Diese Osteuropäer! Wenn man schon gar nicht mehr damit rechnet, taucht in letzter Sekunde aus dem Nichts noch mal eine Jury auf! Doch diesmal bestätigte sie überraschend das eindeutige Ergebnis des Televotings. Somit setzte sich in der erstmals seit elf Jahren wieder am Grand Prix teilnehmenden Slowakei heute Abend ein Beitrag der großen alten Balladenschule durch: das Breitwand-Technicolor-Kitsch-Märchen ‘Let tmou’ knüpft nahtlos an vorangegangene Exemplare dieser Gattung wie dem rumänischen ‘Tell me why’ (2002) oder dem maltesischen ‘On again, off again’ (2004) an. Mit letzterem teilt es auch die – technisch einwandfrei sauber gesungenen, dennoch gelegentlich erschreckenden (weil als Hörer nichts Böses ahnend) opernhaften Gesangseinlagen.
Super Idee, die aktuellen Zwischenstände live einzublenden (*facepalm*)
Schon ab der ersten Sekunde der Show durfte das slowakische Publikum per SMS abstimmen. Zwischenstände wurden permanent eingeblendet, Kamil Mikulčík & Nela Pocisková führten von der ersten Sekunde an. Und zu Recht! Unter den dargebotenen 15 Songs befand sich durchaus der eine oder andere nette Beitrag; gegen das herrlich altmodische Kitschduett, das nun das Rennen machte, gingen sie aber alle fehl. Mit mehr als zehn Prozent Vorsprung führten sie am Ende gegen das Bübchen Tomáš Bezdeda und eine missmutig dreinblickende Sängerin namens Mukatado. Die britische T’Pau-Frontfrau Carol Decker, unter Tarnnamen ebenfalls im Line-up, war zu diesem Zeitpunkt bereits ausgeschieden. Dann traf – wir erinnern uns, die weißrussische Variante – unter eben jenen Dreien eine ominöse Jury nochmals ihre Wahl. Die aber entscheid sich, wohl aus Furcht, das aufgeheizte, eindeutig auf der Seite des Siegerduos stehende Studiopublikum könnte sich sonst zu blutigen Ausschreitungen veranlasst sehen, nicht mehr am Ergebnis zu rütteln. Gut!
Ich bin auch höchst zufrieden mit dem Ergebnis. Ich hab ja für so dramatische Duette auch etwas übrig. So sind Rumänien 2002 (Tell me why) und Zypern 2000 (Nomiza) ebenfalls immer noch hoch im Kurs. Andererseits zeigt uns das aber auch abermals, dass dieser Jahrgang scheinbar nur alte Rezepte wieder aufkocht. Wo ist denn in diesem Jahr die Innovation oder der Puls der Zeit?