
Schockschwerenot, wie die Zeit dahinrast! Wie bereits jeder weiß, gibt nun Marilyn Mansons Exfreundin Dita van Teese auf der Eurovisionsbühne die deutsche Miss Fist Gang Bang (gute Sache), der hr3-Moderator Tim Frühling, ebenfalls Teil der Familie, ersetzt den erkrankten Peter Urban als deutschen Kommentator (gute Besserung!) und im Olympiastadium von Moskau laufen bereits seit Tagen die Proben. Und ich komme mal wieder mit dem Videoclips schauen und kommentieren nicht hinterher. Nun gut, versuchen wir es wenigstens: hier die Songs aus dem ersten Semifinale, wie sie sich nach den ersten Durchläufen präsentieren.
1. Montenegro: Andrea Demirović – Just get out of my Life
Aufrechtgehn.de-Wertung: 1 Punkt ◊ Finalchancen: da stimmt nichts. Geht unter.
Andrea, deren gesangliche Fähigkeiten nur unwesentlich über denen von Christina Metaxa liegen, zersägt in einem schlimmen Blümchenkleid aus der kik-Kollektion ihren Trennungssong und weist (folgerichtig) die mehr als unglaubwürdigen Avancen ihres Tänzers ab. Der nicht nur den Tanzstil, sondern auch die sexuelle Orientierung mit seinem Vorbild John Travolta zu teilen scheint. Hätte ein toller Opener sein können. Schade!
2. Tschechien: Gypsy.cz – Aven Romale
Aufrechtgehn.de-Wertung: 2 Punkte ◊ Finalchancen: Startplatz zwei und ein nicht verständlicher Spaßbeitrag: auch das geht unter.
Radoslav Banga performt, wie schon im Videoclip, als Super-Gypsy. Leider verleiht ihm das keine Superkräfte, er fliegt nicht über die Bühne, und so wirkt das Ganze etwas lächerlich. Selbst seine Geigenspielerin scheint ihm nicht wohlgesonnen und versucht, ihn mit dem Bogen zu erdolchen – doch er kann ausweichen. Puh! Toll hingegen der Bühnenhintergrund mit Roy-Lichtenstein-artigen Comicbildern. Und ich will immer noch ein Kind von ihm!
3. Belgien: Copycat – Copycat
Aufrechtgehn.de-Wertung: 0 Punkte ◊ Finalchancen: Eher steht Elvis wieder von den Toten auf. Da hilft auch die Zeichentrickkatze nicht.
Monsieur Ouchène kopiert Elvis offensichtlich in seiner späten Phase, als der King bereits eine strenge Erdnussbutter-und-Marmelade-Sandwich-Diät befolgte und bald darauf an Herzverfettung starb. Er wirkt aufgedunsen, stark transpirierend und höllisch verkatert. 12 Punkte für den Mut, diese von Elvis-Fans gern verdrängte Seite so akkurat zu präsentieren!
4. Weißrussland: Petr Elfimov – Eyes that never lie
Aufrechtgehn.de-Wertung: 0 Punkte ◊ Finalchancen: Nur wenn Putin und sein Spezi Lukaschenko persönlich die Stimmen auszählen.
Der belarussische Bernd Clüver schreit sich durch seinen schlimmen Ostrocksong, während die Kamera gnädigerweise die meiste Zeit auf einer Person ruht, die sich mitten in einem carolaesken Sturmwind in einem Bettlaken verfangen hat. Nach drei Minuten Kampf ist sie ebenso befreit wie wir, dass der Mist endlich vorüber ist.
5. Schweden: Malena Ernman – La Voix
Aufrechtgehn.de-Wertung: 8 Punkte ◊ Finalchancen: Das wird sehr, sehr, eng für die auf Einige ja doch bedrohlich wirkende Operndiva. Ich drücke alle zur Verfügung stehenden Daumen!
Malena performt in einem langen weißen Kleid, den Rocksaum mit Tonnen von Federboas aufgerüscht (in der zweiten Probe erschien sie in Jeans und nannte das im eurovision.tv-Interview ihren “White Trash”-Aufzug. Eine Diva mit Humor!). Fünf Chorsängerinnen / Tänzerinnen begleiten sie – die knackigen Tänzer aus dem schwedischen Finale musste sie zuhause lassen. Bei der ersten Probe klang der Sound etwas matschig und die tiefen und mittleren Töne unsauber. Die Phantom-der-Opern-Masken kommen weiterhin zum Einsatz und mit den richtigen Kameraeinstellungen und einer besseren Performance kann die Nummer zumindest noch unterhaltsam werden.
