Die bes­ten Ver­ris­se mei­ner Leser

Vor weni­gen Tagen for­der­te ich mei­ne Leser:innen zu einem klei­nen Wett­be­werb um den bes­ten Ver­riss eines aktu­el­len Euro­vi­si­ons­bei­trags auf. Und weil ich die bes­ten Leser:innen der Welt habe, kamen auch sehr schö­ne, gepflegt bös­ar­ti­ge Tex­te her­ein, über die ich mich beim Lesen könig­lich amü­siert habe. Und da geteil­te Freu­de bekann­ter­ma­ßen dop­pel­te Freu­de ist, möch­te ich die­se Pre­zio­sen der Welt natür­lich nicht vor­ent­hal­ten. Getrof­fen hat es, sehr zu mei­ner Befrie­di­gung und völ­lig zu Recht, die Songs unse­rer skan­di­na­vi­schen Nach­barn Däne­mark und Schwe­den. Furcht­ba­re Lie­der für­wahr – freu­en Sie sich mit mir auf zwei von Her­zen kom­men­de Abrech­nun­gen mit die­sen gesun­ge­nen Zumu­tun­gen! Wir begin­nen mit der Betrach­tung der schwe­di­schen Kata­stro­phe durch Tom­Tom aus Hamburg:

Ich gebe es ja zu – ich bin ein Schwe­den­has­ser. Schon wäh­rend mei­ner Kind­heit, bei lan­gen Wim­ble­don-Nach­mit­ta­gen mit einem blon­den, Stirn­band tra­gen­den Zot­tel­ro­chen war ich stets auf der Sei­te der seri­en­wei­se ver­nich­te­ten Geg­ner. Auch Anni-Fried, Agne­tha, Björn und dem Dicken mit Gesichts­pull­over (des­sen Name ich immer ver­ges­se) konn­te ich nie etwas abge­win­nen und kann auch bis heu­te nicht den retro­spek­ti­ven Ruhm der vier Rei­ter mei­ner per­sön­li­chen Nord­land­a­po­ka­lyp­se verstehen.

Inso­fern fällt es mir natür­lich wahn­sin­nig leicht, über den dies­jäh­ri­gen ESC-Bei­trag aus dem Land der Knä­cke­broter­fin­der und Ren­tier­wurst­es­ser her­zu­zie­hen. Zunächst wirkt Frau Ber­gen­dahl wie ein buck­li­ger Michel­le-Leo­nard-Ver­schnitt mit Hal­tungs­scha­den – ich sah sel­ten jeman­den, der sei­ne Gitar­re der­art ver­krampft knapp unter Schul­ter­hö­he umklam­mer­te. Oder ver­sucht sie, die Klamp­fe zum Kaschie­ren der wohl etwas zu klein gera­te­nen Mam­mae zu benut­zen? Egal – auch das gelingt nicht ganzheitlich.

Zum Glück lenkt das unmo­ti­vier­te Geplär­re von den visu­el­len Defi­zi­ten der als Dampf­nu­del kos­tü­mier­ten, sem­mel­blon­den Cas­ting-Kata­stro­phe etwas ab, da man drei Minu­ten damit beschäf­tigt ist, sich glei­cher­ma­ßen Ohren wie Augen zu ver­bin­den. Anna aus Lön­n­a­ber­ga ist mit Abstand das schlech­tes­te Schwe­den­pro­dukt seit der Erfin­dung von Snus in der Dose. Der Vor­teil bei die­sem Oral­ta­bak ist jedoch, dass auf­grund der euro­päi­schen Tabak­recht-Richt­li­nie der Ver­kauf von Snus in der gesam­ten Euro­päi­schen Uni­on (mit Aus­nah­me von Schwe­den) ver­bo­ten ist. Da es aber noch kei­ne euro­päi­sche Richt­li­nie „wider den schlech­ten Geschmack“ gibt, müs­sen wir wohl oder übel die­sen Schwe­den­trunk im Semi­fi­na­le her­un­ter­schlu­cken, denn am 29.05. wird uns Frau Bal­lon­rock sicher­lich nicht mehr belästigen.”

Das kann ich nur hof­fen, auch wenn ich bezüg­lich des Final­ein­zugs weni­ger zuver­sicht­lich bin. Doch selbst als beken­nen­der Abba-Fan, dem die Grö­ße von Annas Mam­mae ziem­lich egal ist, schlie­ße ich mich die­sem wun­der­schö­nen Rant ansons­ten voll­in­halt­lich an. Dan­ke, TomTom!


Aus Für­sor­ge­grün­den nur im Kaveh-Azi­zi-Remix: Annas Geplärre

Nicht sehr zuver­sicht­lich hin­sicht­lich des Final­ein­zugs zeigt sich auch der Stutt­gar­ter Fore­ver bei sei­nem sieg­rei­chen Ver­riss des däni­schen Bei­trags, von dem ich eben­falls jedes ein­zel­ne Wort direkt unter­schei­ben kann!

