Per­len der Vor­ent­schei­dun­gen: Mori­tu­ri te salutant!

Zwei Vor­ent­schei­dun­gen vom Wochen­en­de gilt es noch nach­zu­rei­chen. Die letz­te Vor­run­de der litaui­schen Euro­vi­zi­ja vom ver­gan­ge­nen Sams­tag zeig­te sich erstaun­lich arm an… – nein, prä­zi­ser: ent­täu­schend frei von Durch­ge­knall­tem, wie wir es sonst von dem Bal­ten­staat ken­nen und lie­ben. Am schrägs­ten viel­leicht noch der Auf­tritt einer gewis­sen Ofe­li­ja, deren rein musi­ka­lisch betrach­tet (wäre da nur nicht der gräus­li­che Gesang!) noch nicht ein­mal schlech­tes Elek­tro­pop­li­ed­chen den Titel ‘But­ter­fly’ trug und die sich, wenig über­ra­schend, mit bun­ten Schmet­ter­lings­flü­geln aus­ge­stat­tet hat­te. Die sie aller­dings erst nach zwei Minu­ten zur vol­len Pracht ent­fal­te­te: zunächst saß sie hin­ter einer schä­bi­gen Heim­or­gel, anschlie­ßend ließ sie sich von einem tan­zen­den Pär­chen umsprin­gen. Ins­ge­samt ver­mit­tel­te die gute Ofe­li­ja ein wenig den Ein­druck, in den Neun­zi­gern hän­gen­ge­blie­ben zu sein. Und wer woll­te es ihr ver­den­ken: außer beim Song Con­test war das schließ­lich pop­mu­si­ka­lisch wie gesell­schafts­po­li­tisch die bes­te Deka­de! Um so unvor­be­rei­te­ter traf den Zuhö­rer der nihi­lis­tisch-pro­fun­de Schluss­satz ihres fluf­fi­gen Songs, der da lau­te­te: “Becau­se I’m like a But­ter­fly / and soon I’m gon­na die”. Hopp­la!

Bes­tens für die anste­hen­de Faschings­sai­son gerüs­tet: Ophe­lia und ihr Begleit­bal­lett (LT).

Mit die­sem düs­te­ren Schluss­ton kon­tras­tier­te Ofe­li­ja deut­lich gegen­über dem rest­li­chen Star­ter­feld, das eher opti­mis­ti­sche Vibes ver­brei­te­te: sei es die Band The Roop, deren in eine Art modisch auf­ge­pepp­te Zwangs­ja­cke gewan­de­ter Front­mann die hoff­nungs­fro­he Bot­schaft ver­kün­de­te: “Every Mor­ning, World, I still love you / Yes, I do”; sei­en es die ‘Posi­ti­ve Thoughts’ von Rūta Loop (Roop und Loop: wo war Bet­ty Boop?) oder gar das eso­te­risch-ver­spiel­te ‘Love is the Flower of Life’ von Rugilė Dau­jo­tai­tė. Sie­ge­rin der Vor­run­de wur­de, wenig über­ra­schend, die Gewin­ne­rin der aktu­el­len litaui­schen The-Voice-Staf­fel (et tu, Bru­te!), Moni­ka Mari­ja, die der Sen­der LRT erst vor weni­gen Tagen kurz­fris­tig ins Line-up mit auf­nahm: als Ersatz­kan­di­da­tin für die aus Ver­är­ge­rung über die her­um­mä­keln­de Jury unter gro­ßem media­len Getö­se zurück­ge­tre­te­ne Eri­ca Jen­nings (→ LT 2001 als Teil der Band Skamp). Moni­ka über­nahm denn auch direkt Eri­cas – von die­ser mit­kom­po­nier­ten – Titel, den LRT nach dem Mot­to “ein­ge­reicht ist ein­ge­reicht” behielt und an die Nach­fol­ge­rin wei­ter­ver­mach­te. Frau Jen­nings dürf­te am Sams­tag ver­mut­lich zuhau­se auf der Couch geses­sen und sich in den Hin­tern gebis­sen haben vor Wut.

Moni­ka Mari­ja denkt nach­hal­tig: war­um nicht die alte, aus­ge­dien­te Aus­le­ge­wa­re als Abend­gar­de­ro­be auf­tra­gen (LT)?

Am gest­ri­gen Sonn­tag schlug dann die durchs Land tin­geln­de rumä­ni­sche Vor­ent­schei­dungs­rei­he Sel­ecția Națio­nală ihre Zel­te zum drit­ten von fünf Semis in Cra­jo­va auf, der Metro­po­le der Klei­nen Wala­chei. Das dor­ti­ge Natio­nal­thea­ter nutz­te ent­we­der die Gele­gen­heit, sämt­li­che bald ablau­fen­den Rest­be­stän­de an Tro­cken­eis an nur einem Abend zu ver­ne­beln, oder aber eine im Unter­ge­schoss der Spiel­stät­te prak­ti­zie­ren­de Wäsche­rei hat­te ihre Abluft­roh­re direkt vor der Büh­ne plat­ziert: jeden­falls ver­sank die kom­plet­te Show in end­lo­sen Dampf­schwa­den. Soll­ten die­se aller­dings, und dies wäre die plau­si­bels­te Opti­on, den Zweck ver­folgt haben, die Sin­ne der im Saal sit­zen­den, alle ent­schei­dungs­be­rech­tig­ten Juro­ren zu ver­ne­beln, so gelang die Übung: ziel­si­cher pick­ten die fünf Mäch­ti­gen aus einem ohne­hin sehr frag­li­chen Gesamt­an­ge­bot den übels­ten Driss für das Fina­le am 25.02.2018 her­aus. Von der faden Song-Stan­gen­wa­re einer sich pie­tät­los Xan­dra nen­nen­den Kreisch­tü­te will ich hier eben­so schwei­gen wie von dem fah­len Al-Bano-&-Romina-Power-(IT 1985)-Tri­bu­te-Act, mit dem sie sich die Höchst­wer­tung teilte.

