Alle vier bisherigen irischen Eurovisionsvertreter warfen beim fünften nationalen Vorentscheid der Grünen Insel ihren Hut erneut in Ring, sollten sich jedoch mit extrem bescheidenen Punktegaben durch die zehn regionalen Jurys zufrieden geben müssen. Ihnen gegenüber standen vier Frauen, zwei von ihnen aus dem zum Vereinigten Königreich zählenden Nordirland, das just zu diesem Zeitpunkt unter großer politischer Spannung zwischen den nach Wiedervereinigung strebenden katholische Republikanern und protestantischen Unionisten, die den Verbleib unter der Krone der britischen Queen wollten, stand, welche kurz darauf in gut drei Jahrzehnte lang anhaltenden bewaffneten Auseinandersetzungen und blutigen Anschlägen eskalierten sollte, den sogenannten “Troubles”. Beide Damen teilten sich denselben Songschreiber, Michael Rade, der die noch ganz am Beginn ihrer Karriere stehende Rosemary Brown mit einer harmlos-plätschernden Ballade namens ‘Look around’ versorgte, mit welcher sie den zweiten Platz belegte. Die damals erst 17jährige Dana (so ihr Spitzname aus Kindertagen) erinnert sich in ihrer Autobiografie vor allem an die blankliegenden Nerven bei ihrer TV-Première: “Erst war das erste Mal in meinem Leben, dass ich echten Terror erlebte”!
Für eine B‑Seite hätte es gereicht, als Wettbewerbstitel war das zu schwächlich: Danas ESC-Erstversuch.
Die Juroren indes hatten vor Augen, dass bei den letzten beiden europäischen Wettbewerben uptemporär-fröhliche Knallernummern gewannen, und so optierten sie mit überwältigender Mehrheit von 30 zu acht Stimmen für Rades zweites Angebot, das musikalisch fluffig-flotte ‘The Wages of Love’. Deren Interpretin, die 27jährige Muriel Day, konnte bereits eine längere Bühnenerfahrung durch Auftritte mit Showbands und der Mitwirkung in einem Film vorweisen und zeigte sich entsprechend selbstsicher. Der irische Sender RTÉ annoncierte sie in einem Begleitheft als “lebendige, fröhliche Sängerin, die ihrem Äußeren genau so viel Aufmerksamkeit widmet wie ihrer Stimme”. Das stellte sie in Madrid in einem neongrünen, zeltartig geschnittenen Crèpe-Minikleid unter Beweis, in dem sie über die Bühne sprang wie ein Grashüpfer auf Crack. Weder die Show noch die Musik wollten so recht zu dem Songtext passen, der in doch eher düsteren Szenarien vor den “Kosten der Liebe” wie Tränen, Schmerz und verbrannten Fingern warnte. Ein mittelprächtiger siebter Rang war der Lohn für Irlands ersten Versuch mit schnellerem Liedgut, auf der Insel reichte es dennoch zu einem Nummer-Eins-Hit. Nur zwei Jahre später wanderte Muriel nach Kanada aus, wo sie später als Lasertherapeutin arbeitete. 1990 kehrte sie wieder in die Heimat zurück.
Wie ein Zelt auf zwei (sehr langen, sehr schlanken) Beinen: Muriel in Madrid.
Vorentscheid IE 1969
Sonntag, 16. Februar 1969, im RTÉ-Fernsehstudio in Dublin. Acht Teilnehmer:innen. Moderation: Brendan O’Reilly.# | Interpreten | Songtitel | Jury | Platz |
---|---|---|---|---|
01 | Sean Dunphy | Paper Boats | 03 | 5 |
02 | Dana | Look around | 08 | 2 |
03 | Butch Moore | Too late | 02 | 8 |
04 | Muriel Day | Wages of Love | 30 | 1 |
05 | Dickie Rock | Now do you believe me? | 06 | 3 |
06 | Eleanor Nodwell | Talking to myself | 03 | 5 |
07 | Pat McGeegan | Johnny Dreamer | 05 | 4 |
08 | Fiorenza Viani-Nolan | 1959 | 03 | 5 |
Letzte Aktualisierung: 15.06.2021
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