Auf eine wechselvolle Grand-Prix-Geschichte blickt das 1961 erstmals am Eurovision Song Contest teilnehmende Spanien zurück, gekennzeichnet von zwei direkt aufeinanderfolgenden, stark umstrittenen Siegen (1968 und 1969), drei Nul-Points-Ergebnissen und einer fast immer skandalösen Missachtung seiner meist fabelhaften Beiträge. Bei seiner Erstteilnahme noch in den Klauen des rechtsgerichteten Diktators Franco (was beim ESC von 1964 in Kopenhagen zu politischem Protest auf der Bühne führte), seit 1978 jedoch demokratisch regiert, ist die sonnige Halbinsel heute aufgrund ihrer Einwohnerstärke wie Deutschland Teil der Big Five. Und würde es, wie Deutschland, ohne dieses Privileg kaum noch ins Finale schaffen. Vor allem die jüngeren spanischen Eurovisionsfans sind aufgrund ihrer oft ans Militante grenzenden Verehrung ihrer Repräsentant:innen und ihres Hanges zu lautstarkem Geschnatter international gefürchtet. Was aber wäre der Grand Prix ohne die Bereitschaft zu Leidenschaft und Drama? Diese beiden quintessentiellen Qualitäten zeichnen auch etliche iberische Beiträge aus. Und wirklich niemand könnte dies besser illustrieren als Spaniens allererste Eurovisionsvertreterin María Concepción Bautista Fernández alias Conchita Bautista!
Drama, Baby! Conchita bei ihrem Eurovisionsauftritt in Cannes.
Die gebürtige Andalusierin brachte beim Contest in Cannes mit einer effektiven Show unter Zuhilfenahme eines schwarzen Schals, vor allem aber mit für damalige Verhältnisse sehr koketten Posen und Blicken in die Kamera etliche nordeuropäische Zuschauer:innen und Juror:innen ins Schwitzen und schaffte es als Einzige, dem sterbensöden Grand-Prix-Abend ein Quäntchen Pepp einzuhauchen. Dafür aber war Europa noch nicht bereit: mit dem neunten Rang wurde sie sträflich unterbewertet, wenn auch nicht ganz so krass wie bei ihrem zweiten Eurovisionsauftritt im Jahre 1965, wo sie skandalöse Nul Points erntete. Bautista setzte sich im heimischen Vorentscheid, bei dem eine aus fünf “Experten” und fünf Zuschauer:innen zusammengesetzte Jury bestimmte, haarscharf mit einem einzigen Pünktchen Vorsprung gegen ihren Konkurrenten, direkten Nachfolger und Null-Punkte-Kollegen Victor Balaguer (†1984) durch, der mit ‘Babebibubá’ einen vielversprechenden, leider im Netz nicht auffindbaren Titel am Start hatte. Den dritten Rang belegte der 2008 verstorbene katalanische Schnulzensänger Ramón Calduch, der Anfang der Sechziger große Erfolge feierte und in kürzester Zeit 20 Alben aufnahm. Er besang in unnachahmlicher Art und Weise ein ‘Carita morena’, also ein sonnengebräuntes Gesicht: spanischer geht es wohl kaum!
Leider nur als Audio: der spanische Sean Connery, Ramón Calduch.
Vorentscheid ES 1961
Dienstag, 14. Februar 1961, im RNE-Fernsehstudio in Barcelona. Sechs Teilnehmer:innen. Moderation: Federico Gallo, Jorge Arandes und María del Carmen García Lecha. Zehnköpfige Jury.# | Interpreten | Songtitel | Jury | Platz |
---|---|---|---|---|
01 | Ramón Calduch | Eva María | 32 | 4 |
02 | Angelita Báidez | Tempranito | 13 | 6 |
03 | Conchita Bautista | Estando contigo | 49 | 1 |
04 | Jorge Mirinda | Betsabé | 25 | 5 |
05 | Víctor Balaguer | Babebibubá | 48 | 2 |
06 | Ramón Calduch | Carita morena | 43 | 3 |
Letzte Aktualisierung: 28.09.2020