Wahrlich keinen würdigeren Gastgeber hätte es für diesen, den Übergang zwischen Tradition und Moderne markierenden Eurovisionsjahrgang geben können als den ORF. Mit der Wahl des Festsaals der kaiserlichen Wiener Hofburg als Veranstaltungsort steuerten die Österreicher die uneinholbar nobelste Location, in welcher der Grand Prix jemals gastierte, zum Geschehen bei. Üppige Blumenarrangements auf der Bühne, gerne ins Bild gerückte gigantische Kronleuchter an den hohen Stuckdecken, die festliche Abendgarderobe des handverlesenen Saalpublikums, ein exzellentes Orchester und die traditionsreichen Wiener Hofknaben als Pausenprogramm sorgten im letzten Jahr des Schwarzweißfernsehens für einen regelrecht imperialen Glanz beim europäischen Chansonwettbewerb. Gleichzeitig bemühte man sich mit riesigen, praktisch permanent rotierenden Drehspiegeln hinter den auftretenden Künstler:innen um etwas Abwechslung und Frische im Bild, sorgte mit solcherlei bis dato eher ungewohnten Spezialeffekten allerdings, wie von der BBC gesammelte Reaktionen belegen, bei nicht wenigen TV-Zuschauer:innen für unangenehme Schwindelgefühle.
Spieglein, Spieglein an der Wand, wer singt am schönsten im ganzen Land? Der ESC 1967.
Für die gezwungenermaßen farbenblinden Menschen zu Hause vor den Geräten erläuterte der österreichische Kommentator Emil Kollpacher auf beinahe schon poetische Weise die Kolorierung der modischen Gewänder und Frisuren der Sängerinnen (“Kastanienbraun an Aug’ und Haar”), und wie ernst er diese Aufgabe nahm, illustriert die Aussage “Wir haben uns darauf geeinigt, die Farbe des Kleides als ‘muschelgrün’ zu bezeichnen”. Wir? Fand während der Probenwoche in Wien eine Konferenz der nationalen Grand-Prix-Kommentatoren statt, auf welcher man sich über derart essentielle Details verständigte? Für unfreiwilliges Amüsement sorgte die Tatsache, dass alle 17 angetretenen Interpret:innen sich dasselbe Standmikrofon teilen mussten, was zur Folge hatte, dass jede:r von ihnen vor Liedbeginn das Teil erst mal selbst von Hand auf die richtige Höhe schrauben musste: ein stetiger, hochspannender Wettlauf mit der Zeit, ob er oder sie es vor dem ersten Ton auch schaffen würde. Und zugleich ein visuell wertvoller Hinweis auf die sehr unterschiedlichen Körpergrößen der internationalen Stars, die sich in der selbsternannten Welthauptstadt der Musik versammelten und die mit lediglich zwei Ausnahmen jeweils völlig alleine auftraten, so dass einem ansonsten jede Vergleichsmöglichkeit fehlte.
Ein bissel gruslig: man wartet drei Minuten drauf, ob Thérèses Halsschlagader gleich platzt? (NL)
Das von Kollpacher mehrfach vollkommen unironisch behauptete “hohe Niveau” der Lieder ließ sich dem ersten Beitrag des Abends nicht unbedingt bescheinigen: Thérèse Steinmetz aus den Niederlanden besang in ‘Ring dinge ding’ ein übermütiges Mädchen, das als Ausweis ihres Frohsinns unter anderem einen Minister anruft, um ihm “den Witz des Tages” zu erzählen. Dabei wirkte die Interpretin selbst weder fröhlich noch übermütig, sondern eher angestrengt. Folgerichtig landete der lautmalerische Titel weit abgeschlagen auf dem geteilten vorletzten Platz. Die Holländer:innen ließen sich nicht entmutigen und kehrten 1975 mit der gebürtigen Österreicherin Getty Kaspers als Frontfrau der Band Teach-In und dem nicht minder lautmalerischen ‘Ding a Dong’ ungleich erfolgreicher zurück. Eine kommende Grand-Prix-Gewinnerin ging heuer erstmals für Luxemburg an den Start. Die in Deutschland lebende Griechin Vicky Leandros hatte jedoch trotz eines klassisch frankophilen Gefühlssturmes in diesem Jahr keine Chance. Denn das vom französischen Komponisten André Popp (‘Tom Pillibi’, FR 1960) verfasste ‘L’Amour est bleu’ musste von Startposition 2 aus ins Rennen: bekanntermaßen der Todesstoß für jeden Beitrag.
