Per­len der Vor­ent­schei­dung: die Pfüt­zen von Prag

Neben belei­dig­ten Rück­zü­gen in Litau­en gab es heu­te auch neue Songs auf die Ohren: das tsche­chi­sche Fern­se­hen CT ver­öf­fent­lich­te sämt­li­che sechs Bei­trä­ge sei­ner Vor­auswahl Euro­vi­si­on Song CZ auf sei­nem You­tube-Kanal. Der im Übri­gen zugleich als Ort des Vor­ent­scheids fun­giert, denn Sen­de­zeit im Fern­se­hen räumt CT ob des gerin­gen Inter­es­ses am Euro­vi­si­on Song Con­test im Lan­de hier­für nicht frei. Statt­des­sen dür­fen die Tschech/innen ab heu­te 14 Tage lang per Euro­vi­si­on-App über ihren Lieb­lings­bei­trag abstim­men. Und nur die­se: zwar kön­nen Fans aus ande­ren Län­dern rein tech­nisch eben­falls voten, ihre Stim­men aber zäh­len nicht. Anschlie­ßend kom­men noch die Ergeb­nis­se einer inter­na­tio­na­len Jury hin­zu, und am 29. Janu­ar 2018 erfah­ren wir, wer das tsche­chi­sche Ticket nach Lis­sa­bon löst. Als hei­ßer Favo­rit gilt der sich bereits 2017 in der enge­ren Aus­wahl befind­li­che 22jährige Miko­las Josef mit dem hip­pen Stück ‘Lie to me’.

Macht ger­ne mal unter sich: der Miko­las. Wäre das übri­gens nicht der per­fek­te Name für scho­ko­lier­te Jah­res­end-Hohl­fi­gu­ren aus dem Hau­se Milka?

Als ein wenig pro­ble­ma­tisch erweist sich dabei der in den letz­ten Jah­ren viru­len­te Hang zum bil­li­gen Lyric-Video, das für alle sechs Finalist/innen pro­du­ziert wur­de, denn manch­mal ist es für einen Song bes­ser, wenn man sei­nen Text (der im übri­gen gleich mehr­fach das F‑Wort ent­hält) nicht so genau ver­steht. So erklärt uns der in jun­gen Jah­ren bereits als Model täti­ge Miko­las, die Art, wie sei­ne Ange­be­te­te sich bewe­ge, habe zur Fol­ge, dass er “eine Pfüt­ze” mache. Eine Text­zei­le, in wel­che eher auf kna­ben­haf­tes Frisch­fleisch ste­hen­de Euro­vi­si­ons­fans bei­der­lei Geschlechts bei sei­nem Anblick höchst­wahr­schein­lich seuf­zend ein­stim­men, auch wenn der Herr Josef nicht ganz so gro­tesk min­der­jäh­rig wirkt wie sein bul­ga­ri­scher Vor­jah­res­kol­le­ge Kris­ti­an Kos­tov. Aber sich bewe­gen, das kann der Break­dan­cer. Und das wol­le er auch per­for­ma­tiv nut­zen, wie er sag­te. Was natür­lich um so mehr die Fra­ge auf­wirft, ob sein sehr dick pro­du­zier­ter Track live auch noch gut klingt. Das aber wer­den wir frü­hes­tens in Lis­sa­bon erfahren.

Außen ker­nig, innen Cold­play: Eddie Stoi­low genießt man am bes­ten rein optisch.

