Die gan­ze Welt spricht deutsch

Lan­ge Zeit schien sie voll­stän­dig aus­ge­stor­ben zu sein: die bis hin­ein in die Acht­zi­ger­jah­re beim Song Con­test sehr leben­di­ge Tra­di­ti­on, die Songs in zahl­rei­chen unter­schied­li­chen Sprach­fas­sun­gen auf­zu­neh­men. Unver­gess­lich bei­spiels­wei­se unse­re Nico­le, die ‘Ein biss­chen Frie­den’ nicht nur in fast jeder Spra­che die­ses Pla­ne­ten ein­spiel­te, son­dern bei ihrer Sie­ger­re­pri­se 1982 ein Med­ley der schöns­ten Fas­sun­gen in ihre Prä­sen­ta­ti­on pack­te. Nun lässt die Ser­bin Boja­na Sta­menov die guten alten Zei­ten wie­der auf­le­ben: zwar singt auch sie ihren Bei­trag ‘Beau­ty never lies’ in Wien – wie fast alle Teilnehmer/innen die­ses Jahr­gangs – auf eng­lisch. Auf­ge­nom­men hat sie den Song (neben der ser­bi­schen Ori­gi­nal­ver­si­on) aber auch in fran­zö­sisch und spa­nisch – und nun sogar auf deutsch. ‘Die gan­ze Welt ist mein’ heißt die ger­ma­ni­sche Fas­sung, und ent­zückt neben dem nied­li­chen Text (mit dem schö­nen Vicky-Lean­dros-Zitat “Ich bin vogel­frei”) und der noch nied­li­che­ren Aus­spra­che vor allem mit einem völ­lig neu­en, ent­waff­nend pit­to­res­ken, volks­tüm­lich alpen­länd­li­chen Arran­ge­ment mit Stadl­trom­pe­ten. Schräg und natür­lich groß­ar­tig! Sogar zum Jodeln hat sich Boja­na hin­rei­ßen las­sen, und sie macht das rich­tig gut.

Joy Fle­ming, sieh und ler­ne: so geht ein Grand-Prix-Kleid!

Die süße Ser­bin rock­te nach Anga­ben der Prinz-Blog­ger auch das Euro­vi­si­on in Con­cert-ESC-War­mup am ver­gan­ge­nen Sams­tag in Ams­ter­dam, an dem 24 der 40 aktu­el­len Grand-Prix-Acts teil­nah­men, und ver­wan­del­te den ange­sichts der dies­jäh­ri­gen Bal­la­den­flut par­ti­ell schon etwas schläf­ri­gen Saal in einen Hexen­kes­sel. Ein gutes Omen für Wien? Auch die deut­sche Ver­tre­te­rin Ann-Sophie Dür­mey­er prä­sen­tier­te sich in der hol­län­di­schen Haupt­stadt – und zeig­te sich im Back­stage-Inter­view begeis­tert, dass die Fans den Text von ‘Black Smo­ke’ mit­san­gen. Auch bei der Lon­don Euro­vi­si­on Par­ty an die­sem Sonn­tag ist sie dabei – ob das nun “ver­ge­be­ne Lie­bes­müh” sei, wie die Prin­zen ana­ly­sier­ten, möch­te ich anzwei­feln: wie sich bei einem wei­te­ren Auf­tritt auf der EiC-After­show­par­ty in Ams­ter­dam zeig­te, wo die deut­sche Reprä­sen­tan­tin trotz eines nicht funk­tio­nie­ren­den Mikros sou­ve­rän reagier­te, wirk­te sie dort (viel­leicht auch wegen der deut­lich augen­freund­li­che­ren Büh­nen­kla­mot­te) wesent­lich unver­krampf­ter und sym­pa­thi­scher als beim legen­dä­ren deut­schen Vor­ent­scheid. Der Fan-Zuspruch scheint sie auf­blü­hen zu las­sen – und das kann für die Per­for­mance in Wien nur von Vor­teil sein!

Selbst­be­wusst und locker: nix mehr mit Fräu­lein Rottenmayer

Natür­lich macht eine noch so relax­te, selbst­si­che­re Per­for­mance aus ‘Black Smo­ke’ noch kei­nen Sie­ger­ti­tel, aber es hin­ter­lässt einen guten Ein­druck auf inter­na­tio­na­lem Par­kett. Genau so wie eben auch die Tat­sa­che, dass sich die Deut­schen nicht mehr – wie noch zu Ste­fan-Raab-Zei­ten – für etwas Bes­se­res hal­ten und bei den bei­den längst eta­blier­ten Auf­wärm­ver­an­stal­tun­gen zum Song Con­test mit arro­gan­ter Abwe­sen­heit glän­zen. Aus Fan-Sicht freut mich das, auch wenn es sich aus kal­tem buch­hal­te­ri­schen Blick womög­lich nicht auf das End­ergeb­nis aus­wir­ken soll­te. Aber man muss den ESC ja auch nicht immer nur vom ers­ten Platz aus den­ken. Tut man das jedoch, dann gibt es womög­lich schlech­te Nach­rich­ten für Måns Zel­mer­löw: wie des­sen EiC-Auf­tritt am Sams­tag beleg­te, funk­tio­niert ‘Heroes’ ohne die auf­grund eines Copy­right-Strei­tes der­zeit blo­ckier­ten Zei­chen­trick-Kegel­männ­chen aus dem Melo­di­fes­ti­valen nur halb so gut. Da kann er noch so strah­lend lächeln und hop­pel­häs­chen­hübsch tan­zen zu sei­nem – selbst­re­dend super­ein­gän­gi­gen – Dis­co­schla­ger, dem in Wien gleich fünf im Büh­nen­hin­ter­grund ver­steck­te Chor­sän­ger zur nöti­gen Stimm­fül­le ver­hel­fen sol­len: “the grea­test Anthem ever heard” ist die Num­mer nicht ganz. Top-Ten-Mate­ri­al, ohne Fra­ge. Aber zum Sieg fehlt ohne den Kegel­männ­chen-Glanz dann doch irgend­wie das Beson­de­re. Oder?

David Civei­ra (ES 2001) hat ange­ru­fen und will sei­ne Hose zurück!

 

4 Comments

  • Apro­pos “Die gan­ze Welt spricht Deutsch”: Deutsch­land rich­tet 2016 aus, falls Aus­tra­li­en gewinnt? Mein Schwe­disch ist nicht mehr ganz so gut, aber soweit glaub ich Chris­ter Björ­kamn heu­te Abend auf STV ver­stan­den zu haben.…oder weiß wer mehr?

  • Nein, mein Herr! Krei­de­männ­chen hin oder her, Monz spielt nach wie vor um den Sieg mit, das konn­te man beim EiC deut­lich sehen. Der ist ein abso­lut begna­de­ter Per­for­mer, und der Song ist cat­chy. Außer­dem gehe ich nicht davon aus, dass die Schwe­den sich damit zufrie­den geben, ein­fach die Krei­de­männ­chen weg­zu­las­sen. Da kommt noch was, da bin ich hun­dert­pro sicher!

    Ein­zi­ger ernst­zu­neh­men­der Geg­ner (der aller­dings rich­tig): Guy. Einer von den bei­den wirds, da leg ich mich heu­te schon fest.

  • Die­se Ver­si­on ist wohl eher was für die Zuschau­er von Flo­ri­an Sil­ber­ei­sen oder vom MDR.
    😉

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