Alex Chris­ten­sen im Größenwahn

Das nennt man die Lat­te hoch legen: in einem Inter­view mit dem Ham­bur­ger Abend­blatt zeigt sich Kom­po­nist Alex Chris­ten­sen extrem über­zeugt von sei­nem Grand-Prix-Bei­trag: “ ‘Miss Kiss Kiss Bang’ ist der bes­te Song, den ich seit Ewig­kei­ten geschrie­ben habe,” sag­te er der Zei­tung. Nun ist “schrei­ben” viel­leicht eine etwas eigen­wil­li­ge Bezeich­nung für den krea­ti­ven Pro­zess des Zusam­men­fü­gens drei­er bereits vor­han­de­ner Pop­stü­cke (näm­lich Shir­ley Bas­seys abge­lehn­tem Titel­song ‘Mis­ter Kiss Kiss Bang Bang’ für den James-Bond-Strei­fen von 1965, ‘Feu­er­ball’, sowie den 1999er Hits ‘Livin’ la Vida loca’ und ‘Mam­bo No. Five’ in der Neu­be­ar­bei­tung von Lou Bega) zu einem neu­en Titel. Chris­ten­sen ficht das nicht an: “Auch wenn wir nicht beim Grand Prix star­ten wür­den, wäre das Lied ein Hit gewor­den. Momen­tan jagen mich Plat­ten­fir­men euro­pa­weit des­we­gen.” Das mag sein – ‘Du hast den schöns­ten Arsch der Welt’ ver­kauf­te sich eben­falls wie geschnit­ten Brot, auch wenn es sich ledig­lich um die Neu­auf­la­ge des Sound­l­overs-Hits ‘Runa­way’ mit einem porn­ö­sen Text han­del­te. Die ers­te öffent­li­che Song­prä­sen­ta­ti­on im Rah­men der heu­ti­gen Echo-Ver­lei­hung ging dann schon mal in die Hose.


Oscars Zuhäl­ter am Pia­no hät­te nun wirk­lich nicht sein müssen

Ger­ma­ny: two Points” fass­te Echo-Mode­ra­tor Oli Pocher den Auf­tritt und die mehr als ver­hal­te­ne Publi­kums­re­ak­ti­on tref­fend zusam­men, ange­sichts derer Alex C. wun­der­schön die Gesichts­zü­ge ent­glit­ten. Zwar fuh­ren Alex swings, Oscar sings eine durch­aus stim­mi­ge Cho­reo­gra­fie auf, dafür aber per­form­te Oscar Loya steif und ver­krampft und hin­ter­ließ – auch, da er es vor­zog, Play­back zu sin­gen, einen “arro­gan­ten” Ein­druck, wie sich in ers­ten Fan­re­ak­tio­nen mehr­fach lesen ließ. Zudem leis­te­te die ARD eine kata­stro­pha­le Kame­ra­ar­beit und war fast immer am fal­schen Platz – sowie viel zu oft auf Alex C., für des­sen Anwe­sen­heit auf der Büh­ne schlicht kei­ne Not­wen­dig­keit besteht.


