
Kapitulation: anders ließ sich der hilflose Umgang des hierfür zuständigen NDR mit dem deutschen Eurovisionsvorentscheid beim besten Willen nicht beschreiben. Nach dem dreisten Diebstahl des erfolgreichen, chartsorientierten Konzeptes von 2004 durch Stefan Raabs Bundesvision Song Contest und der Schande von Kiew war man in Hamburg froh, die Verantwortung in die Hände des bekennenden Grand-Prix-Enthusiasten Thomas Hermanns legen zu können, welcher die campe Show aus dem plüschigen Deutschen Schauspielhaus zu Hamburg nicht nur moderierte, sondern von vorne bis hinten entworfen hatte. Mit einer durch und durch retroseligen, glamourösen Gala vermochte der im Jubiläumsjahr 2006 (50 Jahre Eurovision Song Contest) die weitestgehende Abkoppelung vom aktuellen Musikgeschehen noch geschickt zu kaschieren. Wobei ihm die lokale Band Texas Lightning half, mit deren herzerwärmendem Countryschlager ‘No no never’ sich die Nation voll und ganz identifizieren konnte. Der heurige zweite Aufguss geriet jedoch erwartbar schal, was sich schon in dem unterirdischen Kandidatenfeld dieses Jahrgangs manifestierte: ein Swing-Crooner, eine Casting-Band und ein Gruft-Rocker.
Am Weltfrauentag gewinnt ein Chauvinist: der deutsche Vorentscheid 2007.
Als Feigenblatt für die Jugend lieferte Hermanns Heimatsender ProSieben die Popstars-Retortenband Monrose zu, die wenige Monate nach ihrer dortigen Kür vor dem für solche Acts üblicherweise sehr baldigen Ende der öffentlichen Aufmerksamkeit auf einen schnellen zweiten Hit spekulierte. Leider entschieden sich die Mädels um Nordweststadt-Queen Senna aus schierer Materialnot ausgerechnet für das blutleere ‘Even Heaven cries’. Ein kapitaler Fehler: weiß man doch im Popbusiness, dass man die Ballade immer erst als dritte Single auskoppeln darf! Zudem wirkten sie beim Live-Auftritt so verschreckt und verängstigt, als stünde ihr Manager mit dem Rohrstock hinter der Bühne, für den Fall, dass sie es vergeigen. Letzten Endes brachen jedoch ihre Schöpfer ihnen das Genick: ProSieben zeigte parallel zum deutschen Vorentscheid das Finale der quotenstarken Bulimie-Dauerwerbesendung Germany’s next Topmodel. So dass ihre Hauptzielgruppe (prä- und postpubertäre Mädchen) erst gar keine Notiz von diesem Auftritt nahm. Tröstlich für Monrose: trotz des zweiten Platzes beim Vorentscheid ging auf diese Art und Weise die Karriere weiter, die meisten ihrer Fans dürften vom ihrem Grand-Prix-Flirt bis heute nichts wissen.
Katzengesänge auf Blumenschaukel: Monrose.
Welche Zielgruppe Heinz-Rudolf Kunze ansprechen sollte, bleibt schleierhaft. Alle, die womöglich in einem Anfall von Geschmacksverirrung irgendwann mal seinen einzigen Hit ‘Dein ist mein ganzes Herz’ kauften, dürften mittlerweile schon lange tot sein. ‘Die Welt ist Pop’ hieß sein Beitrag: Ha ha. Ha. Denn was er da ablieferte, war natürlich gerade eben kein Pop, sondern verquaster, muffiger Studienratsrock, wie immer bei HRK. Musikalisch, wenn man hier überhaupt von Musik reden kann, bei den Rolling Stones (‘Start me up’) abgekupfert und mit einem pseudoaktuellen, pseudoironischen Text versehen. Ist auch zu ärgerlich für einen verbitterten alten Pop-Intellektuellen der Spex-Schule, dass er an der aktuellen, verspielten Leichtigkeit des Seins einer neuen Generation um Bands wie Mia. nicht partizipieren durfte und seinen diesbezüglichen Neid notdürftig hinter vorgeblicher Ironie verstecken musste. An dieser Stelle nun muss ich es offen zugeben: ich bin ein sexistisches, heterophobes Schwein. Männer, die sich wie Roger Cicero vor Frauen klein machen und sie zu heimlichen Herrscherinnen erklären (‘Frauen regier’n die Welt’), und sei es auch nur, um sie in die Kiste zu kriegen, rufen in mir Abscheu und Verachtung hervor. Zumal, wenn diese Männer auch noch gut genug aussehen, so dass sie die Wahl hätten. Gut aussehende Männer gehören angebetet, auf Händen getragen, hofiert – oder, wie die weise Margit Sponheimer es einst so treffend formulierte: ‘Nen Mann muss mer verwöhne’!
