Das ECG-Tref­fen: Köni­gin Kali­o­pi regier­te in Köln

Sie liebt uns alle. Das wur­de die maze­do­ni­sche Grand-Prix-Köni­gin (→ MK 1996, 2012, 2016) Kali­o­pi nicht müde, ein ums ande­re mal zu beto­nen bei ihrem Auf­tritt am ver­gan­ge­nen Sams­tag im Köl­ner Glo­ria. Die Bal­kan-Power­frau mit der unglaub­li­chen Aus­strah­lung war dort Teil eines nach­ge­ra­de unfass­ba­ren Line-Ups an Star­gäs­ten beim jüngs­ten Fan­club­tref­fen des EC Ger­ma­ny. Kali­o­pi, kurz­fris­tig ein­ge­sprun­gen für die bul­ga­ri­sche Kol­le­gin Poli Geno­va (→ BG 2011, 2016), die trotz vor­he­ri­ger Zusa­ge einen Gig beim zeit­gleich in Mal­ta statt­fin­den­den Juni­or ESC vor­zog, schlug den aus­ver­kauf­ten Saal kom­plett in ihren Bann. Und das, obwohl (oder gera­de weil) ihr Set – mit Aus­nah­me einer deutsch gesun­ge­nen Hom­mage an ‘Ein biss­chen Frie­den’ – aus­schließ­lich aus jugo­sla­wi­schen Lie­dern bestand. Dar­un­ter natür­lich ihren je nach Zähl­wei­se zwei bzw. drei Euro­vi­si­ons­bei­trä­gen (der von 1996 schei­ter­te damals – wie der deut­sche – an der ver­ma­le­dei­ten Jury) und, zu mei­nem gro­ßen per­sön­li­chen Ent­zü­cken, ihrem 2013er Hit ‘Loko­mo­ti­va’ als Zuga­be. Doch nicht nur sie sorg­te für Stan­ding Ova­tions bei den 400 ange­reis­ten Fans: auch Mari­an­na Zor­ba (→ GR 1997) erzeug­te mit von ihrem Mann musi­ka­lisch beglei­te­ten, fra­gil-inti­men Live-Inter­pre­ta­tio­nen hel­le­ni­scher Euro­vi­si­ons­bei­trä­ge der Neun­zi­ger­jah­re, alle­samt in Lan­des­spra­che, Gän­se­haut im Glo­ria. Die mitt­ler­wei­le in Wup­per­tal hei­mi­sche Grie­chin stell­te somit unter Beweis, was für fan­tas­ti­sche Bei­trä­ge ihr Land damals hat­te, obwohl es sel­ten den gerech­ten Punk­te-Lohn erhielt. Und, eben­so wie Kali­o­pi das tat, dass man ech­te Euro­vi­si­ons-Fans eben auch mit nicht mit­singba­ren Grand-Prix-Songs packen kann. Anders übri­gens als die noch aktu­el­le spa­ni­sche Reprä­sen­tan­tin Barei, die aus­schließ­lich in Eng­lisch per­form­te und wohl eher die in Köln zah­len­mä­ßig aller­dings unter­le­ge­ne Frak­ti­on der jugend­li­chen Bumms­beat-Befür­wor­ter anspre­chen soll­te. Und das sage ich, obwohl ich ihren Bei­trag ‘Say yay’ sehr mag! Ihr rest­li­ches Pro­gramm konn­te jedoch nur mäßig mitreißen.

Was für eine Frau! Es ist unmög­lich, Kali­o­pis Charme nicht zu erliegen

Etwas, vor­über sich die deut­sche Euro­vi­si­ons- und Schla­ger­kö­ni­gin Mary Roos (→ DE 1972, 1984, Vor­ent­scheid 1970, 1975, 1982) kei­ne Gedan­ken machen muss­te. Die wun­der­bar unprä­ten­tiö­se und tie­fen­ent­spann­te Künst­le­rin wur­de ihrer Rol­le als Head­line­rin mehr als gerecht und ser­vier­te, von nicht enden wol­len­dem Applaus umtost, zahl­rei­che von den Fans wie aus einer Keh­le beglei­te­ten Kost­pro­ben aus ihrer sechs Jahr­zehn­te umfas­sen­den musi­ka­li­schen Kar­rie­re, dar­un­ter natür­lich auch den namens­ge­ben­den Titel die­ser beschei­de­nen klei­nen Euro­vi­si­ons­sei­te. Zwi­schen­drin gab sie köst­li­che, eige­niro­ni­sche Sot­ti­sen aus dem Büh­nen­pro­gramm ‘Nut­ten, Koks und fri­sche Erd­bee­ren’ zum Bes­ten, mit dem sie seit 2015 gemein­sam mit dem Come­di­an Wolf­gang Trep­per durch die Mehr­zweck­hal­len und Bür­ger­häu­ser die­ser Repu­blik zieht und des­sen Besuch ich jeder Lese­rin und jedem Leser die­ser Sei­te nach eige­ner Begut­ach­tung mit volls­ter Über­zeu­gung nur wärms­tens emp­feh­len kann. Natür­lich lagen ihr die Fans im Glo­ria zu Füßen und flo­gen ihr die Her­zen rei­hen­wei­se zu. Doch auch an die Läs­ter­schwes­tern hat­ten die Jungs und Mädels des Euro­vi­si­on Club Ger­ma­ny gedacht und Yvonne Grün­wald ein­ge­la­den, ihres Zei­chens ehe­ma­li­ge Akkor­deo­nis­tin bei Elai­za (→ DE 2014) und nun­mehr eine Hälf­te des Duos Auro­ra-Mehl. Oder so ähn­lich, den genau­en Namen muss sich sowie­so nie­mand mer­ken, wer­den wir nie wie­der was von hören. Von ihrem Auf­tritt blieb vor allem eine gefühlt vier­stün­di­ge Luft­quetschn-Free­style-Vari­an­te von ‘Ein biss­chen Frie­den’ im Gedächt­nis, mit wel­cher ver­mut­lich selbst den hart­ge­sot­tens­ten Sie­ge­lis­ten der Spaß an die­sem Lied aus­ge­trie­ben wer­den soll­te. Was auch gelang.

