Ein Lied für Mün­chen 1983: Ver­band uns wirk­lich nur die Nacht?

Hoffmann & Hoffmann, DE 1983
Die Rück­sichts­vol­len

Im Jahr Eins n.N. (nach Nico­le) hielt sich Ralph Sie­gel aus der deut­schen Vor­ent­schei­dung kom­plett her­aus. Kein “Pro­jekt Titel­ver­tei­di­gung wie drei Jahr­zehn­te spä­ter bei einem ande­ren gro­ßen Euro­vi­si­ons­ego­ma­nen: Onkel Ralph wuss­te, zumin­dest damals, dass sich die Magie des Augen­blicks nicht ein­fach wie­der­ho­len lässt. Lei­der hielt die Ein­sicht nicht son­der­lich lan­ge vor… Ansons­ten blieb alles wie gehabt: abge­half­ter­te Schla­ger­stars und unbe­kann­te Stern­chen san­gen (noch immer unter der sel­ben Licht­or­gel wie schon 1979!) eine Aus­wahl ermü­den­der Schlicht­schla­ger. Wäh­rend da drau­ßen gera­de die Neue Deut­sche Wel­le mit der unge­zü­gel­ten Kraft eines Tsu­na­mis durch die Charts bran­de­te und sehr zum nur müh­sam unter­drück­ten Miss­fal­len von Die­ter-Tho­mas Heck selbst in sei­ner ZDF-Hit­pa­ra­de der ‘Major Tom’ mit sei­ner ‘Sen­ne­rin vom Königs­see’ auf ’99 Luft­bal­lons’ im ‘Sau­se­schritt’ durch den ‘Ster­nen­him­mel’ düs­te, sieb­ten die geschmack­lich kon­ser­va­ti­ven Hörer:innen der ARD-Schla­ger­wel­len in den Radio-Vor­wah­len gna­den­los alles aus, was auch nur im Ent­fern­tes­ten nach Sub­ver­si­on oder Spaß klang. Die deut­sche Vor­ent­schei­dung blieb somit, ver­mut­lich zum Wohl­ge­fal­len des ver­ant­wort­li­chen Baye­ri­schen Rund­funks, ein Hort der spie­ßig-hei­len Schla­ger­welt, ein Boll­werk gegen moder­nen Deutsch­pop, gegen das ech­te Leben.

Sau­fen statt rau­chen: die NDW-For­ma­ti­on Lil­li Ber­lin reflek­tiert über die Schwie­rig­kei­ten des Niko­tin­ent­zugs (plus Play­list mit sie­ben der raus­ge­wähl­ten Bei­trä­ge aus der Radio­vor­run­de 1983).

Zu den raus­ge­wähl­ten Fegern zähl­te die Punk­band Lil­li Ber­lin, die sich mit ihrer iro­ni­schen Hym­ne auf ‘Ost­ber­lin (Wahn­sinn)’ gera­de einen Fan­kreis in der Haupt­stadt auf­ge­baut hat­te und deren Lead­sän­ge­rin Uschi Lina stimm­lich ein biss­chen an die fan­tas­ti­sche Nina Hagen erin­ner­te. Jür­gen Tho­mas kam als Lei­ter des Julia­ne-Wer­ding-Fan­clubs zum Schla­ger. Unter dem Pseud­onym Der wil­de Jür­gen hat­te er mit der Alli­te­ra­ti­ons­sin­gle ‘A‑A-A‑A Anne­lie­se’ 1982 einen Ach­tungs­er­folg. Sein Vor­ent­schei­dungs­vor­schlag ‘Tanz­stun­de’ wuss­te mit tigh­ten Beats und augen­zwin­kern­dem Text zu gefal­len. 1994 oute­te er sich und ver­öf­fent­lich­te in Zusam­men­ar­beit mit Isa­bel Varell das schwu­le Lie­bes­lied ‘Nur mit ihm’. Der bereits zum zwei­ten Mal in Fol­ge von den Radiohörer:innen aus­sor­tier­ten Ute Ber­ling war im Vor­jahr mit der deut­schen Ein­spie­lung von ‘Bet­te Davis Eyes’ ihr ein­zi­ger Hit gelun­gen. Ihr musi­ka­lisch wie lyrisch top­ak­tu­el­ler Elek­tro­beat-Schla­ger ‘Com­pu­ter­spie­le’ fiel hin­ge­gen durch. Als abso­lut gran­dio­se Trash­per­le erwies sich die absur­de Dada-Num­mer ‘Dad­dys Dat­tel­mo­no­pol’: wohl beim Tex­ten ein biss­chen zu viel Dat­tel­schnaps getrun­ken? Eine Erwäh­nung ver­dient zudem der erst im Jah­re 2019 auf Ton­trä­ger ver­öf­fent­lich­te, süf­fi­ge Dixie­land-Schla­ger ‘Al Capo­ne’, unter dem Pseud­onym Chi­ca­go Gang gesun­gen von Albin Ber­ger, dem dama­li­gen Front­mann der – man glaubt es kaum – Flippers!

