Unri­se like Lean­der: zwei­tes Jury­ga­te bei A Dal 2015

Erneut erwies sich ges­tern Abend beim zwei­ten Semi­fi­na­le der unga­ri­schen Euro­vi­si­ons­vor­ent­schei­dung A Dal die völ­li­ge Untaug­lich­keit des dor­ti­gen Abstim­mungs­sys­tems, bei dem zunächst vier Juro­ren plus das Publi­kum (mit jeweils 20% Gewich­tung) über die ers­ten fünf Final­plät­ze aus zehn Kom­bat­tan­ten ent­schei­den und dann die Tele­vo­ter ein Juryop­fer ret­ten dür­fen. Wie schon in der Vor­wo­che lagen bei dem – musi­ka­lisch gut bestück­ten – A Dal am Ende zwei Kan­di­da­ten punkt­gleich auf dem fünf­ten Rang. Und da Ungarn sich nicht nur in Euro­vi­si­ons­din­gen bekannt­lich zuneh­mend am Vor­bild Weiß­russ­land ori­en­tiert, ent­schei­den hier die Juro­ren nach purer Will­kür, wer wei­ter­kommt. Was bedeu­tet, dass ein sin­gen­der Frosch mit Hals­ent­zün­dung namens Gyu­la Éliás Jr. wei­ter­zie­hen durf­te und die sen­sa­tio­nel­le Hea­vy-Metal-Kom­bo Lean­der Rising mit dem druck­voll-brat­zi­gen ‘Lőjet­ek fel’ den Kür­ze­ren zog. Wie geschmacks­be­hin­dert kann man sein?

Das wäre ihr Preis gewe­sen: ich hof­fe, die Jungs lau­er­ten den Juro­ren spä­ter noch in einer dunk­len Ecke auf!

Das gilt, wenn auch nur in Maßen, eben­so für das unga­ri­sche Publi­kum, die anstel­le der Schwer­me­tal­ler lie­ber die Band New Level Empire vor der Jury-Igno­ranz ret­te­ten. Man kann es ein biss­chen ver­ste­hen: zum einen begin­gen die Empi­ris­ten nicht den sel­ben Feh­ler wie die Lean­ders, aus­ge­rech­net den ein­zi­gen Unat­trak­ti­ven ihrer vier Mit­glie­der als Lead­sän­ger nach vor­ne zu stel­len, zum ande­ren ist ihr ‘Home­lights’ kei­ne har­te und damit nur bedingt mehr­heits­fä­hi­ge Kost, son­dern radio­freund­li­cher Pop­rock­s­eich (stöhn). Und abge­se­hen von einem etwas ver­hal­te­nen Songauf­takt erwies sich die Prä­sen­ta­ti­on auch als gelun­gen. Anders übri­gens als beim Sie­ger die­ser Vor­run­de, Ádám Szá­bo. Der hat­te mit ‘Give me your Love’ zwar einen recht ein­gän­gi­gen und nur mit­telö­den Mid­tem­po­song am Start und sah auch sehr nied­lich aus mit sei­nen Segel­öhr­chen, schwitz­te aber offen­sicht­lich stark. Ob’s am Lam­pen­fie­ber lag, einem grip­pa­len Infekt, oder ob er das Plas­te-Leder-Imi­tat viel­leicht doch gegen ech­te Rocker­kla­mot­ten aus­tau­schen sollte?


Mein Tipp: wenn’s Dir so heiß ist, zieh Dich doch ein­fach aus!

Show­tech­nisch in die Vol­len ging Heni Dér, die sich eine zwei­tei­li­ge Schlep­pe ans Kleid hef­ten ließ, wel­che die kom­plet­te Büh­ne – ach was, das kom­plet­te Stu­dio! – bedeck­te. Und unter der sich natür­lich zwei Tän­zer ver­steck­ten, die zunächst in ihrer jewei­li­gen Ecke unter dem dehn­ba­ren Stoff her­aus­lug­ten, sich dann syn­chron zur Sän­ge­rin vor­ar­bei­te­ten und, unter ihrem Rock ange­langt, direkt hin­ter ihr noch einen Geis­ter­tanz voll­führ­ten. Das Gan­ze sah aller­dings ziem­lich ver­stö­rend aus und weck­te eher unan­ge­neh­me Asso­zia­tio­nen an Hös­chen­blit­zer und Stal­ker. Noch dazu erwies sich Henis Song als schlecht, so dass sie zu Recht aus­schied. Eine gewis­se Rest­hoff­nung besteht also doch noch, was den Geschmack der Ungarn angeht. Aller­dings wür­de ich mir lang­sam doch wün­schen, dass die EBU gewis­se demo­kra­ti­sche Min­dest­stan­dards für die natio­na­len Vor­ent­schei­de vor­gibt und wenigs­ten die gröbs­ten Fäl­le von Jury-Will­kür, wie hier, verhindert.

Lin­da Wagen­ma­kers (NL 2000) hat ange­ru­fen und will ihren Act zurück

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