Das Jury-Gate: Il Volo sind die wah­ren Sie­ger 2015!

Seit der Wie­der­ein­füh­rung der Jurys, im beson­de­ren Maße aber seit ihrer stär­ke­ren Gewich­tung gegen­über dem Tele­vo­ting seit 2013, stand es zu befürch­ten, und nun trat es ein: erst­ma­lig seit 1997 gewan­nen beim Euro­vi­si­on Song Con­test 2015 nicht die Lieb­lin­ge des Publi­kums – näm­lich die ita­lie­ni­schen jun­gen Tenö­re Il Volo mit ihrem Pope­ra-Schla­ger ‘Gran­de Amo­re’ – son­dern der Jury­fa­vo­rit, in die­sem Fal­le der Schwe­de Måns Zel­mer­löw mit ‘Heroes’. Was erstaunt, weil ich gera­de nach dem über­ra­schen­den Ergeb­nis von 2011, als das nach ewi­ger ESC-Pau­se von der EBU mit Engels­zun­gen zur Rück­kehr über­re­de­te Ita­li­en, mit einem furcht­ba­ren Bar-Jazz-Geklim­per beim Publi­kum auf Rang 11 lan­dend, von den Jurys auf den Sil­ber­me­dail­len­platz hoch­ge­jazzt wur­de, fest davon aus­ging, dass es aus­drück­li­che Pflicht­auf­ga­be die­ser Insti­tu­ti­on sei, neben dem Bestra­fen von aus­wan­de­rungs­star­ken Län­dern wie z.B. Polen oder Arme­ni­en (als Aus­gleich zum Dia­spo­ra­vo­ting) auch die nach wie vor wacke­li­gen römi­schen Rag­gaz­zi bei der Stan­ge zu hal­ten. So kann man sich täuschen!

Schleim­ten Euro­pas Schwup­pen und Weibs­volk erfolg­reich voll: ESC-Publi­kums­sie­ger Il Volo (IT).

Bei den Zuschau­ern ein­deu­ti­ge Sie­ger, lan­de­ten die drei Tumo­re im Jury-Ran­king ledig­lich auf Platz 6. Beson­ders krass die Abwei­chung in Deutsch­land: wäh­rend Il Volo auch bei uns das Tele­vo­ting klar gewan­nen, setz­ten die fünf deut­schen Juro­ren Swen Mey­er, Les­lie Clio, Fer­ris MC, Mark Fors­ter und Johan­nes Stra­te die Knö­de­lis­ten auf Rang 18, so dass es ins­ge­samt nur für drei Pünkt­chen reich­te. Die deut­schen Dou­ze Points gin­gen statt­des­sen an die bei den Zuschau­ern zweit­plat­zier­te Rus­sin Poli­na Gaga­ri­na (Vier­te bei der Jury) und ihren uner­träg­lich ver­lo­ge­nen Welt­frie­dens­kitsch ‘A Mil­li­on Voices’. Und ich kann es nicht oft genug wie­der­ho­len: ein Abstim­mungs­sys­tem, bei der sich am Ende die zwei­te Wahl durch­setzt, ist für den Müll­ei­mer! Bei unse­ren fünf “Exper­ten”, deren Mei­nung vieltausendfach[ref]Geschätzt eine Mil­li­on Anru­fe gehen in Deutsch­land nach mei­ner Kennt­nis beim Euro­vi­si­ons-Tele­vo­ting ein. Die zäh­len zusam­men genau so viel wie die Pri­vat­mei­nun­gen der fünf Juro­ren – jeder der furcht­ba­ren Fünf hat also gewis­ser­ma­ßen 200.000 Frei­stim­men. Mit wel­chem Recht?[/ref] mehr zählt als die der Anru­fer, lag die Schwe­den­bom­be übri­gens “nur” auf Rang 2: über­ra­schend ein­stim­mig wähl­ten sie die fan­tas­ti­sche Let­tin Ami­na­ta zu ihrer Favo­ri­tin, womit sie zumin­dest guten Geschmack bewiesen.

Inji­zier­ten ihre Lie­be in die Let­tin: die deut­schen Juro­ren (LV).

Wobei Ami­na­ta von Glück reden kann, dass die­se gemein­sa­me Jury-Spit­zen­wer­tung von einem Big-Five-Teil­neh­mer stamm­te: in klei­ne­ren Län­dern hät­te eine der­ar­tig auf­fäl­li­ge Über­ein­stim­mung mög­li­cher­wei­se bereits für eine Sus­pen­die­rung des Ergeb­nis­ses aus­ge­reicht. Kei­ne Kon­se­quen­zen müs­sen unter­des­sen die bei­den spin­ne­fein­den Län­der Arme­ni­en und Aser­bai­dschan fürch­ten, deren Jurys uni­so­no den geg­ne­ri­schen Bei­trag jeweils auf Rang 26 setz­ten (aber nein, der Con­test ist unpo­li­tisch und die Jurys wer­ten, anders als das unmün­di­ge Publi­kum, frei von natio­na­len Vor­lie­ben und Abnei­gun­gen, rein unter musi­ka­li­schen Gesichts­punk­ten…). Pro­test-E-Mails an die fünf deut­schen Juro­ren darf übri­gens auch jeder schrei­ben, der sich von der infek­tiö­sen Fröh­lich­keit der ein­deu­ti­gen Hal­len­fa­vo­ri­tin Boja­na Sta­menov anste­cken ließ und für ihre groß­ar­ti­ge Que­er-Pri­de-Hym­ne ‘Beau­ty never lies’ anrief, mit wel­cher die dicke Ser­bin inhalt­lich Con­chi­tas Respekt-Bot­schaft wei­ter­führ­te: neun­te im Zuschau­er­vo­ting, also eigent­lich zwei Punk­te. Doch Anders­ar­tig­keit stra­fen deut­sche Musi­ker ger­ne ab: Rang 15 im Jury­vo­ting und damit Zero Points from Ger­ma­ny. Buh!

Nein, dif­fe­rent ist nicht okay, fin­det bei­spiels­wei­se Fer­ris MC. Darf er ja – aber war­um zählt sei­ne Mei­nung zwei­hun­dert­tau­send Mal so viel wie mei­ne? (RS)

ESC Fina­le 2015

Euro­vi­si­on Song Con­test 2015 – Fina­le. Sams­tag, 23. Mai 2015, aus der Stadt­hal­le in Wien, Öster­reich. 27 Teil­neh­mer, Mode­ra­ti­on: Mir­jam Weich­sel­braun, Ali­ce Tum­ler und Ara­bel­la Kiesbauer.
#LKInter­pretTitelPkt
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01SIMaraa­yaHere for you0391402719
02FRLisa AngellN’ou­bliez pas0042500326
03ILNadav GuedjGol­den Boy0970910207
04EEEli­na Born + Stig RästaGood­bye to Yesterday1060714405
05UKElec­t­ro VelvetStill in Love with you0052400425
06AMGenea­lo­gyFace the Shadow0341607711
07LTMoni­ka Lin­ky­tė + Vai­das BaumilaThis Time0301804416
08RSBoja­na StamenovBeau­ty never lies0531008610
09NOMør­land + Deb­rah ScarlettA Mons­ter like me1020803717
10SEMåns Zel­mer­löwHeroes3650127203
11CYJohn Karay­i­an­nisOne Thing I should have done0112200823
12AUGuy Sebas­ti­anTonight again1960512406
13BELoïc Not­tetRhythm insi­de2170419004
14ATMak­e­makesI am yours0002700027
15GRMaria Ele­na KyriakouOne last Breath0231902421
16MEKnezAdio0441303418
17DEAnn Sophie DürmeyerBlack Smo­ke0002600524
18PLMoni­ka KuszyńskaIn the Name of Love0102304715
19LVAmi­na­taLove injec­ted1860608809
20ROVol­tajDe la capat0351506912
21ESEdur­neAma­n­ecer0152102620
22HUBog­gieWars for nothing0192001722
23GENina Sublat­tiWar­ri­or0511105113
24AZElnur Husey­n­ovHour of the Wolf0491204814
25RUPoli­na GagarinaA Mil­li­on Voices3030228602
26ALElhai­da DaniI’m ali­ve0341709308
27ITIl VoloGran­de Amore2920335601

Die größ­te Abwei­chung im Fina­le zwi­schen “Exper­ten­gre­mi­um” und gemei­nem Plebs gab es übri­gens bei Elhai­da Dani aus Alba­ni­en, die mit ihrem völ­lig unschein­ba­ren Nichts von Song bei den Zuschau­ern auf Rang 8 lan­de­te, bei der Jury hin­ge­gen auf dem vor­letz­ten Platz. Und auch, wenn ich in die­sem Fall eher bei den Jurys bin, spricht dies genau so wenig für den Son­der­sta­tus die­ses erle­se­nen Häuf­leins von Men­schen wie die Tat­sa­che, dass sie mit ‘A Mons­ter like me’ von Mør­land und Deb­rah Scar­lett mei­nen per­sön­li­chen Lieb­lings­ti­tel die­ses Jahr­gangs um zehn Rän­ge bes­ser bewer­te­ten als das Publi­kum. Denn im Gegen­zug kill­ten sie in den Semis wie­der­um eini­ge mei­ner Lieb­lin­ge, deren Final­ein­zug sie mit skan­da­lö­sen Straf­wer­tun­gen ver­hin­der­ten. So in der zwei­ten Qua­li­fi­ka­ti­ons­run­de vom Don­ners­tag, wo sie inter­es­san­ter­wei­se den kata­stro­phal schlecht sin­gen­den Wolfs­men­schen Elnur Hüsey­n­ov durch­wink­ten und statt­des­sen die Hoff­nun­gen der nach lan­gem guten Zure­den durch die EBU wie­der zurück­keh­ren­den Tsche­chen begru­ben. Da habt ihr Eure Auf­ga­be falsch ver­stan­den: ihr soll­tet das osma­ni­sche Dia­spo­ra­vo­ting für Aser­bai­dschan aus­glei­chen und abtrün­ni­ge, weil weni­ger erfolg­rei­che Län­der bei der Stan­ge hal­ten, nicht umge­kehrt! Noch nicht mal das kriegt ihr hin, ihr Honks!

