Fes­ti­vali i Kën­gës: mehr Demo­kra­tie wagen

Wie Euro­voix heu­te berich­tet, soll das Publi­kum beim alba­ni­schen Euro­vi­si­ons­vor­ent­scheid erst­ma­lig ein Mit­spra­che­recht erhal­ten. Das seit 2008 als natio­na­les Fina­le genutz­te, seit 55 Jah­ren bestehen­de und in Anleh­nung an das ita­lie­ni­sche San-Remo-Fes­ti­val gegrün­de­te Fes­ti­vali i Kën­gës, bei dem bis­lang eine mit ver­dien­ten Künstler/innen des Vol­kes und Funk­tio­nä­ren besetz­te Jury das allei­ni­ge Sagen hat­te, öff­net sich damit erst­ma­lig der Vox popu­li. Wenn auch mit ganz behut­sa­men Baby­schrit­ten: in den bei­den Semis des FiK, in denen ins­ge­samt 24 Acts antre­ten, bestimmt ein aus hand­ver­le­se­nen Zuschauer/innen zusam­men­ge­setz­tes Panel drei Titel, die ins Fina­le ein­zie­hen dür­fen. Eine Pres­se­ju­ry wählt wei­te­re drei Fina­lis­ten, die ein­gangs erwähn­te Sen­der­ju­ry hin­ge­gen gan­ze acht. Schon klar, wer hier die Hosen anhat! Im Fina­le selbst gibt es einen 60/40-Split, und natür­lich zählt das Votum der “Pro­fes­sio­nel­len” auch hier mehr. So ganz schei­nen die RTSH-Ver­ant­wort­li­chen dem gemei­nen Plebs also noch nicht zu trau­en. Mit wem man als alba­ni­scher Grand-Prix-Fan schla­fen muss, um einen Platz in der Zuschau­er­ju­ry zu ergat­tern, dar­über schweigt sich der Sen­der indes aus. Ein offi­zi­el­ler Sen­de­ter­min steht eben­falls noch nicht fest, wobei die Show tra­di­tio­nell um Weih­nach­ten her­um über die Büh­ne geht. Wenn sich die Alba­ner jetzt noch über­win­den kön­nen, ihren Bei­trag in Lan­des­spra­che und ohne die meist kata­stro­pha­len musi­ka­li­schen Umbau­ar­bei­ten am aus­ge­wähl­ten Song gen Kiew zu schi­cken, könn­te es viel­leicht auch mal wie­der was werden…

Wer hat mein Lied so zer­stört, Ma? Ene­da Gebühr mit der Ori­gi­nal­fas­sung ihres ESC-Bei­trags von 2016.

Unter­des­sen ergeht sich escX­tra in Spe­ku­la­tio­nen, dass die EBU den frei­en Start­platz Bos­ni­ens (des­sen Bun­des­sen­der BHRT gera­de vor dem Aus steht, weil sich die bei­den Enti­tä­ten wei­gern, das aus­ge­lau­fe­ne TV-Gebüh­ren-Gesetz, das eine – de fak­to kaum ernst­haft ein­ge­trie­be­ne – Haus­halts­ab­ga­be in Höhe von etwa 4 Euro jähr­lich [!] beinhal­te­te, zu ver­län­gern) mög­li­cher­wei­se mit der frü­he­ren rus­si­schen Repu­blik Kasach­stan auf­fül­len könn­te. Das zen­tral­asia­ti­sche Land am Kas­pi­schen Meer ist seit Janu­ar 2016 asso­zi­ier­tes Mit­glied der EBU und bekun­de­te bereits mehr­fach sein Inter­es­se am Euro­vi­si­on Song Con­test. Bis­lang kön­nen aller­dings, so escX­tra wei­ter, offi­zi­ell nur Voll­mit­glie­der mit­ma­chen, und dazu müss­te das Land eigent­lich west­lich des vier­zigs­ten Brei­ten­gra­des lie­gen oder in den Euro­pa­rat auf­ge­nom­men wer­den. Letz­te­res schei­ter­te – trotz lau­fen­der Ver­hand­lun­gen – bis­lang an den ekla­tan­ten Demo­kra­tie­de­fi­zi­ten in dem auto­ri­tär geführ­ten Staat, in dem die Wah­len in schlech­tes­ter DDR-Tra­di­ti­on teils so krass mani­pu­liert wer­den, dass die Prä­si­den­ten­par­tei alle Sit­ze im Par­la­ment erhält. Ande­rer­seits tritt Aser­bai­dschan seit vie­len Jah­ren beim Grand Prix an, und dort sieht es nicht viel bes­ser aus. Sel­bi­ge Erd­öl­na­ti­on liegt im übri­gen, wie alle Kau­ka­sus­staa­ten, eben­falls öst­lich des EBU-Meri­di­ans. Wiki­pe­dia zufol­ge wer­den zudem “etwa 5,4 Pro­zent der Lan­des­flä­che Kasach­stans dem äußers­ten Ost­eu­ro­pa zuge­rech­net”.

