Per­len der Vor­ent­schei­dun­gen: Frost-Schä­den in Wien

Vor zwei Wochen lob­te ich die dies­jäh­rig euro­vi­si­ons­aus­rich­ten­de Sen­de­an­stalt ORF noch für ihre fabel­haf­te Vor­ent­schei­dung Wer singt für Öster­reich?. Nun schlug mei­ne Eupho­rie in Trau­er um. Denn ein klei­nes, aber nicht unwich­ti­ges Detail hat­te ich lei­der über­se­hen: die in der Erst­run­de prä­sen­tier­ten Songs, mit denen sich die ursprüng­lich sech­zehn Acts vor­stell­ten, nah­men ab der heu­ti­gen drit­ten Show der Sen­de­rei­he alle­samt nicht mehr an der Aus­wahl teil. Denn der ORF hat­te in man­geln­dem Ver­trau­en auf die Wett­be­werbs­fä­hig­keit der hei­mi­schen Musik­sze­ne und ver­mut­lich für eine erkleck­li­che Sum­me die US-ame­ri­ka­ni­schen Großkomponist:innen Jim­my Har­ry und Julie Forst (‘Satel­li­te’) als Berater:innen ein­ge­kauft, die mit den übrig geblie­be­nen Sechs jeweils zwei neue Titel ent­wi­ckeln soll­ten. Die­se Aus­ga­be soll­te sich im Nach­gang als raus­ge­schmis­se­nes Geld dar­stel­len, denn krea­tiv betei­ligt waren sie am Ende nur an drei der heu­te Abend der Öffent­lich­keit prä­sen­tier­ten zwölf neu­en Lie­der, und die erwie­sen sich als durch die Bank schlech­ter als die Bewer­bungs­bei­trä­ge. Beson­ders hart traf es die bis­he­ri­gen Favo­ri­ten Johann Sebas­ti­an Bass, die mit dem genia­len Elek­tro-Pop-Klas­sik-Mas­hup ‘Heart of Stone’ einen ech­ten Top-Ten-Anwär­ter und poten­ti­el­len Euro­hit im Port­fo­lio hat­ten, sich statt­des­sen nun jedoch mit zwei Num­mern ohne Refrain geschla­gen sahen.

From Hero to Zero: Johann Sebas­ti­an Bass.

Genau­er gesagt, mit einer sol­chen Gur­ke, denn in der heu­ti­gen – vor­auf­ge­zeich­ne­ten – Sen­dung wähl­te die aus The Boss­Hoss, Anna F. (die selbst Jim­my-Har­ry-Songs in ihrem Reper­toire hat) und Rap­per Nazar bestehen­de Jury pro Act jeweils einen Song für das Fina­le am nächs­ten Frei­tag aus, in dem dann das Publi­kum ent­schei­det. Im Fal­le von Johann Sebas­ti­an Bass hieß der ‘Abso­lu­tio’ und war von der Idee her gut gemeint, klang aber unrund zusam­men­ge­stop­pelt. Wes­we­gen sie nicht mit dem mil­lio­nen­fach bes­se­ren ‘Heart of Stone’ im Fina­le antre­ten kön­nen, bleibt mir unbe­greif­lich, zumal der Titel mei­nes Wis­sens nicht gegen die Vor­ver­öf­fent­li­chungs­re­ge­lung ver­stößt. Unter öster­rei­chi­schen Fans kur­siert bereits die Ver­schwö­rungs­theo­rie, dass der Wie­ner Sen­der unbe­dingt Zoë Straub durch­brin­gen wol­le, und tat­säch­lich ver­fügt sie mit dem von ihr selbst und Papa Chris­toph kom­po­nier­ten, nied­li­chen fran­zö­sisch­spra­chi­gen Chan­son ‘Quel Filou’ über den ein­zi­gen guten ver­blie­be­nen Song. Der zwei­te hör­ba­re Titel der drit­ten Vor­ent­schei­dungs­vor­run­de, das mund­art­li­che ‘Ned au’ der Folks­hil­fe, flog absur­der­wei­se raus. Ich kann nur hof­fen, dass es dem ORF jetzt tat­säch­lich gelingt, den Filou zum Con­test zu mani­pu­lie­ren. S’il vous plaît!

