Vom Schnee­ball zur Lawi­ne: Euro­vi­si­ons-Ver­bot für den bos­ni­schen Komponisten

Nach einer hand­greif­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung zwi­schen dem Kom­po­nis­ten und Pro­du­zen­ten des dies­jäh­ri­gen bos­ni­schen Euro­vi­si­ons­bei­trags ‘Lju­bav je’, Almir Aja­no­vić, und dem Rap­per Jala muss Ers­te­rer im Mai zu Hau­se blei­ben und darf die bos­ni­sche Dele­ga­ti­on nicht nach Stock­holm beglei­ten, wie esc­to­day heu­te berich­tet. Nach dem Zwi­schen­fall habe die Teil­nah­me des Bal­kan­lan­des, wel­ches 2016 nach drei­jäh­ri­ger Pau­se erst­ma­lig wie­der zum Mit­ma­chen über­re­det wer­den konn­te, sogar kurz­zei­tig auf der Kip­pe gestan­den. Was war pas­siert? Am ver­gan­ge­nen Diens­tag weil­te die bos­ni­sche Dele­ga­ti­on auf Ein­la­dung des Pri­vat­sen­ders Hayat TV (der für die Ver­tre­ter des Lan­des bei der Türk­vi­zyon ver­ant­wort­lich zeich­net) zur Auf­zeich­nung einer Show im Vlašić-Mas­siv. Im Anschluss saß man in einem Gast­haus in der Berg­re­gi­on noch in feucht-fröh­li­cher Run­de bei­ein­an­der – um den 34. Geburts­tag von Lead­sän­ger Deen (BA 2004) zu bege­hen, wie euro­vi­sio­na­ry berich­tet (laut Wiki­pe­dia erblick­te Fuad Back­ović ali­as Deen aber erst am 14. April das Licht der Welt, sein Ehren­tag wäre damit heu­te). Jeden­falls, soviel kann als gesi­chert gel­ten, wur­de das ein oder ande­re geis­ti­ge Getränk gebe­chert. Im Ver­lau­fe des Abends soll es dann zu einer erhitz­ten Dis­kus­si­on zwi­schen Aja­no­vić und Jala, der bür­ger­lich auf den Namen Jas­min Faz­lić hört, gekom­men sein. Nun löst die Teu­fels­dro­ge Alko­hol bei ent­spre­chend prä­dis­po­nier­ten Men­schen gele­gent­lich nicht nur die Zun­ge, son­dern auch die Fäus­te: Almir griff Jala kör­per­lich an.

Da war die Welt noch vol­ler Lju­bav: der bos­ni­sche Vie­rer in pit­to­res­ker Kulisse.

In einer ers­ten Mel­dung von Radio Sara­je­vo hieß es, Faz­lić habe eine gebro­che­ne Nase davon getra­gen, was die­ser aber umge­hend demen­tier­te: “Ich muss alle ent­täu­schen, die gehofft hat­ten, ich sei ins Gesicht geschla­gen wor­den,” schrieb er auf sei­nem Face­book-Account. Er sei wohl­auf. Den­noch for­der­te die Wirts­haus­schlä­ge­rei Opfer, wie meist in sol­chen Fäl­len unbe­tei­lig­te Drit­te: der Sän­ger Šaćir Ahme­ti, eben­falls Gast des Sen­ders Hayat TV, fing sich ein blau­es Auge, als ihn eine Fla­sche traf, die Aja­no­vić eigent­lich auf Jala wer­fen woll­te. Auch Deens Duett­part­ne­rin Dal­al Mid­hat-Tala­kić habe Almirs Faust zu schme­cken bekom­men, als sie schlich­ten woll­te. Der bos­ni­sche Vie­rer­bob spiel­te die Gescheh­nis­se am Mitt­woch nach Lei­bes­kräf­ten her­un­ter – Ahme­ti aber brach­te den Vor­fall zur Anzei­ge. Die bos­ni­sche Dele­ga­ti­ons­lei­te­rin Lej­la Babo­vic – Insi­der-Gos­sip zufol­ge die rea­le Inspi­ra­ti­on für den ster­bens­schö­nen Bei­trag des Lan­des aus dem Jah­re 2006 – zeig­te sich von dem Zwi­schen­fall scho­ckiert und warf den Song­schrei­ber und Pro­du­zen­ten des Titels ‘Lju­bav je’ aus dem Team. Euro­vi­sio­na­ry zufol­ge habe kurz­zei­tig auch ein kom­plet­ter Rück­zug des Lan­des zur Dis­kus­si­on gestan­den – nach Kon­sul­ta­tio­nen Babo­vics mit der EBU, die wohl sanft bedeu­te­te, dass in die­sem Fall den­noch die vol­le Teil­nah­me­ge­bühr fäl­lig sei, ent­schied man sich aber, weiterzumachen.

The War is not over.

Eine Ent­schei­dung, die auch Bos­ni­ens ers­ter Reprä­sen­tant von 1993, Faz­la, begrüß­te: “wenn nach dem gest­ri­gen Vor­fall jemand ‘bestraft’ gehört, dann soll­te es nicht das gan­ze Team sein, son­dern Ein­zel­ne. Bos­ni­en soll­te sich des­we­gen nicht zurück­zie­hen”. Der “Ein­zel­ne” gab zwi­schen­zeit­lich eine öffent­li­che Ent­schul­di­gung ab. Auf­grund des hohen Drucks, der mit der Euro­vi­si­ons­teil­nah­me auf ihm und dem gan­zen Team las­te und den er nur schwer ver­kraf­te­te, habe er sich Tran­qui­li­zer ver­schrei­ben las­sen. In Ver­bin­dung mit dem genos­se­nen Alko­hol hät­ten die­se zu der Kurz­schluss­re­ak­ti­on geführt, die er zutiefst bedaue­re: “glau­ben Sie mir, ich kann mir selbst am schwers­ten ver­ge­ben,” schrieb er in einem offe­nen Brief. Zwar sei der Vor­fall von den Medi­en auf­ge­bauscht wor­den – “von der Spit­ze des Vlašić-Ber­ges gerollt wie ein Schnee­ball, in Sara­je­wo ange­kom­men als Lawi­ne,” wie er es for­mu­lier­te, den­noch sei er natür­lich bereit, von sei­ner Posi­ti­on als aus­füh­ren­der Pro­du­zent zurück­zu­tre­ten, “wenn es zum Wohl unse­res Teams erfor­der­lich ist”. Im Dun­keln bleibt indes der Aus­lö­ser für den aus den Fugen gera­te­nen Streit. Der isis­bär­ti­ge Jalal, der sei­nen Rap-Part selbst schrieb, sei laut Wiki­pe­dia ursprüng­lich nicht als Ensem­ble­mit­glied geplant gewe­sen. Teil­te Kom­po­nist Almir Aja­no­vić die Vor­be­hal­te vie­ler geschmack­lich kon­ser­va­ti­ver Euro­vi­si­ons­fans gegen die Ein­be­zie­hung des Rap­pers in die Bal­kan-Bal­la­de? Jeden­falls lehrt der unschö­ne Vor­fall wie­der­um eines: nicht die Dro­gen mischen, immer bei einer Sor­te bleiben!

Jala: Ein Dom, kei­ne Fra­ge (Reper­toire­bei­spiel).

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