Boy­band-Pop kön­nen sie schon mal: der kasa­chi­sche Türk­vi­zyons-Bei­trag 2013.

Und das sind immer­hin 5,4% mehr Lan­des­flä­che als im Fal­le Aus­tra­li­ens, das seit 2015 “auf Ein­la­dung” der EBU mit­macht. EscX­tra zufol­ge tra­ge sich die Gen­fer Orga­ni­sa­ti­on gera­de mit dem Gedan­ken einer mög­li­chen Regel­än­de­rung. Wie die­se aus­se­hen könn­te, dazu hüllt man sich aber der­zeit noch in Schwei­gen. Von den asso­zi­ier­ten Mit­glie­dern (auf die es hin­aus­lau­fen könn­te) haben bis­lang Aus­tra­li­en, Chi­na und Kasach­stan bekun­det, ger­ne dau­er­haft mit­sin­gen zu wol­len. Der rie­si­ge Viel­völ­ker­staat kann dabei auf eine rei­che kul­tu­rel­le Tra­di­ti­on ver­wei­sen – und auf Wett­be­werbs­er­fah­rung: bei der Türk­vi­zyon ist Kasach­stan von Anfang an dabei, und das mit stets fan­tas­ti­schen Bei­trä­gen und gro­ßem Erfolg. 2014 gewann man die Cho­se sogar. Ich gebe zu, ich hät­te das Land des­we­gen ger­ne dabei. Gleich­zei­tig lässt sich nicht von der Hand wei­sen, dass die Euro­vi­si­on ihren Mar­ken­kern mit einer sol­chen Ent­schei­dung immer wei­ter ver­wäs­sert. Kann ich Aus­tra­li­en im Hin­blick auf sei­ne Kul­tur­ge­schich­te als ehe­ma­li­ge bri­ti­sche Sträf­lings­ko­lo­nie (und auf­grund mei­ner per­sön­li­chen Wert­schät­zung für Kylie Mino­gue) pro­blem­los als gefühlt zu Euro­pa gehö­rend adop­tie­ren, so will mir das im Fal­le Chi­nas über­haupt nicht gelin­gen. Und auch bei der USA, wo man die Show 2016 erst­mals live – auf einem schwu­len Spar­ten­ka­nal – über­trug, gilt für mich: nur schau­en, nicht anfas­sen. Wo aber will man die Gren­ze zie­hen, und mit wel­cher Begrün­dung? Oder soll­ten wir ein­fach mehr Song Con­test wagen? Und bekommt man die Büch­se der Pan­do­ra über­haupt wie­der zu?

Gerüch­ten zufol­ge könn­te sie 2017 für Kasach­stan beim ESC star­ten: Zha­nar Duga­lo­va, die Türk­vi­zyons-Gewin­ne­rin von 2014. Doch, die will ich dabei haben!

Was meinst Du: soll Kasach­stan beim ESC mit­ma­chen dürfen?

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1 Comment

  • Da Kasach­stan geo­gra­fisch zu einem grö­ße­ren Teil in Euro­pa liegt, als z.B. die Tür­kei, fra­ge ich mich, mit wel­cher Begrün­dung das Land nicht im Radi­us der EBU liegt, gleich­zei­tig das besetz­te Paläs­ti­na seit gefühl­ten Jahr­hun­der­ten mit­ma­chen darf, und neu­er­dings auch Australien.
    Wenn man extra Bröt­chen backt, dann doch in ers­ter Linie für (teil-)europäische Staaten.
    Um frü­he­re, mit­ler­wei­ler bank­rot­te, Teil­neh­mer küm­mert sich die EBU auch lei­der weniger.

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