Unfassbar – es ist schon wieder soweit! Seit Sonntag laufen in Belgrad die ersten Kameraproben. Leider kann ich dieses Jahr nicht vor Ort sein. Dafür sind alle wichtigen Eurovisionsblogs bereits in Belgrad und berichten auf das Fleißigste. Dazu stellt eurovision.tv sogar Videoclips von den Proben auf youtube ein – so kann man sich ganz entspannt von zu Hause aus einen Überblick verschaffen. Mittlerweile haben alle Teilnehmer des ersten Semifinales schon mal geprobt – höchste Zeit also für eine erste Bewertung!
Los geht’s mit Montenegro. Stefan Filipovics Probe war im Belgrader Pressezentrum nur im Bild zu verfolgen – ein einsichtiger serbischer Tontechniker wollte die angereisten Fans Journalisten wohl nicht gleich zu Anfang verschrecken. Ich hoffe auf ein ähnliches Mitdenken bei der TV-Übertragung! Wie die Blogs berichten, sollen Stefans Backgroundsängerinnen ihn während der Performance öfters ohrfeigen: bravo! Er hat’s wirklich verdient! Boaz Maudad aus Israel bringt fünf sehr leckere (und deutlich größere) männliche Begleitungen mit, die mit ihm am Schluß einen Bosnischen Block bilden. Optisch ein Highlight und sehr effektiv – nur schlafen dank seines lahmen Kastratengesäusels bis dahin schon alle Zuschauer tief und fest. Die Esten sind noch nicht ganz vollzählig: bei der Probe sprang der knuffige Peeter (der Drummer von Neiõkõso) ein. Unter all den Protestsongs bleibt ‘Leto Svet’ nach meinem Dafürhalten der überzeugendste – mal schauen, ob er die Vorrunde übersteht. Geta Burlacu (Moldawien) fläzt sich während ihres Auftritts in einem äußerst unvorteilhaften Tüllrock auf dem Sofa. Ihr Starbucks-Jazz bleibt weiterhin kalter Kaffee.
Auch in Belgrad gibt es Shampoo zu kaufen, Soetkin!
San Marinos Placebo-Placebo bleibt unspektakulär, auch wenn die Armbewegungen des MiOdio-Leadsängers – trotz Heiratsantrag an Charlotte Perrelli während ihrer Pressekonferenz – kaum einen Zweifel lassen, dass er wohl bekennender, ähm, Grand-Prix-Fan, sein dürfte. Während sich der Eindruck verfestigt, dass Soetkin Baptist, die Leadsängerin von Ishtar, in die Geschlossene Abteilung gehört. Die Belgierin stakst auf der Bühne herum wie der Storch im Salat (was angeblich eine ausgefeilte Choreografie darstellen soll), wackelt mit dem Kopf wie eine Taube auf Speed und blickt in die Kamera, als habe gerade jemand ihr Prozac geklaut. Freuen können wir uns aber auf ihr Kleid, das sieht spektakulär aus! Samir & Elnur aus Aserbaidschan spielen weiterhin Engelchen und Teufelchen und kreischen dazu in höchsten Tönen. Schräg, aber sympathisch. Rebeka Dremlj dagegen gab bei den Proben die Zicke. Ihre SM-basierte Show mit Käfigen, Ketten und Leinen kam dank technischer Probleme nicht so richtig aus dem Quark. Kriegt sie bestimmt noch besser hin. Immerhin singt sie ‘Vrag naj Vzame’ auf Slowenisch – auch ihr mag ‘Heavy Weather’ wohl zu peinlich sein. Gut.
“You’re in our Final, right? Yeah, I love your Song!”
Als erster Aufsteiger entpuppt sich der norwegische Beitrag. ‘Hold on, be strong’ mochte ich bislang nicht leiden, doch Maria Haukaas’ erster Probenauftritt überzeugte mich vom Gegenteil. Tolles, figurschmeichelndes Kleid, eine unspektakuläre, aber stimmige Choreografie – aber vor allem ihre für die dezent motownisierte Popnummer perfekt passende, leicht kehlige Stimme und ihre überzeugende Ausstrahlung machen klar: das kommt ins Finale. Definitiv. Außer es scheitert an Polen, denn Isis Gee geht in die gleiche Richtung. Mit einer dergestalt glatten Ballade, dass mir vor Langeweile die Hirnzellen einfrieren. Während ich hektisch nach der Sonnenbrille suche, um meinen strapazierten Augen Schonung vor ihren aggressiv reflektierenden Zähnen zu gewähren. Schlimm. Gisela (wo sin’ mei Sogge?) aus Andorra macht uns das Blümchen. Alles an ihrer Nummer ist schon hundert Mal dagewesen. Was sehr beruhigt, denn sie tritt nach dem wohl umstrittensten Act dieses Wettbewerbs an: Dustin the Turkey. Zu seiner Performance läßt sich kaum etwas sagen – die Bühne ist zu überladen und zu bunt; er ist zu klein, dass man ihn in dem ganzen Gewusel überhaupt optisch wahrnehmen könnte. Dafür um so mehr akustisch: sein stakkatoartiges, lautes Geschrei schmerzt fies in den Ohren. Dustins Stärken liegen eher in der Comedy, wie seine Pressekonferenz bewies (beste Frage: “bist Du ein Hühnchen-Mann oder ein Hahn-Mann”, worauf er erstmal umfiel).