Der ein­zi­ge Satz, den ich ver­ste­he, ist “I bin do au a schö­na Mau” (“Ich bin doch auch ein schö­ner Mann”), und den wür­de ich nicht zwin­gend unter­schrie­ben: die Folkshilfe.

8 Comments

  • Bin ganz dei­ner Mei­nung. Bis auf Zoe. Ist zwar ganz nett, das Lied­chen. Aber die­se fran­zö­si­sche Anna Ros­si­nel­li wird es in Wien sicher schwer haben auch nur einen Ach­tuns­g­er­folg zu erzie­len, denn nett = harmlos.

  • Nach der ers­ten Sen­dung waren Zoe, JSB und The Mak­e­makes mei­ne Favo­ri­ten, wobei ich aber JSB als idea­len Act sah.
    Nach zwei Sen­dun­gen haben mich die Jungs von JSB sehr ent­täuscht und kom­men als Nach­fol­ger von Con­chi­ta nicht mehr in Fra­ge für mich. Mit dem Lied von Zoe kann ich nicht viel anfan­gen und mir hät­te das ers­te Lied bes­ser gefal­len bzw war Adieu aus der Audi­tion das bes­te Lied. 

    Bei Celi­na Ann und Folks­hil­fe hät­ten mir die ers­ten prä­sen­tier­ten Bei­trä­ge bes­ser gefallen. 

    Für mich kom­men als ESC acts jetzt nur noch Dawa und The Mak­e­makes in Fra­ge. Dawa fin­den ich gut und den Song von The Mak­e­makes fantastisch!!!!

  • Die­ses Jahr scheint echt ein Fluch auf Lie­dern mit dem Titel “Heart of Stone” zu lie­gen. Ich kann mir das in dem Fall nur so erklä­ren, dass die Ösi-Sen­der­ver­ant­wort­li­chen Angste davor haben, den ESC noch mal aus­rich­ten zu müssen.

  • ich kann mich da nur begrenzt anschlie­ßen. Von den 6 gewähl­ten Songs ist selbst der schlech­tes­te noch bes­ser als das, was wir am Don­ners­tag in der ARD prä­sen­tiert bekom­men haben. Klar war “Heart of Stone” ein gei­ler Song, wäre aber auf­grund der zu vie­len Bach-Zita­te sofort dis­qua­li­fi­ziert wor­den. Auch bei Folks­hil­fe war “Seid a poa Tog” der stärks­te Beitrag.
    Was bleibt sind jedoch her­vor­ra­gen­de Bei­trä­ge von Dawa, Folks­hil­fe, Zoe und den Mak­e­makes und ein inter­es­san­tes etwas cal­led “Abso­lu­tio”. Celi­na hat wohl eher die Rol­le des Schluß­lichts. Da die Zuschau­er ent­schei­den, wer­den wohl am Ende Folks­hil­fe als Sie­ger hervorgehn

  • Dawa find ich als Band super sym­pa­thisch, denen wür­de ich den Sieg eben­falls gön­nen, aber ihr Lied ist nur so la-la. Mit der Musik von den Mak­e­makes kann ich über­haupt nichts anfan­gen. Vor allem brau­chen wir nicht noch eine Ballade!

  • Täusch ich mich oder sin­gen die Mädels von JSB im ange­deu­te­ten Refrain dau­ernd “Hurz” ?

  • Ich bin vom Kon­zept der öster­rei­chi­schen Aus­wahl wirk­lich ange­tan. Die Idee, mit den Künst­lern zusam­men Songs für die Aus­wahl zu erar­bei­ten, fin­de ich klas­se. Und offen­bar ist ja auch nie­mand gezwun­gen wor­den, Fremd­ma­te­ri­al zu ver­wen­den. Wie die Kom­men­ta­re zeig­ten, haben etli­che der Künst­ler an von ihnen selbst ein­ge­brach­tem Mate­ri­al wei­ter­ge­ar­bei­tet. Die­se Mög­lich­keit hät­te sicher­lich auch JSB offen­ge­stan­den. Sie wer­den schon wis­sen, war­um sie sich dage­gen ent­schie­den hatten.