HRK, hier im bekannten Intellektuellentreffpunkt “Fernsehgarten”.
Damit ich nicht missverstanden werde: von mir aus können Frauen die Welt gerne regieren: in der Politik, in der Wirtschaft, beim Eurovision Song Contest. Aber nicht in der Liebe. Dass Heterokerle vor Frauen so kuschen, vor allem, wo sie doch mich haben könnten, macht mich kirre. Man kann sich also in etwa vorstellen, was ich von dem Song halte. Musikalisch war der swingende Big-Band-Sound auch schon lange wieder durch: ‘Swing when you’re winning’ von Robbie Williams, der damit ein zirka dreimonatiges internationales Revival auslöste, erschien bereits 2001! Dass der 2016 im Alter von nur 46 Jahren verstorbene Roger mit über 70% der Stimmen gewann, überraschte mich ebenso wie die Mädels von Monrose, die anscheinend fest mit ihrem Sieg rechneten: da flossen rührende Tränen der Enttäuschung auf der Bühne. Im Rückblick verwundert das Ergebnis nicht: der Hauptzielgruppe des Rentnersenders Das Erste bescherte das von Herrn Zitzenfroh präsentierte musikalische wie inhaltliche (Frauen-)Bild der Dreißigerjahre (“Und dann kaufst Du ’n Ring und ’nen Nerz”) vermutlich dermaßen wohlige Erinnerungen an die eigene Hitlerjugend, dass sie in Scharen anriefen. Aber gut: Hauptsache, die Zuschauer:innen verhinderten das optisch-musikalische Gesamtgrauen HRK (was kommt als nächstes: Pur?). Und natürlich hätten auch die drei Damen mit ihrer schnarchigen Ballade in Helsinki nicht die Wurst vom Teller gezogen. Alles in allem ein kompletter Griff ins Klo: wie auch im diesmal glanzlosen Rahmenprogramm hatten der NDR und Herr Hermanns ihr Retro-Pulver bereits im Vorjahr vollständig verschossen.
Zieht einem die Schuhe aus: Roger Cicero.
Deutsche Vorentscheidung 2007
Der deutsche Vorentscheid. Freitag, 8. März 2007, aus dem Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. Drei Teilnehmer:innen, Moderation: Thomas Hermanns. Televoting.# | Interpreten | Songtitel | Televote | Platz | Charts |
---|---|---|---|---|---|
01 | Heinz Rudolf Kunze | Die Welt ist Pop | 10 | 03 | - |
02 | Monrose | Even Heaven cries | 20 | 02 | 06 |
03 | Roger Cicero | Frauen regiern die Welt | 70 | 01 | 07 |
Hinweis zur Tabelle: die Prozentangaben sind inoffizielle Näherungswerte nach Angaben des Spiegel. Der NDR selbst gab nur den Sieger bekannt, aber keine Einzelergebnisse.
Letzte Aktualisierung: 12.01.2022
hi Monrose wurden nicht letzter!!! Ich alsFan sag das!!!! Neiun das darf nichtr wahr sein die dürfen nicht letzter gewesen sein!!!! Nicht hinter dem pop scheiß da von hässlichkeits kunze!!! bahar sagte in einem Interv wie das sie hinter Cicero 2 wurden!!! mfg pasi ps wären Monrose doch eher mit ‘do that dance’ oder schon da Hot summer angetretten;) das mit der Ballade war doch eh shcon hin die hatten als erste Single schon eine Ballade damit hätten sie auch antretten können aber sie tratten mit eveavn haven cries an wo Mandy am schluss extrem geil abging da gab es gänzehaut:) jetzt wollen sie aber nicht mehr zum esc sagte Bahar zu mir im Chat sie meinte man sieht ja was mit denn Verlieren passiert;) (damit mein sie die no angels) und Monrose die wurden danach so totgeschrieben alles vorbei und bla bla Monrose hatten ihren Hit:) bei denn o angels weiß ich es net^^ die können Ruhig untergehen;)
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