Fan-Abzo­cke: Für zwei Gro­schen Musik

Grand-Prix-Fans sind ein äußerst dank­ba­res Publi­kum. Klag­los las­sen sie die schlech­tes­ten Musik­dar­bie­tun­gen über sich erge­hen, bereit­wil­lig spen­den sie Bei­fall für jede noch so ver­un­glück­te Cho­reo­gra­fie, jeden noch so schie­fen Gesang und – Krö­nung des Gan­zen – sie zah­len dafür auch noch frei­wil­lig Geld. Viel Geld. Ob umge­bau­te Heu­scho­ber auf einer iri­schen Kuh­wei­de, zugi­ge TV-Stu­di­os oder Eis­sport­hal­len: mit den Fan­clubs lässt sich jede Hüt­te voll machen. Und das zu Ein­tritts­prei­sen, bei denen jeder Pop­kon­zert­ver­an­stal­ter scham­rot anlau­fen wür­de. Oder grün vor Neid. Doch jetzt über­spann­te der fin­ni­sche Sen­der YLE den Bogen. Im Bemü­hen, aus den Euro­vi­si­ons­fans auch noch den letz­ten Euro her­aus­zu­pres­sen, ver­fiel man in Hel­sin­ki auf die gran­dio­se Idee von Zwangs­ti­cket­pa­ke­ten. Soll hei­ßen: wer als Teil eines orga­ni­sier­ten Fan­clubs anreist, muss das Gesamt­pa­ket neh­men, das auch die Ein­tritts­kar­ten zu sämt­li­chen Kos­tüm­pro­ben und dem Halb­fi­na­le am Don­ners­tag ent­hält. Preis: 425,– €! Doch, im Ernst. Vier­hun­dert­und­fünf­und­zwan­zig Euro. Wirklich!


Das Vor­bild der EBU: Dream Express’ Geld­ab­greifstra­te­gie (BE 1977)

Den Ver­such, auch noch für die Pro­ben Ein­tritts­kar­ten zu ver­kau­fen, gibt es schon län­ger. Er war bis­lang jedoch kaum von Erfolg gekrönt: in Istan­bul und Athen wur­den die Tickets mas­sen­haft kos­ten­los an die akkre­di­tier­ten Fans und Jour­na­lis­ten abge­ge­ben. Den­noch ver­teil­ten sich bei den meis­ten Durch­läu­fen nur eine Hand­voll Zuschau­er auf den Rän­gen, allen­falls die Gene­ral­pro­ben am Nach­mit­tag vor der eigent­li­chen Show waren leid­lich besucht. So ist es natür­lich ein auf den ers­ten Blick cle­ve­rer Ein­fall, die­se Tickets ver­mit­tels Paket­ver­käu­fen zwangs­wei­se an den Fan zu bringen.

Aller­dings sind 425,– € selbst für den hart­ge­sot­tens­ten Fan zu viel. Nach mas­si­ven, wüten­den Pro­tes­ten der Fan­clubs muss­te YLE zurück­ru­dern und offe­riert den Fan­clubs mitt­ler­wei­le eine abge­speck­te Vari­an­te: das Ticket­pa­ket ent­hält jetzt die Ein­tritts­kar­ten für das Fina­le, das Semi und die jewei­li­ge Gene­ral­pro­be. Neu­er Preis: 300,– €. Was immer noch statt­lich ist, aber zumin­dest deut­lich güns­ti­ger als der bis­he­ri­ge Irr­sinns­preis (zum Ver­gleich: in Athen kamen die Tickets für Semi und Fina­le zusam­men auf 250,– €). Lei­der ist jedoch nicht nur der fin­ni­sche Sen­der von aku­ter Geld­gier befal­len. Auch die Hotel­be­sit­zer in Hel­sin­ki wit­ter­ten das Geschäft ihres Lebens, bezahl­ba­re Bet­ten sind in der Stadt kaum zu fin­den. So dege­ne­riert, was bis­lang der freu­di­ge Höhe­punkt des Grand-Prix-Jah­res war, zur gene­ral­stabs­mä­ßig orga­ni­sier­ten Hard­core-Abzo­cke. Auch so kann man den Wett­be­werb kaputt machen.

Für nicht orga­ni­sier­te Fans ist der Sonn­tag (10.12.) ein wich­ti­ger Ter­min: dann star­tet um 11 Uhr der tele­fo­ni­sche Kar­ten­vor­ver­kauf (Tele­fon +358 600 10909). Ein­zel­ti­ckets für das Semi kos­ten 95,– €, für das Fina­le am Sams­tag 195,– €. Pro Per­son kön­nen maxi­mal fünf Tickets erwor­ben wer­den. Viel Glück!

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