Das Melodifestivalen (MF) ist ein rundheraus sterbenslangweiliger Wettbewerb mit nicht einem einzigen auch nur ansatzweise interessanten Titel und einem gegen null gehenden Glamourfaktor! Okay, bevor mich jetzt ein paar vor Empörung schnappatmende Fans als Ketzer bezichtigen und am nächsten Fahnenmast aufknüpfen, soll ergänzt sein, dass sich dieser Vorwurf auf den Jahrgang 1967 bezieht, wo er voll und ganz zutrifft, wie selbst der schwedophilste Grand-Prix-Fan ehrlicherweise zugeben muss. Zehn Lieder hatte eine Jury für den Vorentscheid herausgesucht, und darunter befand sich nicht ein einziges, das in irgendeiner Form als eingängig bezeichnet werden könnte. Am konventionellsten vielleicht noch der Titel ‘Christina dansar’ der schwedischen Schlagerette und MF-Teilnahmerekordhalterin Ann-Louise Hanson, die hier den dritten und vierten ihrer insgesamt 13 (allesamt erfolglos bleibenden) MF-Beiträge präsentierte. Doch auch die tanzende Christine verweigerte sich, so wie alle Songs des Abends, vehement jedwedem dem Ohr anhaftenden Refrain. Ebenfalls gleich zwei Eisen im Feuer hatte die als Birgit Rose-Marie geborene Towa (“Strubbellieschen”) Carson, neben Siw Malmkvist und der bereits erwähnten Ann-Louise Hanson später ein Teil des Alte-Schlagerschachteln-Trios beim Melodifestivalen 2004.
Eher ein Haschkekskrümelchen als ein LSD-Trip: der Tanz des schwarzen Ola (gemeint ist doch nicht etwa Ola Salo?).
Vom musikalischen Standpunkt her erwähnenswert vielleicht noch der ‘Svart-Olas Polska’, der ‘Tanz des schwarzen Ola’ von Sten Nilsson, der mit psychedelischen Klängen in äußerst homöopathischer Dosierung hantierte und außerdem die Existenz von Menschen mit dunkler Hautfarbe thematisierte, wie sie auch beim Eurovision Song Contest erstmalig mit Milly Scott (NL 1966) und Eduardo Nasciemento (PT 1967) vorkamen. Für billige Lacher bei englischsprachigen Eurovisionsfans hätte sicherlich der Name der Mello-Teilnehmerin Marianne Kock gesorgt – und für Verwirrung der Titel ihres Songs ‘Men vore du endast en Visa’. Doch nein, es ging hier nicht um eine Zweckhochzeit zur Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis und auch nicht um die Sperrung einer Kreditkarte: ‘Mensch, wärst Du doch nur ein Lied’ übersetzt sich der Titel. Der schwedische Vorjahressieger Svante Thuresson landete mit den unverzeihlich drögen ‘Förlåt min Vän’ (‘Verzeih, mein Freund’) auf dem vorletzten Platz. Stattdessen geriet das MF 1967 zur Stunde eines anderes Mannes, nämlich des 2006 verstorbenen Jazzmusikers und Schlagersängers Östen Warnerbring. Auch Östen hatte gleich zwei Lieder im Rennen, und sie belegten in der Abstimmung der elf regionalen Zuschauerjurys die beiden vorderen Plätze.
Gute 30 Minuten musikalische Malaise, sozialverträglich auf knapp 9 Minuten heruntergekürzt: das Melodifestivalen 1967 im Schnelldurchlauf.
‘En Valsfann’ (‘Ein falscher Walzer’), die Nummer 2, sollte nach der Idee der Komponisten eigentlich als Duett mit einem humoristischen Ende aufgeführt werden, nämlich mit dem Schlusssatz “Aber das ist doch gar kein Walzer”! SVT spielte da aber nicht mit, so dass Östen den mit einer vom Interpreten selbst gespielten Querflöte unterstützten Titel solo singen musste. ‘Som en Dröm’, sein Siegersong, erhielt – wie schon der Vorjahresgewinner – keine Gaben aus der Hauptstadt, dafür die volle Punktzahl (für die Zuschauer:innen sehr hübsch visualisiert als winzige Plastikkügelchen, die man in ebenso winzigen, vertikalen Röhrchen sammelte) aus dem eher ländlichen Karlstad. Dies jedoch zu Recht: die einerseits recht elegante, dennoch irgendwie dröge Liebesballade, eine der ersten Grand-Prix-Lieder, bei denen – wenngleich sehr dezent – hörbar ein Synthesizer zum Einsatz kam, verfügte zwar auch über keinen mitreißenden Refrain, dafür aber als einziger der zehn Mello-Beiträge zumindest in den Strophen über so etwas wie eine wiedererkennbare Melodie. Was den übrigen Titeln komplett abging. Und unter den Blinden ist halt der Einäugige König…
Anti-Glamour in seiner reinsten Form: Östen beim Auftritt in Wien.
Vorentscheid SE 1967
Melodifestivalen. Freitag, 24. Februar 1967, aus dem Cirkus in Stockholm. Sieben Teilnehmer:innen. Moderation: Maud Husberg.# | Interpreten | Songtitel | Jury | Platz |
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01 | Towa Carson | Vem frågar Vinden | 11 | 05 |
02 | Roffe Berg | Ren Vals | 14 | 04 |
03 | Marianne Kock | Men vore du endast en Visa | 03 | 08 |
04 | Östen Warnerbring | En Valsfan | 20 | 02 |
05 | Ann-Louise Hanson | Christina dansar | 04 | 07 |
06 | Svante Thuresson | Förlåt min Vän | 02 | 09 |
07 | Towa Carson | Alla har glömt | 14 | 03 |
08 | Sten Nilsson | Svart-Olas Polska | 08 | 06 |
09 | Ann-Louise Hanson | Sjungas till Sömns | 00 | 10 |
10 | Östen Warnerbring | Som en Dröm | 24 | 01 |
Letzte Aktualisierung: 18.10.20