Mei­ne Hoff­nung stirbt nie, dass die Jurys bald Geschich­te sein mögen! (CZ)

ESC 2. Semi­fi­na­le 2015

Euro­vi­si­on Song Con­test 2015 – Zwei­tes Semi­fi­na­le. Don­ners­tag, 21. Mai 2015, aus der Stadt­hal­le in Wien, Öster­reich. 17 Teil­neh­mer, Mode­ra­ti­on: Mir­jam Weich­sel­braun, Ali­ce Tum­ler und Ara­bel­la Kiesbauer.
#LKInter­pretTitelPkt
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1LTMoni­ka Lin­ky­tė + Vai­das BaumilaThis Time0670709806
2IEMol­ly SterlingPlay­ing with Numbers0351201416
3SMAni­ta Simon­ci­ni + Miche­le PerniolaChain of Lights0111601615
4MENenad ‘Knez’ KneževićAdio0570905809
5MTAmber Bon­dinWar­ri­or0431103212
6NOMør­land + Deb­rah ScarlettA Mons­ter like me1230410405
7PTLeo­nor AndradeHá um Mar que nos sepera0191402413
8CZMar­ta Jan­do­vá + Václav ‘Noid’ BártaHope never dies0331305110
9ILNadav GuedjGol­den Boy1510315702
10LVAmi­na­ta SavadogoLove injec­ted1550211603
11AZElnur Husey­n­ovHour of the Wolf0531003711
12ISMaría Ólaf­sdót­tirUnbro­ken0141502114
13SEMåns Zel­mer­löwHeroes2170119501
14CHMéla­nie RéneTime to shine0041700617
15CYGian­nis KaragiannisOne Thing I should have done0870608008
16SIMaraa­yaHere for you0920509507
17PLMoni­ka KuszyńskaIn the Name of Love0570811404

Noch grö­ße­res Unheil rich­te­ten die Juro­ren jedoch im ers­ten Semi­fi­na­le an. Dort gaben sie Pert­ti Kuri­kan Nimi­päiv­ät rech­ne­risch gera­de mal einen (!) gan­zen (!) Punkt und sorg­ten so dafür, dass die sau­coo­len, authen­ti­schen fin­ni­schen Punks auf dem letz­ten Platz lan­de­ten. Bei rei­nem Tele­vo­ting hin­ge­gen hät­te es für den kür­zes­ten Song der Euro­vi­si­ons­ge­schich­te, das auf sym­pa­thisch lako­ni­sche Wei­se von den Ein­schrän­kun­gen und der Tris­tesse, die das Leben mit einer Lern­be­hin­de­rung für die Vier mit sich bringt, berich­ten­de ‘Aina mun pitää’ (‘Ich muss immer…’), für Rang 10 gereicht – und damit für den Final­ein­zug (anstel­le der unga­ri­schen Frie­dens­hym­ne ‘Wars for Not­hing’)! Und ja, musi­ka­lisch ist der Song auch nicht meins, aber hier hät­te der Wett­be­werb eine his­to­ri­sche Chan­ce gehabt, nach Con­chi­tas Gen­der-Bot­schaft ein unglaub­lich star­kes Zei­chen für die Inklu­si­on von behin­der­ten Men­schen zu set­zen! Dass die Jurys dies ver­hin­der­ten, macht mich unsag­bar trau­rig und wütend. Ich kann es nur wie­der­ho­len: die­se rück­stän­di­ge, kon­ser­va­ti­ve, unde­mo­kra­ti­sche und für das Anse­hen und den Fort­be­stand des Con­tests in hohem Maße schäd­li­che Insti­tu­ti­on gehört abge­schafft! Jetzt sofort und für immer!

Ist mir immer noch lie­ber als drei Minu­ten ver­lo­ge­nes rus­si­sches Frie­dens­ge­sül­ze: auf­rech­ter fin­ni­scher Inklu­si­ons­punk (FI).

ESC 1. Semi­fi­na­le 2015

Euro­vi­si­on Song Con­test 2015 – Ers­tes Semi­fi­na­le. Diens­tag, 19. Mai 2015, aus der Stadt­hal­le in Wien, Öster­reich. 16 Teil­neh­mer, Mode­ra­ti­on: Mir­jam Weich­sel­braun, Ali­ce Tum­ler und Ara­bel­la Kiesbauer.
#LKInter­pretTitelPkt
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1MDEdu­ard RomanyutaI want your Love0411104812
2AMGenea­lo­gyFace the Shadow0770709006
3BELoïc Not­tetRhythm insi­de1490212403
4NLTri­jnt­je OosterhuisWalk along0331402314
5FIPert­ti Kuri­kan NimipäivätAina mun pitää0131605510
6GRMaría-Ele­na KyriákouOne last Breath0810606109
7EEEli­na Born + Stig RästaGood­bye to Yesterday1050313602
8MKDani­el KajmakoskiAutumn Lea­ves0281502216
9RSBoja­na StamenovBeau­ty never lies0630908607
10HUBoglár­ka ‘Bog­gie’ CsemerWars for Nothing0670805011
11BYUza­ri + MaimunaTime0391203213
12RUPoli­na GagarinaA Mil­li­on Voices1820115101
13DKAnti Social MediaThe Way you are0331302315
14ALElhai­da DaniI’m ali­ve0621006608
15ROVol­tajDe la capat (All over again)0890509605
16GENina Sublat­tiWar­ri­or0980409704

Um abschlie­ßend noch ein­mal ins Fina­le zurück­zu­keh­ren: Ann Sophie Dür­mey­er, die wür­di­ge deut­sche Ver­tre­te­rin, kann sich vir­tu­el­le fünf Punk­te aus dem Tele­vo­ting zurech­nen und hät­te damit den 24. Platz gemacht. Dies ist wohl auch der Grund, war­um die EBU sie in der offi­zi­el­len Tabel­le trotz mit den Gast­ge­bern iden­ti­schem Nil-Point-Ergeb­nis auf Rang 26 von 27 führt: die Mak­e­makes näm­lich, so bit­ter es auch für den ORF ist, hät­ten auch bei rei­nem Tele­vo­ting eine lupen­rei­ne Null kas­siert. Und bei glei­cher Punkt­zahl zählt das Ergeb­nis aus dem Tele­vo­ting für das Ran­king. Was nichts dar­an ändert, dass ich im Sin­ne der deutsch-öster­rei­chi­schen Freund­schaft bei­de Bru­der­staa­ten als abso­lut gleich berech­tig­te Zero-Point-Schick­sal­ge­mein­schaft emp­fin­de und den­ke, dass wir die­ses Ergeb­nis als Aus­zeich­nung anneh­men und tra­gen soll­ten – schaf­fen wir es doch so gemein­schaft­lich erneut in die Hall of Fame. Und in die flugs aktua­li­sier­te Tex-Rubi­no­witz-Aus­stel­lung im Wie­ner Leopold-Museum!

Ver­nich­tet die Her­ren des Has­ses: die Juroren!

Erst­mals ver­hin­dern die Jurys den Publi­kums­sie­ger. Und nun?

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36 Comments

  • Du erin­nerst mich an die Leu­te, die immer noch die D‑Mark zurück­wol­len. Ich bin über­zeug­ter Jury-Fan und fin­de die Ent­schei­dun­gen des Publi­kums skan­da­lös, beschwe­re mich aber auch nicht darüber.

  • @aufrechtgehn: ich glau­be, Du hast da einen Tat­be­stand nicht ganz kor­rekt wie­der­ge­ge­ben. Zwar hat mal als EIN­ZEL­NER Tele­fon­wäh­ler nicht die Mög­lich­keit, Bei­trä­ge sozu­sa­gen abzu­wäh­len, aber in der Wer­tung wer­den beim Tele­vo­ting genau wie bei der Jury­wer­tung natür­lich alle 26 Plat­zie­run­gen berück­sich­tigt. Erst nach der Zusam­men­fas­sung der Ergeb­nis­se wird die Restrik­ti­on auf die ers­ten 10 aktiv.

