Ein Licht­blick: die ESC-Sai­son 2021 startet

Auf nur wenig ist in die­sen Zei­ten Ver­lass. Um so tröst­li­cher, dass nach der offi­zi­el­len EBU-Zeit­rech­nung – so wie immer – auch am 1. Sep­tem­ber 2020 für Euro­vi­si­ons­fans wie­der das neue Jahr beginnt. Jeder ab heu­te neu ver­öf­fent­lich­te Song könn­te ein poten­zi­el­ler ESC-Titel sein, und so haben wir wenigs­tens wie­der einen Grund, um mor­gens auf­zu­ste­hen. Denn nach dem coro­nabe­dingt abge­sag­ten Euro­vi­si­on Song Con­test 2020 soll die Euro­pa­meis­ter­schaft im Sin­gen im neu­en Jahr auf jeden Fall durch­ge­führt wer­den, auch wenn noch abzu­war­ten bleibt, wie das gan­ze über die Büh­ne gehen soll. Davon, dass in Rot­ter­dam im kom­men­den Mai eine rie­si­ge Sau­se mit zehn­tau­send dicht­ge­pack­ten Fans in der Hal­le steigt, kann man ange­sichts der aktu­el­len Lage wohl nicht aus­ge­hen. Ob es eine abge­speck­te Vari­an­te mit weni­ger Zuschauer:innen gibt, Live-Schal­tun­gen in die Teil­neh­mer­län­der oder gar eine Clip-Show, wird sich noch erwei­sen müs­sen. Auch die nun begin­nen­de Vor­ent­schei­dungs­sai­son dürf­te merk­wür­dig aus­fal­len: 18 Natio­nen, dar­un­ter Öster­reich und die Schweiz, schi­cken ihre bereits für 2020 aus­ge­wähl­ten Repräsentant:innen, für die nun jedoch ein neu­es Lied gefun­den wer­den muss. Wel­ches dann unglück­li­cher­wei­se auto­ma­tisch im Direkt­ver­gleich zum Bei­trag für 2020 steht – ein ziem­li­ches Han­di­cap für die Interpret:innen, denn die “Last Year’s was better”™-Kommentare der Fans wer­den so sicher kom­men wie das Amen in der Kir­che. Ein unbe­las­te­ter Start sieht anders aus.

Wie­der dabei: kann der sexy Tor­ni­ke mit der gei­len Röh­re sei­ne gran­dio­se, ent­täusch­te Lie­bes­er­klä­rung an Euro­pa noch toppen?

Ande­rer­seits ver­fü­gen die­se 18 (nach ande­ren Zäh­lun­gen 19, über den Sta­tus von Mol­da­wi­en gibt es unter­schied­li­che Anga­ben) zumin­dest über einen siche­ren Start­platz. Ben Dolic, der avi­sier­te deut­sche Ver­tre­ter 2020, gehört hin­ge­gen nicht zu den Glück­li­chen. Er muss sich, wie so vie­le sei­ner inter­na­tio­na­len Kolleg:innen, wie­der ganz hin­ten anstel­len. Und will dies wohl auch machen: wie der NDR im Juli bekannt gab, bleibt es 2021 bei der kos­ten­spa­ren­den inter­nen Aus­wahl durch zwei Jurys (eine aus Fans und eine aus inter­na­tio­na­len ehe­ma­li­gen Juror:innen), die in einem mehr­stu­fi­gen Ver­fah­ren aus den Ein­rei­chun­gen sich­ten. Wei­te­res Kür­zungs­po­ten­ti­al erkann­te der Sen­der übri­gens bei der am Euro­vi­si­ons-Final­abend zur Über­brü­ckung zwi­schen tages­schau und ESC-Start stets pro­du­zier­ten Live-Show von der Ree­per­bahn, die 2021 nicht statt­fin­det. Kein Ham­burg im Regen mit einer unver­dros­se­nen Bab­si also und all jenen eta­blier­ten Acts, die zu fei­ge sind, Deutsch­land beim ESC zu ver­tre­ten, aber den­noch eine Prime­time-Wer­be­büh­ne beka­men. Kein Ver­lust, wür­de ich sagen! Ben jeden­falls, der zum Euro­vi­si­ons­stall um den Kom­po­nis­ten und Pro­du­zen­ten Boris­lav Mila­nov gehört, wur­de Ende August beim Black Sea Euro­vi­si­on Song­wri­ting Camp an der bul­ga­ri­schen Schwarz­meer­küs­te gesich­tet, gemein­sam mit sei­ner Kol­le­gin Vic­to­ria Geor­gie­va und dem Öster­rei­cher Cesár Sampson, der seit die­sem Som­mer für die Grü­nen im Wie­ner Bezirks­rat sitzt, wo er sich um die The­men Kli­ma­schutz, Ver­kehr, Ener­gie und Woh­nen sowie ein “bewuss­tes Mit­ein­an­der in Diver­si­tät” küm­mern will. Gutes Gelingen!