Erin­nert optisch ein biss­chen an Ben­ny (‘Skate­board’), klingt nur lei­der viel schlech­ter: der Bra­vo-Boy Hol­ger Tho­mas (plus Play­list mit allen Vorentscheidungsbeiträgen).

Im Ver­gleich mit der jugend­lich-rotz­fre­chen Atti­tü­de, wel­che die NDW in die deut­sche Musik­sze­ne spül­te, sahen die gesit­te­ten Schla­ger­stars aus den Sieb­zi­gern nun natür­lich ziem­lich alt aus. So wie Cos­ta Cord­a­lis. Der hat­te sich von sei­nem knap­pen Schei­tern drei Jah­re zuvor zwar erholt und ver­such­te es noch mal, blieb aber mit einem dies­mal selbst geschrie­be­nen, saft- und kraft­lo­sen Schla­ger­chen erfolg­los. Auch in den Charts: dort konn­te der gebür­ti­ge Grie­che erst nach einer inhalt­li­chen Neu­aus­rich­tung als Bal­ler­mann-Sauf­schla­ger-Inter­pret Ende der Neun­zi­ger wie­der reüs­sie­ren. Im Jah­re 2004, als dort noch ech­te F‑Promis mit­mach­ten und nicht nur per­pe­tu­ell recy­cel­ter Fick­for­mat-Boden­satz, gewann er die ers­te Staf­fel des damals hoch­um­strit­te­nen RTL-Dschun­gel­camps. Und spen­de­te sei­ne Sieg­prä­mie der Kin­der­krebs­hil­fe: Hut ab! Cord­a­lis starb 2019 auf Mal­le. Der gelern­te KFZ-Mecha­ni­ker und für sei­ne extrem eng sit­zen­den Jeans bekann­te Schön­ling Hol­ger Tho­mas hat­te 1976 die Wahl zum Bra­vo-Teen-Boy gewon­nen und konn­te dar­auf­hin einen Plat­ten­ver­trag klar­ma­chen. Ein rich­ti­ger Hit woll­te ihm jedoch nie gelin­gen, erst recht nicht mit ‘Susi Schmidt’, und nach sei­nem zehn­ten Platz bei die­ser Vor­auswahl zog sein Label dann den Ste­cker. Kei­nen Ein­druck auf dem deut­schen Schla­ger­markt hin­ter­ließ auch Ange­la Bran­ca, die heu­te mit einem Part­ner als “Duo Zwei­klang” für Fei­ern buch­bar ist.

July Pauls Job war es wohl, Ingrids Stim­me her­un­ter­zu­ber­teln. Hat nicht geklappt.