    Im übri­gen wäre ich tat­säch­lich für ein Wahl­ver­fah­ren, das hier noch mehr Gerech­tig­keit schaf­fen wür­de: wie von Dir mehr­fach gefor­dert, bin auch ich für “one man one vote”. Aller­dings wäre in mei­nen Augen “one vote” eine kom­plet­te Sor­tie­rung aller Songs, so wie die Juries das auch tun. Mit­hil­fe einer App, in der man ein­fach die Titel sor­tiert und die dann die ent­spre­chen­den SMS erzeugt, lie­ße sich das ein­fach machen.
    Und ein (in mei­nen Augen) posi­ti­ver Neben­ef­fekt wäre, dass nur Leu­te, die sich ernst­haft mit der Ange­le­gen­heit aus­ein­an­der­set­zen, dann über­haupt noch wäh­len wür­den (etwas ähn­li­ches wür­de ich mir sogar bei “ech­ten” poli­ti­schen Wah­len wün­schen). Dass das lei­der den Inter­es­sen der Fern­seh­ma­cher und Tele­fon­kas­sie­rer ent­ge­gen­steht, die mög­lichst vie­le Zah­ler mobi­li­sie­ren wol­len, ist mir natür­lich auch klar. Aber ich wäre sogar bereit, als Kom­pen­sa­ti­on einen höhe­re Prei­se für die Spe­zi­al-SMS zu akzeptieren.

  • Wegen Ihnen und Frau Mer­kel wird die euro­päi­sche Wer­te­ge­mein­schaft ein­mal schei­tern. Schä­men Sie sich was, Herr Berg! Ab in die Tal­soh­le mit Ihnen!

  • Fin­de ich in der Tat eine schö­ne Idee! Für die Mas­se der Zuschau­er ist das natür­lich zu kom­pli­ziert, und – auch wenn ich grund­sätz­lich Dei­ne Ansicht tei­le, dass es die Qua­li­tät der Ergeb­nis­se erhö­hen wür­de, wenn nur die abstim­men, die sich wirk­lich inter­es­sie­ren, sowohl in der Poli­tik wie beim Song Con­test – wenn der Wett­be­werb mas­sen­at­trak­tiv blei­ben soll, muss es auch für die ein Mög­lich­keit geben, abzustimmen.
    Aber war­um nicht bei­des? Anruf / ein­fa­che SMS für den “nor­ma­len” Zuschau­er, am bes­ten mit einer strik­te­ren Anruf­be­gren­zung, plus die von Dir skiz­zier­te Pre­mi­um-Voting-App als (kos­ten­pflich­ti­ges) Zusatz­an­ge­bot für die Hard­core-Fans. Ich wäre dabei!

  • Mit wel­chem Recht? Mit keinem!
    Ist es irgend­wie mög­lich, das “Con­gra­tu­la­ti­os, Swe­den!” oben rechts auf der ESC-Web­sei­te durch “Con­gra­tu­la­ti­ons, Ita­ly!” zu ersetzen?
    Nicht, dass ich “Gran­de amo­re” irgend­wie geliebt hät­te, ganz im Gegen­teil, aber dass aus­ge­rech­net der Publi­kums­fa­vo­rit so der­ma­ßen run­ter­ge­prü­gelt wird, hat einen sehr faden Beigeschmack.

    Dafür hat­te Juror D (Fer­ris MC) mit Frank­reich, Geor­gi­en, Öster­reich und Spa­ni­en Bei­trä­ge in den Top 10, die beim Publi­kum durch­ge­fal­len sind.
    Slo­we­ni­en war im Tele­vo­ting auf Platz 23, bei Les­lie Clio aber auf Platz 8.

    Im zwei­ten Halb­fi­na­le bekam Mal­ta die wenigs­ten Anru­fer­stim­men, war aber bei Les­lie Clio, Fer­ris MC und Swen Mey­er in den Top 10. Publi­kums­fa­vo­rit Polen wur­de bei den Juro­ren nur Fünf­zehn­ter von siebzehn.

    So wenig ich die Bei­trä­ge Polens und Ita­li­ens gemocht habe, umso sehr ver­ab­scheue ich die Jury­ent­schei­dung. Sehr auf­fäl­lig, wie weit die Num­mer eins des Publi­kums sowohl im Halb­fi­na­le als auch im Fina­le run­ter­ge­vo­tet wur­de. Als ob sie gewusst hät­ten, wer die meis­ten Stim­men bekommt.

  • Und die Ita­lie­ner selbst haben mit ihrer Jury auch ihr eige­nes Tele­vo­ting-Ergeb­nis ad absur­dum geführt, die bei­den mit Abstand füh­ren­den der Anru­fer wur­den durch unters­te Plät­ze bei der Jury kom­plett aus den Punk­te­rän­gen gefegt … das ist unglaub­lich und damit auch klar, dass der Tele­vo­ter zwar nicht gegen einen Bei­trag anru­fen kann, der Juror (und zwar jeder ein­zel­ne der 5) durch­aus die Mög­lich­keit dazu hat…

    http://eurofestivalit.altervista.org/wp-content/uploads/2015/05/Eurovision-2015-Voto-Italiano-Finale.jpg

  • Stimmt. Wenn schon die Juries nicht abge­schafft wer­den, soll­te zumin­dest die­ses bescheu­er­te Ran­king-Sys­tem fallen!

  • Nimmst Du dann bit­te trotz­dem oben den irre­füh­ren­den Pas­sus “wäh­rend beim Publi­kum nur die ers­ten zehn Plät­ze zäh­len” raus?
    Ich habe mir die ver­öf­fent­lich­ten Ergeb­nis­se sehr genau ange­se­hen (kann bei Gele­gen­heit und Wunsch gern auch die anno­tier­ten Excel Files mal ver­öf­fent­li­chen), und es wur­den ganz offen­sicht­lich jeweils bis Posu­ti­on 26 her­un­ter BEI­DE Ran­kings kom­bi­niert, und im Zwei­fel als Tie Break immer zuguns­ten des bes­se­ren Tele­vo­ting-Ergeb­nis­ses entschieden.

    (nicht klar ist mir hin­ge­gen, wie Ties inner­halb der Juries auf­ge­löst wur­den. Mei­ne ers­te Ver­mu­tung, dass wie bei der End­wer­tung suk­zes­si­ve die Anzahl der Höchst­wer­tun­gen von oben nach unten ver­gli­chen wur­den, stimmt offen­sicht­lich nicht, da es hier­von Abwei­chun­gen gibt. Viel­leicht bes­se­rer Medi­an? Hat da jemand Infor­ma­tio­nen drüber?)

  • klar – und das tele­vo­ting der ita­lie­ner für alba­ni­en und rumä­ni­en ist ja auch aus­schließ­lich deren musi­ka­li­scher qua­li­tät geschul­det… *tot­lach*

    gott (oder wem auch immer) seis gelobt, dass es die juries gibt, sonst wäre das gan­ze nur noch eine ein­zi­ge lachnummer

  • So sehr ich auch pro Juries bin, das Tele­vo­ting der Ita­lie­ner für Alba­ni­en und Rumä­ni­en geht schon in Ord­nung. Das hat sehr wohl etwas mit gemein­sa­mem Musik­ge­schmack zu tun, geför­dert etwa durch ähn­li­che San­ges­tra­di­ti­on (Das alba­ni­sche Fes­ti­vali i Ken­ges und das San Remo Fes­ti­val spie­geln das) teil­wei­se ähn­li­che Spra­chen (zumin­dest ita­lie­nisch und rumä­nisch; in Rumä­ni­en ist es häu­fig, dass ita­lie­nisch als ers­te Fremd­spra­che gewählt wird) und Kul­tur­aus­tausch (Elhai­da Dani ist kein Ein­zel­fall mit ihrer Prä­senz in ita­lie­ni­schen Gesangs­wett­be­wer­ben). Das muss natür­lich nichts mit Qua­li­tät zu tun haben, ist aber eine Fra­ge des ähn­li­chen Geschmacks. Und den will ich defi­ni­tiv nicht ver­bie­ten (im Gegen­satz zu rein poli­tisch-ideo­lo­gisch gesteu­er­tem Wahlverhalten).

  • Aber es geht doch hier gar nicht dar­um, ob die Bei­trä­ge so qua­li­ta­tiv hoch­wer­tig sind (bei Alba­ni­en hät­te ich eine schlech­te Jury-Wer­tung sogar heu­er ver­stan­den 🙂 ) , aber es ist doch so, dass ledig­lich 5 Per­so­nen hier über 50% des Tele­vo­ting-Ergeb­nis­ses qua­si durch Her­un­ter­wer­ten der Bei­trä­ge ungül­tig machen. Da haben sich “wer auch immer” die Fin­ger wund gewählt und vie­le vie­le Euros inves­tiert – schau­en gespannt auf die Punk­te­ver­ga­be aus Ita­li­en… und “nien­te”. Ich könn­te das nicht ver­ste­hen und fühl­te mich verhöhnt.