Etwas pro­fes­sio­nel­ler: der Videoclip

Die bereits mehr­fach geäu­ßer­te und vom schlech­ten Abschnei­den Roger Cice­ros beim Grand Prix 2007 bestä­tig­te Kri­tik, dass der Retro-Swing-Sound außer­halb von Deutsch­land über­all als kal­ter Kaf­fee gilt und kei­nen Tele­vo­ter hin­ter dem Ofen her­vor­lockt, wisch­te der Kom­merz­tech­no­pio­nier vom Tisch: “Swing kam nach Euro­pa, als der Zwei­te Welt­krieg been­det war,” (das ist aber nun schon ein paar Jah­re her, Hase!), “er ver­mit­telt ein Frei­heits­ge­fühl, Lebens­freu­de.” Wich­tig sei aber, so der Kom­po­nist im Inter­view, dass man eng­lisch sin­ge (wie ja der Sieg von ‘Molit­va’ ein­drucks­voll beweist), dazu inter­na­tio­nal Erfah­rung habe. Eine hüb­sche Beschrei­bung lie­fert der Abend­schau-Arti­kel über die Rol­le von Oscar Loya beim deut­schen Euro­vi­si­ons­pro­jekt: “Loya über­nimmt den Rest. Sprich: sin­gen, tan­zen, step­pen und einen wei­ßen Anzug tra­gen. Das sind Din­ge, die der aus Kali­for­ni­en stam­men­de Wahl-Münch­ner gelernt hat.” Fie­ser drückt es nur noch ein Zitat aus der Bio­gra­fie des Musi­cal­sän­gers auf sei­ner eige­nen Home­page aus: “Nach nur vier Wochen (…) wur­de er auf den Stra­ßen des Broad­way ent­deckt. Ein bekann­ter Pro­du­zent sprach den smar­ten Neu­ling an.” Es wird doch nicht Por­no-Alex gewe­sen sein, der ihn nach dem Preis fragte?

6 Comments

  • Hm, man kann von dem Song hal­ten was man will, aber: 1) Molit­va ist im Heer der ESC- Sie­ger­ti­tel der letz­ten Jah­re doch nun wirk­lich eine Aus­nah­me: das Lied hat­te Geschmack, Anspruch und Qua­li­tät. Ansons­ten gewinnt, was schon tau­send Mal gehört wur­de, nicht zu anspruchs­voll ist und in irgend­ei­nem Punkt den­noch orig­nell. Der Lor­di- Metal­stil ist eben­so blei­ern alt, geklaut und musi­ka­lisch arm wie Hele­nas Nr 1 oder Dimas Gelei­er in ver­stüm­mel­ten Eng­lisch. Ich weiß nicht, war­um alle auf ‘Du hast den schöns­ten Arsch der Welt’ rum­ha­cken: das ist die simp­le Syn­the­se vie­ler Erfolgs­ti­tel der letz­ten Jah­re. Arsch­wa­ckeln. Dar­um geht es. Dar­auf ein Shake it, und Ser­eb­ro las­sen noch­mal den ‘bad ass spin­ning for us’. Kalo­mei­ra und Ani Lorak haben das auch ganz her­vor­ra­gend ertanzt. 2) bin ich ehr­lich froh, dass sich in Deutsch­land ein Kom­po­nist von Erfolgs­ti­teln der Her­aus­for­de­rung des ESC stellt und wir uns nicht den Erbs­wurst­schla­ger des ewig beses­se­nen Herrn Sie­gel antun müs­sen. 3) zeigt Alex C. Ehr­geiz und hat offen­sicht­li­cher­wei­se sorg­fäl­tig über das Kon­zept nach­ge­dacht- nach­dem die No Angels voll der Wett­be­werbs­kennt­nis einen pro­fund ESC- uner­fah­re­nen US- Cho­reo­gra­phen orga­ni­sier­ten, bin ich auch dafür ehr­lich froh. Swing ist nicht der ori­gi­nells­te Stil. Ich den­ke aber, das ist Stra­the­gie. Denn neben dem Tele­vo­ting- Publi­kum will die­ses Jahr auch der 78- Jah­re alte alba­ni­sche Juror gewon­nen wer­den, der über die ver­meind­lich jury­freund­li­che Bala­den­schwem­me kurz­fris­tig ein­ge­nickt bzw. bei­nah ver­stor­ben ist. Swing fet­zig auf­zu­be­rei­ten und eine gute Show zu lie­fern könn­te genau den schma­len Grad zwi­schen bei­den stimm­be­rech­tig­ten Grup­pen tref­fen. 4) ist der Song ja bis heu­te noch nicht ein­mal offi­zi­ell vor­ge­stellt, und ich gehe davon aus, dass bis zum ESC noch mäch­tig dar­an gefeilt wird. Man kann den Titel auch nicht ewig mit Cice­ro ver­glei­chen, der abso­lut text­las­tig und Höhe­punkt­los war. Es kommt schlicht­weg dar­auf an, wie sehr der Song auf der Büh­ne ‘knallt.’ Rich­tig auf­ge­mischt wür­de so auch der schnarch­zap­figs­te Bie­der­mei­er­schla­ger à la ‘es schwei­gen die Wäl­der’ zum poten­ti­el­len Sie­ger­ti­tel. 5)nein, wir haben den Titel nicht gewählt. Des­halb ist er noch lan­ge nicht schlecht, genau so wenig wie ein gewähl­ter Titel gut sein muss. No Angels, sag ich nur. 😆