https://youtu.be/xm4qEAvTlUY
Eine Körperhaltung wie ein Fragezeichen: Vicky Leandros (LU).
Erschwerend kam hinzu, dass sie hier sang wie eine Hupe und auf der Bühne stand wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Einen Hit landete sie mit dem im Deutschen als ‘Blau wie das Meer’ übersetzten Titel dennoch (Platz 27 DE, 18 AT), als Instrumentalfassung gelangte die Melodie gar in die US-Charts. Der Legende zufolge schwor sich Vicky nach der Veranstaltung, eine triumphale Rückkehr hinzulegen: fünf Jahre später machte sie es wahr. Die Gastgeber schickten den wie immer intern ausgewählten Liedermacher Peter Horten, der es in den folgenden Jahren noch zwei Mal erfolglos beim deutschen Vorentscheid versuchte. Da hatte er sich bereits auf Druck der gleichnamigen, mittlerweile längst abgewickelten Kaufhauskette in “Horton” umbenennen müssen. Hoffen wir für Millionen Landsleute, dass der Molkereipate Theo Müller nie auf dumme Gedanken kommt! ‘Warum es hunderttausend Sterne gibt’, wollte jedenfalls außerhalb Österreichs niemand wissen: Platz 14. Großen Erfolg bei den nach wie vor stark frankophilen Jurys, jedoch wenig Gegenliebe beim plattenkaufenden Publikum erzielte die Französin Noëlle Cordier mit dem etwas introvertiert wirkenden Chanson ‘Il doit faire beau la-bas’.
Hat hier jemand “introvertiert” gesagt? Fredi aus Finnland.
Zur Innerlichkeit neigten auch die drei skandinavischen Vertreter:innen (Dänemark begann 1967 seine ausgedehnte Schmollphase und fehlte für die nächsten elf Jahre). Der etwas füllige Finne Fredi thematisierte seine für das nordische Volk so typische Scheu vor dem gleißenden Rampenlicht gar in seinem leidenschaftlich krähend vorgetragenen, exquisiten Eurovisionsklassiker ‘Varjoon-suojaan’. In einem dunklen, schattigen, nur ihm zugänglichen Platz tief im Innersten seiner Seele suche er Zuflucht vor den Zumutungen des Ruhmes und der aufdringlichen Öffentlichkeit, so berichtete er uns. Erst neun Jahre später hatte er an diesem magischen Rückzugsort so viel Kraft gesammelt, dass es ihn wieder zum ESC trieb, diesmal mit dem ungleich extrovertierteren Grand-Prix-Kultkracher ‘Pump-pump’. Sein schwedischer Kollege Östen Warnerbring brachte im Rollkragenpullover und mit Kassengestell linksalternativen Antischick auf die Bühne, flankiert von extrem moderat eingesetzten psychedelischen Synthesizertönen in seiner ansonsten recht unauffälligen Ballade ‘Som en Dröm’. Und die Norwegerin Kristi Sparboe hatte beim zweiten ihrer insgesamt drei jeweils im Abstand von zwei Jahren erfolgenden Eurovisionsauftritte mit dem ‘Dukkeman’ (‘Puppenspieler’) gar eines von zwei Liedern dieses Abends zum beim Grand Prix stets beliebten Marionetten-Thema im Gepäck. Der harte Fatalismus ihres Textes, der sinngemäß aussagte, dass wir uns abstrampeln können, so viel wir wollen, doch stets jemand anders die Fäden in unserem Leben zieht, kam jedoch nicht gut an: vorletzter Rang auch für sie.