Ingrid Peters Mut­ter­schafts-Lob­lied ‘Viva la Mam­ma’ schaff­te es auf Rang 2 sowie zumin­dest noch in die ZDF-Hit­pa­ra­de, wenn auch nicht in die rich­ti­gen Charts. Es illus­trier­te einen zumin­dest schritt­wei­sen gesell­schaft­li­chen Fort­schritt: beton­te Con­ny Fro­boess1962er Migra­ti­ons­schla­ger ‘Zwei klei­ne Ita­lie­ner’ noch die Fremd­heit der Gastarbeiter:innen im kal­ten Deutsch­land und ihren (oder eher: unse­ren) bal­di­gen Rück­kehr­wunsch, so erzähl­te Ingrids Lied die Geschich­te einer trotz anfäng­li­cher Ableh­nung durch die Nach­bar­schaft (dan­kens­wer­ter­wei­se “nur” in Form eines frem­den­feind­li­chen Graf­fi­tis, damals zün­de­te man noch nicht gleich Häu­ser an) rasch erfolg­reich inte­grier­ten sizi­lia­ni­schen Aus­wan­de­rer­fa­mi­lie. Mit “Piz­za, Wein und Cap­puc­ci­no” ver­moch­te “La Mam­ma” näm­lich die bekannt­lich durch den Magen gehen­de Lie­be der kuli­na­risch wenig ver­wöhn­ten saar­län­di­schen Ureinwohner:innen zu erko­chen. Zugleich zeich­ne­te der Schla­ger jedoch ein von bedin­gungs­lo­ser Auf­op­fe­rung bestimm­tes Frau­en­bild, das sicher­lich die unein­ge­schränk­te Zustim­mung von Eva “Mut­ter­kreuz” Her­man gefun­den hät­te. Inter­es­san­ter­wei­se stamm­te er aus der Feder von Micha­el Hoff­mann, einer Hälf­te des Sie­ger­du­os, der sich hier­zu musi­ka­lisch in sehr wei­ten Tei­len von Ric­chi & Poveris 1981er San­re­mo-Bei­trag (und euro­pa­wei­tem Top­hit) ‘Sarà per­ché ti amo’ inspi­rie­ren ließ.

Glau­ben Sie nicht? Hören Sie selbst: hier ist das Ori­gi­nal zu ‘Viva la Mamma’.

Ver­geb­lich auf den Mut­ter­schafts­bo­nus setz­te hin­ge­gen Wen­cke Myh­re. Für ihre Toll­küh­ne-Steh­pin­k­ler-Hym­ne ‘Wir bei­de gegen den Wind’ rekru­tier­te sie ihren zehn­jäh­ri­gen Sohn Dan, der im Refrain mit­kräh­te. Die Teil­nah­me an der deut­schen Vor­ent­schei­dung kos­te­te Wen­cke ihren siche­ren Grand-Prix-Start­platz im Hei­mat­land Nor­we­gen: an ihrer Stel­le durf­te der noto­ri­sche Jahn Tei­gen Euro­pa mit ‘Do Re Mi’ erqui­cken. Aber auch bei uns klapp­te es nicht. Ver­mut­lich, weil Frau Myh­re in ihrem musi­ka­lisch wie text­lich ziem­lich halb­ga­ren Schla­ger samt Kind vor dem (gewalt­tä­ti­gen?) Ehe­mann davon­lau­fen woll­te, anstatt sich wei­ter in ihr Schick­sal zu fügen, wie sich das für eine Frau und Mut­ter nun mal gehört… ‘Unend­lich weit’ war der Weg für Vero­ni­ka Fischer, zumin­dest kul­tu­rell. In der DDR ein gefei­er­ter Star mit zahl­lo­sen Erfolgs­al­ben, konn­te sie nach ihrer 1981 erfolg­ten Aus­rei­se im Wes­ten nie so recht Fuß fas­sen. Erst nach dem Fall der Mau­er spiel­te sie wie­der vor vol­len Hal­len. In Mün­chen aller­dings ver­en­de­te ihr auf­ge­bla­se­ner, trä­ger Depri-Schla­ger, von dem man Dank ihrer viel zu lei­se aus­ge­steu­er­ten Stim­me kaum etwas ver­stand, auf dem vor­letz­ten Platz. Sicher­heits­hal­ber pack­te ihre Plat­ten­fir­ma zwar noch die von der Fischers­frau ein­ge­sun­ge­ne Ver­si­on von Wen­ckes Kon­kur­renz-Flucht­lied auf die B‑Seite ihrer Sin­gle. Den Ver­käu­fen half es aber nicht.

Nied­lich und nach­denk­lich zugleich funk­tio­niert nicht: Wen­cke & Dan.