  • Hei­li­ger Stroh­sack. Der Typ hat unge­fähr so viel Aus­strah­lung wie die vom ers­ten Frost über­rasch­ten Stief­müt­ter­chen auf dem Grab mei­ner Groß­mutter… Ger­ma­ny 0 points – und zwar völ­lig zurecht

  • [color=black][/color][size=medium][/size] Was für eine Schan­de ! Und Euro­pa kann das jetzt auch noch bei ‘you tube’ anschau­en. Ich muß mich schä­men und bin echt enttäuscht !!! 👿

  • Looollll Der bes­te Arti­kel seit lan­gem, habe mich vor Lachen kaum hal­ten kön­nen :). Wirk­lich tref­fend any­ly­siert, ich fin­de Oscar übri­gens auch arro­gant, sprich zumin­dest ’ fake ’ ( ein bes­se­res deut­sches Wort fällt mir nicht ein ). Trau­rig ist nur, dass der NDR um die­se Num­mer so ein Thea­ter gemacht hat und des­we­gen auf die VE ver­zich­tet wur­de?? Dann noch der Gro­ßen­wahn des Herrn C?! Was ist mit den deut­schen Sän­gern und Pro­du­zen­ten los? Die No Angels haben ähli­chen Müll abge­son­dert, selbst nach den Semis, als sie eigent­lich gewusst haben muss­ten, dass sie sehr deut­lich schei­tern wür­den – ja, zwangs­läu­fig müss­ten. Gibt denn wirk­lich kei­ne Sinn mehr für Rea­li­tät und aktu­el­le Musik? Soll­te aus­ß­ge­rech­net der Herr Pocher Rea­li­täts­sinn bewei­sen, oder woll­te er pro­vo­zie­ren? Wie auch immer, er hat den Nagel auf den Kopf getroffen.

  • Tja, da hat­te ich doch gera­de ange­fan­gen, die Melo­die von dem Lied­chen ganz nett zu fin­den… Aber mal abge­se­hen davon, dass ein Musi­cal-Sän­ger doch genü­gend Selbst­be­wus­stein haben soll­te, live zu sin­gen… An der Cho­reo­gra­phie kann ich nichts ori­gi­nel­les erken­nen, und falls die EBU nicht die Regeln mas­siv geän­dert hat, dürf­te das in Mos­kau so – also mit Rie­sen­or­ches­ter und sicher­lich mehr als 5 Tän­zern – gar nicht klap­pen. Und von der Aus­strah­lung her kommt Herr Loya wirk­lich rüber wie der per­so­ni­fi­zier­te Kotz­bro­cken. Na, aber ein biß­chen Air­play wird das Lied­chen in den nächs­ten Wochen schon bekom­men, und mit der ent­spre­chen­den Anzahl von Auf­trit­ten in sau­er­län­di­schen Super­märk­ten und anhal­ti­ni­schen Auto­häu­sern auch ordent­li­che Ver­kaufs­zah­len… Lei­der bringt das alles kei­ne Punk­te in Moskau.

  • ok, ich muss mich kor­ri­gie­ren: Alex C ist groes­sen­wahn­sin­nig. Die­ses gela­ber von wir wol­len gewin­nen und dann- eine der­art schnar­chi­ge Show. Mein Gott, ist es denn so schwer? Sakis Num­mer ist m.e. auch schnarch­zap­fig, aber geni­al ertanzt.

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