Per­len der Vor­ent­schei­dun­gen: wei­ne nicht, schnel­ler Ivan

Tief in die Abgrün­de des schlech­ten Geschmacks durf­ten wir ges­tern Abend in der zwei­ten Run­de des litaui­schen Vor­ent­schei­dungs­ma­ra­thons schau­en. Erneut buhl­ten acht (von der Jury bereits beur­teil­te) Acts um die Gunst der Zuschauer/innen, einer schlim­mer als der ande­re. Den­noch schaff­ten es die Anrufer/innen mit traum­wand­le­ri­scher Sicher­heit, das furcht­bars­te Ange­bot des Abends her­aus­zu­pi­cken und mit gro­ßem Abstand zum Vor­run­den­sie­ger zu beför­dern: ‘United’, ein vor abge­stan­de­nen Kli­schees nur so trie­fen­der Euro­vi­si­ons­rie­men, wie nicht ein­mal Ralph Sie­gel ihn sich zu schrei­ben getrau­en wür­de, dar­ge­bo­ten von der zur Euro­vi­zi­ja-Grund­aus­stat­tung gehö­ren­den Rūta Ščio­go­le­vai­tė, übri­gens auch die Jury-Favo­ri­tin (soviel zur The­se von den Juro­ren als not­wen­di­ge Geschmacks­kor­rek­to­ren für das unmün­di­ge Publi­kum). Rūta erhielt dop­pelt so viel Stim­men wie das zweit­plat­zier­te Pär­chen Išt­va­nas Kvi­kas und Ella­da. Ein beson­ders erschüt­tern­der Fall, zeig­te das Prä­sen­ta­ti­ons­vi­deo den bul­li­gen Išt­va­nas doch als viel­ver­spre­chen­den Tur­bo­folk-Inter­pre­ten. Das, was er dann im LRT-Stu­dio sang, konn­te davon aber nicht wei­ter ent­fernt sein: eine abge­schmack­te Strei­cher­bal­la­de mit schmerz­brin­gend rudi­men­tär-eng­li­schem Text, durch den er sich im wohl unvor­teil­haf­tes­ten Frack der Mode­ge­schich­te und an der Sei­te einer schlecht blon­dier­ten, matro­nen­haf­ten Olga mit der Fein­füh­lig­keit einer Abriss­bir­ne durchpflügte.

Hät­ten sie das mal lie­ber die Backings allei­ne sin­gen las­sen, die konn­ten das deut­lich bes­ser: der schnel­le Ivan und die grie­chi­sche Matrone.

Und mit einem der­art abrup­ten Schluss ver­se­hen, dass das über­rasch­te Publi­kum meh­re­re Sekun­den brauch­te, bis es begriff: ja, das war es schon – Zeit für den Höf­lich­keits­ap­plaus. Letzt­lich bestand der gesam­te Abend aus gesang­li­chen Kata­stro­phen, gele­gent­lich not­dürf­tig mas­kiert durch das per­man­te wil­de Schüt­teln des Haupt­haa­res, wie bei Eglė Jakš­ty­tė, die mit dem elek­tro­las­ti­gen ‘Leisk dar būti’ das ein­zi­ge lan­des­sprach­li­che Ange­bot mach­te. Übri­gens zugleich das ein­zi­ge musi­ka­lisch irgend­wie anspre­chen­de des Abends, was ihr aber auch gera­de eben noch so zum Ein­zug in die nächs­te Run­de ver­half. Der Son­der­preis für das bes­te Out­fit (und den schöns­ten Unfall, der alles ande­res ver­blas­sen ließ) ging an die Dritt­plat­zier­te Jeka­te­ri­na Pran­evič ali­as Catri­nah, die mit einer Kom­bi­na­ti­on aus wei­ßem Hemd, Harness, schwar­zen Gum­mi­hand­schu­hen, einem Tin­ky-Win­ky-Kopf­an­ten­nen-Haar­dutt und einer von unten auf­ge­bla­se­nen Zelt­pla­ne als Rock zu begeis­tern wuss­te. Zur Ver­stär­kung hat­te sie sich drei aus einem Robert-Pal­mer-Video­clip übrig­ge­blie­be­ne über­schmink­te Elsen als Chor­sän­ge­rin­nen mit­ge­bracht, die aber eben­so hilf­los und ver­geb­lich wie Catri­nah selbst mit Timing, Har­mo­nien, Aus­spra­che und den Tönen run­gen. Eine audio­vi­su­el­le Kako­pho­nie der Son­der­klas­se und in der All­um­fasst­heit ihres Schei­terns schon wie­der grandios.

Ich hof­fe nur, sie hat sich in dem Dau­er­luft­strom unten­rum nichts ver­kühlt: Jekaterina.

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