Noch eins tie­fer reih­te sich der öster­rei­chi­sche Lie­der­ma­cher Har­ry Bel­ten ein: die kalt ser­vier­te Rache der Deut­schen für den mit kol­lek­ti­ver Wut auf­ge­nom­me­nen, ledig­lich einen Punkt an unse­re (im ori­gi­na­len Auf­tritts­kleid aus Har­ro­ga­te im Mün­che­ner Stu­dio­pu­bli­kum sit­zen­de) Nico­le? Nö: das gerech­te Ergeb­nis für sei­nen kom­plett ver­nu­schel­ten Schlicht­schla­ger ‘Ange­lo’. Obschon: auch die in Wien gebo­re­ne Mara Win­zer fand sich mit ihrem aus der Hei­der­schen Hit­schmie­de stam­men­den, aller­dings maxi­mal mit­tel­gu­ten Dis­co­schla­ger ‘Ster­nen­land’ im hin­te­ren Drit­tel ein. Da half ihr weder die opu­len­te Ozon­loch-Dau­er­wel­le noch die bei ihrem Auf­tritt alle zwan­zig Sekun­den sehr zackig zele­brier­te Vier­tel­dre­hung hin zur nächs­ten Kame­ra. Spä­ter syn­chro­ni­sier­te Mara die Lara in der Zei­chen­trick­se­rie Sail­or Moon und sang dort Tei­le des Sound­tracks ein. Seit 2004 betreibt sie eine Schau­spiel­agen­tur. Mit der Autsch-das-tut-weh-Ein­deut­schung “Denn Azzur­ro heißt blau” des gleich­na­mi­gen Adria­no-Celen­ta­no-Can­zo­ne ging 1968 die Schla­ger­kar­rie­re für Peter Rubin los, des­sen letz­ter Hit nun jedoch bereits neun Jah­re zurück lag. Sei­nen sechs­ten Platz beim Lied für Mün­chen nahm er den­noch ‘Wie ein Mann’.

Trotz vor­he­ri­gem Jobs am Check-in-Schal­ter des Flug­ha­fens Wien-Schwe­chat woll­te Maras Hit­ra­ke­te nicht so recht abheben.

Der im Jah­re 2011 wie der Kol­le­ge Cord­a­lis eben­falls auf Mal­lor­ca ver­stor­be­ne Jun­ge mit dem Hund von Moni­ka, Bernd Clü­ver, zähl­te eben­so zu den schon etwas aus der Mode gekom­me­nen Schla­ger­alt­stars. Nach dem gera­de erwähn­ten Mil­lio­nen­sel­ler von 1973, der “deut­schen Ori­gi­nal­ver­si­on” einer spa­ni­schen Num­mer-Eins-Schmon­zet­te des ibe­ri­schen ESC-Ver­tre­ters Micky, und etli­chen Nach­fol­ge­hits bescher­te ihm die Ein­deut­schung eines Trä­nen­zie­hers der Rubet­tes Mit­te der Sieb­zi­ger einen der­ben Kar­rie­re­knick. Wag­te er sich doch, in ‘Mike und sein Freund’ die düs­ter-dra­ma­ti­sche Geschich­te eines auf­grund sei­ner Homo­se­xua­li­tät vom eige­nen bru­ta­len Vater in den Sui­zid getrie­be­nen jun­gen Man­nes zu erzäh­len und dabei Empa­thie für das schwu­le Opfer zu anzu­deu­ten. Was so uner­hört war für dama­li­ge Zei­ten, dass Bernd trotz mehr­fa­cher öffent­li­cher Beteue­run­gen, selbst nicht “so einer” zu sein, für eine Zeit­lang auf der schwar­zen Lis­te lan­de­te. Erst, nach­dem er sich 1978 mit dem Smo­kie-Cover ‘Mexi­can Girl’ als Hete­ro-Sex­tou­rist insze­nier­te, der in frem­den Gefil­den eine unbe­darf­te Acht­zehn­jäh­ri­ge deflo­riert und am nächs­ten Mor­gen in den Flie­ger nach Hau­se steigt, durf­te er wie­der in die ZDF-Hit­pa­ra­de zurück­keh­ren. Nach vier­jäh­ri­ger Hit-Pau­se ver­such­te er nun­mehr beim Lied für Mün­chen ein wei­te­res Come­back, und zwar mit einem von Die­ter Boh­len kom­po­nier­ten Schlager!

Sie war 17 und ich 41: der Bernd, der Clüver.