    Die Mög­lich­keit aktiv ein Ran­king vor­zu­neh­men hat nur die Jury und das ist Mist.

  • Des­we­gen bin ich ja auch dafür, dass jeder Wäh­ler ein kom­plet­tes Ran­king erstel­len soll­te (oder zumin­dest kön­nen sollte).

  • Lang­sam wird das grund­lo­se Jury-Bas­hing pein­lich. Nein, die Ita­lie­ner sind nicht die “wah­ren” Sie­ger. Nur Schwe­den hat es geschafft, Jurys und Publi­kum glei­cher­ma­ßen so zu begeis­tern, daß sich ein Gesamt­sieg ausgeht. 

    Es ist auch kein “Jury­ga­te”, wenn die Jurys das tun, wozu sie geschaf­fen wur­den: eine zwei­te Sicht ein­brin­gen näm­lich, die die Ergeb­nis­se des rei­nen Tele­vo­tings auf­wer­tet und abrun­det. Von einem “Jury-Gate” wür­de ich dann spre­chen, wenn die Jurys 1:1 das Tele­vo­ting dupli­zie­ren. Dann bräuch­te man sie nicht.

    Wie drin­gend der ESC die Jurys braucht, zeigt nicht nur 2015 – für “Gran­de Amo­re” als Sie­ger hät­te ich mich noch in 10 Jah­ren geschämt, eben­so wie für die hier unver­schämt ein­ge­for­der­ten Mit­leids­punk­te an Finn­land. Auch in den Jah­ren, in denen es vor­über­ge­hend nur Tele­vo­ting gab, haben sich ja die Schwä­chen die­ses Sys­tems gezeigt. 

    In der DNA des Song Con­test sind die Jurys fix ver­an­kert. Tele­vo­ting ist ein Fremd­kör­per, den die EBU zur Reich­wei­ten­ma­xi­mie­rung ein­setzt, des­sen destruk­ti­ve Kraft sie aber noch nicht im Griff hat. Das Sys­tem mag aus meh­re­ren Grün­den nicht opti­mal sein.… Rei­nes Tele­vo­ting wäre es noch weniger.

  • Es ist inter­es­sant zu lesen, wie eini­ge strikt gegen Juries sind und ande­re voll­kom­men dafür. Klar, ich bin den Juries irgend­wie dank­bar, dass durch sie Ita­li­en nicht gewon­nen hat und Lett­land wei­ter vor­ne gelan­det ist, aber das ist mein per­sön­li­cher Geschmack. Auf der ande­ren Sei­te gab es wohl vie­le Leu­te in Euro­pa deren per­sön­li­cher Geschmack Ita­li­en war und das soll­te man natür­lich respektieren.
    Im Gegen­zug bin ich sehr wütend auf die Juries, dass sie wie­der Aser­bai­dschan ins Fina­le gewählt und damit Tsche­chi­en raus­ge­kickt haben. Ich den­ke die EBU tut sich mit dem aktu­el­len Jury­sys­tem kei­nen Gefal­len, denn die Beschwer­den nach dem Con­test wird es immer geben, denn jedem ist doch klar: wie­so haben 5 Leu­te genau­so viel zu sagen wie eine Mil­li­on Anru­fer, wenn die­se 5 Leu­te auch nur nach ihrem Geschmack voten? Dar­um geht es doch, eine fünf­köp­fi­ge Jury wird nie objek­tiv voten, wie soll­te das auch funk­tio­nie­ren? Musik ist letz­ten Endes immer sub­jek­tiv. Man kann viel­leicht bei man­chen Lie­dern eher sagen, dass die­se eine höhe­re Wahr­schein­lich­keit haben Chart­erfol­ge zu fei­ern als ande­re, aber so ganz sicher ist das auch nicht.

    Ich hal­te es für sehr schwie­rig sich ein neu­es, bes­se­res Sys­tem aus­zu­den­ken. Eure Vor­schlä­ge von wegen jeder macht ein gan­zes Ran­king hal­te ich für nicht sinn­voll, denn damit kann man aktiv Län­der run­ter­vo­ten und da sehe ich bei den Zuschau­ern, dass sie das defi­ni­tiv machen wer­den. Wenn es das die­ses Jahr schon gege­ben hät­te, wäre zB Russ­land bei den Zuschau­ern nicht auf dem 2. Platz gelan­det, denn vie­le hät­ten sie ganz unten plat­ziert aus poli­ti­schen Gründen!
    Ich den­ke in ers­ter Linie soll­te die EBU sich etwas aus­den­ken, wie mehr “nor­ma­le” Leu­te anru­fen. Mit nor­mal mei­ne ich weder die Hard­core-ESC Fans, noch Migranten/Diaspora, son­dern ich sag jetzt mal zB ein “ganz nor­ma­ler Deutscher/Österreicher etc.”, der viel­leicht zufäl­lig am Sams­tag­abend den ESC schaut. Die meis­ten davon schau­en sich das doch nur an und rufen nicht an, dafür inter­es­siert es sie letzt­end­lich zu wenig, aber genau ihre Stim­men braucht man, um das Ergeb­nis noch objek­ti­ver zu machen, denn ihre Votes mil­dern das Nach­bar­schafts- und Dia­spo­ra­vo­ting ab. Die EBU muss es schaf­fen die­se Ziel­grup­pe zum Anru­fen zu bewegen!

    Danach soll­te man sich über­le­gen, wie man das Jury­sys­tem über­ar­bei­tet, aber wie, da habe ich im Moment auch noch kei­ne Idee 😉

  • Einen Skan­dal dar­in zu sehen, dass die Jurys und das Publi­kum sich nicht einig sind, hal­te ich für ziem­lich weit über das Ziel hin­aus­ge­schos­sen. Dis­ku­ta­bel ist für mich aber, wer in den Jurys sitzt, wie die Jurys kon­sti­tu­iert sind, auf wel­chen Grund­la­gen oder Nicht­grund­la­gen die Jurys bewer­ten, und last but not least wie Jury und Publi­kum zusam­men­ge­rech­net werden.

  • !!!!! Habt ihr soeben die Ita­lie­ner von Il Volo als “Tumo­re” bezeich­net??? Das ist unfass­bar geschmack­los und men­schen­ver­ach­tend. Schämt euch! Das Wort­spiel (sic!) geht sowie­so nicht auf, weil es han­delt sich bei Il Volo um zwei Tenö­re und einen Bari­ton. .… Ihr seid dem­nach also nicht nur wider­lich son­dern auch man­gel­haft informiert 🙁

  • Klei­ner, eher neben­säch­li­cher Nit­pick: das war ziem­lich sicher nicht das ers­te Mal “seit 1997”, dass der Jury­fa­vo­rit den Tele­vo­ting­fa­vo­ri­ten geschla­gen hat, denn wenn man sich das Score­board von ’97 ansieht, hat “Love Shi­ne a Light” aus den vier Län­dern mit Tele­vo­ting, die für Groß­bri­tan­ni­en stim­men durf­ten (Schwe­den, Deutsch­land, Schweiz und Öster­reich) 46 von 48 mög­li­chen Punk­ten erhal­ten (nur Deutsch­land hat sei­ne Höchst­wer­tung dann doch an die Tür­kei gege­ben). Viel­leicht wäre “seit 1996” die sinn­vol­le­re Formulierung.

  • Moment mal bit­te. Man stel­le sich kurz vor, die Vor­zei­chen sei­en umge­kehrt und Schwe­den zuguns­ten Ita­li­ens von den Jurys run­ter­ge­stimmt wor­den. Die Pro­tes­te will ich mir nicht vor­stel­len. Die Berech­ti­gung der Jurys darf nicht am per­sön­li­chen Lie­der­ge­schmack fest­ge­macht wer­den – ich ste­he in abso­lu­ter Fas­sungs­lo­sig­keit vor der Tat­sa­che, dass das desi­gniert erfolg­reichs­te Land der ESC-Geschich­te mit einem Song, der hart an der Gren­ze zum Pla­gi­at stand und einer Büh­nen­show, die das kras­ses­te Ablen­kungs­ma­nö­ver von einem Durch­schnitts­lied seit Ukrai­ne 2011 war, von “musi­ka­li­schen Fach­ju­rys” pro­te­giert wird. Was soll das? Aber das ist nicht der Grund, wes­we­gen ich gegen das aktu­el­le Sys­tem wet­te­re – der Haupt­grund ist die­ses unsäg­li­che Ran­king. Zurück zu den Top 10 – jetzt – oder von mir aus auch den Top 12 oder 15, denn wenn nur ein gutes Drit­tel der Län­der im Fina­le Punk­te bekommt, ist das eigent­lich nicht genug. Im Moment kann eine kon­zer­tier­te Akti­on der Jurys einen Favo­ri­ten der Tele­vo­ter kom­plett aus dem Ren­nen wer­fen, was auch schon diver­se Male pas­siert ist (Polen 2014 in Groß­bri­tan­ni­en zum Bei­spiel), aber schlicht und ergrei­fend nicht pas­sie­ren darf.