    Was die Künst­ler betrifft, so war eigent­lich Celi­na Ann von Anfang an mei­ne Favo­ri­tin. Ich wuss­te natür­lich nicht, wie das dann mit eige­nem Mate­ri­al aus­se­hen wür­de, des­halb war ich auf die gest­ri­ge Sen­dung sehr gespannt. Die Folks­hil­fe hat­te ich nach der ers­ten Sen­dung über­haupt nicht auf dem Zet­tel, aber die Jungs haben mich in den fol­gen­den Auf­trit­ten davon über­zeugt, dass sie echt gute Musi­ker sind, vor allem auch durch sehr prä­zi­sen mehr­stim­mi­gen Gesang. So war vor der Prä­sen­ta­ti­on der 12 “ech­ten” Songs mein Gesamt­ein­druck ins­ge­samt sehr aus­ge­wo­gen, mit leich­tem Vor­sprung für JSB und noch grö­ße­rem fpr Celi­na Ann im Durch­schnitt, den bes­ten Ein­zel­leis­tun­gen dage­gen von JSB, Folks­hil­fe und eben­falls beson­ders Celi­na Ann.

    Nach der Prä­sen­ta­ti­on der ers­ten 6 Songs ges­tern hat sich das nur leicht ver­än­dert. Wie­der waren alle sehr ähn­lich stark, Celi­na Ann lag wei­ter vorn, The Mak­e­makes, die mei­nem nor­ma­len Musik­ge­schmack außer­halb des ESC eigent­lich am aller­nächs­ten ste­hen, etwas abgefallen.

    Dann kam die zwei­te Run­de, und die ver­än­der­te Eini­ges. Wie erwar­tet stand Zoe das fran­zö­si­sche Stück bes­ser, Dawa blie­ben sich trotz höhe­rem Tem­po und ande­rem Arran­ge­ment treu und konn­ten sich so leicht stei­gern. Wesent­li­che (und an die­ser Stel­le uner­war­te­te) Stei­ge­rung bei den Mak­e­makes. Das war ja fast schon Super­tramp in ihren bes­ten Zei­ten! Und dann JSB: natür­lich ist das Stück noch nicht ganz aus­ge­reift, am Ges­amng muss noch ordent­lich geübt wer­den, das gilt aber für *sämt­li­che* ihter bis­her prä­sen­tier­ten Titel! Und ich fin­de, das Ding ist ein ech­tes Brett. Das kann ganz groß raus­kom­men, mit all den par­odis­ti­schen Anklän­gen an Oper und Falco.

    Und da dum­mer­wei­se Celi­na Ann und Folks­hil­fe von den ansons­ten eigent­lich guten Bera­tern kas­triert wur­den, indem man auch bei ihnen das zwei­te Lied bevor­zug­te, lie­gen JSB bei mir nun zum ers­ten Mal wirk­lich vorn.

    Celi­na Ann kann natür­lich auch den Pop­song gut dar­bie­ten, tech­nisch kei­ne Fra­ge. Aber das ver­sinkt dann in Belang­lo­sig­keit, die Bal­la­de wäre die bes­se­re Wahl gewe­sen. Und die Folks­hil­fe wur­de total ver­stüm­melt. Es ist nicht nur wegen des Eng­lisch, über­haupt kommt ihre gan­ze typi­sche Art bei die­sem Stück nicht mehr zur Gel­tung. Echt scha­de. Ich habe den Ein­druck, da hat sich die­ser blö­de Rap­per im Urteil durch­set­zen kön­nen, den ich sowie­so als Coach für abso­lut unge­eig­net halte.

    So hof­fe ich nun, dass JSB rich­tig gut an sich arbei­ten und Abso­lu­tio zur Per­fek­ti­on brin­gen. Ansons­ten bin ich für die Makemakes.

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