Selbst die scheinbar Neuen waren teils die Alten beim Concours Eurovision 1991: nach ihrem zweiten Platz im Vorjahres-Vorentscheid bildete das welsche Schlagerduo Sylvie & Joël gemeinsam mit seinem damaligen Chor heuer das dämlich benannte Retortenprojekt Suisse Home (klingt wie eine Immobilienfirma!) und präsentierte als solches den halbparodistisch-superdämlichen Beitrag ‘Home Suisse Home’. Mit halbenglischem Titel, mittlieds hereingerolltem Alphorn und Jodeleinlage: also ein sehr sehr fadenscheiniger Versuch, das Konzept der legendären ‘Swiss Lady’ von 1977 zweitzuverwerten. Der drittletzte Platz war die angemessene Antwort für diesen Schrott. Das bei Eurovisionsvorentscheidungen im deutschsprachigen Raum einfach ums Verrecken nicht tot zu kriegende Genre des Rock’n’Roll-Schlagers für die Generation 50plus bediente die aus zwei Kirmeskapellen für diesen Abend “zusammengespannte” Formation R.C.O. (Rüstige Conföderations-Opis?) mit dem wirklich schlimmen ‘Ruhelos’. Bereits einige Jährchen auf dem Buckel hatte auch der aus dem Tessin stammende Singer-Songwriter Marco Zappa, der sich für sein schrammellastiges ‘La Nave va’ zwei seiner Kinder mitbrachte. Bleibt noch die heute als “Hochzeitssängerin aus dem Vorarlberg” wie als Trauerrednerin buchbare Christine Nachbauer mit ihrem gleichermaßen schwindsüchtigen wie pompösen Grand-Prix-Schlager ‘Segel im Wind’.
Hey there People, I’m Bobby Brown / They say I’m the cutest Guy in Town – oder auch nicht: die Playlist mit allen Auftritten zum Durchskippen.
Und hier die (leider etwas dunkelstichig-verwaschene) Show am Stück.
Ansonsten nur altbekannte Gesichter bei diesem von der aparten Lolita Morena moderierten Vorentscheid. Claude Lander, der sich hier mit seinen Backings einen lautstarken Überbietungswettkampf leistete, sahen wir bereits 1984 das erste Mal beim Concours. Der Schleimschlagersänger Chris Lorenz hatte offenbar seinen gesamten Fanclub in die Halle mitgebracht, dafür aber Charisma und Stimme zu Hause vergessen. Mit Carol Rich und Daniela Simmons wetteiferten gleich zwei ehemalige helvetische Grand-Prix-Repräsentantinnen vergeblich um die Fahrkarte nach Rom. Dabei setzte Daniela eigens auf ihr altes Erfolgsrezept und präsentierte erneut eine Klavierballade aus der Feder ihres Stammkomponisten Atilla Şereftuğ. Half nichts: Platz 2. Zum Trost machte Şereftuğ ihr bald darauf ein Kind. Sandra Simó nahm erstmalig 1989 als Chorsängerin für Ann Lomar (wer?) am Concours teil und fiel dort dem Tessiner Cantautore Renato Maschetti auf. Der gab es nach etlichen gescheiterten Versuchen als Interpret seiner eigenen Lieder nun endlich auf und überließ der gebürtigen Züricherin sein handwerklich sehr solides ‘Canzone per te’. Eine gute Entscheidung: Simó räumte bei allen (!) Jurys ab und siegte mit der höchstmöglichen Punktzahl.
Ein cleverer Schachzug der Eidgenoss:innen, ein italienischsprachiges Canzone zum Grand Prix nach Rom zu entsenden: Sandra konnte dort einen guten fünften Platz ersingen.
Vorentscheid CH 1991
Concours Eurovision. Samstag, 23. Februar 1991, aus dem Casino du Rivage in Vevey. Neun Teilnehmer:innen. Moderation: Lolita Morena. Drei regionale Publikumsjurys, Pressejury, Senderjury (je 20%).# | Interpreten | Songtitel | DRS | TSR | TSI | Presse | Jury | Punkte | Platz |
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01 | Marco, Daria + Mattia Zappa | La nave va | 04 | 02 | 07 | 01 | 08 | 22 | 05 |
02 | Christine Nachbauer | Segel im Wind | 02 | 04 | 02 | 03 | 02 | 13 | 08 |
03 | Claude Lander | Laissez-le vivre | 01 | 01 | 03 | 05 | 01 | 11 | 09 |
04 | RCO | Ruhelos | 06 | 05 | 04 | 02 | 03 | 20 | 06 |
05 | Daniela Simmons | Come finirà? | 08 | 08 | 08 | 07 | 07 | 38 | 02 |
06 | Suisse Home | Home Suisse Home | 03 | 03 | 01 | 04 | 04 | 15 | 07 |
07 | Sandra Simó | Canzone per te | 10 | 10 | 10 | 10 | 10 | 50 | 01 |
08 | Chris Lorens | Ein ganzes Leben lang | 07 | 07 | 06 | 08 | 06 | 34 | 03 |
09 | Carol Rich | Donner la Main | 05 | 06 | 05 | 06 | 05 | 27 | 04 |
Letzte Aktualisierung: 27.05.2023