Die Rumä­nen sind so arm, die kön­nen sich alle­samt kei­nen Nach­na­men leis­ten. Helft und kauft den Gyros von Vyros!

Um so mehr zu reden sein wird von dem Mol­da­wi­er Vyros, der lyrisch auf den Spu­ren der sieg­rei­chen spa­ni­schen Song-Sire­ne Mas­siel (→ ES 1968) wan­del­te: ‘La la la’ hieß sein Titel, und exakt aus die­sen Sil­ben bestand natür­lich sein Refrain, der an die Süf­fig­keit sei­nes gro­ßen Vor­bil­des den­noch nicht her­an­zu­rei­chen ver­moch­te. Als Han­di­cap erwies sich zudem Vyros’ Begleit­chor, der sich ger­ne mal um eine hal­be Okta­ve im Ton ver­griff, sowie das Büh­nen­out­fit des als ame­ri­ka­ni­scher Wan­der­ar­bei­ter zu den Zei­ten der Gro­ßen Depres­si­on ver­klei­de­ten Bar­den, des­sen dunk­les Baum­woll­ober­hemd scho­nungs­los zur Schau stell­te, wie anstren­gend die mit zacki­gem Drill zele­brier­te Hand-Cho­reo­gra­fie sein muss­te. Erstaun­li­cher­wei­se schaff­te es auch die­ses Ela­bo­rat ins Fina­le, wäh­rend die pit­to­res­ke Power­les­be Zave­ra mit ihrem pos­sier­li­chen Eth­no-Schla­ger ‘Come back to me’ zurück­blei­ben muss­te. Ein him­mel­schrei­en­de Unge­rech­tig­keit, konn­te die bezopf­te Blon­di­ne mit dem aus­ra­sier­ten Bürs­ten­haar­schnitt nicht nur mit einer apar­ten Instru­men­tie­rung über­zeu­gen, son­dern auch mit einem Büh­nen­out­fit irgend­wo zwi­schen Okto­ber­fest-Kell­ne­rin, Trach­ten­trä­ge­rin und Domina.

Ihr Wunsch sei mir Befehl, allei­ne schon aus Angst: die rumä­ni­sche Opel Zavera.

Dass der Sen­der TVR 2018 auf­grund sei­nes Wun­sches, unbe­dingt fünf Semis auf­zu­zie­hen, prak­tisch Jede/n neh­men muss­te, der oder die sich bewarb, mani­fes­tier­te sich in Cra­jo­va am Bei­spiel von Dia­na Bră­tan, einer dezent manisch drein­bli­cken­den Dame, die ihr selbst­ge­schrie­be­nes Hei­le-Welt-Lied­lein mit dem bemer­kens­wer­ten Titel ‘Paint it Rain­bow’ hin­ter der Heim­or­gel (schon wie­der!) fest­ze­men­tiert ins Bei­stell­mi­kro­fon hauch­te. Wobei sie davon Zeug­nis ableg­te, dass das Sin­gen eben­so wenig zu ihren Stär­ken gehör­te wie das Kom­po­nie­ren oder die Beherr­schung der eng­li­schen Spra­che. Jeden­falls ver­mu­te ich mal auf­grund des Song­na­mens, dass sie ver­such­te, auf Eng­lisch zu sin­gen. In ihrem offen­sicht­li­chen Irr­sinn und der ret­tungs­lo­sen Ama­teur­haf­tig­keit ihrer Dar­bie­tung wäre die Gute natür­lich beim litaui­schen Vor­ent­scheid, zu dem sich der Kreis damit wie­der schließt, bes­ser auf­ge­ho­ben gewe­sen: dort steht man ja auf so etwas (vgl. 2011).

Yes, I pain­ted a Door”: Dia­na berich­te­te von ihrer Woh­nungs­re­no­vie­rung, bei der sie wohl ihre Haa­re als Pin­sel ver­wen­det hat­te (RO).

Vor­ent­scheid RO 2018 (3. Semifinale)

Sel­ecția Națio­nală 2018. Sonn­tag, 4. Febru­ar 2018, aus dem Teatrul Națio­nal Marin Sores­cu in Crai­o­va, Rumä­ni­en. 12 Teilnehmer/innen. Mode­ra­ti­on: Cezar Oua­tu und Dia­na Dumistrescu.
#Inter­pretTitelJuryPlatz
01Eli­za ChifuSo good wit­hout you1309
02Caro­li­na GorunReach out for the Stars1708
03Mareş PanăDay­d­rea­mer0711
04Ayo­naThe Sto­ry goes on0810
05Aurel Din­căFire in the Sky1907
06VyrosLa la la3703
07Zave­raCome back to me2506
08Ele­na HasnaRevi­val2505
09Dia­na BrătanPaint it Rainbow0612
10Tavi Clon­daKing2904
11Ermi­nio Sin­ni + Titzia­na CamelinAll the Love away5201
12Xan­draTry5202

Und für Hart­ge­sot­te­ne hier die gan­ze Show am Stück, nicht geschnitten.

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