Masochisten halten bitte bis zum bitteren Ende durch: es lohnt sich! (CH)
Ganz ohne Punkte schickten die Jurys die schweizerische Repräsentantin Géraldine Gaulier heim. Das allerdings völlig zu Recht, denn sie hauchte die Töne ihrer juryoptimierten Baukastenballade mangels jeglichen vokalen Talentes äußerst zurückhaltend dahin. Erst bei der großen hohen Schlussnote drehte sie plötzlich auf und verfiel ohne jede Vorwarnung in ein ohrenbetäubend lautes, sirenenhaftes Jaulen, welches einem dergestalt durch Mark und Bein ging wie sonst nur das Geräusch kratzender Fingernägel auf einer Schiefertafel. Eduardo Nascimento, der aus Angola stammende und für Portugal antretende erste männliche schwarze Soloist beim ESC, soll in der Nacht vor dem Auftritt einen Alptraum gehabt haben, in welchem er von der Bühne stürzte, weil er sich in seinen eigens für den Wettbewerb gekauften, noch nicht richtig eingetragenen Schuhen nicht wohl fühlte. Hielt er deswegen seinen linken Arm so eng an den Körper gepresst? Phantomschmerz? Er brachte das nur zweieinhalbminütige ‘O Ventu mudou’ jedenfalls unfallfrei zum Vortrage und nahm die Zuhörer:innen dank der immensen Kraft seiner so rauen wie nuancierten Stimme mit auf eine wunderbar abwechslungsreiche musikalische Reise, die mit einem dramatischen Auftakt abhob, von einem treibenden Rhythmus getragen wurde, zwischendrin sanft propellerte und mit einer eindrucksvollen Punktlandung endete.
https://youtu.be/UJIAkIi3Hdo
Sträflich unterbewertet: Eduardo Nasciemento mit einem der besten portugiesischen Beiträge.
Folgerichtig daher, dass der großgewachsene Nascimento, der 1969 mit dem Kapitel Popmusik abschloss und nach Angola zurückkehrte, anschließend in der Luftfahrt arbeitete. Er verstarb 2019. ‘Anouschka’, der deutsche Beitrag, hätte in der von Alexandra interpretierten Fassung vermutlich bessere Chancen besessen, womit Inge Brücks Fähigkeiten nicht abgewertet werden sollen. Aber der melancholische Tröstungsschlager war sehr hörbar auf die schmerzhaft schöne, tieftraurige Stimme Alexandras, eine der Stammabnehmerinnen des Komponisten Hans Blum, hin geschrieben und gewinnt erst in der subtilen Brechung der arg flachen Durchhaltebotschaft (”Musst nicht weinen, kleine Anouschka / Er kommt wieder, kleine Anouschka”) durch das einzigartig bittersüße Timbre der Ausnahmesängerin den nötigen inhaltlichen Tiefgang. Frau Brück, die neben der späteren Siegerin des Abends als Einzige mit einem dreiköpfigen Begleitchor antrat, den “so-called Frankfurters”, wie Kollpacher sie annoncierte, gab ihr Menschenmöglichstes, verfügte aber nicht nur über eine Frisur wie Angela Merkel, sondern auch über deren Bühnenausstrahlung. Und sank in Wien folglich wie ein Stein. Denn Großbritannien, bekanntlich das Mutterland des Pop, schickte eine junge, gut aussehende Frau mit echtem Popstar-Appeal und einem echten Popsong.
Die Augen blau, das Minikleid orange: Inge Brück (DE).
