Zehn Ausgaben brauchte es, bis sich die schwedische Vorentscheidung endlich vorsichtig dem Pop öffnete. 1965 hatte man noch einen Operntenor zum europäischen Wettsingen geschickt, und in den beiden Folgejahren bestimmte eher Jazziges das Melodifestivalen. Diesmal wählte der Sender SVT im Vorfeld selbst die zehn Interpret:innen aus, und es fanden sich größtenteils bereits bekannte Namen darunter, so zum Beispiel die ehemaligen Eurovisionsvertreter Svante Thuresson (1966) und Östen Warnerbring (1967), Letzterer in einem Duett mit Ersterem, in dem die Beiden die Privilegien ihrer Geschlechtszugehörigkeit glorifizierten (‘Hier kommen die Jungs’). Für die Songs schaltete SVT eine für Jedermann offene Einreichungsphase vor, und es kamen um die 2.000 Liedvorschläge. Interessanterweise dominierte mit Peter Himmelstrand dennoch ein Komponist das Wettbewerbsfeld, dessen drei ausgewählte Beiträge am Ende unter den ersten vier Rängen landeten und die allesamt den Sound des schwedischen Vorentscheids etwas näher an die Jetztzeit heranführten.
https://youtu.be/x2WRQb7AJR8
Mit eigenem Videoclip: Mona Wessman im Kaufmannsladen.
Dazu zählte der fröhlich-augenzwinkernde Schlager ‘Gå och göm dej, Åke Tråk’ (‘Geh und versteck dich, Åke Tråk’) der im Vorjahr in einer TV-Show über heimische Nachwuchstalente erstmals der Öffentlichkeit vorgestellten Mona Wessman, die damit ihren allerersten nicht aus einer Coverversion bestehenden Top-Ten-Hit landete. In den Siebzigern sank ihr Stern wieder: 1973 belegte sie beim Melodifestivalen den letzten Rang. 1976 musste sie nach einem Stimmband-Knoten ihre Schlagerkarriere beenden und arbeitete fortan als Reiseleiterin in Spanien. Punktgleich (aber mit einer höheren Einzelwertung von einer der elf regionalen Jurys) auf dem dritten Platz landete Towa Carson mit ‘Du vet var jag finns’ (‘Du weißt, wo ich zu finden bin’), von dem die in den 2000ern beim MF stets erfolglose ehemalige Rocksängerin Anne-Lie Rydé 1994 eine Neuaufnahme einspielte. Der Sieg ging jedoch an einen jungen Künstler, dessen Karriere gemeinsam mit Mona Wessman in der selben Promo-Show begonnen hatte und auch zeitgleich mit ihr beim MF 1973 wieder endete.
Der Schnelldurchlauf: alle zehn Beiträge des Melodifestivalen 1968 in acht Minuten.
Die Rede ist natürlich von Claes-Göran Hederström und seinem süffig-eleganten Jazzschlager ‘Det börjar verka Kärlek, banne mej’ (‘Das sieht sehr nach Liebe aus, verdamm’ mich’), mit dem er zu Hause einen Nummer-Eins-Hit hatte und der seine Landsleute auch heute noch in kollektive Schlagerekstase versetzen kann. Kein Wunder, arbeitet sein Songtext mit augenzwinkernd vorgetragenen Geschlechterklischees (“Gestern ging ich mit dir in eine Liebesschnulze, obwohl ich lieber was mit Peng-Peng sehen wollte”) und skizziert die Liebe als eine Art ungewollte Naturgewalt, die Jungs dazu bringt, Dinge zu tun, die ihnen fremd sind, um die Mädels sanft zu stimmen. Das macht aus Claes-Göran quasi den Mario Barth des Grand Prix, nur wesentlich cooler. Zumal er für sich verbuchen kann, als erster Eurovisionsteilnehmer einen Fluch in seinem Songtitel untergebracht zu haben: dass die Juror:innen nicht reihenweise vor Empörung in Ohnmacht fielen, ist wohl der Sprachbarriere zu verdanken. Nach einer Reihe weiterer Hits versuchte auch Hederström es 1973 nochmals beim Melodifestivalen und wurde dort Achter.
Misstrauisch, aber auch schicksalsergeben: Claes-Göran.
Vorentscheid SE 1968
Melodifestivalen. Freitag, 9. März 1968, aus dem Cirkus in Stockholm. Zehn Teilnehmer:innen. Moderation: Magnus Banck.# | Interpreten | Songtitel | Jury | Platz |
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01 | Svante Thuresson | Du är en Vårvind i April | 21 | 02 |
02 | Anna-Lena Löfgren | Jag vill tro | 05 | 06 |
03 | Claes-Göran Hederström | Det börjar verka Kärlek, banne mej | 23 | 01 |
04 | Towa Carson | Du vet var jag finns | 15 | 03 |
05 | Östen Warnerbring + Svante Thuresson | Här kommer Pojkar | 13 | 05 |
06 | Britt Bergström | Fri hos dej | 01 | 09 |
07 | Gunnar Wiklund | Jag ser en Värld | 03 | 07 |
08 | Cecilia Stam | Låt mej få va’ i fred | 03 | 08 |
09 | Lars Lönndahl | Du och jag och Våren | 00 | 10 |
10 | Mona Wessmann | Gå och göm dej, Åke tråk | 15 | 04 |
Letzte Aktualisierung: 27.02.2021