Außer, es gewinnt über­ra­schend doch noch eine/r von Miko­las fünf Konkurrent/innen. Der beson­de­re Arbeits­schwer­punkt der Aus­wahl­ju­ry lag in die­sem Jahr auf einem mög­lichst breit­ge­fä­cher­ten musi­ka­li­schen Ange­bot, ähn­lich, wie im Vor­feld auch vom NDR für den deut­schen Vor­ent­scheid ver­kün­det. Und ich möch­te ein­mal behaup­ten, den Tsche­chen ist zumin­dest die­ser Part gelun­gen. Vom straigh­ten Hard­rock über schub­vol­len Folk­pop und ver­spiel­tem Elek­tro-Eth­no bis hin zu seich­tem Main­stream scheint tat­säch­lich für jeden etwas dabei. Aller­dings jetzt auch nichts, das in Lis­sa­bon zwin­gend das Semi­fi­na­le über­le­ben wür­de. Jeden­falls, sofern es den Künstler/innen nicht gelin­gen soll­te, durch Cha­ris­ma von ihrem stel­len­wei­se eben doch etwas holp­ri­gen Eng­lisch oder dem rup­pi­gen Vers­maß ihrer Lie­der abzu­len­ken. Was viel­leicht den ker­nig-bäri­gen Ker­len der Band Eddie Stoi­low gelin­gen könn­te, dem opti­schen Gegen­teil von Josef, deren Anblick mich fast ver­ges­sen machen könn­te, was für eine furcht­bar öde Schei­ße sie da spielen.

Wie das hes­si­sche Come­dy-Duo Mund­stuhl (Vor­ent­scheid DE 2002) einst sang: “Im End­darm wächst kein Mut­ter­ku­chen / danach kannst Du lan­ge suchen / Es hilft kein Bet­teln und kein Flu­chen / Im End­darm wächst kein Mutterkuchen”.

Das musi­ka­lisch inter­es­san­tes­te Stück steu­ert die Sän­ge­rin Eva Burešo­vá bei, die laut Wiwi­b­loggs in die­sem Jahr für Auf­se­hen sorg­te, als sie kund­tat, nach der Geburt ihres Soh­nes die Pla­zen­ta in einen Cock­tail gemixt und getrun­ken zu haben. Wohl bekomm’s! Dazu passt das leicht Ver­peil­te, Elek­tro-Elfen­haf­te ihres Bei­trags ‘Fly’, mit dem sie aller­dings beim Euro­vi­si­on Song CZ am Boden kle­ben blei­ben dürf­te. Oder haben die Jurys ein Ein­se­hen? Ende des Monats wis­sen wir mehr. Bis dahin ver­trei­ben wir uns die Zeit mit wei­te­rer Text­ex­ege­se bei unse­rem favo­ri­sier­ten Sin­gebüb­chen. Der for­dert in ‘Lie to me’ näm­lich auch: “Set my Camel in the Mood” – zumin­dest für mei­ne Ohren ein brand­neu­er Euphe­mis­mus, denn bis­lang kann­te ich aus dem Bereich der Geschlechts­or­ganum­schrei­bun­gen nur den Camel­toe, dann aber für das weib­li­che Organ. Doch der krea­ti­ve Jüng­ling belässt es nicht bei Ver­glei­chen aus dem Tier­reich: “Ple­nty Mother­fu­ckers wan­na eat my Spa­ghet­ti” rappt Miko­las noch. Ein Sei­ten­hieb auf die Vor­lie­ben der Kern­ziel­grup­pe? Plus das pein­li­che Ein­ge­ständ­nis, dass sei­ne Nudel nicht die dicks­te ist? Was für eine Wun­der­tü­te von Lied!

Als Play­list: alle sechs Bei­trä­ge von Euro­vi­si­on Song CZ, abge­mischt von tsche­chi­schen Sprachschallplattentechnikern.

Vor­ent­scheid CZ 2018

Euro­vi­si­on Song CZ. Mon­tag, 29. Janu­ar 2018, aus Prag. Sechs Teilnehmer/innen (Sie­ger­ver­kün­dung).
#Interpret/inTitelTVJuryPlatz
1DebbieHigh on Love35402
2Eddie Stoi­lowWe rule the World22705
3Eva Burešo­váFly62703
4Pavel Call­taNever for­get43404
5Miko­las JosefLie to me86801
6Doc­tor VictorStand up13006

2 Comments

  • Lie­der, die die welt nicht braucht.
    Bei miko­las­ma­ria­un­d­jo­sef könn­te viel­leicht ephic sax­gay helfen?

  • Der braucht kei­ne Hil­fe, der kommt auch so bom­ben­si­cher ins Fina­le und wenn die Büh­nen­schow gut wird dort auch ziem­lich weit nach vorne…
    Gene­rell nice job Tschechien!

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