Sandie Shaw, die den britischen Vorentscheid A Song for Europe zuvor alleine bestreiten durfte, brachte – nach der Vorarbeit von France Gall 1965 – mit nur fünf Jahren Verspätung endgültig den in den europäischen Charts schon lange tonangebenden Beat zum Contest. Auch wenn ‘Puppet on a String’ strenggenommen eine deutliche musikalische Verwandtschaft zum Humptata-Schlager des Musikantenstadls aufweist: seinerzeit ging man mit den Genregrenzen noch nicht so streng um wie heute. Zudem erscheint es als naheliegend, dass gerade die Kombination der für damalige Grand-Prix-Verhältnisse im “Mini-Mini” (Kollpacher) mit ausgiebig abgefilmten nackten Beinen und Füßen außergewöhnlich sexy in Szene gesetzten Shaw und des eher konventionellen und damit versöhnlich wirkenden Lieds (das für die nächsten zehn Jahre so etwas wie die Blaupause aller britischen Eurovisionsbeiträge liefern sollte) zum Sieg führte. Mit Madame Gall verband Miss Shaw indes nicht nur die misogyne Marionetten-Thematik des Songtextes, den die Sängerin in später gegebenen Interviews selbst völlig zutreffend als “sexistischen Schwachsinn” brandmarkte, sondern auch der damit verbundene massive kommerzielle Erfolg und dessen entschiedene Ablehnung durch die Interpretin.
Da stand anfangs wohl irgendjemand auf der Leitung! (UK)
Wie sehr Shaw die Nummer schon in Wien hasste, offenbarte sich nicht nur an ihrem versteinerten Gesicht im erstmals für die TV-Kameras zugänglichen Greenroom, als sich bereits nach vier Wertungen ihr Sieg abzeichnete, sondern auch an ihrer Handhabung der Technik: im Gegensatz zu allen anderen Konkurrent:innen, die brav hinter dem Mikrofonständer Aufstellung nahmen, benutzte sie als Einzige ein Handmikro. Welches sie über weite Strecken des Liedes so weit wie möglich weg vom Mund führte, so als wollte sie sich schon während des Vortrags von dessen Inhalt distanzieren. Es half nichts: das schmissige und melodisch zwingende ‘Puppet on a String’ gewann nicht nur mit riesigem Vorsprung den Song Contest, es warf auch einen europaweiten Nummer-Eins-Hit ab und avancierte zum unvergessenen Evergreen. Sogar die eilig eingedeutschte, von der bedauernswerten Interpretin eigens phonetisch eingesungene Fassung ‘Wiedehopf im Mai’ fand trotz absurdester Übersetzungslyrik noch ihre Abnehmer (Platz 36 in den deutschen Charts). Sandies Sieg markierte damit den unumkehrbaren Übergang in eine neue Eurovisionsära: weg vom getragenen frankophilen Chanson, hin zum beatbetonten, hitparadentauglichen Popsong. Eine gutzuheißende Entwicklung.
Ein wenig fröhlicher als Nicole: das Antikriegslied von Minouche (MC).
Einen weiteren Modernitätsschub lieferte Monaco, das die Französin Minouche Barelli und ihr von Serge Gainsbourg komponiertes Antikriegslied ‘Boum Badaboum’ eingekauft hatte. Nicht nur ein mit diversen roboterstimmenhaften Countdowns spielender musikalischer Donnerschlag: die Aussage, angesichts des durch die Atombombe unvermeidlich bevorstehenden Weltuntergangs das Leben rasch voll auskosten zu wollen (natürlich, es ist ja von Gainsbourg, auch sexuell), kann für Grand-Prix-Verhältnisse als geradezu revolutionär politisch gelten. Heutzutage fiele so eine Nummer sicherlich der EBU-Zensur zum Opfer. Barelli verstarb 2004 im Alter von nur 57 Jahren in Monaco, zwei Jahre, nachdem sie die Staatsangehörigkeit des Stadtstaates angenommen hatte. Mit gar nur 43 Jahren riss ein Autounfall 1980 den belgischen Vertreter Louis Neefs aus dem Leben. Sein deutlich traditionellerer Schlager ‘Ik heb Zorgen’ hätte auch von Peter Alexander stammen können, unterhielt aber immerhin durch eine perfide Klatschfalle: einem kunstvoll angetäuschten Liedende, das aber in Wahrheit nur aus einer zirka zweieinhalbsekündigen Pause bestand, nach welcher der Interpret den Refrain noch einmal wiederholte. Solche kleinen Schockmomente liebte Neefs sehr, was ihn irgendwie zum gruseligsten Mann des Grand Prix machte.
