­sen­ta­ti­on arbei­ten. (27%, 19 Votes)
  • Nie­mals. (3%, 2 Votes)

Total Voters: 71

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7 Comments

  • Ja, das Super­fi­na­le war toll bestückt und die letzt­end­li­che Wahl ist sen­sa­tio­nell. Erin­nert an Saint Lu aus unse­rem Vor­ent­scheid 2013. Eigent­lich wür­de ich jetzt sagen: Toll, dass der Jahr­gang jetzt end­lich Fahrt auf­nimmt, aber Finn­land (Idee gut, musi­ka­lisch lei­der zum Davon­lau­fen) und Ungarn (eher lang­wei­li­ge Frie­dens­bal­la­de) haben mich dann wie­der auf den Boden der Tat­sa­chen geholt.^^

  • Wird das hier der Song Con­test für Blinde ?
    Ein wirk­lich schmis­si­ges Lied­chen wird duch eine völ­lig unter­ir­di­sche Optik der­art ver­hunzt, dass man ver­sucht ist, den Not­arzt wegen aku­tem Augen­krebs zu kon­sul­tie­ren: das Kleid der Dame stammt aus einem vik­to­ria­ni­schen Kos­tüm­schin­ken (zuviel Down­ton Abbey gekuckt ?), die Fri­sur von einem Coif­feur mit lebens­lan­gem Berufs­ver­bot, nur noch getoppt von der mehr als über­flüs­si­gen Kopf­hö­re­rat­rap­pe und war­um das zap­peln­de Etwas am Büh­nen­rand andau­ernd eine nicht vor­han­de­ne Fie­del spielt erschließt sich einem auch nicht…
    Und dann noch zu allem Über­fluß der Ver­gleich mit der unver­ges­se­nen Amy W. – da braucht jemand aber wirk­lich eine ganz star­ke neue Brille.

  • Rich­tig so! Ich glau­be, das wird in Wien noch ganz groß wer­den und mei­nen bis­he­ri­gen Lieb­lin­gen Eli­na & Stig Dampf machen … Ahhh, das wird echt fun­ky die­ses Jahr 😉

  • Ja, das ist schon etwas merk­wür­dig. Als ob eine slo­we­ni­sche Magd ihre Lip­pen zu einem von einer jun­gen Afro­ame­ri­ka­ne­rin ein­ge­sun­ge­nen Voll­play­back bewegt.
    Aber trotz­dem hat die­ses Lied was und Slo­we­ni­en wird viel wei­ter kom­men als 2014 (was aber auch nicht all zu schwer ist).

  • Auch ich hat­te mich ges­tern dafür ent­schie­den, das slo­we­ni­sche Fina­le zu ver­fol­gen (mit einem hal­ben Auge auf das 4. Semi des Melo­di­fes­ti­valen, das ton­los auf einem zwei­ten Bild­schirm mit­lief, und dem ich nur gele­gent­lich mal den Ton auf­dreh­te), da die­ses Fina­le im Gegen­satz zu den ande­ren nicht auf ESC-TV zum nacgh­träg­li­chen Schau­en kon­ser­viert wur­de und ich bis auf einen kur­zen Schnell­durch­lauf die Bei­trä­ge auch noch gar nicht kannte.
    Das hat sich als aus­ge­spro­che­ner Glücks­griff ent­puppt, denn die Show war sehr kurz­wei­lig und ver­zich­te­te total auf unnö­ti­ge Län­gen. Auch die Bei­trä­ge über­zeug­ten. Die Band­brei­te war recht groß, und es war kein ein­zig wirk­lich schlech­tes Stück dar­un­ter (gut, ich bin nicht gera­de ein Fan von Frau Majer­le, aber auch sie hat wenigs­tens tadel­los gesungen).
    Ent­täuscht war ich dann natür­lich, dass kei­ner mei­ner bei­den Top­fa­vo­ri­ten das Super­fi­na­le erreich­te. Bei ICE hat­te ich das sowie­so nicht, die ver­tre­ten eine Musik­rich­tung, die all­ge­mein wenig Anklang fin­det, aber Jana Sus­ter­sic hät­te ich wahr­haf­tig ganz weit vorn gesehen.
    Aber was solls. Die ver­blei­ben­den bei­den sind durch­aus ok, wobei ich (völ­lig ent­ge­gen mei­nem nor­ma­len Musik­ge­schmack) den Ober­kra­j­nern eher den Vor­zug gege­ben hät­te, weil ich glau­be, dass das zwar ris­kant ist, aber ein gewis­ses Allein­stel­lungs­merk­mal und auf jeden Fall viel Lokal­ko­lo­rit bietet.
    Der Sie­ger­ti­tel gefällt mir durch­aus, ich moch­te sogar die bizar­re Luft­gei­ge, und Out­fits sind mir eh schnurz (soll sie doch den Bar­ba­ra Dex Award gewin­nen, das tut dem Stück kei­nen Abbruch). Aller­dings kann ich mich mit der Stim­me so gar nicht anfreun­den. Ich fin­de, das klingt irgend­wie künst­lich gequetscht, jeden­falls ist der Ver­gleich mit Amy Wine­house völ­lig daneben.
    Aber gut, wir wer­den sehen, in wel­chem Gewan­de die fina­le Ver­si­on auf­tre­ten wird. Bis dahin habe ich mir viel­leicht auch die Stim­me schöngehört.

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