Kei­ner außer ihm: der Cesár.

Die skan­di­na­vi­schen Län­der hin­ge­gen set­zen auch für das kom­men­de Jahr auf ihre eta­blier­ten öffent­li­chen Vor­ent­schei­de. Ulrik­ke Brandstorp, die sich beim Melo­di Grand Prix 2020 in einer umstrit­te­nen, von tech­ni­schen Pan­nen gekenn­zeich­ne­ten Abstim­mung für Rot­ter­dam qua­li­fi­ziert hat­te, wird auch 2021 das nor­we­gi­sche Aus­wahl­for­mat schmü­cken – aller­dings nur als Star­gast. In die Kon­kur­renz, die sich wie­der­um auf sechs Run­den auf­tei­len soll, gehen fri­sche Acts. Und ehe Schwe­den auf sein Melo­di­fes­ti­valen ver­zich­tet, dürf­ten wohl die Pole schmel­zen. Oh, Moment… Wo wir gera­de bei dem­nächst unter­ge­hen­den Küs­ten­städ­ten sind: in Tal­lin bestä­tig­te der est­ni­sche Sen­der ERR heu­te pünkt­lich zum Sai­son­start die Ter­mi­ne für die bei­den Semis und das Fina­le der Eesti Laul (sie­he Tabel­le “Vor­ent­schei­dun­gen 2021” mit allen bereits bekann­ten Namen und Daten für die lau­fen­de Sai­son). Ob Uku Suvis­te, der charme­be­frei­te Sie­ger 2020, noch­mals teil­nimmt, ist noch nicht bekannt – falls er möch­te, bekommt er laut ERR einen fixen Semi­fi­nal-Start­platz. Aus etli­chen Natio­nen feh­len aller­dings der­zeit noch die Mit­mach-Bestä­ti­gun­gen, dar­un­ter aus Island, das mit Daði Freyr sei­nem ers­ten Euro­vi­si­ons­sieg noch nie so nahe war wie 2020. Der Wahl­ber­li­ner will aller­dings nicht noch mal an den Start gehen (schluchz!). Da dürf­te dann auch die pro­mi­nen­te Rol­le, die das Land in die­sem Som­mer im super gehyp­ten und mit­tel­mä­ßig unter­halt­sa­men Net­flix-Euro­vi­si­ons-Strei­fen spiel­te, nur ein schwa­cher Trost sein für die ver­pass­te Chan­ce. Nun wer­den also die Kar­ten neu gemischt.

Der inof­fi­zi­el­le ESC-Sie­ger­ti­tel 2020: Ja ja ding dong.

2 Comments

  • Alles Gute nach­träg­lich zum Geburts­tag an den Haus­her­ren und auf eine hof­fent­lich tol­le Euro­vi­si­on-Sai­son 2021! Das geht natür­lich auch an alle Mit­le­ser des Blogs raus.
    Die direk­te Nomi­nie­rung von fast der Hälf­te aller Teil­neh­mer­län­der ist Fluch und Segen zugleich. Auf der einen Sei­te freut es mich, ins­be­son­de­re für Saman­ta Tīna, dass man an ihnen fest­hält, aber auf der ande­ren Sei­te zieht das die Span­nung in den nächs­ten Mona­ten doch ein wenig run­ter. Mit etwas Unglück dür­fen wir uns auf vie­le Vor­ent­schei­de à la Sel­ecția Națio­nală 2020 einstellen.
    Ich war von Net­flix-ESC-Film etwas ent­täuscht, da ich kein ein­zi­ges Mal lachen muss­te. Und das ist qua­si der Todes­stoß für eine Komö­die. Anders betrach­tet, reiht sich der Film in eine lan­ge Rei­he von Net­flix-Pro­duk­tio­nen ein, die ein­fach nix tau­gen. Aber der Ver­such war es wert.
    Apro­pos: Um Daði wäre es so scha­de. Der Typ gehört ein­fach auf die Eurovisionsbühne.
    Off-Topic: Tat­säch­lich bin ich auch etwas gespannt, was die ers­te JESC-Teil­nah­me von Deutsch­land angeht. Bin jetzt zwar kein gro­ßer Fan von dem Wett­be­werb, aber nach Jah­ren der pas­si­ven Beob­ach­tung kann man sich ja mal dran beteiligen.

  • Die neue Sai­son star­tet und bekommt mit der Ankün­di­gung, beim Juni­or ESC mit in den jewei­li­gen Län­dern auf­ge­zeich­ne­ten Auf­trit­ten der Teil­neh­mer zu arbei­ten, schon den ers­ten Dämpfer.
    Damit ken­nen wir wohl schon mal das worst-case Sze­na­rio für den kom­men­den Mai.
    Immer­hin kann es ab jetzt nur noch berg­auf gehen…

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