    Ja, Tele­vo­ting wur­de zur Reich­wei­ten­ma­xi­mie­rung ein­ge­setzt. Im Sin­ne von: ohne Tele­vo­ting wäre der Wett­be­werb inzwi­schen wahr­schein­lich tot, denn es wäre immer so wei­ter­ge­gan­gen wie 1996, als drei abso­lut iden­ti­sche Songs die ers­ten drei Plät­ze beleg­ten. Man kann einem Publi­kum im Jahr 2015 kei­nen Wett­be­werb mehr ver­kau­fen, bei dem es selbst kei­ner­lei Mit­mach­mög­lich­kei­ten hat. Der soge­nann­te Fremd­kör­per ist inzwi­schen seit fast zwan­zig Jah­ren Bestand­teil des ESC – mit der glei­chen Berech­ti­gung könn­te man die Wie­der­ein­füh­rung der Sprach­re­gel und des Orches­ter­zwangs for­dern, die auch “Bestand­teil der DNA des Con­tests” waren und ohne die der Wett­be­werb deut­lich bes­ser dran ist.

    Die Jurys haben in den Jah­ren 2009 bis 2012 – vor der Ein­füh­rung des Kom­plett-Ran­kings – getan, was sie soll­ten: musi­ka­lisch gro­ße Bei­trä­ge geschützt, die im Tele­vo­ting unter­ge­gan­gen wären (FR 2009, IT 2011) und umge­kehrt Dia­spora­pro­fi­teu­ren gezeigt, dass sie ab und zu auch mal ein biss­chen arbei­ten müs­sen, um das Fina­le zu schaf­fen (AM und TR 2011). Seit 2013 hat sich die­ses Bild ins Gegen­teil ver­kehrt – wenn die Jurys die ohne­hin erfolg­rei­chen Län­der noch pro­te­gie­ren (SE 2015, AZ 2014 und 2015, und eigent­lich auch schon GE und UA 2012), dann läuft etwas falsch. Jedem, der dage­gen etwas hat, ein­fach mal “grund­lo­ses Bas­hing” zu unter­stel­len, ist ein Ad-homi­nem-Angriff der übels­ten Sor­te, hart an der Gren­ze zur Brun­nen­ver­gif­tung (“was der/die sagt, kann man doch sowie­so nicht ernst neh­men”) und ein abso­lu­ter Miss­griff im Ton­fall. Gegen sol­che Aus­rut­scher ist der Haus­herr kei­nes­falls immun, und viel­leicht schallt es so aus dem Wald, wie man hin­ein­ruft, aber mög­li­cher­wei­se soll­ten sich alle Anwe­sen­den mal ein biss­chen beru­hi­gen, bevor die Atta­cken noch per­sön­li­cher werden.

  • Wäre da nicht der Abschnitt, der kon­kre­te Titel nennt (Scham für Gran­dee amo­re, Mit­leid für Aina mun pitää) dann könn­te ich hun­dert­pro­zen­tig zustim­men. Was die­esen Abschnitt bge­trifft, bin ich ganz kon­form mit der Ant­wort von Ospe­ro, denn auch wenn ich geschmack­lich öfter bei den Jurys als beim Tele­vo­ting bin, ist DAS defi­ni­tiv kein Argu­ment für Jurys.

    Aber: ich bin nach wie vor für die­sel­ben, und fin­de auch, dass Du recht hast, dass es kei­ner­lei Grund gibt, “Jury-Gate” zu rufen, wenn Jurys genau das tun, wozu sie da sind, näm­lich eine ANDE­RE Sicht rein­zu­brin­gen. Das Gegen­teil wür­de sie obso­let machen.

    Aller­dings fin­de ich, dass, um wirk­lich eine ande­re Sicht zu erhal­ten, die Jurys völ­lig anders besetzt wer­den müss­ten. So wie es jetzt ist,handelt es sich um 5 belie­bi­ge Han­sels, die zwar irgend­ei­nen Bezug zur Musik­sze­ne haben soll­ten, aber was heißt das schon? Da ver­ste­he ich die hier oft gebrach­te Kri­tik schon sehr gut, wie­so jemand wie Johan­nes Stra­te (um nur ein will­kür­li­ches Bei­spiel zu nen­nen) mit SEI­NEM eben­so sub­jek­ti­ven Geschmack mehr Gewicht haben soll­te als x Tele­vo­ter. Auch wenn ich den meis­ten Jury­mit­glie­dern durch­aus unter­stel­le, dass sie ihrer Auf­ga­be mit Sorg­falt und Ver­ant­wor­tung nach­kom­men, bleibt wohl größ­ten­teils immer noch ledig­lich der per­sön­li­che Geschmack – und da sind dann alle wie­der ganz Kind ihrer Zeit.

    Mei­ner Mei­nung nach müss­ten Jurys so besetzt wer­den, dass von vorn­her­ein kei­ne musi­ka­li­sche Stil­rich­tung bevor­zugt wür­de. Da müss­ten dann Jaz­zer genau­so wie Rocker und Leu­te aus klas­s­ik­ori­en­tier­ten Bran­chen, sowie bunt durch alle Alters­grup­pen, ver­tre­ten sein. Auch müss­ten Musik­theo­re­ti­ker (z.B. Pro­fes­so­ren der ent­spre­chen­den Lehr­stüh­le) ver­tre­ten sein, und eben GERA­DE NICHT VER­TRE­TER VON PLAT­TEN­LA­BELS ODER RUND­FUNK­AN­STAL­TEN O.Ä. (die­ser Teil wird durch die Publi­kums­be­fra­gung viel bes­ser abgeseckt). Der per­sön­li­che Geschmack bleibt dann zwar immer noch, wird aber auf ein Mini­mum reduziert.
    Die­se Aet der Beset­zung ist sicher­lich ein wenig kom­pli­zie­fr­ter, aber genau so etwas erwar­te ich mir (übri­gens gab es in frü­he­ren Zei­ten schon ein­mal ähn­li­che Ansätze).
    Ich hal­te die Jurys tat­säch­lich für einen inte­gra­len Bestand­teil des Sys­tems (und neh­me eher das Tele­vo­ting als Fremd­kör­per hin, auch wenn ich mich selbst gern beteilige).
    Ja, und auch die Sprach­re­ge­lung soll­te mei­net Mei­nung nach wirk­lich wie­der her. Sonst haben wir bald nur noch von Schwe­den kom­po­nier­ten eng­lisch­spra­chi­gen Einheitsbrei.

  • Zum letz­ten Absatz: Die Kom­po­nis­ten aus Schwe­den, gera­de die übli­chen Ver­däch­ti­gen, haben durch­aus schon bewie­sen, dass sie es auch in ande­ren Spra­chen kön­nen (ver­mut­lich mit ent­spre­chen­den Tex­tern); sie­he “Qued­ate con­mi­go”. Ich weiß nicht, inwie­fern eine Wie­der­ein­füh­rung der Sprach­re­gel da hel­fen würde.

    Ins­ge­samt: Ich bin auch nicht dafür, die Jurys kom­plett abzu­schaf­fen, auch wenn das Argu­men­tum ad anti­quitatem “das gehört halt dazu” allein nicht taugt, um sie (oder irgend­was ande­res) zu recht­fer­ti­gen – wenn das ein Argu­ment wäre, hät­ten wir auch immer noch Zwangs­or­ches­ter, Sitz­zwang, Abend­gar­de­ro­be und maxi­mal 20 Teil­neh­mer und wür­den den Top 3 jedes Lan­des 5, 3 und 1 Punkt geben. Das Kor­rek­tiv wird mei­nes Erach­tens gebraucht. Aber so, wie es im Moment läuft, geht es nicht wei­ter. Ita­lie­ni­sche Jurys, die in Erwar­tung hoher Tele­vo­ter­zah­len bewusst Rumä­ni­en und Alba­ni­en nie­der­stim­men (wenn auch im letz­te­ren Fall zu Recht), bri­ti­sche Jurys, die ver­su­chen, Polen klein­zu­hal­ten, und arme­ni­sche und ase­ri­sche Jurys, die sich gegen­sei­tig aufs Bru­tals­te kaputt­vo­ten, sind kein halt­ba­rer Zustand. Schafft die Kom­plett­lis­ten ab (die sind sowie­so total absurd – wer von uns könn­te alle 27 Fina­lis­ten in eine Rei­hen­fol­ge brin­gen, ohne dass zumin­dest der mitt­le­re Teil mehr oder weni­ger will­kür­lich gereiht wäre?) und gebt die 9 und 11 Punk­te dazu, denn das Pro­blem die­ses Jahr war die enorm hohe Zahl an Fina­lis­ten, so dass fast zwei Drit­tel durchs Ras­ter fal­len. Und begrenzt die Anru­fe pro Anschluss stärker.