Da freut er sich diebisch: Louis Neefs zwang das Saalpublikum zum doppelten Applaudieren (BE).
Spanien schickte erneut den (heuer intern bestimmten) Vorjahressänger Raphael, mit einem weiteren herrlich melodramatischen Lied namens ‘Hablamos del Amor’ (‘Sprechen wir von der Liebe’), das aber nicht ganz an die Eindringlichkeit von ‘Yo soy aquél’ anknüpfen konnte. Womöglich auch, weil die iberische Delegation den zur theatralischen Gestik neigenden jungen Mann diesmal im Vorfeld offenbar wochenlang darin abgerichtet hatte, die Hände um Gottes Willen in den Anzugtaschen zu vergraben und bitte nicht wieder so hemmungslos herumzufuchteln wie sein deutscher Schlagerkollege Jürgen Marcus 1976. Was seinem Vortrag zwar das unfreiwillig Komische nahm, aber auch das Besondere. Unfreiwillige Tragik wohnte hingegen dem italienischen Beitrag inne. Der Freitod eines im Semifinale ausgeschiedenen Künstlers als Protest gegen die Jury überschattete das diesjährige San-Remo-Festival und dessen Siegertitel ‘Non pensare a me’. Vielleicht ganz gut so, denn das bediente sich melodisch recht deutlich bei ‘Strangers in the Night’. Im Windschatten des Suizid-Skandals tauschte die Rai es klammheimlich gegen das nicht minder altmodische ‘Non andare più lontano’ aus. Der Rentnerinnenschwarm Claudio Villa legte sich damit in Wien trotz eines direkt zum Songauftakt dramatisch geschmetterten “Amore!” auf die Schnauze.
Die Fäustchen zu ballen blieb diesmal das höchste der Gefühle: Raphael (ES).
Ob der Mazedonier Lado Leskovar wohl über seherische Kräfte verfügte? Der vom damals noch vereinten sozialistischen Jugoslawien entsandte Sänger und spätere Politiker sinnierte im von Emil Kollpacher als “Protestlied” annoncierten ‘Vse rože sveta’ (‘Alle Blumen der Welt’) über einen toten Soldaten, auf dessen Feldgrab die von seiner Liebsten abgelegten Blumen in einer Allegorie zur Vergänglichkeit des Lebens verrotten. Leider scheiterten die balkantypisch tieftraurigen Lyrics an der Sprachgrenze. Und an der etwas drögen musikalischen Begleitung, aus der sich die slawische Leidensbereitschaft nur sehr verhalten heraushören ließ. Auch der über ein Trompetensolo abgelieferte Sprechpart sorgte bei den westlichen Jurys eher für Befremdung. Immerhin gab es dennoch aus fast jedem zweiten Teilnehmerland einen Punkt, was insofern als Leistung anzusehen ist, da man in diesem Jahr nach allgemeinem Unmut über das nicht zu übersehende taktische Voting beim Wettbewerb von 1966 wieder zu einem System zurückkehrte, bei dem jede:r der zehn Juror:innen pro Nation nur jeweils eine Stimme für sein oder ihr Lieblingslied abgeben durfte. Was natürlich, verbunden mit der zur Verjüngung der Show eingeführten Neuerung, dass die Hälfte der Wertungsfachkräfte das dreißigste Lebensjahr unterschreiten mussten, entscheidend mit zum Erdrutschsieg von Sandie Shaw beitrug.
