Mel­lo-Scho­cker: respekt­lo­se Schwe­den schmei­ßen Loreen raus!

Es ist frag­los der abso­lu­te Scho­cker der Vor­ent­schei­dungs­sai­son 2017: in der Andra Chan­sen (AC), dem Duell der Mit­tel­feld­plat­zier­ten aus den Melo­di­fes­ti­valen-Vor­run­den der vier ver­gan­ge­nen Sams­ta­ge, schei­ter­te am heu­ti­gen Abend die Euro­vi­si­ons­ge­win­ne­rin von 2012, die gro­ße Loreen, mit ihrem düs­te­ren Titel ‘State­ments’, einem eher als arti­fi­zi­el­les Gesamt­kunst­werk denn als fröh­lich-leich­te Pop­kost zu degus­tie­ren­dem Song, an den offen­sicht­lich kom­plett geschmacks­ge­stör­ten schwe­di­schen Televoter/innen. Und als wäre der Umstand, dass die eins­ti­ge Euro­vi­si­ons­hel­din sich über­haupt der Ernied­ri­gung der Zwei­ten Chan­ce aus­set­zen muss­te, nicht schon beschä­mend genug für das skan­di­na­vi­sche Völk­chen, so ver­grö­ßer­te der Mel­lo-Ver­ant­wort­li­che Chris­ter Björk­man, sei­nes Zei­chens Letzt­plat­zier­ter von 1992, die Schmach noch ins Unend­li­che, in dem er die Grand-Prix-Legen­de gegen ein blas­ses Milch­büb­chen namens Anton Hag­man antre­ten ließ. Einen völ­li­gen New­co­mer also, jeman­den, den ein künst­le­ri­sches Schwer­ge­wicht wie Loreen eigent­lich mit links von der Büh­ne fegen soll­te. Nun ist ‘State­ments’ zuge­ge­be­ner­ma­ßen kein ein­gän­gi­ges, leicht kon­su­mier­ba­res Lied­lein, son­dern sper­rig und anspruchs­voll, aber am heu­ti­gen Abend von Loreen und ihren Tanz­zom­bies über­zeu­gend in Sze­ne gesetzt. Und Hag­mans sehe­risch beti­tel­tes ‘Kiss you good­bye’ bot nun über­haupt kei­ner­lei musi­ka­li­schen oder künst­le­ri­schen Nähr­wert. Es war ein abso­lu­tes Nichts von einem Titel, dar­ge­bo­ten von einem abso­lu­ten Nichts von Sän­ger – und der konn­te die kom­mer­zi­ell erfolg­reichs­te Euro­vi­si­ons­ge­win­ne­rin die­ses Jahr­zehnts besie­gen? Was da heu­te Abend in Land der Elche und Schraub­re­ga­le geschah, ist an Respekt­lo­sig­keit und kul­tu­rel­ler Igno­ranz kaum zu über­bie­ten. Es lässt mich an mei­ner bis­he­ri­gen lei­den­schaft­li­chen Ableh­nung der Bevor­mun­dung des Publi­kums durch die Jury ernst­haft zwei­feln und mich mei­nen Ruf zur kol­lek­ti­ven Ent­mün­di­gung der Schwe­den erneuern.

Müs­sen nun wie­der in den Sumpf zurück: Loreen und ihre unto­ten Moor­lei­chen (SE)