  • wer von uns könn­te alle 27 Fina­lis­ten in eine Rei­hen­fol­ge bringen”?
    Ich mache das mit allen 40 Titeln jedes Rahr sehr sorg­fäl­tig. Und dann höre ich sie im Auto in auf­stei­gen­der Rei­hen­fol­ge (von würg bis supet) im Auto in Dau­er­schlei­fe und mes­se dabei mei­nen Drang zum Vor- oder Zurück­spu­len, um mit die­ser Info dann die Rei­hen­fol­ge feinzukorrigieren …

  • dann hät­te ich noch gern die 12 tele­vo­ting­punk­te für alba­ni­en aus der schweiz erklärt bekommen…
    von wegen kul­tu­rel­le ähn­lich­keit oder so etwas in der art

  • Ich bin eher dafür, dass man umge­kehrt den Jurys das Ran­king ver­bie­tet. Gut von Schlecht zu unter­schei­den ist das eine, aber so detail­liert auf­stel­len zu müs­sen ist mir zu willkürlich.

  • @ Def
    Und wie vie­le Juro­ren ver­fah­ren eben­so wie du? Die haben als Basis nur die Gene­ral­pro­be und nicht wirk­lich viel Zeit dazu.

  • Ich schlie­ße mich einem der Vor­red­ner an, Jurys gehö­ren zur unver­zicht­ba­ren DNA des ESC, das Tele­vo­ting ist ein – aus kom­mer­zi­el­len Grün­den – lei­der nicht mehr weg­zu­den­ken­der Fremd­kör­per zur „Reich­wei­ten-Maxi­mie­rung“. Die „destruk­ti­ve Kraft“ des­sel­ben wird mit der 20-fachen Stim­men­bün­de­lung durch die EBU gezielt entfesselt. 

    Das Unver­ständ­nis über man­che hier kri­ti­sier­te Jury-Ent­schei­dung tei­le ich, ins­be­son­de­re in Bezug auf Ita­li­en vs. Schwe­den, dies ändert jedoch nichts an der Not­wen­dig­keit der Jurys als Kor­rek­tiv gegen Tele­vo­ting-Aus­wüch­se und musi­ka­li­schen Schrott. Lei­der sind die Jurys die­sem Ide­al im Jah­re 2015 nicht wirk­lich nach­ge­kom­men, was aber weni­ger Kri­tik an der Legi­ti­ma­ti­on des Instru­men­tes „Jury“ als viel mehr an deren Zusam­men­set­zung und dem Wer­tungs­mo­dus erre­gen soll­te. Ich hat­te mich ja im letz­ten Jahr schon inten­siv damit aus­ein­an­der­ge­setzt und ent­spre­chen­de Vor­schlä­ge geäu­ßert, die in einer Stei­ge­rung der musi­ka­li­schen Diver­si­tät und Qua­li­tät des Con­tests resul­tie­ren sollen.

    https://www.aufrechtgehn.de/2014/05/die-jury-diskussion-respekt-fuer-hater/#comments

    Es freut mich, dass eini­ge Vor­schlä­ge, die ich letz­tes Jahr schon in die Run­de gewor­fen hat­te, nun auch von ande­ren Usern in ähn­li­cher Form vor­ge­bracht wer­den. Hier­zu zäh­len Eva­lua­ti­on aller Songs durch aus­ge­wähl­te / beson­ders inter­es­sier­te Zuschau­er bzw. „Hard­core-Fans“ mit­tels einer Voting-App (ich hat­te hier ja vor allem an Mit­glie­der der ESC-Fan­clubs gedacht), die Begren­zung der Wer­tun­gen pro Juror auf die Top 10 oder die Betei­li­gung von Musik­theo­re­ti­kern und „Pro­fes­so­ren der ent­spre­chen­den Lehrstühle“. 

    Es sei noch­mals expli­zit gefor­dert, dass die Jurys aus einer antei­lig glei­chen (z. B. 5:5) Mischung von Music Indus­try Pro­fes­sio­nals und Musik­theo­re­ti­kern bestehen sol­len. Dies wür­de den ESC-Song-Kon­struk­teu­ren (aka Kom­po­nis­ten) Kopf­zer­bre­chen berei­ten, einen musi­ka­li­schen Spa­gat erfor­dern und letzt­lich unter­schied­li­che Kon­zep­te und damit die musi­ka­li­sche Diver­si­tät des Wett­be­werbs för­dern. Der glatt­ge­bü­gel­te zweit­klas­si­ge musi­ka­li­sche Ein­heits­sumpf, kom­bi­niert mit einer Leis­tungs­schau der Licht- und Büh­nen­tech­nik, der anno 2015 als Grand Prix Sie­ger zele­briert wird (zu mei­nem größ­ten Unver­ständ­nis unter essen­ti­el­ler Mit­hil­fe weit­ge­hend fehl­be­setz­ter Jurys), wür­de dann abgestraft. 

    Nach­dem wie bereits betont wur­de, nicht nur die Jurys, son­dern auch das Live-Orches­ter zur DNA des Con­tests gehört, sei an die­ser Stel­le noch­mals des­sen umge­hen­de Rück­kehr gefor­dert. Dies wäre die wich­tigs­te Maß­nah­me um eine musi­ka­li­sche Diver­si­fi­zie­rung und Qua­li­täts­of­fen­si­ve zu för­dern. Wer das Orches­ter nicht nut­zen möch­te, darf ger­ne sei­ne Instru­men­tal­be­glei­tung auf der Büh­ne selbst orga­ni­sie­ren, natür­lich im Rah­men der 6‑Per­so­nen-Regel, oder eine Mischung aus Orches­ter und eige­ner Instru­men­ta­ti­on nut­zen. Aber kein Ton vom Playback. 

    Den mons­trö­sen Auf­wand für LED-Tech­nik, Strich­männ­chen-Ani­ma­ti­on (in die inklu­si­ve Umge­stal­tung nach Pla­gi­at u. U. mehr Stun­den an Vor­be­rei­tungs­ar­beit inves­tiert wur­den als in die Kom­po­si­ti­on des sieg­rei­chen Songs) und sons­ti­ge opti­sche Ent­glei­sun­gen kann man sich hin­ge­gen spa­ren, das hat in einem Wett­streit der Kom­po­nis­ten und Text­dich­ter nichts zu suchen, zumin­dest nicht in dem Aus­maß. Wenn man schon die LED-Wand benö­tigt, kann man sie wun­der­bar nut­zen um die Akti­vi­tät des Live-Orches­ters for­mat­fül­lend zu doku­men­tie­ren und dem Publi­kum in der Hal­le und an den TV-Gerä­ten Ein­bli­cke in die Inter­ak­ti­on von Diri­gent, Orches­ter, Instru­men­ta­lis­ten auf der Büh­ne und Sän­gern zu bieten. 

    Wenn jetzt wie­der die feh­len­den Ver­mark­tungs­chan­cen einer sol­chen Ver­an­stal­tung in Zwei­fel gezo­gen wer­den, sei ange­merkt, dass das Neu­jahrs­kon­zert der Wie­ner Phil­har­mo­ni­ker (obwohl nicht zur Prime Time gesen­det) inter­na­tio­nal auch über der 50 Mio. Mar­ke liegt, ganz ohne Tele­vo­ting, LED-Wand oder Strich­männ­chen, statt­des­sen mit Live-Orches­ter und ech­ter Tonkunst. 

    Zur Sprach­re­ge­lung hat­te ich mich im Vor­jahr neu­tral posi­tio­niert, wür­de aber inzwi­schen im Rah­men eines Kom­plett-Reform­pa­kets auch sel­bi­ge wie­der ein­füh­ren wol­len. Wenn ich kri­tisch reflek­tie­re, wel­che ESC-Wer­ke der Vor­jah­re ich am häu­figs­ten aktiv kon­su­mie­re (You­tube etc.), blei­ben ich doch oft an den mut­ter­sprach­li­chen hän­gen wie z. B. Bos­ni­en 209, Ser­bi­en 2012 oder Island 2013 (man stel­le sich vor, wie die­ser ohne­hin genia­le Bei­trag mit Live-Orches­ter zur Gel­tung gekom­men wäre). Die Sprach­re­gel wür­de eine Diver­si­fi­zie­rung der musi­ka­li­schen Sti­le gewiss fördern. 

    In der Zusam­men­fas­sung also fol­gen­des Maß­nah­men-Quin­tett zur Stei­ge­rung von Qua­li­tät, musi­ka­li­scher Inno­va­ti­ons­freu­de und Fair­ness: 1.) jeder Ton live inklu­si­ve Orches­ter, 2.) Sprach­re­gel wie­der ein­füh­ren und damit Ein­heits­brei bekämp­fen, 3.) Musik­theo­re­ti­ker in die Jurys invol­vie­ren, 4.) her­vor­ge­ho­be­ne Voting-Optio­nen für Hard­core-Fans, die sich inten­siv mit dem ESC befas­sen (ger­ne durch Voting-App) und 5.) für „nor­ma­le“ Anru­fer nur ein Vote pro Song.

  • Es ist jedes Jahr das­sel­be, und jedes Jahr geht es wie­der am Kern vor­bei – nicht die Jurys sind das Pro­blem, son­dern die­ses ver­damm­te Ran­king, das man uns ohne Not rein­ge­drückt hat. Schafft das Ran­king ab, dann erle­di­gen sich vie­le Pro­ble­me von selbst.