6. Armenien: Inga + Anush Arshakyaner – Nor par (jan jan)
Aufrechtgehn.de-Wertung: 3 Punkte ◊ Finalchancen: Es gibt Schlimmeres in dieser Runde. Kommt weiter.
Die Arshakyaner-Schwestern stehen in voller Medusa-Verkleidung auf einem riesigen blauen Brokatkissen und knödeln ihren lärmigen Ethnosong, vier gleich aufgerüschte Tänzerinnen zelebrieren um sie herum den Tanz der sieben Schleier. In every way that they can. Nichts Neues, aber sehr ordentliches Eurovisionshandwerk.
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7. Andorra: Susanne Georgi – Le teva Decisió
Aufrechtgehn.de-Wertung: 0 Punkte ◊ Finalchancen: Wie immer keine. Und zu Recht.
Der pummelige dänisch-andorranische Sandra-Verschnitt mimt zu ihrem sehr seichten Trällerliedchen völlig unpassend das Rock-Chick und schrammelt halbherzig auf einer gigantischen Plastikgitarre, hinter der sie vollständig verschwindet. Auch ihre Stimmverstärkungen tun so, als seien sie die Reste von Suntribe. Dazu trug sie in der zweiten Probe einen typisch andorranischen (und das ist kein Lob!) Bühnenaufzug, deren im Wind flatternde Ärmellappen wesentlich länger sind als ihr, ahem, “Rock”.
8. Schweiz: Lovebugs – The highest Heights
Aufrechtgehn.de-Wertung: 5 Punkte ◊ Finalchancen: Soviel Professionalität belohnen die Zuschauer.
Der Schweizer Coldplay-Depeche-Mode-Verschnitt zieht vor einem clever gewählten Bühnenhintergrund mit perfekt geschnittenen Bildern von Wolkenkratzern und Alpen eine klassische Rockstar-Performance ab, und im Gegensatz zu Andorra eine überzeugende. Das verleiht dem an sich schweizerisch drögen Song beinahe schon etwas Pfeffer.
9. Türkei: Hadise Açıkgöz – Düm Tek Tek
Aufrechtgehn.de-Wertung: 12 Punkte ◊ Finalchancen: Sicherer Finalist, nicht nur wegen der Diaspora-Stimmen, sondern völlig zu Recht!
Der türkische Helena-Paparizou-Klon wirkt Gott sei Dank nicht mehr ganz so verhungert wie noch im Januar – endlich hat sie eine Hüfte, die sie schwingen kann! Für solche Auftritte wurde der Wettbewerb erfunden – Hadise lässt es lässig aussehen, so als ob sie ihre Choreografie nicht anstrenge (obwohl sie am Schluss sehr heftig atmet), und auch wenn (oder vielleicht gerade weil) sie ein Drittel des Textes den Chorsängerinnen überlässt, vermag ihre stimmliche Darbietung diesmal zu überzeugen.
10. Israel: Noa + Mira Awad – There must be another Way
Aufrechtgehn.de-Wertung: 7 Punkte ◊ Finalchancen: Da die Botschaft glaubwürdig wirkt, könnte es funktionieren.
Noa (im schwarzen Kleid) und Brigitte Mira harmonieren stimmlich wie menschlich perfekt miteinander, das überträgt sich über die Kamera und verleiht ihrem arabisch-hebräisch-englisch gesungenen Friedenslied eine Dimension der Tiefe und Glaubwürdigkeit. In der Mitte gibt es eine kleine Trommeleinlage, um die Zuschauer vor dem Einschlafen abzuhalten – denn der Song bleibt lahm. Hinterlässt trotzdem ein herzerwärmendes Gefühl.
11. Bulgarien: Krassimir Avramov – Illusion
Aufrechtgehn.de-Wertung: 4 Punkte ◊ Finalchance: Nicht Fisch, nicht Fleisch – nicht Punkte.
Der krasse bulgarische Klaus Nomi jodelt in seinem merkwürdigen Mittelalteroutfit nicht mehr so gotterbärmlich schlecht wie im dortigen Finale und seine Backingsängerinnen übernehmen einige hohe Stellen. So richtig überzeugt das vor einem digitalen Flammenmeer sich entfaltende Spektakel aber nicht, zumal dem Song im Moskau-Remix Drive und Power fehlen. Im Hintergrund stöckeln zwei Tänzer auf Stelzen, die aussehen wie billige Beinprothesen und den Eindruck eines Versehrtensportfestivals hinterlassen.
