Melo­di Grand Prix 2019: The Spi­rits are cal­ling your Name

Zehn Songs, drei Abstim­mungs­run­den und das von Anfang an erwar­te­te Ergeb­nis: das nor­we­gi­sche Fern­se­hen NRK zeig­te am gest­ri­gen Abend mal wie­der, wie man einen natio­na­len Vor­ent­scheid mit einem kla­ren Aus­gang den­noch unnö­tig in die Län­ge zie­hen kann. Trotz aller Mani­pu­la­ti­ons­ver­su­che durch die inter­na­tio­na­le Jury gewann am Ende des unter­halt­sa­men Abends, wie all­ge­mein vor­her­ge­sagt und völ­lig zu Recht das Trio Kei­i­no mit dem ein­gän­gi­gen Grand-Prix-Dis­co-Tanz­flä­chen­fül­ler ‘Spi­rit in the Sky’, der upt­em­po­rä­re Drums, einen super­süf­fi­gen Refrain und auf sami­sch gejoik­te Eth­no-Ver­zie­run­gen zu einem Gesamt­kunst­werk aus dem Lehr­buch für Euro­vi­si­ons­schla­ger ver­bin­det. Das eigens für den Melo­di Grand Prix gebil­de­te Pro­jekt Kei­i­no besteht aus den frü­he­ren MGP-Solo-Teil­neh­mer/in­nen Tom Hugo und Alex­an­dra Rotan, ergänzt um den glatz­köp­fi­gen Rap­per Fred Bul­jo, die den Song gemein­sam mit Toms Ehe­mann Alex Ols­son schrie­ben (oder viel­mehr in wei­ten Tei­len bei Saara Aal­tos ‘Mons­ters’ abkupferten).

Wel­che Geis­ter da wohl von Fred Bul­jos Stimm­bän­dern Besitz ergrif­fen hatten?

Inter­es­san­ter­wei­se besteht zwi­schen den Drei­en ein ganz kla­res stimm­li­ches Gefäl­le: wäh­rend Hugo sei­ne Stro­phen sehr sau­ber und klar ver­ständ­lich into­nier­te, ver­nu­schel­te Rotan ihren Part schon arg ver­nehm­lich. Bul­jo klang unter­des­sen, als habe er vor dem Auf­tritt einen Och­sen­frosch ver­schluckt, der ihm nun im Hals sit­ze. Das konn­te, eben­so wie die stark über­ar­bei­tungs­be­dürf­ti­ge Büh­nen­show, jedoch den mit­rei­ßen­den Gesamt­ein­druck nicht trü­ben. Dabei gin­gen Kei­i­no, vom NRK hilf­reich auf den letz­ten Start­platz gesetzt, in der ers­ten Wer­tungs­run­de, als die inter­na­tio­na­len Juror/innen ledig­lich ihre jewei­li­gen Dou­ze Points ver­kün­de­ten, noch voll­kom­men leer aus. Statt­des­sen ver­sam­mel­ten sich die Län­der­flag­gen mehr­heit­lich beim musi­ka­lisch noch ein paar Jähr­chen wei­ter zurück­lie­gen­den Dance-Pro­jekt D’Nash, Ver­zei­hung, D’Sound und ihrem belang­los-net­ten ‘Mr. Uni­corn’, des­sen pro­mi­nen­tes­tes Fea­ture ein Key­bord­play­er mit auf­ge­setz­ter Schwei­ßer­schutz­mas­ke war.

Shirt: Para­di­se Oscar.

Die Stim­men des Publi­kums ret­te­ten Kei­i­no jedoch in das Sil­ber­fi­na­le, wo sie neben besag­ter Band auch die sympha­ti­sche RnB-Sän­ge­rin Anna-Lisa Kumo­ji zur Sei­te räu­men konn­ten, die mit ‘Hol­la’ ein hart boun­cen­des Bol­ler­beat-Brett hin­leg­te. In der letz­ten Abstim­mungs­run­de, dem Gold­fi­na­le, ging es dann noch gegen Adri­an Jør­gen­sen und sein von Alek­san­der Walm­ann und Kje­til Mør­land kom­po­nier­tes ‘The Bubble’ – nein, kein Song über die Euro­vi­si­ons­fans und ihre bun­te schil­lern­de Bla­se, in der sie sich von Janu­ar bis Mai jeden Jah­res befin­den, son­dern ein leicht coun­try­es­kes Jam­mer­lap­pen­lied­chen im Sti­le Ed Sheerans, das Gott sei Dank gegen die Him­mels­geis­ter von Kei­i­no kei­nen Stich machen konn­te. Mør­land hat­te mit ‘En livredd Mann’ (‘Ein ver­ängs­tig­ter Mann’) ein wei­te­res, selbst­kom­po­nier­tes und ‑gesun­ge­nes Eisen im Feu­er, das aber die ers­te Abstim­mungs­run­de nicht über­leb­te. Dabei wuss­te der in einem augen­schein­lich aus Res­ten aus der Alt­klei­der­samm­lung zusam­men­ge­näh­tem T‑Shirt nach­läs­sig geklei­de­te und anspre­chend ver­strub­bel­te Sän­ger im Ver­bund mit einer hin­rei­ßen­den Bal­lett­dar­bie­tung visu­ell durch­aus zu über­zeu­gen. Sei­ne hei­se­re Bal­la­de blieb den­noch nicht im Ohr hängen.