  • Das klingt alles nicht wirk­lich nach einer Unter­hal­tungs­sen­dung, die sich die Leut gern ansehen. 🙂

    Was wür­den Musik­theo­re­ti­ker in einer Jury machen? Das ist so, als ob man gutes Essen che­misch ana­ly­sie­ren wür­de, statt sei­nen Geschmack zu genießen. 

    Ein Live-Orches­ter bringt kei­ne Ver­bes­se­rung für irgend­wen, ganz im Gegen­teil. Sinn­voll wäre im Gegen­teil ein Voll­play­back, damit die Songs nicht durch schlech­te Gesangs­stim­men rui­niert werden.

    Eben­so­we­nig ver­ste­he ich den Wunsch nach der Sprach­re­ge­lung. Ich finds immer toll, wenn ich einen Song mit­sin­gen kann. Das konn­te ich bei „Adio“ nicht, bei „Rhythm Insi­de“ aber schon. Punkt für Belgien.

    Nein, ich hal­te es für rich­tig, daß man dem Zuse­her ein Feu­er­werk an Tanz, LED-Effek­ten und Kos­tüm­wech­seln bie­tet. Es ist eine TV-Unter­hal­tungs­show, und da muß Unter­hal­tung an ers­ter Stel­le ste­hen. Die Rol­le der Jurys kann es durch­aus sein, die Songs lan­ge vor den ers­ten Pro­ben in der Stu­dio­fas­sung zu hören und zu bewer­ten, nach dem Mot­to: „Wür­de ich das Lied im Radio hören wol­len?“ Dafür sind Leu­te aus der Pop-Bran­che geeig­net, kei­ne welt­frem­den Theoretiker.

  • In der ange­ge­be­nen Reihenfolge:

    1 – Nein. Kei­ne Chan­ce und bit­te nicht. Wer ein­mal gehört hat, wie die Orches­ter der spä­ten Sieb­zi­ger und frü­hen Acht­zi­ger diver­se Songs kaputt­ge­spielt haben, kann nicht mehr ernst­haft for­dern, zum Orches­ter­zwang zurück­zu­ge­hen. Wer will, soll von mir aus Liv­ein­stru­men­te benut­zen dür­fen, aber bit­te nicht verpflichtend.

    2 – Oh nein. Wol­len wir ernst­haft wie­der in die Zei­ten zurück, als Groß­bri­tan­ni­en, Irland und Mal­ta rein auf­grund ihrer Spra­che einen Vor­teil hat­ten, den ande­re Län­der dadurch aus­zu­glei­chen ver­such­ten, dass sie so wenig Text wie mög­lich benutz­ten? (Wer jetzt an “Rock Me”, “Diva” oder “Noc­turne” denkt, hat mei­nen Gedan­ken­gang rich­tig erfasst.) Mal davon abge­se­hen, dass die Sprach­re­gel mit der musi­ka­li­schen Viel­falt so über­haupt gar nichts zu tun hat, was jedem klar sein soll­te, der sich die Con­tests aus den Zei­ten der Sprach­re­gel (beson­ders die spä­ten, Mit­te der 90er) mal rich­tig ange­hört hat. Ob die Bal­la­de mit Fol­k­ele­men­ten nun auf Eng­lisch, Nor­we­gisch oder Schwe­disch gesun­gen wur­de (in die­ser Rei­hen­fol­ge die Top 3 von 1996), sie hör­te sich in allen drei Fäl­len doch ziem­lich gleich an.

    3 – Ich bin auch dafür, die Viel­falt der Jurys zu erhö­hen, aber war­um auf hal­ber Stre­cke ste­hen­blei­ben? Theo­re­ti­ker, pro­fes­sio­nel­le Musi­ker (bit­te aus diver­sen Gen­res), Konzertveranstalter…da gibt es Möglichkeiten.

    4 und 5 – Wäre viel­leicht machbar.

  • Hier wird 1996 rezi­di­vie­rend als „abschre­cken­des“ oder uner­wünsch­tes Bei­spiel ver­wen­det bzw. Nega­tiv-Argu­men­te wer­den ger­ne auf den ESC 1996 bezo­gen. Einer mei­ner abso­lu­ten Lieb­lings-ESCs. Vor allem Schwe­den 1996 gehört zu mei­nen meist gehör­ten ESC-Favo­ri­ten, übri­gens gera­de wegen der instru­men­ta­len Abschnit­te, die dem gan­zen einen hym­ni­schen Cha­rak­ter ver­lei­hen. In vie­len ande­ren ESCs hät­te der Bei­trag her­aus­ra­gen­de Sieg­chan­cen gehabt, 1996 war die Kon­kur­renz dann doch zu stark. Auch beim iri­schen Bei­trag kommt nicht auf den Text an, die instru­men­ta­len Sek­tio­nen sind von beson­de­rer Schön­heit. Wenn 1996 der Maß­stab für ein Reform­pa­ket wäre, wür­de ich jeden­falls sofort zustim­men. Die Bei­trä­ge von Schwe­den, Nor­we­gen und Irland 1996 haben hin­sicht­lich Tem­po, Instru­men­tie­rung (bzw. der domi­nan­ten Instru­men­te), Rhyth­mik, Melo­die­füh­rung und Har­mo­nik nicht all­zu vie­le Gemeinsamkeiten. 

    Die Sprach­re­gel mag sehr wohl zu mehr folk­lo­ris­ti­schen Ele­men­ten und einer Diver­si­fi­zie­rung ermun­tern, man kann dies aber auch durch ein ent­spre­chen­des Jury-Kri­te­ri­um regeln, das außer­ge­wöhn­lich krea­ti­ve Instru­men­tie­rung, Dar­bie­tun­gen jen­seits von Main­stream-Song­for­ma­ten etc. auf­wer­tet. Aktu­ell scheint es kei­ne Kri­te­ri­en zu geben, was die Jury eigent­lich zu bewer­ten hat. Es wird ein Ran­king gebil­det von jedem Juror. Wie die­ser auf die Bewer­tung kommt, ist nicht nach­voll­zieh­bar. War­um nicht kla­re Punk­te­sys­te­me ein­füh­ren, nach denen z. B. die Instru­men­tie­rung, die Text­dich­tung, die Lied­form, das Abwechs­lungs­reich­tum inner­halb der 3 Minu­ten, die Stim­mig­keit von Instru­men­tal- und Vokal­ele­men­ten, Ver­mark­tungs­po­ten­ti­al etc. gezielt bepunk­tet wer­den. Bei den aller­meis­ten musi­ka­li­schen Wett­be­wer­ben mit Jury-Sys­tem gibt es kla­re Bewer­tungs­kri­te­ri­en oder gar ein defi­nier­tes Punk­te­sys­tem für die Gewich­tung bestimm­ter Ele­men­te. War­um nicht auch beim ESC?

    Bezüg­lich Orches­ter: Es geht nicht um zweit­klas­si­ge Orches­ter, die Songs „kaputt spie­len“. Die EBU und aus­rich­ten­den Sen­der haben Geld um meter­ho­he LED-Wän­de zu errich­ten und sons­ti­ge Res­sour­cen-Ver­schwen­dung und opti­sche Wett­be­werbs­ma­ni­pu­la­ti­on zu betrei­ben (selbst der Haus­herr des Blogs hat sich ja zum musi­ka­li­schen Wert des schwe­di­schen Bei­trags 2015 vs. opti­scher Effekt­ha­sche­rei ein­deu­tig posi­tio­niert). Dann muss doch auch Geld vor­han­den sein um ein Orches­ter von Welt­rang für den Wett­be­werb zu akqui­rie­ren und lang­fris­tig an sel­bi­gen zu bin­den. Ent­spre­chen­de Offer­ten hat es in der Ver­gan­gen­heit ja schon gege­ben. Die EBU hat einen Ver­trag mit den Wie­ner Phil­har­mo­ni­kern über die Aus­strah­lung ver­schie­de­ner Kon­zer­te, u. a. das lukra­ti­ve Neu­jahrs­kon­zert. War­um nicht auch den ESC in ein ent­spre­chen­des Ver­mark­tungs­pa­ket einbinden? 

    Noch bes­ser wäre es natür­lich, wenn die EBU selbst ein gro­ßes inter­na­tio­na­les Orches­ter auf­bau­en und unter­hal­ten wür­de und damit die im Jazz-Bereich begon­ne­nen Akti­vi­tä­ten auch im phil­har­mo­ni­schen Bereich expan­die­ren wür­de, mit dem ESC als gro­ße Leis­tungs­schau, aber da ergä­ben sich natür­lich noch wei­te­re Ideen. Der zuletzt und auch bei der nächs­ten Edi­ti­on in Deutsch­land aus­ge­tra­ge­ne „Euro­vi­si­on Young Musi­ci­ans“ Con­test ist ja ein guter Anknüp­fungs­punkt (da gibt es das Live Orches­ter noch). Ein Con­test für zeit­ge­nös­si­sche Klas­sik oder für Jazz (Con­test für Kom­po­nis­ten, ggf. sepa­ra­ter Con­test bzw. Sub­ka­te­go­rie zur Prä­mie­rung von Instru­men­ta­lis­ten) wäre bei­spiels­wei­se denk­bar. Ent­spre­chend auf­be­rei­tet und mit Ein­be­zie­hung eines gut kon­zi­pier­ten Tele­vo­tings (App mit diver­si­fi­zier­ter Bewer­tung) und den klas­si­schen Span­nungs­ele­men­ten (län­der­wei­se Punk­te­ver­kün­dung anstatt ein­fach die Sie­ger direkt zu ver­kün­den wie beim EYM) kann so etwas durch­aus markt­ge­recht auf­ge­zo­gen werden. 

