Texas Light­ning: Cover-Mania

Wenn Sie, wie ich, musi­ka­lisch mit der ZDF-Hit­pa­ra­de auf­wuch­sen, erin­nern Sie sich viel­leicht noch an das Phä­no­men der “Deut­schen Ori­gi­nal­ver­si­on”. In den Sieb­zi­gern wur­de in Deutsch­land näm­lich jeder noch so frag­wür­di­ge eng­lisch­spra­chi­ge Hit geco­vert und von einem der damals zahl­rei­chen Schla­ger­stars in einer noch frag­wür­di­ge­ren deut­schen Fas­sung inter­pre­tiert. Die sich oft­mals sehr viel bes­ser ver­kauf­te als das Ori­gi­nal (auch bekannt als der ‘Men­do­ci­no’-Effekt). Manch­mal gab es sogar meh­re­re deut­sche Ver­sio­nen, so bei­spiels­wei­se von Bar­bra Strei­sands ‘Woman in Love’, das sowohl Git­te (‘Ich bin die Frau, die dich liebt’) als auch Mari­an­ne Rosen­berg (‘Ich hab auf Lie­be gesetzt’) mit unter­schied­li­chen Tex­ten und unter­schied­li­chem kom­mer­zi­el­len Erfolg eindeutschten.


Zum Dahin­schmel­zen: Mari­an­nes Ein­satz ist hoch!

War­um ich Ihnen das erzäh­le? Erin­nern Sie sich noch an das ‘Baye­ri­sche Cow­girl’ Nicki? Die pos­sier­li­che, ein Meter zwan­zig hohe baju­wa­ri­sche Hupf­doh­le mit dem grau­sa­men Sprach­feh­ler – par­don, dem lus­ti­gen mund­art­li­chen Akzent? Die nahm den Erfolg der Ham­bur­ger Coun­try-Kapel­le Texas Light­ning wohl zum Anlass, nach zwan­zig Jah­ren hoch­will­kom­me­ner Abs­ti­nenz ein neu­es Album auf­zu­neh­men. ‘I gib wie­der Gas’ heißt es, und die ers­te Aus­kop­pe­lung dar­aus ist: ‘Nie im Leben’, die ori­gi­nal­ge­treue deut­sche Cover­ver­si­on von ‘No no never’, unse­rem Euro­vi­si­ons­bei­trag 2006! Selbst­ver­ständ­lich wie­der im nie­der­baye­ri­schen Dia­lekt gesun­gen. Man möch­te sofort zur Dach­lat­te grei­fen und sie noch einen Kopf kür­zer machen…

Sie ist ein baye­ri­sches Cow­girl: die Nicki

Aber es kommt noch schlim­mer: ‘Mein klei­nes, süßes Foh­len’ heißt die zwei­te Cover­ver­si­on unse­res Lieds für Athen, dies­mal von den Lol­li­pops. Das sind zwei ner­vi­ge klei­ne Gören im Alter von 12 und 14, die Musik für ner­vi­ge klei­ne Gören in der sel­ben Alters­stu­fe machen. ‘Rei­ter­fe­ri­en sind der Hit’ heißt ihr Album und, wie zu befürch­ten, the­ma­ti­siert es das, was alle ner­vi­gen klei­nen Gören in die­ser Alters­stu­fe toll fin­den: das Glück der Erde auf dem Rücken der Pfer­de. Ich habe mich ja bereits als Zeit­zeu­ge der ZDF-Hit­pa­ra­de geoutet, dar­an kön­nen Sie ermes­sen, wie alt ich bin. Als ich ein Kind war, gab es noch spe­zi­ell für Kin­der geschrie­be­ne, furcht­ba­re Musik, die nichts mit der aktu­ell ange­sag­ten Pop­mu­sik zu tun hat­te. Was ich rich­tig fand: Pop­mu­sik ist für Ado­les­zen­te und Erwach­se­ne. In ihr geht es meist um Sex, Drugs & Rock’n’Roll – jeden­falls um erwach­se­ne The­men. Wes­we­gen es Kin­der erlaubt wird, Erwach­se­nen­mu­sik zu ver­nied­li­chen und somit zu ent­zau­bern, wird mir nie­mals begreif­lich sein. Hier kann ich nur for­dern: ab zum Pferdemetzger!

Das Foh­len vom Boh­len? Die Lollipops.

(Herz­li­chen Dank an Vol­ker Habe­nicht für den Hinweis!)

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