Auch für den Eurovision Song Contest 2008 griff das Schweizer Fernsehen zur internen Auswahl: im November 2007 gab man bekannt, dass der dreißigjährige Tessiner Paolo Meneguzzi die Eidgenossenschaft in Belgrad vertreten wird. Der als Pablo Meneguzzi geborene Sänger, im deutschsprachigen Raum bis dato eher unbekannt, in Italien und der Schweiz jedoch bereit seit 2004 regelmäßiger Gast in den Verkaufshitparaden, nahm bereits mehrfach an der Mutter des europäischen Liederwettbewerbs, dem San-Remo-Festival teil. Für ihn sei das eine ‘Era stupendo’ (‘Besondere Ehre’), so jedenfalls sein annoncierter Grand-Prix-Titel. Meneguzzi freute die Ernennung natürlich: “Seit meiner Kindheit träume ich davon, einmal am Festival von San Remo und einmal am Eurovision Song Contest teilzunehmen. 2004 habe ich es erstmals nach San Remo geschafft – jetzt kommt der ESC”, schilderte der selbst von seiner deutschen Plattenfirma als “hübscher Bengel” titulierte Paolo der Schweizer Zeitung 20 Minuten. An Selbstbewusstsein mangelte es ihm jedenfalls nicht: “Ich bin ein Sonnenschein.” Doch auch mit seiner Musik, von Sony BMG wörtlich als “Songs, die jeder Pizzaria (sic!) gut zu Gesicht stehen” beschrieben, wolle er die Menschen für sich einnehmen. “Ich werde eine große Show inszenieren,” versprach er.
Einmal die 12 mit Mozzarella und viel freigelegtem Brusthaar, bitte: der Paolo 2004 in San Remo (Repertoirebeispiel).
Nach all diesen schwelgerischen Vorschusslorbeeren enttäuschte der Anfang Januar 2008 endlich erstmals im Rahmen einer TV-Show vorgestellte Song dann all meine Erwartungen. Denn man konnte oder wollte sich beim Schweizer Fernsehen offenbar nicht entscheiden, ob man lieber eine große Ballade oder eine aufwändig choreografierte Popnummer nach Belgrad schicken soll. Also würgte man für ‘Era stupendo’ beides zusammen. Und so beginnt der Beitrag als aufwallender, beinahe schon frankophiler Gefühlssturm, um nach dem ersten Vers in einen mittelschnellen, sinnlos mit wüst wirbelnden Tänzern garnierten, superseichten Radiopopsong abzugleiten. Für Freunde entkoffeinierter Dudelwellenschonkost genau das Richtige, für alle anderen drei Minuten immerhin stimmstark gesungener Langeweile. Und so verwundert es nicht, dass auch diese unentschlossene Nummer die Qualifikationsrunde nicht überlebte. Für Meneguzzi sollte ‘Era stupendo’ seine letzte helvetische Hitsingle (#11) werden, erfolgreiche Alben konnte er immerhin noch bis 2011 platzieren. Seine letzte auf den lateinamerikanischen Markt zielende, spanischsprachige Single erschien 2015.
Von Fans, die vor allem mit den Augen hören, bis heute unverstanden: das Vorrundenaus für Paolo (Videoclip).
Letzte Aktualisierung: 30.05.2023