12. Island: Yohanna – Is it true?
Aufrechtgehn.de-Wertung: 0 Punkte ◊ Finalchancen: Es ist wahr – auch tödliche Langeweile hat ihre Fans. Johanna kassiert die Balladenvote und kommt weiter.
Okay, unter den diesjährigen Horden auf den Geschmack gerontophiler Jurys zugeschnittener, zum Sterben öder Langweilerballaden überzeugt die isländische noch am ehesten. Und Jóhanna Guðrún Jónsdóttir kann singen. Damit ist aber auch alles Nette über den Beitrag gesagt. Selbst der massive Einsatz von Eurovisionsprominenz (Dänemarks diesjährige Zweite Hera Björk und Euroband-Fridrik) im Chor kann mich nicht vom dreiminütigen Tiefschlaf abhalten.
13. Mazedonien: Next Time – Nesto sto ke ostane
Aufrechtgehn.de-Wertung: 0 Punkte ◊ Finalchancen: Die meisten anderen Jugos sind im zweiten Finale, können also nicht anrufen. Diesmal also nein.
Heterosexueller Haarrock. Damit ist alles gesagt. Sowas hat beim Grand Prix nichts zu suchen, das hier ist unser Spielplatz! Ihr habt genug eigene! Geht zu Rock am Ring! Next Time haben die Nummer zu allem Überfluss mittlerweile in jeder Sprache des Universums, einschließlich klingonisch, aufgenommen. Macht sie aber auch nicht besser. Bon (oder ist es Jovi?) legt sich zur Mitte des Songs längs auf die Bühne – findet er seinen Müll auch so niederschmetternd wie ich?
14. Rumänien: Elena Gheorge – The Balkan Girls
Aufrechtgehn.de-Wertung: 0 Punkte ◊ Finalchancen: Irgendjemand muss ja weiterkommen!
Zum gefühlt zwei millionsten Mal Every Way that I can. Ohne Schleier, aber sonst alles gleich. Vier herumwirbelnde Tänzerinnen umkreisen eine mehr brüllende als singende Elena. Dazu ein anstrengender Ethnodiscomix. Okay, soweit ist das baugleich mit Armenien, aber bei denen wirkt es professionell und hier einfach nur ideenlos und billig. Ich will das einfach nicht mehr sehen, es langweilt!
15. Finnland: Waldos People – Lose Control
Aufrechtgehn.de-Wertung: 0 Punkte ◊ Finalchancen: Eurodance funktioniert live meistens nicht. Hier sieht man, warum.
Als begeisterter Besucher von Goa-Festivals mag ich Feuertänzer natürlich sehr. Zumal noch solche muskulösen, tätowierten, oberkörperfreien Exemplare wie hier. Auf einer von Lichteffekten und LED-Schnickschnack nur so blinkenden Bühne geht der Effekt aber völlig unter, und er vermag auch nicht von dem ohrenbetäubend dissonanten Gekreische der finnischen Sängerin abzulenken. Waldo sieht ohnehin aus, als habe er die falsche Pille eingeworfen.
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16. Portugal: Flor de Lis – Todas as Ruas de Amor
Aufrechtgehn.de-Wertung: 6 Punkte ◊ Finalchancen: Angesichts der sehr schwachen Konkurrenz segeln die Portugiesen diesmal mit ihrem Schönwetterkahn durch das Semi, um im Finale auf rauer See Schiffbruch zu erleiden.
Neben den Schweizern hat die portugiesische Kelly Family den passendsten Bühnenhintergrund erwischt: die bunten, hübschen Grafiken von Wolken und Blumen fügen sich perfekt in den hübschen, wolkigen Folksong ein, der irgendwo auf der Grenze zwischen sympathisch und “da fehlt das gewisse Etwas” segelt. Flor de Lis stehen etwas verloren auf der Bühne rum und tun so, als spielten sie Instrumente, Maite Kelly bewegt sich auch nicht viel. Harmlos.
17. Malta: Chiara Siracusa – What if we
Aufrechtgehn.de-Wertung: 0 Punkte ◊ Finalchancen: Chiara ist Malta. Die lässt schon kein Juror verhungern.
Im Vergleich zum maltesischen Finale hat der Song deutlich an Biss gewonnen, dafür überzeugte die erste, sehr lustlose Probenperformance von Chiara, die wie immer alleine auf der Bühne steht (für mehr wäre auch kein Platz!) noch nicht. Kommt aber sicher noch.