Ganz tief im eige­nen Hin­tern ste­ckend: Elend Brat­wurst, der Trou­ba­dix Norwegens.

Gleich zwei­mal die Zuschauer/innen beläs­ti­gen durf­te hin­ge­gen aus­ge­rech­net der nor­we­gi­sche Harald Glööck­ler, Erlend Brat­land, mit sei­nem tra­gisch-pom­pö­sen, sich selbst deut­lich zu wich­tig neh­men­den Bal­la­den­rie­men ‘Sing for you’, der mit sei­ner Pyro­tech­nik Pech hat­te: bei den Pro­ben zur Show ver­brann­te sich die elen­de Brat­wurst am Fun­ken­flug die Pfo­te, wes­we­gen sei­ne Teil­nah­me sogar kurz­zei­tig auf Mes­sers Schnei­de stand. Beim ers­ten Durch­gang wäh­rend der Live­sen­dung fiel dage­gen das Feu­er­werk kom­plett ins Was­ser. Man kann sich das ver­zick­te Her­um­ge­tu­cke Erlands förm­lich vor­stel­len, mit dem er die MGP-Ver­ant­wort­li­chen zu einem Zweit­auf­tritt mit dann end­lich funk­tio­nie­ren­der Pyro nötig­te. Als hät­ten wir beim ers­ten Mal nicht schon genug gelit­ten! Für unter­halt­sa­me drei Minu­ten sorg­te schließ­lich der Hard­ro­cker Hans Erik Dyvik Hus­by ali­as Hank von Hell, bekannt gewor­den als ehe­ma­li­ger Front­mann der Punk­band Tur­bo­ne­gro, die getreu des Mot­tos, dass im kon­ser­va­ti­ven Rock­be­reich nichts so sehr schockt wie Homo­se­xua­li­tät, mit vor­ge­täusch­tem Schwul­sein provozierten.

He was made for loving you, Baby: Hank von Hell.

Von Hell selbst, seit einem Hero­in­ent­zug Mit­glied der Sek­te Sci­en­to­lo­gy, soll jedoch laut Wiki­pe­dia in einem Inter­view die Homo-Ehe mit Sodo­mie gleich­ge­stellt haben und steht damit auf der sel­ben Stu­fe geis­ti­ger Armut wie die deut­sche CDU-Vor­sit­zen­de und erklär­te Katho­li­kin Anne­gret Kramp-Kar­ren­bau­er. Ob Reli­gi­on die Dumm­heit aktiv beför­dert oder ein­fach nur die sub­fon­ta­nell Min­der­be­mö­bel­ten beson­ders stark anzieht? Wie auch immer: das melo­diö­se ‘Fake it’ ent­führ­te uns zurück in die guten alten Zei­ten von Kiss, wor­an Hank mit ent­spre­chen­der Gesichts­be­ma­lung auch anknüpf­te. Im MGP-Rah­men­pro­gramm gab es zudem ein Wie­der­se­hen mit dem schein­bar stets unter MDMA-Ein­fluss ste­hen­den Alex­an­der Rybak und mit den Bob­by­socks, die der Sen­der mit einem Flash­mob über­rasch­te. Hübsch!

Viel Rauch um Nichts: mehr als zwei­ein­halb Stun­den brauch­te das nor­we­gi­schen MPG 2019, um das ein­zig rich­ti­ge Ergeb­nis zu liefern.

Vor­ent­scheid NO 2019

Melo­di Grand Prix. Sams­tag, 2. März 2019, aus dem Spek­trum in Oslo, Nor­we­gen. 10 Teilnehmer:innen. Mode­ra­ti­on: Hei­di Ruud Ellings­en und Kåre Magnus Bergh.
#Inter­pre­tenSong­ti­telJurySil­ber­fi­na­lePlatz
01Chris Medi­naWe tryx
02D’SoundMr. Uni­corn–>x
03Kje­til MørlandEn livredd Mannx
04Anna-Lisa Kumo­jiHol­la–>x
05Erlend Brat­landSing for youx
06Ingrid Berg MehusFeelx
07Hank von HellFake itx
08Cari­na DahlHold me downx
09Adri­an JørgensenThe Bubble–>–>02
10Kei­i­noSpi­rit in the Sky–>–>01

1 Comment

  • Gut gemacht, Norwegen!
    Okay, das wür­de ich immer sagen, wenn sie den gei­len Tom Hugo zum ESC schicken.….
    .….aber das Lied­chen ver­dient die­ses Lob ebenfalls.
    Schon inter­es­sant, wie man sehr deut­lich von einem ande­ren Song Pas­sa­gen nimmt, um die­sem zu zei­gen, wie man wirk­lich was draus macht.
    SPI­RIT IN THE SKY ist tat­säch­lich eine Opti­on für mich dafür anzu­ru­fen. Davon gibt es 2019 ja nicht gera­de viele.

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