Die Wäscherin vom Dobrasee ist eine schöne Maid, juchhe!
Von einem schrägen Vogel zum nächsten: Laka bleibt auch ohne lebendes Huhn verschroben. Statt des Federviehs bringt er seine Wäsche zum Trocknen mit auf die Bühne. Die bosnische Cyndi Lauper mit der Steckdosenfrisur ist den Blogs zufolge wohl seine Schwester. Hm, scheint in der Familie zu liegen: beide benehmen sich, als seien sie vom Veitstanz befallen. Dennoch wird mir seine skurrile Art zunehmend sympathisch, und irgendwie gefällt mir auch sein Song ‘Pokusaj’ so langsam, selbst wenn mir der Humor darin weiterhin verborgen bleibt. Es hat so was desperadohaftes, ausgerechnet bei einem Kitschfestival wie dem Eurovision Song Contest mit etwas anzutreten, dass sich jedem Mainstream verweigert. Dann doch: Hut ab! Sirusho bietet dagegen das Komplettpaket: treibende Dancebeats, hübsche Ethnoklänge, eine mitsingbare Hookline, sexy Tänzer und eine kraftvolle Stimme. Ostblock de luxe. Die Armenierin ist sicher im Finale. Im Gegensatz zu Hind Laroussi. Die Holländerin schnürt im Grunde ein ähnliches Paket wie Sirusho, nur alles eben zwei Nummern schlechter. Auch wenn ihre Tänzer mich sabbern machen und ‘Your Heart belongs to me’ mit seinen orientalischen Untertönen auf Platte ja gut klingt: live kann sie einfach nicht singen. Außerdem sieht sie aus wie eine Fitnessstudio-Preßwurst im dritten Monat.
Schönes Paar: Salt N Pepa, die niederländischen Tänzer
Recht geben muss ich meinem Leser Maxi: die Jungs von Teräsbetoni sind wirklich lecker – insbesondere der mit der Glatze! So ein paar finnische Gitarrenschänder in hautengen Lederhosen: das hat schon was. Da lässt sich doch auch gleich ihre Dschinghis-Khan-trifft-Iron-Maiden-Musik besser ertragen. Andere Stilrichtung, ähnliches Konzept: wenn die Rumänen ihre schlimme Kitschballade wegknödeln, hilft nur noch, die Ohren auf Durchzug zu stellen und sich am Ausschnitt von Vlad Mirita zu erfreuen. Keine Rettung gibt es beim – vielfach bereits als Sieger gehandelten – russischen Beitrag: wirkte Dima Bilan vor zwei Jahren in seinem Fernfahrerunterhemd ja noch proll-sexy, mutierte er mittlerweile zur affektierten Drama-Queen. Alleine für die Art, wie er ständig in schlimmster Whitney-Houston-Manie bei den “kraftvollen” Tönen das Mikro vom Mund wegreißt, könnte ich ihm direkt in die Fresse hauen. Um von dem grausamen Songbastard ‘Believe’ abzulenken, bringt er einen Eiskunstläufer, eine Leiter und andere Utensilien mit auf die schnell völlig überladene Bühne. Hilft alles nichts. Michael Sonneck vom EC Germany berichtet, dass er krank aussähe, und auch andere Blogs tippen sich zwischen den Zeilen an die Nase, wenn die Rede auf Dima kommt.
Hier noch mit der Fluchtleiter für Peinlichkeits-Notfälle
Bleibt zum Schluß noch die beleidigend blasse Helena-Paparizou-Kopie Kaloderma Kalimero Kalomoira Sarantis. Auch sie hat sie tonnenschwere Aufbauten am Start, was die armen Bühnenarbeiter zur völligen Verzweiflung bringt. Dimas Eislaufbahn ab- und Kalorias gigantisches Ausklappbüchlein aufzubauen in nur 35 Sekunden: ein Ding der Unmöglichkeit. ‘Secret Combination’ ist so sicher im Finale wie Knoblauch im Tsatziki, gerade weil es sich ja um keine “geheime Kombination” handelt, sondern das, was die Griechen seit acht Jahren immer machen. So langsam langweilt’s. Und Kastratitis fiepsige Verona-Feldbusch-Stimme nervt. Heute und am Mittwoch proben die Acts der zweiten Vorrunde. Mal sehen, was es dann zu berichten gibt. Doch, so langsam steigt das Eurovisionsfieber!
Erstes Semi 2008: der Nachbericht
mean Ihr Leute seit doch echt fürn arsch wie gemein schämt euch Daumen nach unten geht gar nicht.
[…] diese Nummer sehen die Novelty-Acts aus Irland und Lettland ziemlich alt aus: Kroatien schickt einen 75jährigen Rapper, der sein Liebesleben per […]
[…] Aufgrund der katastrophalen Ergebnisse der Vorjahre noch immer beleidigt, greifen sie wie die Iren zu einem Protestsong und wählen mit großer Mehrheit den Privatfernsehkasper und Gesichtsgünther […]