Wozu nicht nur das Loreen-Gate bei­trug. Auch in den ande­ren drei Duel­len der heu­ti­gen AC traf das Publi­kum aus­nahm­los pro­ble­ma­ti­sche Ent­schei­dun­gen. So bevor­zug­te es bei­spiels­wei­se eine der­be vor sich hin flu­chen­de Gos­sen­gö­re (Lisa Ajax mit ‘I don’t give a’ – der ver­zwei­fel­te Ver­such, mit einem kal­ku­lier­ten Tabu­bruch über die Sub­stanz­lo­sig­keit des eige­nen Songs hin­weg­zu­täu­schen) gegen­über einem hel­den­haft kämp­fen­den, sei­nen Lebens­traum ver­wirk­li­chen­den Unfall­op­fer mit einem über­zeu­gen­den Dance-Titel (Axel Schyl­ström mit När ingen ser’) sowie einen socken­lo­sen Schwar­zen mit dem wohl wei­ßes­ten RnB-Song seit Men­schen­ge­den­ken gegen­über einem fabel­haf­ten Quar­tett von ver­spielt-ent­spann­ten Gen­der­ben­dern, die Con­chi­ta Wursts (→ AT 2014) selbst­be­wuss­te Bot­schaft mit der größt­mög­li­chen Selbst­ver­ständ­lich­keit wei­ter­leb­ten (Boris René vs. Dis­missed). Gleich zwei wei­te­re ver­pass­te Chan­cen also, Grö­ße zu bewei­sen und ech­te Vor­zei­ge­acts mit einer Geschich­te bzw. einer Aus­sa­ge ins Mel­lo-Fina­le zu schi­cken. Doch das wäre noch zu ver­schmer­zen gewe­sen, hät­ten die Schwe­den nicht auch noch im ers­ten Duell des Abends, dem Boy­band-Zwei­kampf, tief ins Klo gegrif­fen, als sie statt des wun­der­bar bil­li­gen, aber per­fekt in Sze­ne gesetz­ten und spaß­brin­gen­den Ven­ga­boys-Gedächt­nis­ti­tels ‘Road Trip’ der vier kna­cki­gen, super­se­xy Ker­le von Det ver Du die drei eher beim Juni­or-ESC rich­tig auf­ge­ho­be­nen Milch­büb­chen von FO&O mit ihren schreck­li­chen Fri­su­ren und ihrem seich­ten Gejal­ler wei­ter­wähl­ten. Mit dem heu­ti­gen Kata­stro­phen­er­geb­nis des AC ver­bleibt somit im Melo­di­fes­ti­valen-Fina­le am nächs­ten Sams­tag exakt ein ein­zi­ger eini­ger­ma­ßen erträg­li­cher Bei­trag, näm­lich der von Robin Beng­ts­son. Und wet­ten, dass die Schwe­den auch die­se Wahl wie­der versemmeln?

Andro­gy­ni­tät kann super sexy sein: Dis­missed vom schwe­di­schen Publi­kum, leider

2 Comments

  • Könn­te es nicht sein, dass die Rus­sen das Tele­vo­ting gehackt haben,um im Vor­feld einen der aus­sichts­rei­chen Kon­kur­ren­ten auszuschalten? ;-))

  • Lie­ber Auf­recht­gehn, du beschreibst das Aus­schei­den von Loreen fast als eine Art Majes­täts­be­lei­di­gung. Dass sie aus­ge­rech­net gegen­über Anton Hag­man den kür­ze­ren zog ist tat­säch­lich nicht schön. Die Ent­schei­dung des Publi­kums erscheint mir den­noch nach­voll­zieh­bar und gerecht­fer­tigt, denn musi­ka­lisch emp­fand ich “State­ments” limi­tiert und das Sta­ging schlicht als too much. Mir dräng­te sich der Ein­druck auf, als hät­te der Regis­seur sich an sei­ne Stu­di­en­zeit und Fil­me von Ser­gej Eisen­stein erin­nert und ver­sucht den Auf­tritt mit Macht auf Kunst zu trim­men, viel­leicht auch um zu ver­de­cken, dass der Song an sich nur wenig Sub­stanz hat.
    Kurz: zu wenig Song und viel zuviel Inszenierung.

    PS: Loreen als “kom­mer­zi­ell erfolg­reichs­te Euro­vi­si­ons­künst­le­rin die­ses Jahr­zehnts” zu bezeich­nen erscheint mir über­trie­ben. Ein gro­ßer Hit , auch kom­mer­zi­ell, war nur ihr Sie­ger­song “Eupho­ria”. Schon dem dazu­ge­hö­ri­gen Album “Heal” gelang außer­halb von Schwe­den nur noch ein Ach­tungs­er­folg und die fol­gen­den Sin­gles konn­ten selbst in Schwe­den nichts mehr rei­ßen. Bis­lang müs­sen Loreens Ver­su­che ihrer Kar­rie­re als Sängerin/Musikerin nach 2012 fort­zu­set­zen als geschei­tert bezeich­net werden.

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