Eurofest 2017: das fein­ge­stimm­te Navi der Jury

Auf­fäl­li­ger hät­te die Schie­bung durch die inter­na­tio­nal besetz­te, sen­der­ei­ge­ne Jury beim gest­ri­gen Vor­ent­scheid in “Euro­pas letz­ter Dik­ta­tur” Weiß­russ­land nicht aus­fal­len kön­nen. Nach der Vor­stel­lung aller 13 Wett­be­werbs­ti­tel lag näm­lich das Büb­chen­duo Pro­vo­kat­si­ya, eine Art Bros-Gedächt­nis­band, mit dem ent­setz­li­chen ‘My Love’ in der SMS-Abstim­mung mit wei­tem Abstand vor­ne, und das trotz des ohren­be­täu­bend jau­li­gen, völ­lig schie­fen Gewin­sels der bei­den Milch­f­läu­me, die jedoch zuvor wohl irgend­ei­ne Kin­der-Cas­ting­show gewan­nen und auf uner­müd­lich voten­de puber­tä­re Mäd­chen set­zen durf­ten. Doch im Anschluss an die Bekannt­ga­be die­ses Zwi­schen­stands schob der bela­rus­si­sche Sen­der einen end­los lan­gen Pau­sen­block mit min­des­tens 13 wei­te­ren Über­brü­ckungs­lie­dern ein (dar­un­ter die neu­es­te Sin­gle des 2014er Reprä­sen­tan­ten und gest­ri­gen Mode­ra­tors Teo, immer noch so schlei­mig und sexy wie einst), wäh­rend dem die Juro­ren sich hin­ter den Kulis­sen geschlos­sen dazu ent­schie­den, die offen­bar unge­lieb­ten Publi­kums­fa­vo­ri­ten sicher­heits­hal­ber mit gene­rö­sen null Punk­ten (!) zu beden­ken und statt ihrer das mitt­ler­wei­le zum drit­ten Mal teil­neh­men­de Duo Navi – ledig­lich Fünf­te im Zuschau­er­vo­ting – nach vor­ne zu manipulieren.

Plea­se go easy on the Mate-Tee: Navi (BY)

Eine sehr klu­ge Ent­schei­dung, da war sich die den Vor­ent­scheid im Inter­net ver­fol­gen­de inter­na­tio­na­le Fan­ge­mein­de einig. Han­delt es sich bei dem schwung­vol­len, upt­em­po­rä­ren Folk-Knal­ler ‘Histo­ry­ja majho žyccia’ (‘Geschich­te mei­nes Lebens’), dem ein­zi­gen lan­des­sprach­li­chen Wett­be­werbs­bei­trag des Eurofes­tes, schließ­lich um eine aus­ge­spro­chen mit­sing- und mit­klatsch­freund­li­che, irgend­wie nied­li­che Num­mer mit vie­len ‘Hey’s und ‘La la la’s, von dem sym­pa­thi­schen Pär­chen (er mit Wuschel­lo­cken­kopf, sie mit lus­ti­ger Min­nie-Maus-Fri­sur) extrem ener­ge­tisch vor­ge­tra­gen. Sie erin­nert im bes­ten Sin­ne an Grand-Prix-Klas­si­ker wie ‘De Trou­ba­dour’ (→ NL 1969) und ‘Fire­light’ (→ MT 2014) und dürf­te in Kiew pro­blem­los bis ins Fina­le vor­sto­ßen. Auf wenig Gegen­lie­be bei der Jury stieß auch die Zweit­plat­zier­te im Publi­kums­vo­ting und dies­jäh­ri­ge pol­ni­sche Türk­vi­zyons­ver­tre­te­rin Olga Schi­mans­ka­ja, bes­ser bekannt unter ihrem bela­rus­si­schen Künst­le­rin­nen­na­men Napo­li, die mit ‘Let’s come tog­e­ther’, einem von ins­ge­samt drei­en das Wort “zusam­men” beinhal­ten­den Wett­be­werbs­ti­tel beim Eurofest, einen sehr far­ben­fro­hen Auf­tritt hinlegte.

Will Dich auch, wenn’s reg­net oder schneit: die Puschnova.

Zu die­sen Zusam­men­kunfts­lie­dern zähl­te auch der zu mei­nem Leid­we­sen sehr schlecht abschnei­den­de klas­si­sche Euro­vi­si­ons­schla­ger ‘We should be tog­e­ther’ einer Sän­ge­rin mit dem gera­de­zu fan­tas­ti­schen Namen Ange­li­ca Push­no­va, selbst­re­dend mein per­sön­li­ches Lieb­lings­stück des gest­ri­gen Abends. Auf Rang zwei bei den Jurys lan­de­te die Band Nutel­la Nuto­ki Nuteki, wie Navi immer wie­der gern gese­he­ne Dau­er­gäs­te beim weiß­rus­si­schen Vor­ent­scheid. Hier stand der Lead­sän­ger anfangs in einer in Büh­nen­mit­te plat­zier­ten Gefäng­nis­zel­le, in wel­che er für das schlim­me Song­ver­bre­chen ‘Take my Heart’ auch ein­ge­sperrt gehör­te. Unver­ständ­li­cher­wei­se befrei­te man ihn spä­ter dar­aus. Beson­de­re Erwäh­nung ver­dient noch der put­zi­ge Niki­ta Hodas, der über die ‘Voices in my Head’ berich­te­te, dabei krampf­haft ein gel­bes Reclam-Heft­chen in der Hand hielt, aus dem er in der Song­mit­te sto­ckend rezi­tier­te, dabei waid­wund in die Kame­ra blick­te wie ein getre­te­ner Hun­de­wel­pe und auch exakt so jaulte.

Awww… der klei­ne Niki­ta möch­te am Bäl­le­bad abge­holt werden!

Dass man dem juve­ni­len Unter­arm­tä­to­wier­ten drei erwach­se­ne Chorsänger/innen zur Sei­te stell­te, schien ihn nur noch ner­vö­ser zu machen. Gut, dass ich nicht in Minsk im Publi­kum saß (des­sen demons­tra­ti­ven Begeis­te­rungs­un­wil­len der TV-Sen­der mit ohren­be­täu­ben­dem Dosen­ap­plaus sehr *räus­per* geschickt über­tön­te), sonst hät­te ich wohl nicht an mich hal­ten kön­nen, auf die Büh­ne zu stür­men und Niki­ta trös­tend zu umar­men. Ein hoch ver­gnüg­li­cher Abend ins­ge­samt, mit erfreu­li­chem Aus­gang! Bleibt nur zu hof­fen, dass das weiß­rus­si­sche Fern­se­hen nicht dem schlech­ten alba­ni­schen Bei­spiel folgt und sei­ne Chan­cen durch eine Angli­fi­zie­rung des Bei­trags zunich­te macht.

Haben Navi in Kiew Chan­cen aufs Finale?

  • Wenn sie es in Weiß­rus­sisch belas­sen, ja. (52%, 32 Votes)
  • Nie­mals. Das ist sowas von 2014. (24%, 15 Votes)
  • Aber unbe­dingt! Das könn­te dort sogar in die Top Ten gehen! (21%, 13 Votes)
  • Höchs­tens, wenn sie es auf Eng­lisch sin­gen. (3%, 2 Votes)

Total Voters: 62

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