Was natür­lich nur im Rück­blick sen­sa­tio­nell erscheint: ein gutes Jahr vor des­sen Durch­bruch mit ‘You’­re my Heart, you’­re my Soul’ reih­te sich der groß­mäu­li­ge Pop-Titan aus Töten­sen noch in die lan­gen Rei­hen namen- und / oder erfolg­lo­ser Songschreiber:innen ein, die den deut­schen Vor­ent­scheid als Kar­rie­re­sprung­brett oder Abwurf­stel­le für ihre Songgur­ken nut­zen woll­ten. Aller­dings lässt sich der Boh­len-Num­mer, zu der auch der lang­jäh­ri­ge DSDS-Jury­pa­te mit umge­schnall­tem trag­ba­ren Syn­the­si­zer – die Key­tar, spä­ter eines der opti­schen Erken­nungs­zei­chen von Modern Tal­king – auf der Büh­ne stand und enthu­si­as­tisch im Chor mit gröl­te, ein ordent­li­cher Schub und eine zwin­gen­de Hook­li­ne nicht abspre­chen. Selbst wenn sich Die­ter und Bernd nicht immer über den zu sin­gen­den Text einig waren. Nur fünf Jah­re spä­ter hät­te ich für so einen Bei­trag mei­ne See­le ver­kauft! Hier reich­te es für einen gerech­ten drit­ten Rang, denn es gab Bes­se­res. Näm­lich die sieg­rei­che Kom­po­si­ti­on ‘Rück­sicht’ von Micha­el Kun­ze und Vol­ker Lech­ten­brink (‘Ich mag’, ‘Erst drü­ben die Dame’ – war­um nur ist er nie selbst ange­tre­ten?). Nach ECG-Recher­che tru­gen die bei­den den Titel iro­ni­scher­wei­se zunächst Herrn Clü­ver an, der woll­te ihn aber nicht. Ob er sich im Anschluss wohl in den Hin­tern gebis­sen haben mag?

Sexy wie Wolf­gang Petry, nur mit bes­se­rer Musik: Hoff­mann & Hoffmann.

An sei­ner Stel­le über­nah­men die Gebrü­der Hoff­mann & Hoff­mann den wirk­lich wun­der­schö­nen Bezie­hungs­schla­ger. Mit so viel fein aus­ta­rier­tem Gefühl tru­gen sie den nach­denk­lich-ori­gi­nel­len Auf­ruf zu weni­ger Ego­is­mus vor, dass man gnä­dig über das etwas lege­re Auf­tre­ten der bei­den optisch ent­fernt an John Oates (Hall & Oates) und Paul Simon (Simon & Gar­fun­kel) erin­nern­den Her­ren in ihren Geo­gra­fie­leh­rer-Out­fits hin­weg­se­hen konn­te. Bevor der erneut bereits beim ers­ten Zwi­schen­stand der Infra­test-Aus­zäh­lung fest­ste­hen­de Sieg der bei­den Bros als amt­lich ver­kün­det wer­den konn­te, muss­ten wir aller­dings noch beson­ders hoch­not­pein­li­che Über­brü­ckungs-Inter­views nicht nur mit den düpier­ten Konkurrent:innen über uns erge­hen las­sen, son­dern auch mit Nico­le, Bernd Mei­nun­ger und Ralph Sie­gel. Wel­cher in sei­ner char­man­ten Trump­haf­tig­keit sowohl Frau Rei­ber als auch Herrn Roh­lin­ger das in dunk­ler Vor­ah­nung extra nur ganz zöger­lich hin­ge­hal­te­ne Mikro­fon mit stahl­har­tem Griff aus den Hän­den schraub­te und es sich jeweils nur unter mas­si­vem Wider­stand selbst wie­der ent­rei­ßen ließ. Schließ­lich hat­ten, so wohl die Auf­fas­sung des zur weit­schwei­fi­gen Selbst­be­weih­räu­che­rung nei­gen­den Kom­po­nis­ten, die Krü­mel zu schwei­gen, wenn der Kuchen spricht!

Ein biss­chen coun­try­es­ker im Arran­ge­ment, aber genau so schmacht­schön: Marys Cover ist ein Rit­ter­schlag für das Original.