18. Bosnien: Regina – Bistra Voda
Aufrechtgehn.de-Wertung: 10 Punkte ◊ Finalchancen: Trifft die slawische Seele und den Nerv der Zeit. Plus letzter Startplatz: ist definitiv im Finale und kommt definitiv in die Top 5.
Als veranstalteten die Bosnier eine sozialistische Oktoberparade: rote Flaggen; konstruktivistische Bühnenbilder; Frisuren, die nur als völlige Verweigerungshaltung zu begreifen sind und der patentierte, Einigkeit suggerierende bosnische Block – nach dem nun auch der Kapitalismus spektakulär gescheitert ist, dürfte diese ungehemmte Zurück-zum-glorreichen-Kommunismus-Werbung für viele feuchte Äuglein im ehemaligen Ostblock sorgen! In Anbetracht der schwachen Konkurrenz handeln etliche Beobachter Bistra Voda schon als den Herausforderer für den norwegischen Siegesaspiranten – mir fehlt immer noch ein Quäntchen Drama in dem Song. Lustig: der Regina-Leadsänger spreizt beim Vortrag die Beine dermaßen weit, dass er nach dem Songfinale Probleme hat, sich wieder hochzurappeln.
… Boah bist du fieß! Meien 3 Top ten hast du bis auf eine ausnahme schlecht Bewertet-.- 3 Island 2 malta 1 Schweden Man das ist fieß was du über Chiara schriebt naja sie ist etwas kräftiker als andere aber dafür ist ihre Stimme bombastisch! Und Island ist wieder der Hammer und Schweden finde ich auch toll! Und Malta wirst schon sehen die wird noch abgehen wie ein zäpchen:D hoffe ich zumindest^^ Chiara sagte auch wenn sie gewinnen sollte dann ist es möglich das sie durchaus nochmal zum esc zurückkehrt denn sie leibt denn Wettbewerb;) und was ist wenn sie nicht gewinnt o.O? mfg pasi ps bei dir steht wohl eher so schnell geschriebener Pop ganz weit oben (türkei) als eine richtig gute Ballade oder eben Erman! Der ihre Texte bestimmt nicht innerhalb von einer Minute gecshriebn wurden!
Gesang Sorry, aber wir können doch anhand dieser besseren Handy-Videos nicht den Gesang beurteilen! Dafür bedarf es schon erheblich professionellerer Übertragungsqualität.
Is it true? Am I boring? Kinners, mich nervt das schon ein bisschen, das alle wie uns goldene Kalb um diese Johanna aus Island herumtanzen – ich freu mich für jeden, dem der Song was gibt, aber für mich persönlich ist das der ödeste Schleicher diese Qualifikationsrunde; und bei der letzten Probe war die Frau ja angezogen wie ne Käthe-Kruse-Puppe… Mein Favorit bleibt, trotz einer nicht durchweg überzeugenden Probe, Schweden. Sehr dazugewonnen haben bei mir auch Bosnien & Herzgovina und Israel, verloren hat dagegen Finnland, das hört sich auf Platte super an, live grenzt es an eine Zumutung…
Unser Kommentator heißt übrigens Tim Frühling und nicht Mathias Münch.
re: … [quote=pasi] Und Malta wirst schon sehen die wird noch abgehen wie ein zäpchen:D [/quote] Aua! [b]Dieses[/b] Zäpfchen würde aber saumäßige Schmerzen bereiten 😀 😀 😀 Ist wirklich ein bisschen schwierig aufgrund dieser Bedingungen (Hall etc.) schon belastungsfähige Rückschlüsse auf die tatsächlichen Auftritte ziehen zu können. Tendenziell scheinen Finnland und Montenegro abzukacken, den guten oder ordentlichen Eindruck, den man(= ich)vor Wochen hatte zu verspielen. Dagegen kommt der Armenische Beitrag nicht gar nervig rüber wie bei der Vorentscheidung. Letztendlich liegt die Wahrheit, wie man so schön sagt, aufm Platz. Aber manche Titel werden auf der Bühne garantiert deutlich weniger wirkungsvoll rüberkommen als im Video.
danke, korrigiert!
[…] so konnte ich das bei den “Flippers auf Ecstasy” (so der angenehm böse deutsche Kommentator Tim Frühling) aus Holland und ihrer grandiosen Show nur als klare und unverbrämte Homophobie […]