Musste zwischendrin nachprüfen, ob er noch einen Puls hat: Lado Leskovar (YU).
Die durchaus charmante ORF-Moderatorin Erica Vaal, die sich von keiner noch so hartnäckigen Zählbrettpanne (berühmt ihr Satz “I hope our technical Disorder will get in order”) aus der Fassung bringen ließ, rief die während der gesamten Auszählung vom Vorjahressieger und Trophäenüberreicher Udo Jürgens mit engem Beschlag belegte Sandie gar schon vor dem letzten Voting zur Gewinnerin aus, was der düpierte irische Jurysprecher mit einem mokanten “I thought we were going to be left out” kommentierte, während die Gastgeberin vor lauter (ehrlicher) Zerknirschtheit an ihrem “Oh, I am so sorry” fast erstickte. Mindestens ebenso unvergesslich bleibt ihre zum Showauftakt gehaltene zehnminütige (!) Begrüßungsrede auf deutsch, französisch, englisch, italienisch, spanisch und – für die Zuschauer:innen der Intervision – auf russisch. Dass sich Frau Vaal anschließend entschuldigte, nicht auch noch die Sprachen der restlichen Teilnehmerländer gelernt zu haben, und versprach, das nachzuholen, sollte der Contest “in naher Zukunft” nochmals in Wien stattfinden, begriffen die Europäer:innen wohl als ernstzunehmende Drohung: erst ihr Tod im Oktober 2013 ebnete tragischerweise den Weg für den Sieg von Conchita Wurst!
Schön auch, wie Udo Sandie auf die Bühne zerren will und sie ihm auf die Pfoten haut: der Contest 1967 im Kurzüberblick.
Eurovision Song Contest 1967
Grand Prix de la Chanson. Samstag, 8. April 1967, aus dem Großen Festsaal der Hofburg in Wien, Österreich. 17 Teilnehmerländer, Moderation: Erica Vaal.# | Land | Interpret | Titel | Punkte | Platz |
---|---|---|---|---|---|
01 | NL | Thérèse Steinmetz | Ring Dinge Ding | 02 | 14 |
02 | LU | Vicky Leandros | L’Amour est bleu | 17 | 04 |
03 | AT | Peter Horton | Warum es 100.000 Sterne gibt | 02 | 14 |
04 | FR | Noëlle Cordier | Il doit faire beau là-bas | 20 | 03 |
05 | PT | Eduardo Nascimento | O Vento mudou | 03 | 12 |
06 | CH | Géraldine Gaulier | Quel Coeur vas-tu briser? | 00 | 17 |
07 | SE | Östen Warnerbring | Som en Dröm | 07 | 08 |
08 | FI | Fredi | Varjoon-Suojann | 03 | 12 |
09 | DE | Inge Brück | Anouschka | 07 | 10 |
10 | BE | Louis Neefs | Ik heb Zorgen | 08 | 07 |
11 | UK | Sandie Shaw | Puppet on a String | 47 | 01 |
12 | ES | Raphael Martos Sánchez | Hablemos del Amor | 09 | 06 |
13 | NO | Kirsti Sparboe | Dukkeman | 02 | 14 |
14 | MC | Minouche Barelli | Boum Badaboum | 10 | 05 |
15 | YU | Lado Leskovar | Vse Rože Sveta | 07 | 09 |
16 | IT | Claudio Villa | Non andare più lontano | 04 | 11 |
17 | IE | Sean Dunphy | If I could choose | 22 | 02 |
Letzte Aktualisierung: 24.03.2023
Würde Frau Vaal noch leben, hätte sie jetzt wohl einiges zu tun 🙂 Wäre vielleicht nett, wenn man, die Ereignisse der letzten Woche betrachtend, den “Österreich hat seitdem nicht mehr gewonnen”-Teil ausbessern könnte. Liebe Grüße von einer begeisterten Leserin deines Blogs aus der Alpenrepublik 🙂
Danke für den Hinweis, ist aktualisiert!