Trau­rig: trotz aller besun­ge­nen “Vor­sicht” und “Rück­sicht” zer­brach John Oates Gün­ter Hoff­mann, der mit der sexy Schen­kel­bürs­te, nur ein Jahr spä­ter am aus­blei­ben­den Nach-Grand-Prix-Erfolg (es reich­te auf inter­na­tio­na­lem Par­kett “nur” zum fünf­ten Platz und die Deut­schen reagier­ten, wie erwar­tet, pikiert) und einer geschei­ter­ten Bezie­hung. Er nahm sich in Rio de Janei­ro das Leben. Die empa­thi­sche Mary Roos, die Kun­ze wohl ursprüng­lich als Inter­pre­tin für ‘Rück­sicht’ im Sinn hat­te und die den Titel spä­ter eben­falls ein­spiel­te, gedach­te nach ihrem Sieg beim Lied für Luxem­burg 1984 in der Sen­dung sei­ner. Gün­ters hin­ter­blie­be­ner Bru­der Micha­el sag­te sich trot­zig ‘Ich geb nicht auf’ und nahm 1987 noch mal an der deut­schen Vor­ent­schei­dung teil, kam aber über Rang 7 nicht hin­aus. Anschlie­ßend ver­leg­te er sich auf das Kom­po­nie­ren spi­ri­tu­el­ler Musik. Namas­te!

Ein Lied für Mün­chen aus Mün­chen: wann immer man dach­te, die Rei­ber fin­det kein noch furcht­ba­re­res Kleid mehr, belehr­te sie uns eines Besseren.

Deut­sche Vor­ent­schei­dung 1983

Ein Lied für Mün­chen. Sams­tag, 19. März 1983, aus dem Stu­dio 4 des Baye­ri­schen Rund­funks in Mün­chen-Unter­föh­ring. 12 Teil­neh­mer. Mode­ra­ti­on: Caro­li­ne Rei­ber. Demo­sko­pi­sche Befragung.
#Inter­pre­tenSong­ti­telTele­vo­tePlatzCharts
01Hol­ger ThomasMein Hit heißt Susi Schmidt260910-
02Vero­ni­ka FischerUnend­lich weit252311-
03Hoff­mann & HoffmannRück­sicht42510108
04Ange­la BrancaWar­um hältst Du mich nicht fest?322208-
05Bernd Clü­verMit 17393303-
06Ingrid Peters + July PaulViva la Mamma393802-
07Peter RubinWie ein Mann342706-
08Wen­cke Myh­re + SohnWir bei­de gegen den Wind375205-
09Har­ry BeltenAnge­lo211112-
10Lei­ne­mannIch reiß alle Mau­ern ein331407-
11Mara Win­zerSter­nen­land298709-
12Cos­ta CordalisIch mag Dich390204-

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5 Comments

  • Kein Wort von Daddy’s [sic!] Dat­tel­mo­no­pol? Tse… Die­se Trash­per­le hät­te hier aber mal sowas von einer Erwäh­nung ver­dient, auch wenns fürs Mün­che­ner Vor­ent­schei­dungs­fi­na­le nicht gereicht hat…

  • Der Titel Rück­sicht wur­de mei­nes Wis­sens ursprüng­lich mal für Mary Roos geschrie­ben, die aber nicht schon wie­der beim Vor­ent­scheid antre­ten woll­te und dem­entspre­chend ablehnte.

  • @Tamara: Sie­ben Jah­re hat’s gedau­ert, aber jetzt hab ich die Dat­teln mal mit ein­ge­baut. Wobei sich der Titel irgend­wie jeder Beschrei­bung ent­zieht, den muss man gehört haben!

  • Ja TSCH­AK­KA­AAA! Mer­ci, lie­ber Oliver!

    Für alle, die das Ding nicht ken­nen: Here you go: https://www.youtube.com/watch?v=Ak0a3QkMa‑k. Das muss man sich ein­mal im Leben gege­ben haben. Bei mehr als einem Pro­mil­le kommt es gar nicht so schlecht.

    Zwei Din­ge sind noch bemer­kens­wert: Der Chor singt sowas wie “sum­ba­ras­sasum­ba, sum­ba­ras­sasum­ba”, was natüüüür­lich niiii­icht von Rain­hard Fend­richs “Oben ohne” aus dem Jahr vor­her abge­kup­fert ist, denn: der singt ja “su a haßa Sum­ma” (so ein hei­ßer Som­mer). Und schaut doch mal, wel­che Plat­ten­fir­ma das Ding pro­du­ziert hat … tse tse tse.

  • Gera­de gele­sen, dass Vol­ker Lech­ten­brink gestor­ben ist, der das wun­der­ba­re “Rück­sicht” getex­tet hat 🙁

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