Die Hele­ne Fischer der Bron­ze­zeit” und ihr Beglei­ter (nicht in Köln)

Der deut­sche Dele­ga­ti­ons­lei­ter Tho­mas Schrei­ber vom NDR stat­te­te dem ECG eben­falls einen Besuch ab und erzähl­te auf der Büh­ne nichts Neu­es zum Vor­ent­scheid 2017. Den­noch durf­ten wir unse­ren nächs­ten Reprä­sen­tan­ten ken­nen­ler­nen: den gebür­ti­gen Bakuer und jet­zi­gen Köl­ner Sey­ran näm­lich, der uns in weni­gen Wochen bei der Türk­vi­zyon ver­tritt. Lei­der konn­te er sei­nen Bei­trag noch nicht vor­stel­len, dafür über­zeug­te er jedoch mit einer sehr gefühl­vol­len Vari­an­te des Udo-Jür­gens-Klas­si­kers ‘Mer­ci, Ché­rie’ (→ AT 1966), sei­nem eige­nen Herz­schmerz­schla­ger ‘Nur die Lie­be zählt’ und einer Leder­ja­cke, für die Micha­el Jack­son wohl getö­tet hät­te. Für die schöns­ten Momen­te sorg­ten jedoch erneut die Fan­club-Macher/in­nen und ‑Mit­glie­der selbst. Gleich drei selbst­pro­du­zier­te, auf­wän­dig requi­si­tier­te und wun­der­bar trä­shi­ge Euro­vi­si­ons­mu­si­cals hat­ten die flei­ßi­gen ECGler in uner­müd­li­cher Arbeit zusam­men­ge­stellt, von einer herr­li­chen und herz­er­grei­fen­den Per­si­fla­ge auf die rus­sisch-ukrai­ni­schen Span­nun­gen über eine Auf­ar­bei­tung des olym­pi­schen Doping­skan­dals des Putin-Reichs bis hin zu ‘Wod­ka für die Köni­gin’ – nein, damit war weder Kali­o­pi noch Mary gemeint, son­dern die fik­ti­ve Regen­tin Mona­cos. Es erwies sich jedoch auch, dass die­se mit viel Lie­be und Herz­blut pro­du­zier­ten Stü­cke den Zuschau­er genau so for­dern wie die Darsteller/innen – kam man dank stei­gen­den Lebens­al­ters, fort­schrei­ten­der Ver­kal­kung und sin­ken­der Sau­er­stoff­sät­ti­gung im bums­vol­len Glo­ria nicht in die erzähl­te Geschich­te hin­ein, wie mei­ne Wenig­keit bei letz­tem Mach­werk, dann begann das akus­ti­sche Dau­er­feu­er der Zehn-Sekun­den-Schnip­sel aus Euro­vi­si­ons- und Schla­ger­ti­teln irgend­wann, an den Ner­ven zu sägen. Was jedoch, das muss hier gesagt sein, nicht die Schuld der Macher/innen ist, son­dern ein­zig und allein die des unauf­merk­sa­men Rezi­pi­en­ten. Als per­sön­li­cher Höhe­punkt des Abends erwies sich aber die ori­gi­nal­ge­treue Dar­bie­tung des Trash-Spit­zen­er­zeug­nis­ses und Kult­kra­chers ‘Hal­lo Adam, hal­lo Eva’ (→ Vor­ent­scheid 1980) von Oli­ver Jukic und Chris­toph Spitz­mül­ler in ori­gi­nal­ge­treu­en, hand­ge­klöp­pel­ten Eis­lauf­kos­tü­men. Drei Minu­ten Voll­play­back: eine herr­li­che Hom­mage und per­fek­te Unter­hal­tung. Bit­te mehr davon!

Noch gefehlt zum Glück: einer der tra­shigs­ten deut­schen Vorentscheidungsperlen

Den Abschluss des lan­gen, aber kei­nes­falls zu lan­gen Abends bil­de­te wie immer die Grand-Prix-Dis­co mit DJ Ohr­meis­ter, der sich mei­ne herz­lichs­te Zunei­gung allei­ne schon dafür ver­dien­te, dass er das gran­dio­se ‘Lai­ka’ der Hun­gry Hearts aus der nor­we­gi­schen Vor­ent­schei­dung 2016 auf­leg­te. Und auch sonst mit skan­di­na­vi­schen Schla­ger­per­len nicht spar­te. Wes­we­gen auch die­ser Nach­be­richt so spät kommt – nach einer der­art durch­tanz­ten Nacht brau­che ich in mei­nem bibli­schen Alter halt etwas län­ger zur Rekon­va­les­zenz. Hat sich aber gelohnt – ich freu mich schon aufs nächs­te Mal, was im übri­gen am 25. Novem­ber 2017 sein wird, erneut im Köl­ner Glo­ria. Also bereits im Ter­min­ka­len­der notie­ren und recht­zei­tig reservieren!

Sieht aus wie eine Fan­club-Par­odie, ist aber der Ori­gi­nal­auf­tritt: die Hun­gry Hearts beim nor­we­gi­schen Vorentscheid

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