    Ok, der letz­te Absatz war off topic.

  • Das Orches­ter, das die musi­ka­li­sche Band­brei­te des gesam­ten ESC-Spek­trums gleich gut abbil­den kann, will ich sehen. Und das Pro­blem mit den Orches­tern Anfang der 80er war ja nicht, dass sie es nicht gekonnt hät­ten – zumin­dest das BBC-Orches­ter 1982 dürf­te nun nicht eben das schlech­tes­te gewe­sen sein – son­dern dass sie mit rigo­ro­ser Gleich­ma­che­rei die Songs glatt­ge­bü­gelt haben. Als Opti­on ger­ne, als Zwang bit­te nie wieder.

    Und ich glau­be, ich habe mich da ein wenig miss­ver­ständ­lich aus­ge­drückt. 1996 gehört auch zu mei­nen Lieb­lings-ESCs (und die Plät­ze 1 und 3 zu mei­nen All-time-Favo­ri­ten), aber einen Song, der ein welt­wei­ter Super­hit war, einen Gram­my gewon­nen hat und bis heu­te der letz­te ESC-Teil­neh­mer war, der in Groß­bri­tan­ni­en auf Platz 1 stand, auf den ach­ten Platz run­ter­zu­wer­ten, hat damals schla­gend bewie­sen, dass die Jurys den Musik­ge­schmack der Men­schen in Euro­pa nicht mehr erken­nen konn­ten und dass Songs, die einem bestimm­ten Sche­ma ent­spra­chen (was trotz der deut­li­chen Unter­schie­de für die drei Erst­plat­zier­ten des Jahr­gangs ein­deu­tig der Fall ist) von vorn­her­ein auf Sieg spie­len, wenn sie nicht mas­si­ve tech­ni­sche Feh­ler machen. Und einen ESC, der sich vom all­ge­mei­nen Musik­ge­sche­hen ent­kop­pelt, braucht es nicht – dafür gibt es Nischen­fes­ti­vals wie zum Bei­spiel Liet. Natür­lich kön­nen wir ger­ne in die­se Zeit zurück, aber dann wer­den wir auch mit den Zuschau­er­zah­len von damals leben müs­sen – oder eher mit einem Bruch­teil der­sel­bi­gen. Man­che mögen einen “eli­tä­re­ren” ESC vor­zie­hen; zu die­sen Leu­ten gehö­re ich nicht.

    Und schließ­lich will ich noch was sehen, näm­lich, wie genau die Kri­te­ri­en für die Jurys fest­ge­legt wer­den sol­len. Beim ESC geht es im Gegen­satz zu Klas­sik­fes­ti­vals nicht aus­schließ­lich um tech­ni­sche Per­fek­ti­on – die ist auch in zeit­ge­nös­si­scher U‑Musik (was für ein grau­si­ger Begriff, aber er erklärt am bes­ten, was ich mei­ne) kein Kri­te­ri­um, schon seit min­des­tend fünf­zig Jah­ren nicht mehr. Als Mit­te der 70er die Pro­gres­si­ve-Bewe­gung in ihrer eige­nen Kom­pli­ziert­heit und Ver­schach­telt­heit zu ertrin­ken droh­te, kam die Punk­be­we­gung daher; als Anfang der 90er die Deka­denz des Hair Metal nur noch lang­wei­lig war, hat Grunge die Zäu­ne nie­der­ge­ris­sen. Weder John­ny Rot­ten (oder für die “wah­ren” Punks da drau­ßen mei­net­we­gen Joe Strum­mer) noch Kurt Cobain waren nach irgend­ei­nem Kri­te­ri­um vir­tuo­se Musi­ker, und den­noch lässt sich ihre Bedeu­tung für die Ent­wick­lung der Pop­mu­sik (im Sin­ne der popu­lä­ren Musik ganz all­ge­mein) nicht leug­nen. Glei­ches gilt etwas frü­her auch schon für die Beat­les, die Stones oder Elvis Presley.

  • allei­ne die Aus­sa­ge, dass Du Dich für Gran­de Amo­re als Sie­ger auch in 10 Jah­ren noch geschämt hät­test, ent­larvt Dich.
    Alles ist Geschmack­sa­che. Ich fand Lor­di ent­setz­lich, akzep­tier­te das Resul­tat aber ohne Murren.
    Die­ses Jahr wur­de der Erd­rutsch­sieg Ita­li­ens bei den Mil­lio­nen Tele­vo­tern durch ca. 80 Per­so­nen ver­hin­dert. Nur gera­de ca. 15 Jurys haben auf­fäl­lig schlech­te Bewer­tun­gen für Ita­li­en abge­ge­ben, was aus­ge­reicht hat Ita­li­en vom 1. auf den 3. Platz zu drängen.
    Sor­ry aber wer ein sol­ches Sys­tem in Ord­nung fin­det hält wohl nicht viel von Demokratie.

  • 1.) Live-Orches­ter ist nicht mehr zeit­ge­mäss. Man schaue sich mal alte Jahr­gän­ge an als die­ses noch so war. Alles tön­te gleich und der ESC wirk­te schon bald alt­ba­cken. Und wenn schon live Zwang, dann soll jeder Act sei­ne eige­ne Band mitbringen.
    2.) Sprach­re­ge­lung. Da kann ich die Argu­men­ta­ti­on abso­lut ver­ste­hen. Die­ses Jahr waren mei­ne Song Lieb­lin­ge unter ande­rem Adio und De La Capat, aber auch Gran­de Amo­re. Aller­dings wider­spricht es mei­ner libe­ra­len Ein­stel­lung den Län­dern zu vie­le Auf­la­gen zu machen. Da wür­de ich schon eher die unsäg­li­che 3 Minu­ten Regel end­lich der Rea­li­tät anpas­sen und auf 4 Minu­ten oder zumin­dest 3:30 erweitern.
    3.) Die per­fek­te Jury gibt es nicht, egal wen man da rein­setzt. Allei­ne die Tat­sa­che das seit Wie­der­ein­füh­rung jedes Jahr dar­über dis­ku­tiert wird und seit die­sem Jahr wohl beson­ders hef­tig, zeig doch wie unsäg­lich falsch die­se Wie­der­ein­füh­rung war. Am Ende muss der ESC erfolg­reich sein kön­nen, wenn man aber Mil­lio­nen Zuschau­er vor den Kopf stösst wie die­ses Jahr kann dies nur nega­ti­ve Aus­wir­kun­gen haben.
    4.) Dies schafft Ungleich­heit im Tele­vo­ting. Geht gar nicht. Aus­ser­dem muss das Gan­ze mög­lichst ein­fach gehal­ten wer­den für alle.
    Jeder kann 20 x voten, also kann man durch­aus jetzt schon z.B. für sei­ne Top 5 voten wenn man das will.

  • Wie ich schon an diver­sen Stel­len gesagt habe: Alle, die das Ergeb­nis von die­sem Jahr ver­tei­di­gen, sol­len sich bit­te mal vor­stel­len, es wäre genau umge­kehrt gelau­fen und Schwe­den hät­te dank der Jurys den Sieg an Ita­li­en abtre­ten müs­sen. Genau die Leu­te, die jetzt ihre ewi­ge Dank­bar­keit in den Äther posau­nen, dass das “unsäg­li­che” ita­lie­ni­sche Lied nicht gewon­nen hat, hät­ten Schnapp­at­mung bekom­men und sich noch in hun­dert Jah­ren über den “gestoh­le­nen” schwe­di­schen Sieg echauf­fiert. Sor­ry, aber wenn man das aktu­el­le Sys­tem ver­tei­di­gen will, soll­te man das nicht am per­sön­li­chen Musik­ge­schmack fest­ma­chen. Wer Jurys haben will, soll­te objek­tiv belast­ba­re Argu­men­te zu ihren Guns­ten haben. Ich per­sön­lich glau­be, dass man der Sache die Spit­ze neh­men könn­te, indem man das Kom­plett­ran­king wie­der abschafft – ich kann mich nicht erin­nern, dass wir zwi­schen 2009 und 2012 rich­tig böse Kon­tro­ver­sen der Art hat­ten, wie sie seit 2013 an der Tages­ord­nung sind. (Oder viel­leicht ist der Ton ein­fach gene­rell schär­fer gewor­den. Was ich bedau­er­lich fände.)

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