Ger­ne wür­de ich sagen, dass der dies­jäh­ri­ge däni­sche Bei­trag im Semi ver­san­det. Aber ich bin mir sicher, das flutscht wie mit K‑Y Jel­ly ein­ge­schmiert ins Fina­le. Doch ganz im Gegen­satz zum rich­ti­gen Gebrauch von K‑Y, wenn einem wirk­lich danach ist, sei der Reiz auch noch so klein, wird einem bei ‘In a Moment like this’ alles schlaff, schrum­pelt zusammen.

Es ist sogar zu befürch­ten, dass die­ser Bei­trag in der End­ab­rech­nung weit vor­ne lan­det, weil vie­len Zuschau­ern die­ses ase­xu­el­le Stück in Sachen Musik, Dar­bie­tung.… – pau­schal gesagt: Lust tötend in allem – tat­säch­lich gefällt. Wirft kein gutes Licht auf die Men­schen des Kon­ti­nents, wenn sie tat­säch­lich das Gefühl haben, so was sei auch nur im Ansatz wähl­bar. Da sehe ich schwarz für die Libi­do der Euro­pä­er gene­rell – in hun­dert Jah­ren wer­den die letz­ten davon auf die Lis­te der bedroh­ten Arten gesetzt wer­den müs­sen, soll­ten sie sich tat­säch­lich von die­ser per­fi­den Ver­hü­tungs­maß­nah­me aus Däne­mark inspi­rie­ren lassen.

Wobei: So heim­tü­ckisch schleicht sich das Gan­ze ja nicht daher. Ganz offen­sicht­lich kom­men da zwei zusam­men, die nicht zusam­men­ge­hö­ren. Die bei­den kom­men viel eher als Rühr-Mich-Nicht-An denn als Paar rüber. Glaubt doch wohl kei­ner dem Text, dass sich da jemand nach dem ande­ren ver­zehrt – das näh­me man selbst Geor­ge W. Bush und Osa­ma bin Laden glaub­haf­ter ab.

Doch der Mensch rennt ja oft sehen­den Auges in die Kata­stro­phe, wes­halb sicher scheint, dass die­ser kon­ven­tio­nel­le Lie­bes­tö­ter lei­der nicht abge­straft wird, obwohl es nur gerecht wäre.”


Betrach­ten auf eige­ne Gefahr: Schah Nie und Never Green

Ja, gar fürch­ter­lich ist es bestellt um die Gerech­tig­keit auf Erden, lei­der! Als klei­nen Aus­gleich aber darf sich Fore­ver für sei­ne zutref­fen­de Betrach­tung über die Libi­do töten­de Wir­kung des däni­sches Gesei­ers auf das offi­zi­el­le Dop­pel­al­bum mit allen 39 Titeln des dies­jäh­ri­gen Jahr­gangs freu­en, das in Kür­ze zu ihm unter­wegs ist. Herz­li­chen Glück­wunsch und vie­len Dank fürs Mit­ma­chen (und für die Erlaub­nis zur Ver­öf­fent­li­chung der Tex­te an Beide)!

Und ein Lob an die­ser Stel­le auch noch mal an alle mei­ne Kom­men­ta­to­ren und Leser, die ja nicht sel­ten in den Kom­men­ta­ren bes­se­re und fie­se­re Spit­zen ablas­sen als ich und mich immer wie­der aufs Neue mit ihren Bei­trä­gen begeis­tern. Mit Euch macht das rich­tig Spaß!

1 Comment

  • Hor­ror- Songs Die bei­den Songs gehö­ren auch auf mei­ne Hass-Lis­te 2010. Es wäre wirk­lich furcht­bar, wenn einer der bei­den gewin­nen soll­te. Ich hät­te den nor­we­gi­schen Song eben­falls zer­ris­sen – lang­wei­lig, trä­ge, ein­schlä­fe­rend, gesun­gen von einem Mann mit der Strahl­kraft eines Besens. Aller­dings gebe ich auch zu, dass mir der deut­sche Bei­trag nicht gefällt, auch hier gäbe es Ansatz­punk­te eines Ver­ris­ses: das eigen­wil­li­ge Eng­lisch, die krampf­haf­ten Zuckun­gen auf der Büh­ne und der —sagen wir es diplo­ma­tisch— sprö­de Charme der Inter­per­tin ( sie­he auch den pas­sen­den Kom­men­tar von Sido ) spre­chen Bän­de. Über­bo­ten wird dies noch von Raabs freund­li­chem Wesen und sei­ner Fair­ness und Objek­ti­vi­tät. Da haben sich zwei gesucht und gefunden.

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